X. Fliegerkorps

X. Fliegerkorps

Aktiv2. Oktober 1939 bis 5. September 1944
StaatDeutsches Reich NS Deutsches Reich
StreitkräfteWehrmacht
TeilstreitkraftBalkenkreuz.svg Luftwaffe
TypHöhere Kommandobehörde
GliederungUnterstellte Verbände
Kommandeur
Erster Kommandierender GeneralGeneral der Flieger Hans Geisler
Letzter Kommandierender GeneralGeneralmajor Alexander Holle

Das X. Fliegerkorps war ein Großverband der Luftwaffe, der im Zweiten Weltkrieg für Kampfaufgaben über See zuständig war.

Aufstellung

Ein im Mai 1939 durchgeführtes Planspiel für einen Luftkrieg gegen England führte im Sommer 1939 zur Bildung des Stabes eines Generals z. b. V. (zur besonderen Verwendung) bei der Luftflotte 2. Dieser Stab war zunächst nur als Ausbildungsstab für die geplanten Seekampfgeschwader der Luftwaffe gedacht und sollte außerdem die Erfordernisse des Luftkrieges über See durch landgestützte Luftstreitkräfte und ihre Zusammenarbeit mit den Marinefliegereinheiten und der Kriegsmarine untersuchen. Durch den im September 1939 ausbrechenden Zweiten Weltkrieg wurde der Stab zu einem Führungsstab für Einsatzverbände im Luftkrieg über See umfunktioniert und am 3. September 1939 zur 10. Fliegerdivision erhoben. Die Aufstellung des X. Fliegerkorps erfolgte am 2. Oktober 1939 durch die Umbenennung der 10. Fliegerdivision.[1] Das X. Fliegerkorps war ein Führungsstab, dem je nach seinem Auftrag Gruppen und Geschwader von Jagdflugzeugen, Jagdbombern, Sturzkampfbombern, Bombern und Aufklärern unterstellt wurden. Das X. Fliegerkorps seinerseits war entweder unmittelbar dem Oberkommando der Luftwaffe oder einer Luftflotte unterstellt.

Nordsee- und Norwegeneinsatz

Der erste Einsatzraum des X. Fliegerkorps war im Winter 1939/40 die Nordsee im Kampf gegen die britische Royal Navy und gegnerische Handelsschifffahrt, wobei einige Dutzend Handelsschiffe beschädigt oder versenkt wurden.[2] Im Frühjahr 1940 wurden dem Korps von der Luftwaffe alle für die Eroberung Norwegens (Fall Weserübung) vorgesehenen Fliegerverbände unterstellt. Dort war das X. Fliegerkorps ab April 1940 erfolgreich bei der Eroberung des Landes und der Bekämpfung alliierter Seeoperationen im Einsatz.

Dabei zeigte sich zum ersten Mal die Überlegenheit von Luftherrschaft über Seeherrschaft. Vereinfacht gesagt beherrschte die Luftwaffe durch das X. Fliegerkorps den Luftraum über dem norwegischen Seegebiet, während die Royal Navy die norwegische See beherrschte. Die Schiffsverluste durch die deutschen Flugzeuge machten ein ständiges Verbleiben der Royal Navy in norwegischen Gewässern unmöglich und so trug die deutsche Luftherrschaft im Kampfraum Norwegen sehr stark zum deutschen Erfolg bei.

Luftschlacht um England

Bei der Luftschlacht um England unterstand das X. Fliegerkorps der Luftflotte 5 und war mit seinen fliegenden Verbänden in Südnorwegen und Dänemark stationiert. Unter Ausnutzung ihrer größten Reichweite war es den zweimotorigen Kampfflugzeugen der Typen Heinkel He 111 und Junkers Ju 88 und den zweimotorigen Zerstörerflugzeugen des Typs Messerschmitt Bf 110, allerdings nicht den einmotorigen Jägern vom Typ Messerschmitt Bf 109, möglich die britische Insel zu erreichen. Insbesondere in der Anfangsphase der Luftschlacht um England erfolgten Angriffe auf Nordengland und Schottland durch die Luftflotte 5.

Einsatz im Mittelmeer

Um die Jahreswende 1940/41 wurde das X. Fliegerkorps von Norwegen nach Sizilien verlegt für den Kampf gegen britische Flotteneinheiten und gegnerische Handelsschiffe. Dafür wurde von einer Stukagruppe des Korps (II. Gruppe/Stukageschwader 2) besonders der Angriff auf Flugzeugträger mit Hilfe einer schwimmenden Attrappe eines Flugzeugträgers eingeübt.[3] Schon am 10. und 11. Januar 1941 gelang ein erfolgreicher Angriff auf den britischen Konvoi Excess, der Nachschub für die britische Mittelmeerinsel Malta fuhr und den Flugzeugträger Illustrious, der sehr schwer beschädigt wurde.[4]

Mitte Januar 1941 flog das X. Fliegerkorps schwere Luftangriffe auf die Hafenstadt La Valletta bei der Belagerung von Malta, die sowohl den Hafen als auch Schiffe trafen und die britische Flotte zwang, sich nach Alexandria in Ägypten zurückzuziehen, aber auch die Sturzkampfbomber des deutschen Fliegerkorps erlitten hohe Verluste bei den Angriffen. Ab dem 29. Januar 1941 warfen Bomber des X. Fliegerkorps immer wieder Minen in den Suezkanal und behinderten dadurch den Schiffsverkehr im Kanal.[5] Im Februar 1941 flog das Korps schwere Luftangriffe auf Malta, um ein britisches Eingreifen gegen das Übersetzen des Afrikakorps von Italien nach Libyen zu verhindern.[6] Ab Juni 1941 war das X. Fliegerkorps in Griechenland stationiert, einem Einsatzraum, der in den nächsten zwei Jahren verhältnismäßig ruhig blieb.

Für die Eroberung der Dodekanes Inseln vor der Westküste der Türkei, nach der Kapitulation Italiens (Fall Achse) am 8. September 1943, wurde das X. Fliegerkorps durch Luftwaffenverbände aus Frankreich, Deutschland und der Sowjetunion verstärkt, womit eine Luftüberlegenheit gegenüber den britischen Truppen erreicht wurde, die die italienischen Inseln in der Ägäis, den Dodekanes, im September 1943 besetzt hatten. Bis Ende November 1943 war die Eroberung dieser Inseln und Samos durch die Wehrmacht erfolgreich abgeschlossen.[7] Der Kampf um die Ägäischen Inseln war der letzte Großeinsatz des X. Fliegerkorps.

Am 10. Februar 1944 wurde der Stab des X. Fliegerkorps geteilt: ein Teil verblieb in Griechenland und wurde mit dem Feldluftgau-Kommando XXIX zum Stab Kommandierender General der Deutschen Luftwaffe in Griechenland vereinigt, der verbleibende Teil wurde erst nach Angers in Westfrankreich verlegt und dort mit dem Stab Fliegerführer Atlantik zum X. Fliegerkorps vereinigt. Dieses verlegte im August 1944 nach Deutschland, wo es am 5. September 1944 aufgelöst wurde.

Unterstellte Verbände

9. April 1940
(Norddeutschland)
Unternehmen Weserübung[8]
Stab, I., II. und III./Kampfgeschwader 4
Stab, I., II. und III./Kampfgeschwader 26
Stab, I., II. und III./Kampfgeschwader 30
Kü.Fl.Gr. 506 mit 1. und 2./Kü.Fl.Gr. 506, 1./Kü.Fl.Gr. 106
Lufttransportgruppe Land mit Kgr. z. b. V. 101, 102, 103, 104, 105, 106, 107
Kampfgeschwader z. b. V. 1 mit I., II., III. und IV./KG z. b. V. 1
Kampfgruppe 100
I./Sturzkampfgeschwader 1
II./Jagdgeschwader 77
I./Zerstörergeschwader 76
1.(F)/120
1.(F)/122
Kgr. z. b. V. 108
Luftwaffen-Nachrichten-Abteilung 40
Feldluftgau z. b. V. 200
Feldluftgau z. b. V. 300
I./Fallschirmjäger-Regiment 1
10. Mai 1940
(Norwegen, Dänemark)[9]
II./Kampfgeschwader 26
I./Kampfgeschwader 40
II./Jagdgeschwader 77
2./Zerstörergeschwader 76
2.(H)/10
Kgr. z. b. V. 108
Wettererkundungskette X. FlK.
Kurierstaffel X. FlK
Luftwaffen-Nachrichten-Abteilung 40
13. August 1940
(Norwegen, Dänemark)
Luftschlacht um England[10]
Stab, I. und III./Kampfgeschwader 26
Stab, I. und III./Kampfgeschwader 30
I./Zerstörergeschwader 76
Stab, I. und II./Jagdgeschwader 77
Kü.Fl.Gr 506
3.(F)/Ob.d.L.
1.(F)/120
1.(F)/121
Agr(F)/22
Wettererkundungskette X. FlK
Luftwaffen-Nachrichten-Abteilung 40
22. Juni 1941
(Griechenland, Libyen)[11]
Fliegerführer Afrika
III./Lehrgeschwader 1
I./Sturzkampfgeschwader 1
II./Sturzkampfgeschwader 2
III./Zerstörergeschwader 26
I./Jagdgeschwader 27
7./Jagdgeschwader 26
I./Nachtjagdgeschwader 3
2.(F)/123
Verbindungsstaffel Fl.F. Afrika
Kurierstaffel Fl.F. Afrika
Stab, I. und II./Lehrgeschwader 1, II./Kampfgeschwader 26
Stab und I./Sturzkampfgeschwader 3
Kampfgeschwader z. b. V. 1 mit I., II. und III./KG z. b. V. 1, Kgr. z. b. V. 172
Aufklärungsgruppe 126
11./Lehrgeschwader 1
12./Lehrgeschwader 1
Luftwaffen-Nachrichten-Abteilung 40
28. Juni 1942
(Griechenland)[12]
Stab, I. und II./Lehrgeschwader 1
Aufklärungsgruppe 126
II./Kampfgeschwader 100
2.(F)/123
Jagdkommando Kreta
Kurierstaffel X. FlK
Luftwaffen-Nachrichten-Abteilung 40
10. November 1943
(Griechenland, Albanien, Kroatien)[13]
Stab, I. und II./Lehrgeschwader 1
I. I. Stab und III./Schlachtgeschwader 3
Stab, I. und II./Transportgeschwader 4
Nachtaufklärungsgruppe 2
Seeaufklärungsgruppe 126
II./Kampfgeschwader 51
15./Kampfgeschwader 53
5./Kampfgeschwader 100
11./Zerstörergeschwader 26
2.(F)/122
2.(F)/123
2./SAGr. 125
1. Seetransportstaffel
6. Juni 1944
(Frankreich)[14]
Stab, I., II., und III./Kampfgeschwader 40
Fernaufklärungsgruppe 5
Verbindungsstaffel X. FlK
Kurierstaffel X. FlK
Luftwaffen-Nachrichten-Abteilung 40

Kommandierende Generale

Literatur

  • Eisenbach, Hans Peter: Fronteinsätze eines Stuka-Fliegers – Mittelmeer und Ostfront 1943/44- Helios Verlag. In dem Buch werden die Einsätze der I./StG 3 (Megara) bei der Schlacht um die Ägäis 1943 präzise dargestellt.
  • Rudi Schmidt: Achtung – Torpedos los! Karl Müller Verlag, Erlangen, ohne Jahresangabe, ISBN 3-86070-802-3.

Einzelnachweise

  1. Marine-Rundschau. Heft 6/1958, E.S. Mittler & Sohn, S. 301.
  2. Rudi Schmidt: Achtung – Torpedos los! Karl Müller Verlag, Erlangen, ohne Jahresangabe. ISBN 3-86070-802-3. S. 52.
  3. Peter C. Smith: Stuka. Die Geschichte der Junkers Ju 87. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1986, ISBN 3-87943-291-0. S. 64.
  4. J. Rohwer/G. Hümmelchen: Chronik des Seekrieges 1939–1945. Manfred Pawlak Verlagsgesellschaft, Herrsching, ohne Jahresangabe. ISBN 3-88199-009-7. Seiten 94–95.
  5. J. Rohwer, G. Hümmelchen: Chronik des Seekrieges 1939–1945. Manfred Pawlak Verlagsgesellschaft, Herrsching, ohne Jahresangabe. ISBN 3-88199-009-7. S. 99 und 103.
  6. Janusz Piekałkiewicz: Luftkrieg 1939–1945. Wilhelm Heyne Verlag, München 1982, ISBN 3-453-01502-9. S. 270.
  7. Peter Schenk: Kampf um die Ägäis. Verlag Mittler & Sohn, Hamburg 2000, ISBN 3-8132-0699-8, S. 61–62.
  8. Leo Niehorster: Scandinavian Campaign, German Airforce, Order of Battle X Air Corps 9. April 1940, abgerufen am 6. Mai 2015.
  9. Leo Niehorster: Battle for France, German Order of Battle, 5th Air Force, X Air Corps 10. Mai 1940, abgerufen am 6. Mai 2015.
  10. Ulf Balke: Der Luftkrieg in Europa 1939–1941. Bechtermünz Verlag, Augsburg 1998, ISBN 3-86047-591-6, S. 408–413 (1057 S.).
  11. Leo Niehorster: German Air Force, Order of Battle, X Air Corps, 22. Juni 1941, abgerufen am 6. Mai 2015.
  12. Leo Niehorster: German Air Force, Order of Battle, 2nd Air Fleet, X Air Corps 28. Juni 1942, abgerufen am 6. Mai 2015.
  13. Leo Niehorster: German Air Force, Order of Battle, Air Force Command Southeast, X Air Corps, 10. November 1943, abgerufen am 6. Mai 2015.
  14. Leo Niehorster: German Air Force, Order of Battle, 3rd Air Fleet, X Air Corps, 6. Juni 1944, abgerufen am 6. Mai 2015.
  15. Fiebig verblieb als Befehlshaber des Luftwaffenkommandos Südost in Griechenland. Stefan Fröhlich führte das Korps in Frankreich.

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National- und Handelsflagge des Deutschen Reiches von 1935 bis 1945, zugleich Gösch der Kriegsschiffe.
Das Hakenkreuz ist im Vergleich zur Parteiflagge der NSDAP um 1/20 zum Mast hin versetzt.
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