Wilhelm His (Mediziner, 1831)

Wilhelm His

Wilhelm His (* 9. Juli 1831 in Basel; † 1. Mai 1904 in Leipzig) war ein schweizerisch-deutscher Anatom und einer der bedeutendsten Neuroanatomen seiner Zeit sowie Mitbegründer der Embryologie.

Leben

Wilhelm His (der Ältere) stammte aus einer angesehenen Patrizierfamilie und studierte in Basel, Berlin (bei Johannes Peter Müller und Robert Remak), Würzburg (bei Rudolf Virchow und Albert von Kölliker), Bern, Prag und Wien Medizin. 1854 wurde er promoviert, 1856 habilitierte er sich in Basel.

1857 wurde er mit 26 Jahren ordentlicher Professor für Anatomie und Physiologie in Basel. 1872 folgte er einem Ruf an die Universität Leipzig als Ordinarius für Anatomie. Er konzipierte ein neues anatomisches Institutsgebäude, das drei Jahre später fertiggestellt wurde und noch heute die Leipziger Anatomie beherbergt. 1877/78, 1883/84, 1887/88 und 1898/99 war er Dekan, 1882 Rektor der Universität Leipzig. Für seine wissenschaftlichen Verdienste wurde er 1880 in die Leopoldina gewählt.[1] 1893 wurde er als korrespondierendes Mitglied in die Preußische Akademie der Wissenschaften aufgenommen.[2] Auch der Königlichen Physiographischen Gesellschaft in Lund (seit 1874), der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig (seit 1875), der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften in Uppsala (seit 1885), der Russischen Akademie der Wissenschaften (seit 1885),[3] der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften (seit 1892)[4] und der Royal Society of Edinburgh (seit 1900)[5] gehörte er an. 1891 war er Vorsitzender der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte. 1897 wurde er Ehrendoktor der Universität Leipzig.[6]

Zu den Schülern des Anatomen und Geheimrats in Leipzig gehörte Ferdinand Sauerbruch.[7]

Seine Söhne waren der Internist Wilhelm His (der Jüngere) und der Rechtshistoriker Rudolf His. Sein Neffe war der Mediziner und Physiologe Friedrich Miescher.

Werk

His betrieb von 1880 bis 1894 embryologische Studien.[8]

Er entwickelte die Wachsplattentechnik, mit der man dreidimensionale Rekonstruktionen von Embryonen herstellen konnte. Er war ein Pionier auf dem Gebiet der Gewebeschneidetechnik und entwickelte das Mikrotom weiter.

His forschte vor allem auf dem Gebiet der Embryologie des Zentralnervensystems und entdeckte die Neuroblasten. Aufgrund seiner Studien warf er Ernst Haeckel in der Embryonenkontroverse wiederholt vor, Embryonen falsch gezeichnet zu haben, um das von Haeckel so genannte Biogenetische Grundgesetz plausibler darstellen zu können. Diese Kritik wird heute von Kreationisten als Beleg gegen die Evolutionstheorie umgedeutet. His wird als einer der Begründer der Entwicklungsmechanik angesehen.[9]

Er entdeckte 1883, dass jede Nervenfaser ihren Ursprung in einer einzigen Nervenzelle hat. His legte damit ein Fundament zu der Neuronentheorie.[10]

Verdient hat er sich auch um die anatomische Nomenklatur gemacht, die sogenannte Basler Nomenklatur (BNA) geht vor allem auf seine Initiative zurück.

Bedeutend war His auch für den Aufbau der anatomischen Sammlung in Leipzig, die heute noch Präparate aus seiner Zeit besitzt. Zusammen mit dem Bildhauer Steger fertigte er Gipsabgüsse anatomischer Präparate an („His-Steger-Modelle“).

His war auch beteiligt an der Identifizierung der Gebeine von Johann Sebastian Bach. Gemeinsam mit dem Leipziger Professor für Zahnheilkunde, Friedrich Louis Hesse (1849–1906), analysierte er Bachs Schädel nach der Welcker-Profilmethode.

Literatur

  • F. Müller, R. O’Rahilly: Wilhelm His and 100 years of human embryology. In: Acta Anatomica. Band 125, Nummer 2, 1986, S. 73–75, PMID 3513474.
  • J. F. Peipert, C. S. Roberts: Wilhelm His, Sr.’s finding of Johann Sebastian Bach. In: The American journal of cardiology. Band 57, Nummer 11, April 1986, S. 1002, ISSN 0002-9149. PMID 3515894.
  • D. Wendler, P. Rother: Wilhelm His Senior – the life and work of the important Leipzig morphologist. In: Zeitschrift für die gesamte innere Medizin und ihre Grenzgebiete. Band 37, Nummer 23, Dezember 1982, S. 810–813, ISSN 0044-2542. PMID 6761987
  • Heinz Röhrich: His, Wilhelm. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 9, Duncker & Humblot, Berlin 1972, ISBN 3-428-00190-7, S. 249 (Digitalisat).
  • Cornelius Borck: His, Wilhelm, d. Ä. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 604.

Weblinks

Commons: Wilhelm His – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Mitgliedseintrag von Wilhelm His bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 18. November 2012.
  2. Mitglieder der Vorgängerakademien. Wilhelm His. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 5. April 2015.
  3. Ausländische Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724. Wilhelm His. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 19. August 2015 (englisch).
  4. Wilhelm His. In: Theodor Westrin (Hrsg.): Nordisk familjebok konversationslexikon och realencyklopedi. 2. Auflage. Band 11: Harrisburg–Hypereides. Nordisk familjeboks förlag, Stockholm 1909, Sp. 756 (schwedisch, runeberg.org).
  5. Fellows Directory. Biographical Index: Former RSE Fellows 1783–2002. (PDF) Royal Society of Edinburgh, abgerufen am 19. Dezember 2019.
  6. Verzeichnis der Ehrenpromotionen. Archiv der Universität Leipzig, abgerufen am 2. November 2020 (Ordnung nach Graduierungsjahr).
  7. Ferdinand Sauerbruch: Das war mein Leben. Kindler & Schiermeyer, Bad Wörishofen 1951; Lizenzausgabe für Bertelsmann Lesering, Gütersloh 1956, S. 30.
  8. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 46.
  9. Entwicklungsmechanik. In: Otto Grosser, bearb. von Rolf Ortmann: Grundriß der Entwicklungsgeschichte des Menschen. 6. Auflage. Springer, Berlin 1966; S. 2, 24 f.
  10. Neuronentheorie. In: Alfred Benninghoff, Kurt Goerttler: Lehrbuch der Anatomie des Menschen. Dargestellt unter Bevorzugung funktioneller Zusammenhänge. 3. Bd. Nervensystem, Haut und Sinnesorgane. 7. Auflage. Urban & Schwarzenberg, München 1964, S. 109 ff.

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Wilhelm His sr, c. 1900. Er war ein Schweizer Anatom.
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Anatomisches Museum Basel ehemals Anatomische Anstalt Basel
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Grabstein Wilhelm His, ursprünglich: Neuer Johannisfriedhof. Heutiger Standort: Lapidarium Alter Johannisfriedhof, Leipzig.
His 1870 Mikrotom.png
Auf dem Stativ St ruht, in einer Achse A gegen den Horizont drehbar, der Tisch T. Auf ihm gleite ein Schlitten S, welcher durch eine Mikrometerschraube vor und rückwärts geschoben werden kann. Ein Zeiger Z zeigt in Millimeterbruchteilen die Größe der Verschiebung an. Ein Bügel B sitzt dem Schlitten auf und dient dazu, um mittelst der herabschraubbaren Platte P einen Guttaperchastreifen G (siehe Figur 2) zu fixieren. Letzterer bildet die Unterlage des zu schneidenden Objektes O. Der Tisch überragt den Stahlbogen Bg, unter welchem durch die Drehung der Mikrometerschraube das Objekt durchgeführt werden kann. Der Stahlbogen kann, da er in einer Fuge gleitet, am Tisch verschoben, in beliebiger Stellung durch die Stellschrauben Ss fixiert oder auch behufs leichterer Objektbefestigung vom Tisch abgenommen werden.

Die Schnittführung geschieht von freier Hand mittels eines Rasiermessers R (Figur 2), das an der einen Seite plan geschliffen ist. Beim Schneiden führt man seine plane Fläche längs der planen Fläche des Stahlbogens. Die Führung gewinnt an Sicherheit bei Anwendung einer breiten Messingschiene Sch (Figur 2), die zur Aufnahme des Messers eingerichtet ist. Das Objekt werde in der Regel nach vorausgegangener Erhärtung in Paraffin eingeschlossen.

Vorteile der Apparatur:

  • Sichere Führung der Schneide, obwohl das Messer nicht mit dem Apparat fest verbunden ist.
  • Leicht berechenbare, parallele Verschiebbarkeit des Objektes unter der Schneide
  • Sichere Orientierung des Objektes zur Schnittrichtung