Zinnpest

Zinnpest ist eine allotrope Umwandlung von Zinn, die Gegenstände aus Zinn zerstört.

β- (links) und α-Zinn (rechts)

Sie ist zu unterscheiden vom Zinnfraß, einem durch Einschlüsse aggressiver Stoffe in die Oberfläche entstehenden chemischen Korrosionsprozess. Zinnpest ist ebenfalls nicht verwandt mit der Zinkpest, einem Korrosionsprozess des Zinks.

Silberweißes β-Zinn, das von 16 °C bis 181 °C beständig ist, wandelt sich unterhalb von 13,2 °C in das grauschwarze α-Zinn um. Beide besitzen unterschiedliche Kristallstrukturen und Dichten (siehe Eigenschaften des Zinns).

Diese Umwandlung geht von einzelnen Zentren aus und breitet sich langsam aus. Sie äußert sich an Zinngegenständen durch große und kleine Flecken, gefolgt von warzenartigen Bläschen an der Oberfläche, die bei leichter Berührung auseinanderfallen. Da α-Zinn ein größeres Volumen einnimmt als β-Zinn, verliert das Material seine Integrität: die Kornstruktur löst sich auf und es entsteht Zinnpulver.[1]

Die Neigung zur Umwandlung nimmt mit abnehmender Temperatur zu, die Reaktionsgeschwindigkeit wird jedoch niedriger. Die ideale Umwandlungstemperatur liegt bei ca. −48 °C. Die Umwandlung kann durch Legieren mit anderen Metallen beschleunigt (z. B. Zink, Aluminium) oder verhindert (z. B. Antimon, Bismut) werden.[1] Der Kontakt mit einer alkoholischen Lösung von Pinksalz (Ammoniumhexachlorostannat, (NH4)2[SnCl6]) beschleunigt die Umwandlung ebenfalls.

Beispiele

  • Viele Orgelpfeifen im Sichtbereich (Prospekt) sind aus optischen Gründen aus einer Legierung mit hohem Zinnanteil hergestellt und besonders anfällig für die Zinnpest.
  • Auf dem Russlandfeldzug 1812 von Napoleon zerfielen angeblich die aus Zinn hergestellten Knöpfe der Uniformen seiner Soldaten aufgrund der Kälte.[2]
  • Auch Zinnfiguren sind – abhängig von ihrer Qualität – vom unaufhaltsamen Zerfall innerhalb weniger Monate infolge eines Befalls durch die Zinnpest bedroht.[3]

Weblinks

Zinnpest: Umwandlung von β- in α-Zinn Zeitraffer-Video auf www.youtube.com

Einzelnachweise

  1. a b Andrea Hartwig: Zinn. In: Römpp Chemie-Lexikon. Thieme Verlag, Stand Februar 2004.
  2. Cecil Adams: Where did we get the idea crazy people think they're Napoleon? Plus: Did tin disease contribute to Napoleon's defeat in Russia? In: The Strait Dope, 2. Mai 2008.
  3. Julia Littmann: Neue historische Szene in der Zinnfigurenklause, badische-zeitung.de, 1. Juni 2012, abgerufen am 28. November 2015.

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Autor/Urheber: Alchemist-hp (talk) (www.pse-mendelejew.de), Lizenz: CC BY-SA 3.0 de
Reinstzinn 99,999 % = 5N in seiner beta- (links, weiß) und alpha- (rechts, grau) Modifikation nebeneinander