Wirtschaft Litauens

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Litauen
Flag of Lithuania.svg
Weltwirtschaftsrang86. (nominal) (2017)
WährungEuro (EUR)
Handels-
organisationen
EU, WTO, OECD
Kennzahlen
Bruttoinlands-
produkt (BIP)
$ 47,26 Mrd. (nominal) (2017)
$ 91,24 Mrd. (PPP) (2017)[1]
BIP pro Kopf$ 16.730 (nominal) (2017)
$ 32.299 (PPP) (2017)[2]
BIP nach WirtschaftssektorLandwirtschaft: 3,3 % (2017)[3]
Industrie: 28,5 % (2017)[4]
Dienstleistung: 68,3 % (2017)[5]
Wachstum  + 3,8 % (2017)[6]
Inflationsrate3,5 % (2017)[2]
Erwerbstätige1,467 Mio. (2017)[7]
Erwerbsquoteca. 42,5 % (2009)
Arbeitslosenquote6,8 % (Mai 2018)[8]
Außenhandel
Export€ 11,78 Mrd. (2009)[9]
ExportgüterEnergieträger, Chem. Erzeugnisse, Nahrungsmittel[10]
ExportpartnerRussland: 13,1 % (2009)
Lettland: 10,1 % (2009)
Deutschland: 9,7 % (2009)[11]
Import€ 13,12 Mrd. (2009)[12]
ImportgüterFossile Energieträger, Chem. Erzeugnisse, (Transport-)Maschinen[10]
ImportpartnerRussland: 30,1 % (2009)
Deutschland: 11,2 % (2009)[11]
Außenhandelsbilanz€ −1,326 Mrd. (2009)[13]
Öffentliche Finanzen
Öffentliche Schulden38,9 % des BIP (2017)[14]
Staatseinnahmen33,8 % des BIP (2017)[15]
Staatsausgaben33,3 % des BIP (2017)[16]
Haushaltssaldo+0,5 % des BIP (2017)

Litauen hat in den vergangenen 20 Jahren mit dem Übergang von der sowjetischen Plan- zur Marktwirtschaft große strukturelle Veränderungen hinter sich gebracht, die in einer sehr wechselvollen wirtschaftlichen Entwicklung ihren Niederschlag finden. Diese war geprägt von einem drastischen Einbruch in der Transformationsphase bis 1993, einer anschließenden Erholung bis Ende 1998, eine Rezession ausgelöst durch die Russlandkrise und durch sie forciert eine noch stärkere Hinwendung zum (westeuropäischen) EU-Markt, die nach einer ersten Erholung (bis 2003) im Umfeld des EU-Beitritts (1. Mai 2004) einen Boom auslöste, der mit der von den USA ausgehenden Finanzkrise seit Frühling 2008 abrupt endete. In den letzten Jahren konnte sich die Wirtschaft wieder erholen und Wachstumsrate, Haushaltssaldo und die Arbeitslosenquote verbesserten sich wieder. 2017 gehörte Litauen mit einer Wachstumsrate von 3,8 % zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften im Euroraum.

Im Rahmen der Umstrukturierungen war die Privatisierung von Staatsbetrieben (v. a. im Bereich Energie) ein herausragendes politisches Thema, das immer wieder Regierungskrisen ausgelöst hat. Andere Wandel, wie der Rückgang der Landwirtschaft, die immense Rationalisierung und Modernisierung in traditionellen Industriebranchen wie der Lebensmittelindustrie, der Elektrogeräteherstellung und Metallverarbeitung sowie der Chemieindustrie sind kaum bemerkt vonstattengegangen. In den nächsten Jahrzehnten steht der große Schritt bevor, von einer verlängerten Werkbank zu einer modernen Wirtschaft zu gelangen. In der Infrastruktur (Verkehr/Telekommunikation/Bankwesen) und bei den Dienstleistungen ist ein gutes Fundament gelegt. Seit 2015 ist Litauen Mitglied der Eurozone.

Zeitgeschichtlicher Überblick

Entwicklung seit 1990

Nach der Auflösung der Sowjetunion erfolgten in der Wirtschaft schwerwiegende Umwälzungen. Zahlreiche Betriebe wurden stillgelegt oder privatisiert. Traditionelle Handelsbeziehungen brachen ab oder wurden aus politischen Motiven abgebrochen bzw. durch neue Grenzen erschwert. Die Produktion in Industrie und Landwirtschaft ging zurück. Das Produktionsvolumen rutschte bis 1994 auf ein Viertel des Niveaus von 1989. Die Arbeitslosigkeit stieg auf über 20 %. Hinzu kam eine Hyperinflation, die im Jahre 1992 ca. 1.400 % erreichte.

Hilfe vom Westen kam 1992, als Litauen Mitglied des Internationalen Währungsfonds (IWF) wurde und dieser 1993 Litauen Kredite in Höhe von 300 Millionen US-Dollar gewährte. Mit Unterstützung des IWF und der Weltbank wurden Wirtschaftsreformen vorgenommen und der Litas als nationale Währung eingeführt. Im Sommer 1992 war bereits eine provisorische Währung, der Talonas, an die Stelle des Rubels getreten. Im Sommer 1993 wurde er vom Litas abgelöst. Die Inflation ging langsam zurück, und der Litas konnte am 1. April 1994 auf einen festen Wechselkurs von 4:1 zum Dollar festgeschrieben werden.

Nach der Einführung des Litas trat eine gewisse Stabilität ein. Litauen wies ab 1995 ein kontinuierliches Wirtschaftswachstum von jährlich mindestens 3,5 % auf. Einen Rückschritt löste die Russlandkrise aus, als ab Ende 1998 durch den Kursverfall des Russischen Rubels die Absatzmärkte der GUS-Staaten wegbrachen. Nun erwies sich die hohe Verschuldung des Staates wegen der Finanzgarantien für eine Unzahl staatlicher Fonds (z. B. SoDra) und teilprivatisierte Unternehmen (z. B. die Erdölraffinerie Mažeikių Nafta) als Problem. Auch war die Privatisierung gerade der großen unrentablen Unternehmen nur halbherzig vorangetrieben worden.[17] Die konservative Regierung musste einen höchst unpopulären Sparkurs fahren und wurde Ende 2000 aus dem Amt gewählt.

Gegenwart und Ausblick

Aufgrund eines beachtlichen wirtschaftlichen Wachstums seit 2001 lag die offizielle Arbeitslosigkeit in Litauen bei 3,9 % (1. Februar 2007).[18] Verschiedene Branchen klagten bereits über einen strukturellen Arbeitskräftemangel, insbesondere in den wirtschaftlichen Zentren Vilnius, Klaipėda und Kaunas. Damit einher ging ein schnelles Wachstum der Löhne um ca. 16 % jährlich. Der mittlere Lohn beträgt 1.731 Litas (ca. 500 EUR – brutto, 1. Februar 2007).[18] Nach der Finanzkrise stieg die Arbeitslosigkeit deutlich an und erreichte 2010 17,9 %.[19] Die Jugendarbeitslosigkeit betrug fast 30 %.

Seit dem EU-Beitritt, aber vor allem nach der Finanzkrise kam es zu einer starken Auswanderung besonders der jungen, mobilen und gut ausgebildeten Bevölkerung in die Länder Westeuropas (v. a. Großbritannien, Irland, Dänemark), die sich geöffnet haben und in denen litauische "Gastarbeiter" deutlich mehr verdienen können als in ihrem Heimatland.[20] Im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung Litauens ist dies kontraproduktiv, weil dadurch ein Fachkräftemangel entsteht.

Die Funktion als "verlängerte Werkbank" Westeuropas wurde dem Land schon bald durch die neuen EU Mitglieder und Beitrittskandidaten Rumänien, Bulgarien, Kroatien streitig gemacht, in denen die Löhne noch niedriger sind.

Die Zukunft Litauens ist gekennzeichnet durch weitere Integration in westliche Strukturen. Zur Zeit deutet aber vieles darauf hin, dass das Land z. B. beim Durchschnittseinkommen auf lange Zeit keinen Anschluss an das westeuropäische Wohlstandsniveau finden wird.

Bruttoinlandsprodukt (BIP)

Seit der Überwindung der Russlandkrise von 1998/99 boomte die Wirtschaft aller drei baltischen Staaten bis zur Finanzkrise ab 2007. Seit 1995 lag der Zuwachs des BIP (real) in Litauen nur in den Jahren 1999 und 2009 im negativen Bereich. Das BIP betrag 2008 umgerechnet 32 Mrd. Euro und somit mehr als das Dreifache des Wertes von 1999. Litauen wurde wegen seiner guten wirtschaftlichen Entwicklung bis 2008 oft Baltischer Tiger genannt.

Im Vergleich mit dem BIP der EU ausgedrückt in Kaufkraftstandards erreichte Litauen 2015 einen Indexwert von knapp 74 (EU-28:100) und damit etwa 60 % des deutschen Wertes.[21]

Bruttoinlandsprodukt Litauens
Jahr1990199219952000200520102015
in Milliarden Litas0,133,426,045,772,195,7k. A.
in Milliarden Eurok. A.k. A.5,012,420,927,737,2
pro Einwohner (in Litas)369217.41913.14521.79130.890k. A.
pro Einwohner (in Euro)k. A.k. A.1.4363.5546.3118.946k. A.
Wachstum (real, in % zum Vorjahr)k. A.−21,3ca. 3,53,67,41,6k. A.

Quelle: Statistikamt Litauens[22]

BIP und Beschäftigung nach Wirtschaftssektoren

In den 1990er und den 2000er Jahren hat sich Litauens Wirtschaftsleistung der der Alt-EU-Mitglieder sehr stark angeglichen. Die kleinbetrieblich strukturierte Land- und Forstwirtschaft, die 1995 noch für 11,5 % der Wirtschaftsleistung verantwortlich zeichnete, trug 2007 noch einen Anteil von 4,5 % bei. Ebenso hat sich die Zahl der Beschäftigten stark verringert von gut 270.000 auf 170.000. Demgegenüber haben von der gestiegenen Binnennachfrage in den Boomjahren vor allem die Finanz- und Immobilienbranche (Anteil an der Wirtschaftsleistung von ca. 12 % bis 2003 auf über 15 % 2007 gestiegen) und die Baubranche profitiert (Steigerung von ca. 7 % bis 2004 auf über 10 % 2007). Im Bausektor stieg die Beschäftigung innerhalb weniger Jahre von 90.000 (2002) auf über 145.000 (2006), im Immobiliensektor gar von 10.000 im Jahre 2004 auf knapp 17.000 zwei Jahre später. Entsprechend groß war hier das Risiko des Arbeitsplatzverlusts im Rahmen der Wirtschaftskrise von 2010–11, in der gleichzeitig einer strenge Austeritätspolitik betrieben wurde, um den Beitritt zur Euro-Zone nicht zu gefährden.

Ein weiterer expansiver Wirtschaftszweig ist der Bereich Transport und Telekommunikation, der seinen Anteil am BIP von unter 8 % im Jahre 1995 auf knapp 12 % 2007 steigern konnte, die Beschäftigung stieg von 86.000 im Jahre 2001 auf über 110.000 2007 (lag allerdings 1995 schon mal bei 95.000). In den letzten Jahren ist insbesondere der IT-Sektor stark expandiert.

Stark gestiegen ist auch die Bedeutung der Tourismusindustrie für die Beschäftigung: von 19.000 Beschäftigten 1995 über 25.000 (2002) auf über 36.000 (2006). Die Beschäftigtenzahlen in der Verwaltung und im Bildungs- und Sozialbereich sind seit 1995 relativ konstant geblieben (2006: 81.000 / 132.000 / 106.000), mit einer fallenden Tendenz im Bildungssektor und einer steigenden im Sozialbereich.

Staatsbudget

Das nationale litauische Staatsbudget gliedert sich in ein Budget der Regierung und in eines der Gebietskörperschaften. Die Einnahmen der Gebietskörperschaften belaufen sich dabei auf etwa ein Sechstel der Gesamteinnahmen und stammen im Wesentlichen, 2008 zu fast 95 %, aus ihrem Anteil an der Einkommensteuer (mittlerweile über 70 %, vor fünf Jahren noch unter 50 %). Dazu kommen noch die rein kommunalen Grundsteuern. Allerdings erhalten die Gemeinden zur Bewältigung ihrer Aufgaben noch zusätzliche Mittel in Milliardenhöhe aus dem Regierungshaushalt.

Der Regierungshaushalt belief sich 2008 auf 25,6 Mrd. Litas Einnahmen (knapp 7,5 Mrd. Euro), davon 5,1 Mrd. Litas Zuwendungen von der EU. Von diesen veranschlagten 5,1 Milliarden wurden aber nur 3,5 Milliarden abgerufen, so dass die tatsächlichen Einnahmen bei 23,2 Mrd. Litas (6,7 Mrd. Euro) lagen.[23] Die Ausgaben lagen real bei 24,6 Mrd. Litas (7,1 Mrd. Euro), das waren 2 Milliarden Litas weniger als geplant. Sie verteilten sich wie folgt:

  • Wirtschaft: 25 %
  • Soziales: 12 % 1)
  • Bildung: 11 %
  • Innere Sicherheit: 8 %
  • Gesundheitswesen: 7 % 1)
  • Verteidigung: 6 %

1) (ohne staatl. Kranken- und Sozialversicherung)

Schulden und Budgetdefizit

Die Gesamtschulden der Öffentlichen Hand betrugen im Januar 2006 11,5 Mrd. Litas (ca. 3,2 Mrd. EUR). Das waren 16,9 % des BIP (2005). Bis Jahresende 2008 hat sich die Verschuldung trotz guter Konjunktur drastisch auf 17,4 Mrd. Litas (4,9 Mrd. Euro) erhöht. Die Neuverschuldung betrug 2008 677 Mio. LTL (196 Mio. EUR) und damit 2,3 % des gesamtstaatlichen Jahresetats von 29,7 Mrd. LTL.[24] Aufgrund des stark gestiegenen Bruttoinlandsprodukts betrug die Staatsverschuldung gemessen am BIP allerdings nur noch 15,6 % (nach 17 % Ende 2007). Das größte relative Budgetdefizit der letzten Jahre wurde im Wahljahr 2004 mit 596 Mio. Euro bzw. 3,3 % der Gesamtausgaben markiert (Vorjahre: um die 2 %).

Steuerzahler

Der größte litauische Steuerzahler ist das Energieunternehmen AB ORLEN Lietuva. 2014 zahlte es 407,2 Mio. Euro Steuern. Der zweitgrößte Steuerzahler 2014 war UAB „Okseta“ (178,74 Mio. Euro Steuern), der drittgrößte Steuerzahler UAB Philip Morris Baltic (169,2 Mio. Euro Steuern), der viertgrößte Steuerzahler UAB Mineraliniai vandenys (142,7 Mio. Euro Steuern) und der fünftgrößte Steuerzahler UAB Maxima LT (111,24 Mio. Euro Steuern).[25]

Inflation

Nach einer Hyperinflation in den ersten Jahren der Unabhängigkeit nach 1990 führte die Einführung des Litas im Juni 1993 zu einer Abschwächung der Inflation von 45 % im Jahre 1994 auf 2,4 % Ende 1998. Bis 2003 verharrte die Inflation auf niedrigem Niveau, in den Jahren 2002 und 2003 wurde sogar eine Deflation verzeichnet, für die der starke Euro-Kurs, an den die litauische Währung seit Februar 2002 gebunden ist, und sinkende Lebensmittelpreise sowie Telekommunikationskosten verantwortlich zeichneten. Nach dem EU-Beitritt setzte die Inflation aufgrund einer anziehenden Binnennachfrage wieder ein. Die seither boomende Wirtschaft, die ein starkes Lohnwachstum nach sich zog (siehe Kapitel „Arbeit und Gehälter“), und die großzügige Vergabe von Privatkrediten sorgten für eine starke Ausweitung der Geldmenge und in der Folge für eine ausufernde Inflation. Insbesondere der Immobilienmarkt und die Freizeitbranche verzeichneten starke Preisanstiege. Der hohe Ölpreis und teurere Gasimporte taten ihr Übriges. Die Inflation erreichte 2007 / 2008 Raten über 8 %.

Entwicklung der Verbraucherpreise (in % zum Vorjahr; jeweils Dezember)
Jahr1993199419951996199719981999200020012002200320042005200620072008
insgesamt189453613,18,42,40,31,42,0−1,0−1,32,93,04,58,18,5
Lebensmittel154394113,74,1−3,7−1,4−1,76,2−5,3−1,94,83,58,115,510,9
Wohnen (Miete & Energie)247924214,421,111,11,814,70,41,50,50,66,710,314,123,3
Gesundheit9295611,69,96,5−1,4−3,1−2,9−1,13,83,811,16,15,99,111,7
Telekommunikation7952743,7293216,913,621,11,9−12,2−1,2−5,20,9−7,3−1,9
Gastronomie2907917,29,65,13,7−0,6−0,40,30,5−0,22,33,35,110,814,2

Quelle: Statistikamt Litauens[26]

Arbeit und Gehälter

Die Arbeitslosenquoten sind in Litauen mit einer gewissen Vorsicht zu behandeln. Da für viele kein oder kaum ein Leistungsanspruch besteht, melden sich viele Menschen nicht arbeitslos. Dies galt in noch stärkerem Maße in der Vergangenheit, als Arbeitslosengeld noch nicht existierte. Zudem müssen Langzeitarbeitslose damit rechnen, zu Arbeitsdiensten herangezogen zu werden (z. B. Straßenreinigung). Allerdings zeigen die Daten im chronologischen Verlauf sehr gut die wirtschaftliche Entwicklung des Landes.

Jahr1993199419951996199719981999200020012002200320042005200620072011
Arbeitslosenzahl (in Tsd.)81661091251051141492052241981671431017367248
Arbeitslosenquote 1)4,43,86,17,15,15,67,410,211,19,78,16,84,83,43,215,4
Gehälter (brutto, in LTL) 2)--4816187789309879719821.0141.0731.1491.2761.4961.8022.175
Gehaltsanstieg
(real, in % zum Vorjahr) 3)
----15,811,75,1−5,2−0,44,99,96,17,216,219,920

1) in % aller Personen im erwerbsfähigen Alter; bis 1996 in Prozent an den Erwerbstätigen, daher Quote etwa 10–15 % höher
2) das Bruttogehalt liegt um etwa 35–40 % höher
3) für Beschäftigte in der Privatwirtschaft
Quelle: Statistikamt Litauens[22]

Auch in Litauen weisen die Arbeitslosenquoten regional große Unterschiede auf: sie liegen in den ländlichen Regionen deutlich höher und in diesen vor allem in den Grenzregionen im Nordwesten, Osten und Südosten, während die großen Städte und ihr Umland kaum Arbeitslosigkeit kennen. Für 2005 lag die Quote in den Landkreisen Mažeikiai, Akmenė, Panevėžys, Joniškis, Ignalina, Šalčininkai, Lazdijai und Jurbarkas, sowie in der grenznahen Kleinstadt Druskininkai bei und über 10 %, während die Städte Vilnius, Kaunas und Šiauliai sowie die Kurische Nehrung und die an der Achse Kaunas – Vilnius gelegenen Landkreise Trakai und Elektrėnai Raten von 3 % und weniger aufwiesen. 2007 lagen die höchsten Werte nurmehr bei 6–7 %. Seit dem Jahr 2000 haben vor allem die mittelgroßen Städte Panevėžys und Šiauliai die Arbeitslosenquote deutlich senken können.[22] Der monatliche Mindestlohn beträgt in Litauen 800 Litas, der stündliche 4,85 Litas. Der Durchschnittslohn in Litauen beträgt etwa 2.175 Litas (Stand 2011). Etwa 38 Stunden arbeitet ein Litauer im Durchschnitt pro Woche.

Außenhandel

Die Exporte beliefen sich 2005 auf 12,46 Mrd. € (42,975 Mrd. LTL), die Importe auf 13,2 Mrd. €. Der Außenhandel hat sich damit seit 1995 verdoppelt. Exportzuwachs 2005 war 27,1 %, Importzuwachs 25 %. Das Handelsdefizit erreicht 1,31 Mrd. €, hat sich aber im Vergleich zu den Jahren der Russlandkrise, als die Absatzmärkte im Osten wegbrachen, deutlich verringert.

Hauptexportländer sind die Schweiz (Sonderfall durch Erdölexporte über Handelsfirmen mit Sitz in der Schweiz), Russland und Deutschland, wohin 10 % der Exporte gehen. Nach Russland gehen heute nur noch 10 % der Exporte – 1996 waren es noch knapp 25 %. Haupteinfuhrländer sind Russland (22 %, v. a. Rohstoffe) und Deutschland (17 %).

Wichtigste Exportgüter Litauens sind mineralische Produkte, Maschinen und mechanische Geräte, Fahrzeuge und Transportmittel, Textilien, Holz und Milcherzeugnisse.

Finanzsektor

1990–1995

In der Sowjetunion gehörte das litauische Bankenwesen zu den entwickelten Wirtschaftssektoren. Im Territorium Litauens gab es bis 1990 7 verschiedene Banken. Die Liberalisierung des Bankenwesens begann bereits nach der Perestrojka. Nach der Erklärung der Unabhängigkeit folgte eine Welle von Gründungen privater Kreditinstitute sowie die Privatisierung bisheriger staatlicher Kreditinstitute. 1993 gab es schon 28 Banken, obwohl die durchschnittlichen jährlichen Einkünfte der 3,7 Mio. Einwohner Litauens nur 751 USD betrugen. Zinsen von bis zu 50 % pro Jahr wurden oftmals als normal deklariert (und in den ersten Jahren tatsächlich gezahlt). Es folgten einige spektakuläre Pleiten.

Banken

Alle staatlichen Banken wurden in Litauen privatisiert. Die letzte war die Litauische Sparkasse Lietuvos taupomasis bankas die jetzt ein Teil der Swedbank ist. Aktiv sind insbesondere skandinavische Gruppen wie SEB, Nordea und die deutschen Banken wie NORD/LB und Vereins- und Westbank.

Das Kapital aller litauischen Banken betrug 2005 44,8 Mrd. LTL.

Landwirtschaft

Industrie

Innerhalb der Industrie Litauens haben die zwei wichtigsten Produktionszweige Litauens, die Lebensmittelindustrie und die Textilindustrie, an Bedeutung verloren. Während sich die Lebensmittelindustrie in den letzten Jahren stabilisiert hat (die Beschäftigtenzahlen halten sich seit 2003 bei etwa 50.000 Menschen, 1995 noch 72.000), verlor die Textilindustrie nach dem Höhepunkt im Jahr 2001 (20,3 % Anteil an der Industrieproduktion) rasant an Bedeutung. Hier zeigt sich, dass die steigenden Löhne die Produktion aus Litauen verdrängen. Die Beschäftigung war 2006 gegenüber dem Höhepunkt 2003 um 15.000 Personen auf 57.000 zurückgegangen. Nachdem sich die Beschäftigung innerhalb der Branche zunächst (bis 2003) stark von der Textil- zugunsten der höherwertigen Kleidungsherstellung verschoben hatte, geht in den letzten Jahren die Beschäftigung auch in diesem Bereich stark zurück (2006: 38.000 Beschäftigte in der Kleidungsherstellung, 19.000 in der Textilproduktion). Die Lederherstellung (Schuhe, Taschen) ist seit 1995 (damals noch fast 8.000 Beschäftigte) fast gänzlich zum Erliegen gekommen (2006 1.600 Personen). Ein ähnlicher Bedeutungsrückgang ist in jüngster Zeit in der Holz- und in der Elektroindustrie zu beobachten (siehe unten).

Industrieproduktion Litauens
Jahr199519982000200320052007
Wert in Milliarden Litas5,99,09,712,516,519,8
Zuwachs zum Vorjahr (real, in %)5,212,113,715,96,86,4
Anteil der Industrie am BIP (in %)25,523,023,824,525,322,6
Anteile der einzelnen Branchen (in %)
Lebensmittel32,528,825,422,321,020,6
Chemie7,86,96,44,96,111,1
Textil16,218,620,016,613,010,0
Holz5,05,57,49,69,68,8
Plastik / Gummi1,02,33,46,36,56,2
Metall2,93,23,74,15,87,1
Nichtmetall5,95,24,14,35,26,1
Druck / Papier8,58,17,67,46,36,0
Elektro / Optik5,27,68,29,08,35,6
Transportausrüstung2,73,23,03,24,84,8

Energiewirtschaft

In Litauen waren 2017 die drei größten Energieverbraucher der Transportsektor (38,5 %), die privaten Haushalten (28,1 %) und die Industrie (18,8 %).[27]

Laut einem Beschluss des Seimas vom Juni 2018 will Litauen den Übergang zu einer umweltverträglichen Energieversorgung sicherstellen. Es wird angestrebt, bis 2050 100 Prozent des Stroms im Inland zu erzeugen. Zudem sollen dann 80 Prozent des gesamten Strombedarfs aus erneuerbaren Energieträgern gedeckt werden. 2017 stammten gut 60 Prozent des erzeugten Stroms aus regenerativen Quellen.

Gesteigert werden sollen auch die Energieeffizienz im Gebäudewesen und der Industrie. Die Integration des litauischen Energiesystems in die europäischen Leitungsnetze ist vorgesehen. Dazu ist einerseits die Synchronisierung mit dem westeuropäischen Stromnetz und andererseits der Anschluss des Erdgasnetzes an das westeuropäische Pipeline-System nötig.[28]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Weltbank (PDF; 14 kB); Abgerufen am 17. September 2011.
  2. a b IWF Abgerufen am 13. Oktober 2010.
  3. Eurostat - Bruttowertschöpfung Landwirtschaft Abgerufen am 13. Oktober 2010.
  4. Eurostat - Bruttowertschöpfung Industrie Abgerufen am 13. Oktober
  5. Eurostat - Bruttowertschöpfung Dienstleistung Abgerufen am 13. Oktober 2010.
  6. Wachstumsrate des realen BIP - Volumen: Veränderung gegenüber dem Vorjahr (%). Eurostat, abgerufen am 20. März 2013.
  7. Eurostat - Beschäftigung Abgerufen am 13. Oktober 2010.
  8. Arbeitslosenquote@1@2Vorlage:Toter Link/www.stat.gov.lt (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Abgerufen am 12. Mai 2012.
  9. Eurostat - Exportsumme Abgerufen am 13. Oktober 2010.
  10. a b Statistics Lithuania - Exports & Imports (Memento vom 19. April 2012 im Internet Archive) Abgerufen am 13. Oktober 2010.
  11. a b Auswärtiges Amt - Wirtschaft Litauens Abgerufen am 13. Oktober 2010.
  12. Eurostat - Importsumme Abgerufen am 13. Oktober 2010.
  13. Eurostat - Außenhandelbilanz Abgerufen am 13. Oktober 2010.
  14. Eurostat - Öffentlicher Schuldenstand Abgerufen am 16. April 2011
  15. Eurostat - Staatseinnahmen Abgerufen am 16. April 2011
  16. Eurostat - Gesamtausgaben Abgerufen am 16. April 2011
  17. Jahresrückblick 1999 auf rferl.org (englisch)
  18. a b Statistisches Amt Litauen
  19. http://www.indexmundi.com/g/g.aspx?c=lh&v=74&l=de indexmundi.com nach CIA World Factbook
  20. Abwanderung aus dem Baltikum, Publikationen, Verbindungsbüro Litauen, Konrad-Adenauer-Stiftung
  21. Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf in KKS. Eurostat, 1. Juni 2016, abgerufen am 4. Dezember 2016.
  22. a b c Datenbankabfrage, 8. Juli 2015 (Memento vom 2. April 2010 im Internet Archive)
  23. Staatshaushalt Litauen 2008, Einnahmenseite, Dokument des lit. Finanzministeriums (Abgerufen am 21. Februar 2009; engl.; PDF; 10 kB)
  24. Budgetabschluss 2008 (Memento vom 22. Februar 2009 im Internet Archive) Nachricht auf delfi.lt, 20. Februar 2009.
  25. Paskelbtasdaugiausiai mokesčių sumokėjusiųjų sąrašas (Tageszeitung Verslo žinios)
  26. Datenbankabfrage, 18. Februar 2009 (Memento vom 2. April 2010 im Internet Archive)
  27. (Info zu Veranstaltung im Juni 2019)
  28. Deutsch-Baltische Handelskammer Deutsch-Baltische Handelskammer vom 25. Juni 2018

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