Yuan-Dynastie

Yuan-Dynastie (chinesisch 元朝, Pinyin Yuáncháo, W.-G. Yüan Ch’ao) ist der chinesische Name des von 1279 bis 1368 über China regierenden mongolischen Kaiserhauses (mongolisch  Dai Ön Yeke Mongghul Ulus). Sie wurde von Kublai Khan gegründet, der bis 1279 auch das von der Song-Dynastie regierte Südchina unterwarf. Damit war erstmals einer Fremddynastie die Eroberung ganz Chinas gelungen.
Die Herrscher der Yuan-Dynastie regierten das Land wie eine Militärdiktatur; alle wichtigen politischen Posten wurden mit Mongolen und ihren zentralasiatischen Gefolgsleuten besetzt. Die Chinesen waren stark benachteiligt, u. a. auf dem Gebiet des Rechts, und besaßen nur geringe politische Mitwirkungsmöglichkeiten. Zur Aufrechthaltung ihrer Herrschaft verboten die Mongolen den Chinesen den Waffenbesitz und die Mischehe. Viele Ackerflächen wurden für mongolische Adlige oder Militärgarnisonen konfisziert. Fernverbindungen wurden ausgebaut und zahlreiche Poststationen entlang bedeutender Straßen und Flüsse errichtet. Die Eroberer förderten den Handel auf Kosten der Landwirtschaft; europäische Fernkaufleute wie Marco Polo reisten nach China. Als alleinige Währung diente Papiergeld. Die Mongolen übten auch religiöse Toleranz, so dass zahlreiche Muslime, tibetische Lamas und nestorianische Christen ins Land strömten. Ausbeutung der chinesischen Bauern, Thronfolgestreitigkeiten, steigende Inflation des Papiergelds, verheerende Überschwemmungen des Gelben Flusses u. a. führten nach 1350 zu verschiedenen lokalen Volksaufständen. Die Rebellen der Roten Turbane waren die stärkste militärische Organisation. Der arme Bauernsohn Zhu Yuanzhang setzte sich in Kämpfen gegen die anderen Anführer der Insurgenten allmählich durch, vertrieb die Mongolen bis 1368 aus China und gründete als Kaiser Taizu die Ming-Dynastie.
Konsolidierung der Herrschaft
Dem von Dschingis Khan entfesselten Mongolensturm waren die in Nordchina gelegenen Reiche der Westlichen Xia-Dynastie (1227) und Jin-Dynastie (1234) zum Opfer gefallen. Dschingis Khans Enkel Kublai Khan nahm ab 1268 den Krieg gegen die in Südchina residierende Song-Dynastie wieder auf. 1271 proklamierte er die Yuan-Dynastie. Übersetzt bedeutet Yuan „Ur-Anfang“. Es war der erste Dynastiename in China, der nicht an einen alten Staaten- oder Familiennamen oder eine geographische Bezeichnung anknüpfte, sondern eine frei ausgesuchte Wortschöpfung darstellte. Trotz jahrelanger Abwehrkämpfe und den zunehmenden Einsatz von Feuerwaffen vermochten die Song ihr Reich im anhaltenden Krieg gegen Kublai Khan auf die Dauer nicht zu verteidigen. Mongolenheere unter ihrem Feldherrn Bayan drangen 1276 in die Hauptstadt der Song, Hangzhou, ein, das kapitulieren musste. Der erst fünfjährige Kaiser Song Gong und seine als Regentin fungierende Großmutter Xie Daoqing wurden nach Peking gesandt. Letzte Song-Anhänger verloren 1279 die Schlacht von Yamen, womit die Song-Dynastie zu Ende ging.[1]
Die Hauptstadt der Yuan-Dynastie war seit 1264 Peking, damals Dadu (chinesisch 大都, Pinyin Dàdū, W.-G. Ta-tu – „große Hauptstadt, große Metropole“)[2][3] oder, von den Mongolen, Khanbalyk (Kambaluc, die Stadt des großen Khan) genannt. Die Städte Shangdu (das Xanadu der Dichtung) als die Sommerresidenz und Stadt Karakorum gaben der Herrschaft Legitimation.
Mit der Mongolenherrschaft wurde China zum ersten Mal in seiner Geschichte Teil eines Weltreiches, das von Russland bis in den Fernen Osten reichte. Anscheinend hat jedoch Kublai China als das Herzstück seines Reiches angesehen und seine Regierung folgte eher chinesischen als mongolischen Traditionen. In diesem Sinne kann man auch die Verlegung der Hauptstadt nach Peking als Abkehr von der Steppe verstehen.[4]
Innen- wie außenpolitisch wurde die Yuan-Dynastie nur formal anerkannt. Es folgten wiederholte Konfrontationen mit den in der Steppe verbliebenen Mongolen (die letzte 1360). Dazu kam, dass die Mongolenregenten im Westen, die Goldene Horde und die Ilchane, ab 1260 beziehungsweise ab 1295 ihre eigene Politik betrieben und den Islam annahmen. Es kam zur Teilung des Mongolischen Reiches, um 1310 bildete sich das bis dahin instabile Tschagatai-Khanat neu, so dass man im 14. Jahrhundert vier voneinander unabhängige Reiche unterscheidet. Deren gemeinsame Interessen traten gegenüber den Einzelinteressen mehr und mehr zurück, obwohl die Yuan-Dynastie das Amt des Khaghan (Großkhan) innehatte und damit einen Vorrang gegenüber den anderen drei Reichen – dies hatte jedoch praktisch keine Auswirkungen.
Die mongolischen Garnisonen in China konzentrierten sich besonders um die Hauptstadt, während in den reichen Gegenden am Jangtse (Yangzhou, Nanjing, Hangzhou) sehr bald chinesische Truppen unter mongolischen Befehlshabern den Frieden zu wahren versuchten. Die chinesischen Soldaten wurden alle zwei Jahre ausgetauscht und in eine entfernte Provinz verlegt. Auch ihre Offiziere wurden zur Vermeidung von Rebellionen regelmäßig versetzt.
Da die Mongolen nomadische Viehzüchter waren, wurden sie schnell zu Minderheiten in ihrem nun beherrschten Territorium, da sie mit wenigen Menschen ihre vielen Weidetiere auf teilweise wechselnden und sehr großen Arealen versorgen mussten. Dies führte dazu, dass sie auf Angehörige fremder Völker angewiesen waren, um ihre Herrschaftsansprüche zu sichern. Dies ist auch einer der Gründe für die Intensivierung des Kulturaustausches zwischen dem Osten und dem Westen, der während der Yuan-Dynastie stattfand. Dabei spielte besonders der Iran eine wichtige vermittelnde Rolle.[5]
Bevölkerung und Bevölkerungseinteilung

Die Bevölkerung Chinas zählte um 1290 offiziell 60 Millionen Südchinesen, 10 Millionen Nordchinesen und 2 Millionen Mongolen sowie Angehörige der Turk- und anderer Fremdvölker. Eine frühere Zählung von 1235 hatte 8,5 Millionen Menschen in Nordchina ergeben, die enormen Zahlen der Heimatlosen und Versklavten abgerechnet. Im Verhältnis zur Zeit der Jin-Dynastie hatte Nordchina also einen dramatischen Bevölkerungsrückgang zu verzeichnen.
Kublai Khan ließ die Bevölkerung Chinas in vier Klassen mit abgestuften Rechten einteilen und dies im Gesetzbuch Yuan-dian-zhang festschreiben, auch wenn es in der Praxis eine schwer einzuhaltende Einteilung war. Chinesen und sinisierte Völker waren von diskriminierenden Regelungen betroffen. Die Hauptquelle für die von den Mongolen unterschiedenen ethnischen Kategorien stellt das 1366 fertiggestellte Werk Chuogenglu („Unterbrochene Landarbeiten“) des in der Spätzeit der Yuan-Dynastie lebenden Gelehrten Tao Zongyi dar.[6]
Die höchste, in jeder Hinsicht privilegierte Klasse bildeten die Mongolen. Sie waren in 72 Stammesgruppen unterteilt, innerhalb derer wiederum eine strenge Trennung zwischen Militäradel und einfachem Volk bestand. Nur sie allein durften die höchsten Posten des Reiches besetzen. So stellten sie u. a. die meisten Zivilgouverneure der Verwaltungsbezirke.[7][6]
Auf der zweiten Stufe der Hierarchie standen die Angehörigen der „Verschiedenen Ethnien“ (Semu-ren). Sie entstammten jenen zentral- und vorderasiatischen Völkern, welche die Mongolen bei der Eroberung Chinas unterstützt hatten. Dazu zählten verschiedene Turkvölker beziehungsweise die Turko-Tataren, aber auch in China angesiedelte Tibeter, Tanguten, persische Kaufleute aus dem Amudarja-Becken und Russen. Sie durften Handel treiben sowie die mittleren Beamtenebenen besetzen und spielten im Finanzwesen eine wichtige Rolle. Ferner dienten sie als Vermögensverwalter mongolischer Adliger. Sie gründeten als ortoq bezeichnete Zusammenschlüsse, die Gilden ähnelten und wirtschaftliche Unternehmungen, etwa den Karawanenhandel, finanzierten. Als Geldverleiher verlangten die Semu-ren oft Wucherzinsen und zogen sich daher den Hass der Chinesen zu.[7][6]
Die dritte Gruppe bildeten die Einwohner Nordchinas, Han-ren genannt. Dazu zählten die in Nordchina wohnenden Han-Chinesen, aber auch die Kitan, Jurchen und Koreaner. Die meisten von ihnen waren ehemalige Untertanen der von den Mongolen unterworfenen Jin-Dynastie. Sie durften ein Kleingewerbe betreiben und die niederen Beamtenstellen besetzen, aber keine höheren Offiziersstellen.[7][6]
Die Südchinesen (Nan-ren) bildeten die vierte und rechtloseste Gruppe. Sie waren die ehemaligen Einwohner des Song-Reichs und setzten sich ebenfalls vor allem aus Han-Chinesen, daneben aus Angehörigen anderen Ethnien Südchinas zusammen. Die Nan-ren standen deshalb hierarchisch unter den Nordchinesen, weil sie sich den Mongolen später ergeben hatten. Sie mussten die höchste Steuerlast tragen und durften überhaupt keine wichtigen Ämter bekleiden. Allerdings hüteten sich die Mongolen davor, in Südchina den privaten Grundbesitz zu konfiszieren und erlangten so die Neutralität der reichen Südchinesen. Stattdessen beschlagnahmten sie das unter dem Song-Kanzler Jia Sidao verstaatlichte Land, was die Lage für die einfachen Bauern nicht verbesserte. Chinesen durften keine Waffen und Pferde besitzen, Berufswechsel und Heiraten zwischen den Gruppen waren verboten. Ferner wurden Chinesen wesentlich härter bestraft als die Mitglieder der höheren Klassen. Falls ein Chinese einen Mongolen umbrachte, musste er die Todesstrafe erleiden, während im umgekehrten Fall für den Mörder nur eine Geldstrafe zu zahlen war. Auf noch tieferer Stufe als die erwähnten vier Bevölkerungsklassen standen schließlich die Sklaven, deren Status sich vererbte.[7][6]
Verwaltung
Die Mongolen schufen in der Hauptstadt Khanbaliq einen ähnlichen Behördenaufbau wie unter der vorangegangenen Jin-Dynastie. Auch die Titel der Verwaltungsbeamten trugen weiterhin überwiegend chinesische Namen. Bisweilen wurden aber mongolische Bezeichnungen verwendet wie z. B. Darughachi (d. h. Statthalter, Kommandant).[8]
Ein großes Problem der Mongolenherrschaft in China lag in der Prüfung der Staatsbeamten, deren Ablegung früher vielen Chinesen der Oberschicht hohe öffentliche Ämter verschafft hatte. Dieses Verfahren war in China seit der Tang-Dynastie üblich und ein wichtiges Legitimationsmittel einer jeden Dynastie. Die Mongolen hatten sie 1237/1238 auf Anraten Yelü Chucais durchgeführt und sofort wieder abgeschafft. Erst 1315 ließ sie Kaiser Ayurparibatra wiedereinführen. Allerdings wurden Nord- und Südchinesen dabei nur zur Hälfte zugelassen, so dass die Mongolen trotzdem etwa ein Drittel aller Posten besetzten.
Höhere Verwaltungs- und Regierungsposten, insbesondere im Finanzwesen, wurden meist von Ausländern bekleidet. Nur eine kleine Zahl chinesischer Berater vermochte am Hof Kublai Khans Einfluss auszuüben. Chinesische Gewährsmänner schildern genüsslich die Unfähigkeit vieler fremdländischer Beamten. Unter der Mongolenherrschaft steigerte sich auch der Absolutismus des Kaiserhofs, da er nicht mehr so stark wie unter den Song durch einen opponierenden Beamtenapparat eingeschränkt wurde. Neben Mongolisch war meist Chinesisch die zweite Amtssprache. Da die überwiegende Mehrheit der ausländischen Beamten nur geringe Chinesischkenntnisse besaß, wurden in den Behörden zahlreiche Dolmetscher und mehrsprachige Schreiber eingesetzt. Wegen der geringen Bedeutung gebildeter chinesischer Beamter in der Administration wurden in der Kanzleisprache deutlich mehr umgangssprachliche Ausdrücke und Formulierungen als früher verwendet. Etliche überlieferte Aktenstücke sind in einem barbarisch anmutenden Chinesisch verfasst.[9]
Die Mongolen teilten die Verwaltung in den Geheimen Staatsrat für militärische Angelegenheiten, in das Zensorat für die kaiserliche Beaufsichtigung der Beamten und das Zentralsekretariat für alle zivilen Angelegenheiten. Letzteres unterteilte sich in die sechs Bereiche Steuern, Personal, Riten, Krieg, Justiz und öffentliche Arbeiten. Allerdings waren manche Provinzen relativ selbständig (Gansu, Yunnan). Machtkämpfe an der Verwaltungsspitze waren typisch. Mehrere, meist rücksichtslose Minister zahlten mit ihrem Leben (Ahmed Fanakati 1282, Lu Shirong 1285, Senge 1291, Bayan 1340, Toghta 1356). Andere starben eines natürlichen Todes (Temüder 1322, El/Yang Temür 1333).
Schon Dschingis Khan hatte einen vielgerühmten Gesetzeskanon (Jassa) in Kraft gesetzt, die innovative Rechtspraxis der Mongolendynastie insgesamt war für das spätere China weiter bedeutend und folgenreich.[10]
Steuerwesen
Nach der administrativen Organisation der von den Mongolen eroberten Territorien unterlagen die nordchinesischen Bauern einer Kopfsteuer sowie einem Steuersystem, das ähnlich jenem der frühen Tang-Periode gestaltet war. Die Bauernschaft musste nicht nur ihre Dienstleistungen erbringen, sondern auch eine an der Zahl der arbeitsfähigen Männer orientierte jährliche Getreide- und Stoffabgabe entrichten. Im Unterschied dazu kam in Südchina das in der späten Tang-Zeit geltende System zur Anwendung, nach dem eine zweimalige Steuerzahlung pro Jahr, nämlich im Sommer eine Stoff- und im Herbst eine Getreideabgabe zu leisten war. Die Höhe der fälligen Steuer war dabei von der Anbaufläche und der Steuerklasse der Familie anhängig. Ungern vollbrachten die Steuerpflichtigen von ihnen zusätzlich geforderte anstrengende Gratisdienstleistungen, indem sie etwa Fronarbeiten für große Bauprojekte durchzuführen hatten.[11]
In Südchina, insbesondere im Tal des unteren Jangtsekiang und in dichtbesiedelten Küstenregionen, war die Steuerlast zum Teil deutlich höher als im Norden. Dies lag u. a. an der erwähnten mongolischen Politik, nur die vom Song-Kanzler Jia Sidao verstaatlichten Ländereien zu beschlagnahmen, nicht aber privaten Grundbesitz. Die Mongolen sicherten sich mit dieser Praxis zwar die Sympathie der reichen Südchinesen, schufen aber zugleich in den Reisanbaugebieten starke soziale Missverhältnisse. Die derart stark belasteten Kleinbauern entwickelten im Lauf der Zeit mit der weiteren Verschlechterung ihrer Situation nicht nur auf Eroberer, sondern auch auf die vermögende Klasse einen Hass, der den in der späten Yuan-Zeit ausbrechenden Revolten eine größere Schlagkraft verlieh.[12]
Geldwirtschaft; Handel; Postwesen
Als alleinige Währung hatten die Mongolen im gesamten von ihnen eroberten Teil Chinas bereits 1260 das Papiergeld eingeführt, das im Song-Reich bloß in bestimmten Regionen zeitlich beschränkt gültig gewesen war und nur als Ergänzung zur damals als Hauptzahlungsmittel üblichen Kupferwährung gedient hatte. Der Wert des 1260 ausgegebenen Papiergelds fiel deutlich, als sein Umtausch in Gold und Silber untersagt wurde. Daraufhin kam es 1287 zu einer Währungsreform, und der Kurs des nun emittierten Papiergeldes blieb relativ stabil, auch wenn es im Lauf der Jahrzehnte etwas an Wert verlor. Erst gegen Ende der Yuan-Zeit trat eine hohe Inflation des Geldes auf. Die finanzielle Kluft zwischen armen und vermögenden Bevölkerungsschichten vergrößerte sich unter der Mongolenherrschaft.[13][14]
Im Gegensatz zu den konfuzianischen Beamten schätzten die Mongolen den Handel und die Händler (meist Muslime, organisiert in Gilden) hoch ein, statteten sie mit Wagniskapital aus und betrauten sie mit den Fragen des Finanzwesens. Letzteres hatte negative Auswirkungen, da die Muslime die Steuerschraube stärker als Chinesen anzuziehen pflegten. Schon 1239 hatte Abd al-Rahman die Steuern verdoppelt, der 1282 ermordete Finanzminister Ahmad Fanakati hatte sie in drei Jahren verdreifacht.
Ungeachtet der Stagnation (im Vergleich mit früheren Dynastien) führte die Mongolenherrschaft über China zu einem Aufschwung des Transithandels und des weltweiten Kulturaustausches und Wissenstransfers. Beispiele für letzteres sind der (misslungene) Versuch der Einführung von Papiergeld im Iran 1293, der Aufschwung des Islam in China (Yunnan, Gansu), die Missionen der Christen (1307 Erzbistum in Peking), eine Kalenderreform unter Guo Shoujing aufgrund persischer Erkenntnisse, die Kettenpumpe zur Bewässerung in Turkestan, das Buch Marco Polos (Il Milione) und vieles mehr.
Der Gewinn des Transithandels kam aber wahrscheinlich China selbst nur wenig zugute. Vermutlich floss ein bedeutender Teil des chinesischen Silbers durch den transnationalen Handel nach Westasien und Europa ab. Möglicherweise herrschte deshalb in China in der Frühphase der auf die Yuan-Dynastie folgenden Ming-Dynastie großer Metallmangel. Jedenfalls verarmten zahlreiche Chinesen während der Yuan-Herrschaft.[15]
Im Interesse des Binnenhandels und der Versorgung Nordchinas wurde von 1279 bis 1294 der nördliche Abschnitt des Kaiserkanals erbaut. Dazu mussten aufgrund des unterschiedlichen Höhenniveaus Schleusen errichtet werden. Es war eine geänderte Route, denn die alte war zu lang und längst nicht mehr schiffbar. Unter anderem sollte so das große Reisanbaugebiet nahe dem Taihu-See direkt mit der Region um Khanbaliq (heute Peking) verbunden werden. Parallel dazu wurde der Seeweg von der Mündung des Jangtsekiang bis in die Gegend von Tianjin benutzt, um die Ressourcen Südchinas nach Norden zu transportieren.[13]
Für den raschen Brieftransport über große Entfernungen sorgte ein leistungsfähiges Postwesen. Es gab während der Yuan-Herrschaft mehr als 1300 Poststationen, die, dichter als unter früheren chinesischen Dynastien, im gesamten Reich die bedeutendsten Straßen und Flüsse säumten. Die Bevölkerung musste die Kosten für die Pferde sowie die Unterbringung und Verproviantierung der berittenen Kuriere tragen.[16]
Religionspolitik
Die Mongolen übten in China eine relativ tolerante Religionspolitik aus. Unter ihrer Herrschaft blieben einheimische chinesische Religionen wie Buddhismus und Taoismus bestehen. Nach 1250 trat der tibetische Lamaismus hinzu, dessen magisch-religiöse Aspekte dem religiösen Empfinden der Mongolen besser entsprach als der chinesische Buddhismus. Als Kublai Khan 1260 Großkhan wurde, präferierte er den Lamaismus vor den anderen Religionen. In der Folge spielte der Lamaismus während der gesamten Yuan-Dynastie am Kaiserhof die führende Rolle, blieb aber den Chinesen selbst fremd. Alle Buddhistenmönche des Reichs waren einem „Reichslehrer“ (guoshi) unterstellt, der auch als Hauskaplan der Kaiserfamilie fungierte. Diese Rolle füllte unter Kublai Khan zuerst der tibetische Lama Chögyel Phagpa aus. Ihm folgte 1280 als buddhistischer Reichslehrer der sprachenkundige tibetisch-uigurische Lama Senge, der hoch in Kublais Gunst stand. Chinesische Autoren werfen dem lamaistischen Klerus Geiz und Korruption vor. So soll Senge Finanzspekulationen durchgeführt und sich Plünderungen und vieler Morde schuldig gemacht haben. Ihre Förderung des Lamaismus machte die Mongolenherrscher bei vielen Chinesen noch verhasster. Insbesondere in buddhistischen Klöstern wurde unterdessen die chinesische Kultur weiterhin intensiv gepflegt. Der Konfuzianismus war in der Öffentlichkeit wenig präsent; erst unter Kaiser Buyantu Khan (regierte 1311–20) wurden manche konfuzianischen Traditionen wiederbelebt.[17][18]
Judentum, Christentum und Islam konnten aufgrund der toleranten Religionspolitik der Mongolen in China Fuß fassen, wurden aber kaum von Chinesen selbst angenommen. Vor allem Angehörige von Turkvölkern brachten den Nestorianismus in das Reich der Mitte, wo er rasch zahlreiche Anhänger fand. Kublai Khan ließ daher 1289 eine Aufsichtsbehörde für deren Kirchen gründen. Es blieben viele christliche Grabinschriften aus dieser Zeit erhalten. Geistliche der verschiedenen im Mongolenreich vertretenen Religionen besaßen das Privileg der Steuerfreiheit. Dies wird auch durch in China aufgefundene Inschriften belegt, auf denen ein entsprechender kaiserlicher Erlass vermerkt ist. Angehörige des Islam gab es in China zur Zeit der Yuan-Dynastie noch relativ wenige. Muslimische Gemeinschaften bildeten sich damals vornehmlich in Nordchina und Yunnan. Die letztgenannte Provinz wurde ab 1274 von Sayyid Ajall, einem aus Buchara stammenden Moslem, regiert. Islamische Architektur hielt in China Einzug. Mit der Errichtung des Palastes von Peking wurde etwa von den Mongolen ein Muslim an maßgeblicher Stelle betraut. In Yunnan, Sichuan und anderen Provinzen kam es zur Erbauung von Moscheen. Ferner wurde unter Kublai Khan eine islamische Akademie eröffnet, in der arabische Schriften ins Chinesische übersetzt wurden. Indessen fiel es chinesischen Autoren oft schwer, zwischen Muslimen und Juden zu unterscheiden.[19][20]
Literatur, Musik, Kunst
Ein Großteil der zahlreichen Ausländer, die in der Yuan-Zeit in China lebten, drang nicht tiefer in die chinesische Kultur ein. Bloß eine Minorität von ihnen war bestrebt, die chinesische Sprache und Literatur näher kennenzulernen. Als erster Mongolenkhan der Yuan-Dynastie besaß der von 1328 bis 1332 regierende Toqa Timur einige chinesische Bildung. Manche Türken, Perser und Mongolen verfassten auf Chinesisch Schriften und Gedichte. Andere betätigten sich auf dem Gebiet der Bildenden Kunst, indem sie im chinesischen Stil malten. Sie passten sich auffallend stark den chinesischen Stilformen an, sodass ihre Werke nur wenige Merkmale ihrer ausländischen Herkunft aufweisen. So vermied ein türkischer Nestorianer sehr sorgfältig die Verwendung christlicher Elemente in seinen auf Chinesisch abgefassten Schriften. Indessen nahm die chinesische Kultur zur Yuan-Zeit trotz intensiver Kontakte etwa zur persischen Kultur relativ wenige ausländische Anregungen auf. Dies beruhte nicht zuletzt darauf, dass die chinesische Bildungsschicht die Mongolenherrschaft und die mit ihr in das Reich der Mitte eingewanderten Fremden ablehnte.[21]
Da literarisch bewanderte Chinesen unter der Yuan-Dynastie in wesentlich geringerem Umfang als früher über die Beamtenexamina in hohe staatliche Ämter gelangen und dort politische Karrieren machen konnten, blieb ihnen nur die Erlangung privaten Ruhms in den Gelehrtenzirkeln. So lässt sich eine gewisse Wendung nach innen konstatieren. Dadurch konnten sich andere Literaturformen, in denen sich die intellektuellen Beamten nicht betätigten, entwickeln. So blühten die umgangssprachliche Roman- und Novellendichtung sowie insbesondere die Bühnenliteratur auf. Ferner entstanden realistische satirische Lieder, die häufig den Hass auf die Mongolen und die von diesen geförderten Gruppen wie zentralasiatische Muslime und tibetische Mönche thematisierten. Zentren dieser von einfachen Leuten großer Städte geschriebenen volkssprachlichen Literatur waren südostchinesische Handelsstädte und Peking. Die Stoffe des damaligen chinesischen Theaters, u. a. Opernlibretti, entstammten traditionellen historischen und religiösen Überlieferungen. Bekannt war vor allem die Peking-Oper. Bei Aufführungen wechselten sich gesungene Partien, Tänze und Rezitative mit Musikbegleitung ab. Die Arien wirken vor allem aufgrund ihrer Verwendung der ausdrucksstarken Volkssprache sehr lebendig. Die Autoren der Theaterstücke waren meist keine Vertreter der früher tonangebenden Literatenelite; zahlreiche Stücke wurden anonym herausgegeben. Allerdings ist der Großteil dieser Stücke verschollen. Einer der berühmtesten Bühnendichter dieser Zeit war Guan Hanqing. Der um das Jahr 1300 wirkende Dramatiker Wang Shifu verfasste ein besonders bekanntes Bühnenstück, die romantische Liebesgeschichte Das Westzimmer (chinesisch Xixiangji). Die Entwicklung der Volkstümlichkeit des chinesischen Theaters hatte schon unter der Song-Dynastie begonnen und hielt sich auch in den auf die Yuan-Zeit folgenden Epochen.[22][23]
Ebenso wie in der Literatur zeigte sich in der chinesischen Bildenden Kunst während der Yuan-Dynastie die Abneigung gegen ausländische Einflüsse. Wichtige Maler der damaligen Ära wie Zhao Mengfu hielten zäh an Song-Traditionen fest. Während aber früher der Akademiestil am Kaiserhof dominant war, beherrschten in der Mongolenzeit gelehrte Literatenmaler, die sowohl dichteten als auch malten, die Bildenden Künste. Viele von ihnen gingen ebenfalls nur im Privaten ihrer Kunst nach, die für einen kleinen Kreis von Fachleuten gedacht war. Manche Vertreter dieses Genre wie Ni Zan zählen zu den bedeutendsten Malern, die China hervorgebracht hat.[24]
Naturwissenschaften und Technik
Die Mongolen schätzten Handwerker und Techniker hoch ein. Im Gegensatz zum kulturellen Leben hatten daher die Naturwissenschaften und Technik in China unter der Yuan-Dynastie weniger zu leiden. So fand etwa der chinesische Wasserbauingenieur, Astronom und Mathematiker Guo Shoujing bei den Mongolen viel Beachtung. Kublai Khan betraute ihn 1271 mit der Verbesserung der Bewässerung und Flussregulierung in China und fünf Jahre später mit einer Kalenderreform. Wie unter der Song-Dynastie kam es auch unter der Mongolenherrschaft zu Weiterentwicklungen in der Mathematik. Ein bedeutender Vertreter dieser Disziplin war Zhu Shijie, der u. a. 1299 das Probleme der Arithmetik und Algebra behandelnde Werk Einführung in das Studium der Mathematik (chinesisch Suànxué qǐméng) verfasste. Der Geograph Zhu Siben schuf in den Jahren 1311-20 einen umfangreichen Atlas, der unter dem Buchtitel Yuditu erschien. Der Seefahrer Wang Dayuan bereiste mehrere Jahre Südostasien sowie Teile Afrikas und gab 1349 einen seine dabei gemachten Beobachtungen beschreibenden Kurzen Bericht über die Barbareninseln (chinesisch Daoyi zhilue) heraus.[25]
Dem Islam angehörige persische Gelehrte übten während der Yuan-Dynastie einen gewissen Einfluss auf die Entwicklung der chinesischen Mathematik und Astronomie aus. So überreichte der persische Astronom und Geograph Jamal ad-Din Bukhari dem mongolischen Hof 1286 ein umfangreiches geographisches Werk. In Peking wurde ein muslimisches Observatorium erbaut. Ferner wurden Astronomen unterschiedlicher Nationalitäten, darunter auch Chinesen, in ein von 1259 bis 1262 auf Anweisung des Mongolenkhans Hülegü in Maragha erbautes Observatorium berufen.[26]
Kontakte zwischen Europa und China
Im 13. Jahrhundert nahm der europäische Fernasienhandel einen Aufschwung, so dass es während der Yuan-Dynastie erstmals seit der Römerzeit wieder zu Kontakten zwischen China und dem Abendland kam. Dass – wie häufig vermutet – diese Aufnahme von diplomatischen und Handelsbeziehungen vornehmlich durch die Etablierung des sich über einen bedeutenden Teil Asiens erstreckenden mongolischen Großreichs bedingt gewesen sei, weil erst hierdurch die dafür nötigen politischen Voraussetzungen geschaffen worden seien, ist nach der Ansicht des Sinologen Herbert Franke nur eingeschränkt zutreffend. Auch innereuropäische, den transkontinentalen Handel fördernde Wirtschaftsentwicklungen seien mitverantwortlich gewesen. Der europäische Chinahandel wurde dabei von italienischen Fernkaufleuten aus Genua und Venedig dominiert. Vor allem Seide wurde aus dem Reich der Mitte importiert, so u. a. viele chinesische Seidenbrokate. Das Eintreffen von Europäern am Hof Kublai Khans ist durch ein chinesisches Regestenwerk bereits für 1261 belegt. Gut zehn Jahre später besuchte der bekannte Asienreisende Marco Polo mit seinem Vater und Onkel denselben Kaiser und hielt sich mehr als zwei Jahrzehnte in China auf. Seinen Nachruhm verdankte er seinem vielgelesenen Reisebericht Il Milione, der dem Abendland erstmals genaue Kunde vom Reich des Großkhans vermittelte und die europäische Kenntnis über den Ferner Osten erheblich erweiterte. Ein 1951 in Yangzhou entdeckter Grabstein, der 1342 einer Katharina, Tochter des Dominikus von Viglione, gesetzt wurde, belegt die Anwesenheit katholischer Christen unter der Yuan-Dynastie in China.[27]
Die bisherigen Kontakte zwischen Europa und China vertieften sich an der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert durch die vom Vatikan angeordnete Aufnahme von katholischen Missionstätigkeiten im Fernen Osten. Insbesondere Papst Nikolaus IV. förderte diese Missionsbestrebungen in China. In seinem Auftrag begab sich der Franziskaner Johannes von Montecorvino 1289 mit mehreren Ordenskollegen als Missionar ins Reich der Mitte und wurde 1307 durch Clemens V. zum Erzbischof von Khanbaliq (heute Peking) ernannt. In Quanzhou wurde 1323 ein Suffraganbistum der Erzdiözese Peking errichtet. Nachfolger des 1328 verstorbenen Johannes de Montecorvino als Pekinger Erzbischof wurde der mit 26 Mitgliedern seines Ordens nach China gereiste französische Franziskaner Nicolas. Ferner kam der Franziskaner Odorico da Pordenone in den späten 1320er Jahren nach Peking und verfasste nach seiner Rückkehr nach Italien einen Reisebericht, in den er auch nicht das Missionarische betreffende Informationen über China und dessen Einwohner einfügte. Offenbar richteten sich aber die Missionierungsbemühungen des Vatikans weniger an die Chinesen als an jene Ausländer, die China zu ihrem Aufenthaltsort gewählt hatten. Chinesischen Quellen liefern jedenfalls keine Hinweise auf die katholische Missionstätigkeit unter der Yuan-Dynastie. Sie bestätigen für das 14. Jahrhundert nur einen einzigen Kontakt mit dem Abendland, nämlich die von Papst Benedikt XII. initiierte Gesandtschaftsreise des Franziskaners Giovanni de Marignolli, der im August 1342 von Kaiser Toghan Timur empfangen wurde. Der Legat überbrachte als Geschenk ein auffallend großes Pferd. Die chinesischen Quellen interpretierten aber die Übergabe dieses Pferdes als Tribut, den ferne europäische Länder dem Kaiser geleistet hätten. Europa wurde in chinesischen Texten als Fa-lang („Frankenland“) bezeichnet und blieb für sie trotz der durch die Integration im mongolischen Weltreich erweiterten geographischen Kenntnisse völlig unbekanntes Terrain.[28]
Dennoch kamen auch einige Chinesen nach Europa, so u. a. der Nestorianermönch Rabban Bar Sauma, der von 1287 bis 1288 Konstantinopel und Rom besuchte und danach den englischen König sowie in Paris König Philipp den Schönen traf. Er verfasste eine Beschreibung der Kathedrale von Saint-Denis. Nach dem Ende der Mongolenherrschaft in China verschwanden alle Spuren der dortigen Franziskanermission, die daher den Jesuiten-Missionaren der ausgehenden Ming-Zeit unbekannt war.[29]
Machtverfall in der späten Yuan-Zeit
In den letzten Jahrzehnten der Herrschaft der Yuan-Dynastie kam es zu Verfallserscheinungen. Keiner der Nachfolger Kublai Khans erreichte auch nur annähernd die Bedeutung dieses Enkels Dschingis Khans. Stattdessen dominierten Machtkämpfe und Kabalen der Mongolenfürsten gegeneinander die Politik des Kaiserhofs. Sie waren im Gegensatz zu den politischen Auseinandersetzungen unter der Song-Dynastie sachlich wenig fundiert und nahmen oft sehr aggressive Formen an. Der überwiegende Teil der mongolischen Adligen besaß nur ein geringes Wissen über die in China übliche Regierungspraxis. Ihre Oberschicht interessierte sich wenig für das Leben ihrer chinesischen Untertanen; ihre Herrschaft glich eher einer Militärregierung, die vor allem um die Eintreibung finanzieller Mittel sowie um die Aufrechterhaltung der Ruhe bemüht war. Nur wenige Ausländer, die Beamtenstellen besetzten, waren vom konfuzianischen Ethos durchdrungen, das im chinesischen Staatswesen als erstrebenswert galt. Zu diesem zählte etwa humanistisches Verhalten.[30]
Geiz der muslimischen und mongolischen Beamten, steigende Inflation des Papiergelds, Korruption der die chinesische Geistlichkeit überwachenden tibetischen lamaistischen Mönche, zunehmende Verarmung der Bauern und andere Gründe führten zu immer stärkerer Unzufriedenheit der chinesischen Bevölkerung mit der Besatzungsmacht. Trotz der für die Chinesen drückenden Mongolenherrschaft brachen erst nach 1325 die ersten Aufstände aus, die anfangs schnell niedergeschlagen wurden. Manche dieser Revolten, die alle im einfachen Volk entstanden, verfolgten das Ziel, die gestürzte Song-Dynastie wieder an die Macht zu bringen. Ab 1327 kam es zu schweren Überschwemmungen des Gelben Flusses, die häufig Hungersnöte auslösten und dadurch Rebellionen förderten. Dazu folgten auf den Tod von Kaiser Yesun Timur Khan (1328) heftige Machtkämpfe zwischen mehreren mongolischen Adligen. 1330 revoltierten Mongolenfürsten in Yunnan. Drei Jahre später wurde der minderjährige Toghan Timur zum Kaiser Chinas proklamiert, die eigentliche Macht aber vom Kriegsherrn Bayan ausgeübt. Dieser machte sich durch harte Maßnahmen bei den unterworfenen Chinesen verhasst, bis er 1340 gestürzt wurde. Ebenfalls im Jahr 1340 wurde das Verbot erneuert, das Chinesen den Privatbesitz von Waffen untersagte.[31][32]
Untergang
Nach Bayans Sturz stieg dessen Neffe Toqto in eine beherrschende Stellung bei Hof auf und verfolgte eine den Chinesen gegenüber freundlichere Politik. Er sorgte für die 1344/45 erfolgte Herausgabe der Dynastiegeschichten der Song, Liao und Jin. Nach Dammbrüchen des Gelben Flusses 1344 kam es erneut zu großflächigen Überschwemmungen. Fünf Jahre später wurden die Dämme von zahlreichen dafür einberufene Bauern repariert, aber dadurch auch deren Hang zu Aufständen gefördert. Toqto ließ ferner zum sichereren Getreidetransport von Südchina in die Hauptstadt Khanbaliq (heute Peking) den Kaiserkanal wieder in Stand setzen. Nach dem Ausbruch einer gefährlichen Rebellion in der reichen ostchinesischen Küstenprovinz Zhejiang, gegen die Kaiser Toghan Timur nicht durchgriff, entstanden, begünstigt durch die stark geschwächte Macht der Mongolen, ab 1351 rasch weitere lokale Aufstandsherde, deren Führer den unteren Volksschichten entstammten. Die wichtigste Gruppierung bildete dabei die Geheimgesellschaft der Roten Turbane, welche die Nordchinesische Tiefebene und südlich davon Anhui beherrschte. Ihr Anführer war ab 1355 Han Lin’er, der sich zum Kaiser einer neuen Song-Dynastie proklamierte. Salinenarbeiter und Salzschmuggler rebellierten in Jiangsu; an ihre Spitze trat Zhang Shicheng. An der Küste von Zhejiang wurden revoltierende Seeleute und Piraten von Fang Guozhen befehligt. Ein nicht so wichtiges Aufstandszentrum stellte das Gebiet des mittleren Jangtsekiang dar, wo zuerst Xu Shouhui und danach Chen Youliang als Anführer der Insurgenten auftraten. Ab 1355 entglitt somit ein großer Teil Chinas der mongolischen Herrschaft.[31][33]
Zum Niedergang und sich nun abzeichnenden Sturz der Yuan-Dynastie trug außer den genannten Gründen auch die Störung des Fernhandelssystems durch einen Ausbruch der Pest im zweiten Drittel des 14. Jahrhunderts bei, ferner die mangelnde Fähigkeit, das Weltreich dauerhaft zu verwalten. Für die langfristige Beherrschung eines so großen Landes wie China mit Dutzenden Millionen Einwohnern durch nur einige hunderttausend Mongolen hätten sich die Eroberer in ihrer Regierungsweise den stabilisierenden Kräften der chinesischen Institutionen anvertrauen müssen, was indessen unterblieb. Die sich ausweitenden Aufstände behinderten die Getreidelieferungen auf dem Kaiserkanal nach Khanbaliq, so dass die Yuan-Regierung genötigt war, den Getreideanbau in Nordchina zu forcieren. Zur Deckung der durch die kostspieligen Feldzüge gegen die Rebellen noch größeren finanziellen Belastung der Staatskasse ließ der Kaiserhof große Mengen an Papiergeld drucken, trieb damit aber die Inflation stark in die Höhe. Kriegerische Machtkämpfe, die einzelne Mongolenfürsten in der Region um die Hauptstadt gegeneinander führten, bewirkten ein weiteres Erodieren ihrer Macht.[34]
Ab 1355 setzte sich unterdessen der einer verarmten Bauernfamilie Mittelchinas entstammende Zhu Yuanzhang in Kämpfen gegen andere Rebellenführer allmählich durch. Er eroberte 1356 Nanjing und dessen Umgebung, scheiterte aber zunächst bei weiteren Angriffen. Der mongolische Hof konnte immer noch auf eine Reihe loyaler Beamten und Soldaten unter den Chinesen zählen. Als der Aufstand, der sich anfangs gegen die gesamte Oberschicht und nicht nur gegen die Mongolen richtete, seinen sozialrevolutionären Charakter verlor und sein Ziel in die Beseitigung der Fremdherrschaft änderte, gewann Zhu auch Unterstützer in den reicheren Klassen. Nun gelang ihm nach und nach die Ausschaltung der anderen Anführer der Insurgenten. So entschied er 1363 die Seeschlacht auf dem Poyang-See gegen den „Han“-Prinzen Chen Youliang für sich. 1368 verjagte schließlich seine Armee unter Xu Da den Kaiser Toghan Timur aus Khanbaliq. Damit endete die Mongolenherrschaft in China; Toghan Timur musste sich mit seinen Leuten in die Steppe der äußeren Mongolei zurückziehen. Zhu Yuanzhang gründete die Ming-Dynastie und nahm als neuer Kaiser die Regierungsdevise Hongwu an.[35][36]
Im Gegensatz zu anderen Völkern, die Teile Chinas beherrscht hatten, stellten die Mongolen auch nach dem Untergang ihrer Dynastie einen zu beachtenden Machtfaktor dar, der im Norden Chinas die nachfolgende Ming-Dynastie zwang, sich mit den Mongolen auseinanderzusetzen. Integrationsmaßnahmen und bürokratische Initiativen, die unter der Yuan-Dynastie begonnen hatten, wurden von den Ming-Kaisern fortgesetzt.[37]
Siehe auch
- Liste der chinesischen Dynastien
- Kaiser der Yuan-Dynastie (bzw. Khane der Mongolen)
- Liste der größten Imperien und Reiche
Literatur
- Timothy Brook: The Troubled Empire. China in the Yuan and Ming Dynasties. Belknap Press of Harvard University Press, Cambridge (MA) 2010, ISBN 978-0-674-07253-4 (englisch).
- Arthur Cotterell: The Imperial Capitals of China – An Inside View of the Celestial Empire. Pimlico, London 2007, ISBN 978-1-84595-009-5 (englisch).
- Frederick W. Mote: Imperial China 900-1800. Harvard University Press, Cambridge (MA) 1999, ISBN 0-674-44515-5 (englisch).
- Ann Paludan: Chronicle of the China Emperors. Thames & Hudson, London 1998, ISBN 0-500-05090-2 (englisch).
- Helwig Schmidt-Glintzer: Kleine Geschichte Chinas. C. H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-57066-7.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Herbert Franke, Rolf Trauzettel: Das Chinesische Kaiserreich. (= Fischer Weltgeschichte, Band 19). Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1993 (Originalausgabe 1968), ISBN 3-596-60019-7, S. 226 f.
- ↑ Schriftzeichen大dà. In: zdic.net. Handian –汉典, abgerufen am 12. Dezember 2023 (chinesisch, englisch, deutsch, französisch).
- ↑ Schriftzeichen都dū. In: zdic.net. Handian –汉典, abgerufen am 12. Dezember 2023 (chinesisch, englisch, deutsch, französisch).
- ↑ Helwig Schmidt-Glintzer: Kleine Geschichte Chinas. 2008, S. 101.
- ↑ Helwig Schmidt-Glintzer: Kleine Geschichte Chinas. 2008, S. 102.
- ↑ a b c d e Jacques Gernet: Die chinesische Welt. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1988 (französische Originalausgabe Paris 1972), ISBN 3-518-38005-2, S. 313.
- ↑ a b c d Herbert Franke, Rolf Trauzettel: Das Chinesische Kaiserreich. 1993, S. 230.
- ↑ Herbert Franke, Rolf Trauzettel: Das Chinesische Kaiserreich. 1993, S. 228.
- ↑ Herbert Franke, Rolf Trauzettel: Das Chinesische Kaiserreich. 1993, S. 229.
- ↑ Helwig Schmidt-Glintzer: Kleine Geschichte Chinas. 2008, S. 98 f.
- ↑ Jacques Gernet: Die chinesische Welt. 1988, S. 314.
- ↑ Jacques Gernet: Die chinesische Welt. 1988, S. 314–315.
- ↑ a b Jacques Gernet: Die chinesische Welt. 1988, S. 315.
- ↑ Herbert Franke, Rolf Trauzettel: Das Chinesische Kaiserreich. 1993, S. 231 f.
- ↑ Jacques Gernet: Die chinesische Welt. 1988, S. 316.
- ↑ Herbert Franke, Rolf Trauzettel: Das Chinesische Kaiserreich. 1993, S. 231.
- ↑ Herbert Franke, Rolf Trauzettel: Das Chinesische Kaiserreich. 1993, S. 232.
- ↑ Jacques Gernet: Die chinesische Welt. 1988, S. 327.
- ↑ Herbert Franke, Rolf Trauzettel: Das Chinesische Kaiserreich. 1993, S. 232–233.
- ↑ Jacques Gernet: Die chinesische Welt. 1988, S. 323 und 325.
- ↑ Herbert Franke, Rolf Trauzettel: Das Chinesische Kaiserreich. 1993, S. 233.
- ↑ Herbert Franke, Rolf Trauzettel: Das Chinesische Kaiserreich. 1993, S. 233–234.
- ↑ Jacques Gernet: Die chinesische Welt. 1988, S. 325 f.
- ↑ Herbert Franke, Rolf Trauzettel: Das Chinesische Kaiserreich. 1993, S. 234.
- ↑ Jacques Gernet: Die chinesische Welt. 1988, S. 323.
- ↑ Jacques Gernet: Die chinesische Welt. 1988, S. 325.
- ↑ Herbert Franke, Rolf Trauzettel: Das Chinesische Kaiserreich. 1993, S. 235 ff.
- ↑ Herbert Franke, Rolf Trauzettel: Das Chinesische Kaiserreich. 1993, S. 236 f.
- ↑ Jacques Gernet: Die chinesische Welt. 1988, S. 318, 320.
- ↑ Herbert Franke, Rolf Trauzettel: Das Chinesische Kaiserreich. 1993, S. 239.
- ↑ a b Herbert Franke, Rolf Trauzettel: Das Chinesische Kaiserreich. 1993, S. 240.
- ↑ Jacques Gernet: Die chinesische Welt. 1988, S. 329 und 616 f.
- ↑ Jacques Gernet: Die chinesische Welt. 1988, S. 329 f.
- ↑ Herbert Franke, Rolf Trauzettel: Das Chinesische Kaiserreich. 1993, S. 241.
- ↑ Herbert Franke, Rolf Trauzettel: Das Chinesische Kaiserreich. 1993, S. 242.
- ↑ Jacques Gernet: Die chinesische Welt. 1988, S. 330.
- ↑ Helwig Schmidt-Glintzer: Kleine Geschichte Chinas. 2008, S. 102 ff.
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Kubilai Khan auf der Jagd, Malerei von Liu Kuan-tao, Liu Guandao, um 1280
"Dai Ön Yekhe Mongghul Ulus", which means "Great Yuan Great Mongol Empire" in Mongolian language, is the full name of Yuan Dynasty in Mongolian.
Autor/Urheber: Cattette, Lizenz: CC BY 4.0
Based on Encyclopedia of Mongolia and the Mongol Empire (2004) by Christopher P. Atwood
Post-mortem portrait of Kublai Khan; made to make him appear about 30 years younger.


