Wilhelmshorst

Wilhelmshorst
Gemeinde Michendorf
Wappen von Wilhelmshorst
Koordinaten:52° 20′ N, 13° 3′ O
Höhe: 53 m ü. NHN
Fläche:8,48 km²
Einwohner:3218 (31. Dez. 2022)[1]
Bevölkerungsdichte:379 Einwohner/km²
Eingemeindung:26. Oktober 2003
Postleitzahl:14552
Vorwahl:033205
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Karte
Ortsteil Wilhelmshorst in der Gemeinde Michendorf

Wilhelmshorst ist ein Ortsteil[2] der amtsfreien Gemeinde Michendorf im Landkreis Potsdam-Mittelmark. Der Ort nahe Potsdam hat 3.218 Einwohner (Stand: 31. Dezember 2022)[1] auf einer Fläche von 8,48 km²[3] und liegt an der Bahnstrecke Berlin–Blankenheim, auch Wetzlarer Bahn genannt, einem Teilabschnitt der „Kanonenbahn“ von Berlin nach Metz. Wilhelmshorst wurde ab 1907 mitten im Wald als großzügig gestaltete Villenkolonie für wohlhabende Berliner Beamte, Offiziere und Kaufleute angelegt. Der Ort wurde gegen den Willen der Mehrheit seiner Bewohner im Oktober 2003 nach Michendorf eingemeindet.

Lage

Wilhelmshorst liegt ca. 7 km südlich von Potsdam am Fuß der 91 m hohen Schönen Berge. Sie sind Teil des vom Potsdamer Brauhausberg bis zum Saarmunder Berg verlaufenden Saarmunder Endmoränenbogens. Die Bahnstrecke Berlin-Beelitz teilt Wilhelmshorst in einen nördlichen und einen südlichen Bereich.

Geschichte

Die erste Besiedlung Wilhelmshorsts erfolgte erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Das Gelände gehörte ursprünglich zur Landgemeinde Neu-Langerwisch und zum Teil zur wüsten Feldmark Schön(en)berg. Den Namen Wilhelmshorst erhielt der Ort 1911 nach dem Charlottenburger Kaufmann Wilhelm Müller[4] (bzw. Mühler[5]). Bereits vor 1906 hatte dieser Grundstücke in der nördlich der Bahnlinie liegenden Greuelheide von Langerwischer Bauern aufgekauft. 1906 beauftragte er den Landvermesser W. Ludewig mit der Vermessung und Parzellierung des Geländes. Der Parzellierungsplan wurde 1907 beim Landkreis zur Genehmigung eingereicht. Die Einreichung des Bebauungsplanes gilt als Gründungsdatum. 1909 wurde der Parzellierungsplan genehmigt unter der Bedingung, dass Flächen für öffentliche Einrichtungen wie Kirche, Pfarrhaus, Friedhof, Schule und Bahnhof bereitgestellt wurden. Allerdings setzte die Bebauung schon 1905 mit der Errichtung des Sommerhauses von Wilhelm Mühler ein. Die Erschließung ging zügig voran, denn bis 1912 waren bereits Strom- und Wasserleitungen verlegt. 1914 wurde eine Haltestelle an der Bahnstrecke angelegt, 1915 war das Bahnhofsgebäude fertiggestellt.[5] Etwa ein Dutzend Häuser waren bis dahin gebaut worden. 1911 wurde ein Bebauungsplan für das südlich der Bahntrasse gelegene Gebiet durch die „Wilhelmshorster-Grundstücks-Gesellschaft“ erstellt. Ein Jahr später waren bereits 14 Grundstücke verkauft. Nach dem Ersten Weltkrieg stagnierte die Entwicklung zunächst; es entstanden zunächst nur wenige neue Gebäude, darunter das herrschaftlich wirkende, denkmalgeschützte Landhaus von Renesse (An den Bergen 54).

1925 wurden 193 Hektar von der Gemarkung der Landgemeinde Neu-Langerwisch abgetrennt und der Gemarkung Wilhelmshorst zugeschlagen. Gleichzeitig wurde Wilhelmshorst zur Landgemeinde erhoben. 1928 wurden im Rahmen von Neuordnungen im Landkreis Zauch-Belzig weitere Teile vom Gutsbezirk Kunersdorf Forst, vom Gutsbezirk Neu-Langerwisch und vom Gutsbezirk Plantagenhaus zur neuen Gemeinde übertragen. 1931 wurde die Größe der Gemarkung mit 1202 ha angegeben. 1939 hatte Wilhelmshorst 1313 Einwohner, die in Wilhelmshorst und den zugehörigen Wohnplätzen Templin und Forsthaus Templin wohnten.

Kurz vor Kriegsende, in der Schlacht um Berlin, wurde Wilhelmshorst von Truppen der Roten Armee besetzt. 2009 und 2010 wurde je ein Tagebuch von Friedrich Helms veröffentlicht.[6]

1946 erhielt Wilhelmshorst von der Gemeinde Ferch eine Waldzulage von 76 ha. 1957 wurden 17 ha der Behelfsheimsiedlung an die Gemeinde Michendorf abgegeben. Am 1. Juli 1950 verlor die Gemeinde kurzzeitig ihre Selbständigkeit. Die Siedlung gehörte bis zum 24. Juli 1952 zu Potsdam.[7] Bis zur Eingemeindung nach Michendorf am 26. Oktober 2003 blieb Wilhelmshorst eigenständig.[8] Im Jahr 2007 beging der Ort sein 100-jähriges Bestehen u. a. mit der Herausgabe eines Jubiläumsbuches.

Wappen

Wappen von Wilhelmshorst
Wappen von Wilhelmshorst
Blasonierung: „In silbernem Feld über grünem Grund hinter silbernem Zaun drei rote Spitzgiebel, bekrönt von einem schwarzen W, aus dem zwei grüne, schwarzstämmige Kiefern wachsen.“

Öffentliche Einrichtungen

Kirche Wilhelmshorst

Das zunächst nach Langerwisch eingekirchte Wilhelmshorst wurde 1926 selbstständige Kirchengemeinde. Der Friedhof wurde im selben Jahr eingeweiht. 1932 wurde auf dem Friedhof eine Friedhofskapelle errichtet. 1936/37 wurde nach einem Entwurf von Winfried Wendland die Kirche Wilhelmshorst im nördlichen Teil von Wilhelmshorst errichtet.[9]

Bis 1930 gingen die Kinder der Wilhelmshorster Bürger in Langerwisch zur Schule. Ab diesem Jahr wurde (zunächst in dem Wohnhaus Heidereuterweg 12) eine provisorische Schule eingerichtet. 1932/33 erwarb die Gemeinde das Wohnhaus Heidereuterweg 2 und baute es zur Schule um. 1947 zog die Schule in eine neu errichtete Baracke um, die 1975/76 durch einen zweigeschossigen Anbau erweitert wurde. 1987 wurde ein neues Schulgebäude am Heidereuterweg errichtet.

Sehenswürdigkeiten

Villenkolonie Wilhelmshorst, Straße „An den Bergen“
Mahnmal für die Opfer des Faschismus im Birkenwäldchen
  • dem 1949 aufgestellten Findling mit der Inschrift „Euer Tod ist uns Verpflichtung“, sowie
  • der 1985 errichteten vier Meter hohen Betonstele mit dem Zitat von Karl Marx „Du siehst, dass der proletarische Löwe nicht tot ist“.[10]

Es gibt zwei Teiche in Wilhelmshorst, den fast wasserlosen Irissee[11] und den Blanken Teich.

Einwohnerentwicklung

  • 1925: 0304
  • 1939: 1313
  • 1946: 1532
  • 1964: 2008
  • 1971: 2110
  • 1997: 1834
  • 2005: 2706
  • 31. Dezember 2013: 3126
  • 31. Dezember 2016: 3147
  • 31. Dezember 2018: 3198
  • 1. Januar 2021: 3179

Persönlichkeiten

Mit der Waldgemeinde ist das Leben folgender Persönlichkeiten verbunden:[12][13]

  • Albert Gessner (1868–1953), war ein Architekt, maßgeblich an den Bauplanungen in Wilhelmshorst-Süd und am Bahnhof Wilhelmshorst in den 1910er Jahren beteiligt
  • Adolph Eckhardt (1868–1942),[14] war ein bildender Künstler, lebte von 1912 bis ca. 1939 in Wilhelmshorst, Eibenstraße
  • Friedrich Müssemeier (1876–1957) war ein Veterinärmediziner, lebte zeitweise in Wilhelmshorst
  • Heiner Bastian (* 1942) wuchs ab 1946 in Wilhelmshorst auf, ist ein deutscher Autor, Lyriker und Übersetzer, Kunsthändler, Kurator und Kunstsammler
  • Otto Haesler (1880–1962), war ein Architekt und bedeutender Vertreter des Neuen Bauens, lebte von 1953 bis zu seinem Tod am 2. April 1962 in Wilhelmshorst. Er ist auf dem Wilhelmshorster Friedhof begraben.
  • Edmund F. Dräcker[15] (1888–1989 [?]) war ein deutscher Diplomat und hatte bei den Friedensverhandlungen von Brest-Litowsk eine tragende Rolle, lebte zeitweise in Wilhelmshorst
  • Karl Steinhoff (1892–1981) war Ministerpräsident des Landes Brandenburg und Minister des Inneren der DDR, lebte von 1933 bis Ende der 1970er Jahre in Wilhelmshorst und ist auf dem Wilhelmshorster Friedhof begraben
  • Edlef Köppen (1893–1939) war ein Schriftsteller und Rundfunkredakteur, lebte von 1933 bis 1939 in Wilhelmshorst
  • Alfred Klose (1895–1953) war ein Physiker, Mathematiker und Astronom, lebte zeitweise in Wilhelmshorst. Er ließ das Haus Eulenkamp 11 errichten.
  • Hubert Schmidt-Gigo (1919–2004) war ein deutscher Offizier, Conférencier, Parodist, Rundfunk- und Fernsehmoderator und Motorsportreporter.
  • Peter Huchel (1903–1981), war ein Lyriker und Redakteur, lebte zeitweise in Wilhelmshorst
  • Erich Arendt (1903–1984), war ein Lyriker und literarischer Übersetzer, lebte von 1971 bis zu seinem Tod am 25. September 1984 in Wilhelmshorst
  • Hermann Henselmann (1905–1995) war ein Architekt, bekannt durch sein Wirken im Städtebau der DDR der 1950er und 1960er Jahre, lebte in den 1930er Jahren in Wilhelmshorst
  • Kurt-Hermann Kühn (1926–1989) war ein bildender Künstler, lebte von 1964 bis zum Ende der 1980er Jahre in Wilhelmshorst, Schöpfer der „Opfer des Faschismus-Gedenkstelle“ im Birkenwäldchen Wilhelmshorst
  • Konrad Wolf (1925–1982) war ein Regisseur, lebte zeitweise in Wilhelmshorst
  • Nils Werner (1927–1989) war ein Dichter und Kinderbuchautor, lebte zeitweise in Wilhelmshorst
  • Wilhelm Ziehr (* 1938) ein Lexikograph, Schriftsteller und Kulturhistoriker, lebt seit 2005 in Wilhelmshorst
  • Christoph Quest (1940–2020) war ein Schriftsteller, Schauspieler und Regisseur und lebte seit 2009 in Wilhelmshorst
  • Lutz Seiler (* 1963) ist ein Schriftsteller, lebt in Wilhelmshorst und leitet das literarische Programm im Peter-Huchel-Haus ebenda
  • Gerit Kling (* 1965) ist eine Schauspielerin und in Wilhelmshorst aufgewachsen
  • Anja Kling (* 1970) ist eine Schauspielerin, sie lebt in Wilhelmshorst

Verkehr

Wilhelmshorst hat einen Bahn-Haltepunkt an der Bahnstrecke Berlin–Blankenheim. Er wird von der Regional-Express-Linie RE 7 (Dessau) – Bad BelzigBerliner StadtbahnSenftenberg sowie der Regionalbahnlinie RB 37 Berlin-WannseeBeelitz angefahren. Außerdem streift die Verbindungskurve zum Berliner Außenring den Ortsteil am südlichen Ende.

Der öffentliche Personennahverkehr wird unter anderem durch den PlusBus des Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg erbracht. Folgende Verbindung führt, betrieben von der Regiobus Potsdam-Mittelmark, durch Wilhelmshorst:

Der Ort ist im Individualverkehrs westlich durch die B2, südlich durch die A10 und östlich durch die A115 versorgt. Die Fluganbindung erfolgt mit dem Flugplatz Saarmund.

Literatur

  • Peter R. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für Brandenburg Teil V Zauch-Belzig. Hermann Böhlau, Weimar 1977 (527 Seiten).
  • Marie-Luise Buchinger, Marcus Cante: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Denkmale in Brandenburg, Landkreis Potsdam-Mittelmark, Bd. 14.1 Nördliche Zauche. Wernersche Verlagsgesellschaft, Worms 2009, ISBN 978-3-88462-285-8.
  • Rainer Paetau (Hrsg.): 100 Jahre Wilhelmshorst. 1907–2007. Eine Waldsiedlung vor den Toren der Hauptstadt (i. A. der Freunde und Förderer der Wilhelmshorster Ortsgeschichte e. V.). Wilhelmshorst 2007, ISBN 978-3-00-021775-3 (408 Seiten).

Weblinks

Commons: Wilhelmshorst – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Bevölkerungsstatistik
  2. Hauptsatzung der Gemeinde Michendorf (PDF)
  3. Flächenstatistik auf der Internetseite der Gemeinde Michendorf
  4. Reinhard E. Fischer: Die Ortsnamen der Länder Brandenburg und Berlin, Band 13 der Brandenburgischen Historischen Studien im Auftrag der Brandenburgischen Historischen Kommission. be.bra wissenschaft, Berlin 2005, ISBN 3-937233-30-X, ISSN 1860-2436, S. 182.
  5. a b Buchinger & Cante (2009: S. 639–660)
  6. Friedrich Helms: Tagebuch. Wilhelmshorst 1945. Mit einem Vorwort von Walter Kempowski. 2009, ISBN 978-3-942090-00-1.
    • Friedrich Helms: Tagebuch. Wilhelmshorst 1946 / 1947. 2010, ISBN 978-3-942090-05-6. Beide herausgegeben von Tobias Wimbauer
    Helms (1888–1955) war Bankdirektor (Deutsche Bank), Freimaurer, Sozialdemokrat. In Berlin ausgebombt, erlebt Helms das Kriegsende und die ersten Nachkriegsjahre in seinem Gartenhäuschen in Wilhelmshorst bei Berlin. - Walter Kempowski hat Auszüge aus den Tagebüchern Friedrich Helms’ im Echolot abgedruckt. Er schrieb auch ein Vorwort.
  7. Beitrag zur Statistik: Historisches Gemeindeverzeichnis des Landes Brandenburg 1875 bis 2005 – Landkreis Potsdam-Mittelmark, S. 35 (PDF)
  8. Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, siehe 2003. Statistisches Bundesamt.
  9. Foto der Kirche
  10. „Proletarischer Löwe“ überlebt – Mahnmal aus DDR-Zeiten in Wilhelmshorst steht jetzt unter Denkmalschutz. In: Potsdamer Neueste Nachrichten, 28. Januar 2010
  11. Jens Steglich: Studie liegt vor: Wie der Irissee in Wilhelmshorst gerettet werden kann. Abgerufen am 12. Oktober 2022.
  12. Persönlichkeiten Wilhelmshorst Online
  13. Prominente Wilhelmshorst.de
  14. Adolph Eckhardt, Nachweis der Anfertigung und Stiftung dreier Fenster im Jahre 1942
  15. Edmund Dräcker. Abgerufen am 16. September 2020 (deutsch).

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