Zehnstädtebund

Der Zehnstädtebund (Dekapolis oder französisch Décapole) war ein Bündnis zehn freier Reichsstädte im Elsass. Er wurde 1354 mit dem Ziel gegründet, sich gegenseitig bei der Verteidigung ihrer Rechte und Freiheiten zu helfen. Die Bezeichnung als Zehnstädtebund bzw. Décapole wurde allerdings erst weit später in der Geschichtsschreibung verwendet. Die mittelalterlichen Dokumente sprechen vielmehr von Richestette gemeinlich im Elsass oder später villes d’Empire associées en Alsace, zumal ihre Zahl zwischen neun und elf schwankte.[1]

Mitglieder

Image-Blason Colmar 68.svgBlason haguenau 67.svgBlason de la ville de Kaysersberg (68).svgWappen Landau Pfalz.svgBlason Mulhouse.svgBlason de la ville de Munster (68).svg
ColmarHagenauKaysersbergLandauMülhausenMünster
FRA Obernai 67 COA.svgBlason Rosheim 67.svgBlason ville fr Sélestat (Alsace).svgBlason ville fr Seltz.svgBlason de la ville de Turckheim (68).svgBlason Wissembourg 67.svg
OberehnheimRosheimSchlettstadtSelzTürkheimWeißenburg

Gründungsmitglieder waren die folgenden zehn Städte:

Vier Jahre später kam Selz (Seltz) als elfte Stadt hinzu, die 1418 aus dem Bund wieder ausschied. Nach Mülhausens Ausscheiden (1515) ergänzte ab 1521 Landau die Décapole und erweiterte sie nach Norden.

Zur Zeit der Gründung in der Mitte des 14. Jahrhunderts hatten Hagenau, Colmar und Schlettstadt je 5.000 bis 6.000 Einwohner, Weißenburg etwa 4.000, Mülhausen 1.800 und die übrigen Mitglieder zwischen 1.000 und 1.500.[2]

Entwicklung

Nach wiederholten Zusammenschlüssen der zehn Reichsstädte 1342, 1346 und 1349 zur Wahrung ihrer Freiheiten und zur Durchsetzung einer landfriedensmäßigen Ordnung gründete König Karl IV. 1354 auf deren Initiative hin den Zehnstädtebund. Seine Vorbehalte bestanden allerdings darin, dass der Bund nur für die Dauer seiner eigenen Regierungszeit gelten und er auch jederzeit das Recht, ihn aufzulösen, haben sollte. Nach dem Tod des Kaisers 1378 wurde der Bund auch aufgelöst, aber 1379 wiedergegründet; er konnte sich in den darauf folgenden Jahrzehnten festigen und für seine Mitglieder eine Sicherung ihres reichsstädtischen Status gegenüber dem Kaiser erreichen. Dies war in einer Zeit, als das Reichsgut von der Krone zunehmend unter dem finanziellen Aspekt der Verpfändbarkeit gesehen wurde, von besonderer Bedeutung.

Der Zehnstädtebund hatte die Aufgabe der gegenseitigen Sicherung der Rechte und Freiheiten ihrer Mitglieder und war insofern eine kollektive Einung auf genossenschaftlicher Basis (Eidgenossenschaft). Darüber hinaus standen sich die Mitglieder gegenseitig bei inneren und äußeren Konflikten auch militärisch bei. Dieser militärische Aspekt stand zur Zeit Karls IV. unter der Leitung des Reichslandvogts, nach der Wiedergründung des Bundes 1379 war der Reichslandvogt ausgeschaltet.

Dem genossenschaftlichen Charakter der Einung entsprechend waren die Mitglieder gleichberechtigt. Die Zusammenkünfte fanden nicht regelmäßig statt, Sitzungsort war zunächst Schlettstadt (Sélestat), später Straßburg, das selbst nicht zum Bund gehörte. Vorort des Bundes war Hagenau (Haguenau), dem die Aufgabe zufiel, zu den Tagungen einzuladen, den Schriftwechsel zu führen und die Deputationen zu Kaiser und König zu schicken.

1515 trat Mülhausen (Mulhouse) aus dem Bund aus und als „zugewandte Stadt“ der schweizerischen Eidgenossenschaft bei, 1521 trat Landau der Dekapolis bei. Durch die Reformation wurden einige dieser Städte protestantisch; zunächst Weißenburg (lutherisch, 1522) und Mülhausen (reformiert, 1529), später auch Hagenau, Münster, Schlettstadt, Landau und Selz. Zudem schloss sich ein Teil der Bürger der Städte Colmar und Oberehnheim der Reformation an. Im Westfälischen Frieden von 1648 fiel das Elsass an Frankreich, während die linksrheinischen freien Reichsstädte weiterhin ihre Vertreter zum immerwährenden Reichstag nach Regensburg schickten. Mit seiner Reunionspolitik ließ Ludwig XIV. in den Jahren 1673 und 1674 die zehn Städte erobern, ihre Befestigungen schleifen und unterstellte sie der französischen Provinzialverwaltung. Der Frieden von Nimwegen 1679 bestätigte den Verlust des reichsunmittelbaren Status der zehn Städte und besiegelte das Ende der Dekapolis.

Anmerkungen

  1. Vogler, S. 16f.
  2. Vogler, S. 15

Literatur

  • Lucien Sittler: La Décapole alsacienne. Des origines à la fin du moyen âge (= Publications de l’Institut des Hautes Études Alsaciennes. Bd. 12, ZDB-ID 152295-4). Le Roux, Strasbourg u. a. 1955.
  • Lucien Sittler: Der elsässische Zehnstädtebund, seine geschichtliche Eigenheit und seine Organisation. In: Esslinger Studien. Jg. 10, 1964, ZDB-ID 2547-1, S. 59–77.
  • Lucien Sittler: Zehnstädtebund. In: Lexikon des Mittelalters. Band 3: Codex Wintoniensis – Erziehungs- und Bildungswesen. Artemis-Verlage, München u. a. 1986, ISBN 3-7608-8903-4, Sp. 654.
  • Christian Ohler: Zwischen Frankreich und dem Reich. Die elsässische Dekapolis nach dem Westfälischen Frieden (= Mainzer Studien zur Neueren Geschichte. Bd. 9). Peter Lang, Frankfurt am Main u. a. 2002, ISBN 3-631-38777-6 (Zugleich: Mainz, Univ., Diss., 2000).
  • Bernard Vogler (Hrsg.): La Décapole. Dix villes d’Alsace alliées pour leurs libertés 1354–1679. Editions La Nuée Bleue/DNA, Strasbourg 2009, ISBN 978-27165-0728-8.

Weblinks

Auf dieser Seite verwendete Medien