Wolinia

Wolinia (deutsch Wollin, slowinzisch Vʉ̀ɵ̯lämɵ[1]) ist ein Dorf im Powiat Słupski (Kreis Stolp) der polnischen Woiwodschaft Pommern.

Geographische Lage

Wolinia liegt in Hinterpommern, an der Westseite des Lebatals, etwa 16 Kilometer nordwestlich der Stadt Lębork (Lauenburg in Pommern), 16 Kilometer südlich der Stadt Łeba (Leba) und drei Kilometer südlich des Dorfs Cecenowo (Zezenow).

Geschichte

Wollin nordöstlich der Stadt Stolp und südlich der Stadt Leba und des Lebasees an der Ostseeküste auf einer Landkarte von 1910.
Ehemaliges Herrenhaus der Familie von Puttkamer (2. Hälfte 19. Jh.)
Heutige Ansicht des Herrenhauses (2010)

Das ehemalige Rittergut Wollin war in älterer Zeit ein Lehen der Familie Puttkamer, die dort seit mindestens dem Jahr 1457 ein Stammhaus hatte. Der Gut wurde stets im gleichen Mannesstamm weitervererbt, wobei seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts Erbteilungen vorkamen. 1523 wird Baltzar to puttkummer to Wollineke genannt. Im Jahr 1590 hatte Wollin noch dreizehn Bauernhöfe, von denen allerdings einige unbewirtschaftet waren, und sechs Kossäten. Am Anfang des 17. Jahrhunderts war Albrecht Puttkamer der Gutsbesitzer. In einem 1621 zu Groß Stepenitz von dem pommerschen Herzog Bogislaw X. ausgefertigten Gnadenbrief wird der Familie Puttkamer das Recht freier Fischerei in der Leba auf den beiden Feldmarken Wollin und Zezenow von Podel bis Poblotz eingeräumt, jedoch unter Ausklammerung des Lachsfangs, den der Herzog für sich selbst beanspruchte.

Anfang des 18. Jahrhunderts wurde Wollin durch den in polnischen und russischen Diensten zu Reichtum gelangten Georg-Dietrich von Puttkamer wieder in einer Hand vereinigt. Bis 1715 erwarb er alle Anteile an Wollin zusammen. Er ließ ein repräsentatives Herrenhaus erbauen, das von seinem Sohn gleichen Namens erweitert wurde. Um 1784 gab es in Wollin ein Vorwerk, eine wassergetriebene Mahl- und Häckselmühle, acht Vollbauern, sechs Halbbauern, sechs Kossäten, einen Gasthof, eine Schmiede, einen Schulmeister, auf der Feldmark das Vorwerk Morhof mit einer Reihe von Kolonistenhäusern, eine Ziegelei, einen Kalkofen und insgesamt 82 Haushaltungen. Um 1800 gab es nur noch wenige Kaschubisch sprechende Dorfbewohner.

1878 verlor Baron Georg von Puttkamer das Gut Wollin durch außergewöhnliche Umstände; er hatte einem Geschäftspartner einen Blankoscheck ausgestellt. Das Gut kam danach an Philipp Georg von Braunschweig, der damit Herr auf Sorchow, Groß Podel und Wollin war.

Vor 1945 gehörte die Landgemeinde Wollin zum Landkreis Stolp im Regierungsbezirk Köslin der Provinz Pommern. Auf dem Gemeindegebiet gab es neben dem Dorf Wollin den Wohnplatz Friedrichswerder. Auf der insgesamt 1823 Hektar großen Gemeindefläche standen 57 Wohngebäude. 1938 wurden insgesamt 91 Haushaltungen und 402 Einwohner gezählt.

Reproduktion eines Schwarz-Weiß-Abzuges: Personenzug der Stolper Kreisbahn
Personenzug der Stolper Kreisbahn am Haltepunkt Wollin (etwa um 1925)

Von 1902 bis 1933 war die Gemeinde mit einem eigenen Haltepunkt an die Stolper Kreisbahn (ab 1930 Stolper Kreisbahn AG) angeschlossen. Die 750-mm-Schmalspurbahn verband Wollin mit Stolp und Zezenow. Im Zuge der Umspurung der Bahn im November 1933 auf Normalspur verlor die Gemeinde ihren direkten Bahnanschluss. Der neue Endpunkt der Bahn lag seither im benachbarten Dargeröse.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Wollin am 9. März 1945 kampflos von der Roten Armee besetzt, begleitet von Plünderungen, Misshandlungen und Vergewaltigungen. Am 25./26. Juli 1945 wurde ein polnisches Verwaltungsbüro eingerichtet. In der Folgezeit wurden die Einwohner vertrieben und durch zuwandernde Polen ersetzt. Das deutsche Dorf Wollin wurde in Wolinia umbenannt.

Im Jahr 1953 gab es in Wollin noch 23 deutsche Familien, von denen allerdings nur sechs ursprünglich aus Wollin stammten.

Nach Kriegsende wurden in der BRD 154 und in der DDR 160 aus Wollin vertriebene Dorfbewohner ermittelt.[2]

Einwohnerzahlen

  • 1852: 511[3]
  • 1925: 489, ausnahmslos Evangelische[4]
  • 1933: 492[5]
  • 1939: 455[5]
  • 2008: 322

Söhne und Töchter des Orts

Literatur

Weblinks

Commons: Wolinia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

  1. Eintrag im „Slowinzischen Wörterbuch“ von Friedrich Lorentz, bitte scan Nr. 806 (links) wählen. Zum System der Slowinzisch-Lautschrift von Lorentz, vgl. „Slowinzische Grammatik“, S. 13–16 (scan 40–43), anschließend die Lautlehre.
  2. Karl-Heinz Pagel: Der Landkreis Stolp in Pommern. Lübeck 1989, S. 1034 (Download Ortsbeschreibung Wollin) (PDF; 1,1 MB)
  3. Kraatz: Topographisch-statistisches Handbuch des Preußischen Staats. Berlin 1856, S. 960.
  4. http://gemeinde.wollin.kreis-stolp.de/
  5. a b Michael Rademacher: Stolp. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: treemagic.org.

Koordinaten: 54° 37′ N, 17° 33′ O

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Ostseeküste Kolberg - Danzig 1910.jpg
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unbekannt (Bibliographisches Institut)

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Ostseeküste zwischen Kolberg und Danzig um die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg

Wollin Kr Stolp.jpg
Gutsensemble Wollin, Kreis Stolp (vormals Pommern)
  • Datum: ca. 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts
  • Urheber: unbekannter Maler
  • Quelle: Deutsches Familienarchiv, Geschichte des Geschlechts v. Puttkamer, Verlag Degener & Co., 1984, Seite 819
Personenzug der Stolper Kreisbahn (um 1925).jpg
Autor/Urheber: Max Knitt, Lizenz: CC0
Ein Zug der Stolper Kreisbahn steht (vermutlich am Haltepunkt Wollin) auf der Strecke Stolp – Zezenow im Abschnitt Dargeröse – Zezenow und wartet auf seine Weiterfahrt (etwa um 1925). Der Zug besteht aus einer Lokomotive, einem Packwagen sowie einem Personenwagen dritter Klasse. Betreiber war die Stolper Kreisbahn, einer Schmalspurbahn mit 750 mm Spurweite. Das Streckennetz verband die Stadt Stolp mit der nördlichen Umgebung. Ab 1913 wurde dieses Netz durch neue, in Normalspur ausgeführte, Strecken erweitert. Gleichzeitig erfolgte bis 1933 die Umspurung des bestehenden Netzes auf Normalspur. Dabei wurde der hier abgebildete Streckenabschnitt zwischen Dargeröse, Wollin und Zezenow stillgelegt. Ab 1933 wurde die Betriebsführung durch die Stolper Kreisbahnen AG übernommen, ab 1940 ging die Betriebsführung gemeinsam mit weiteren Bahnen der Region an die Pommerschen Landesbahnen über. 1945 wurde die Strecke durch die Sowjetunion als Kriegsreparation vollständig demontiert.
Wolinia30.JPG
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