Werner Lamberz

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Werner Lamberz (re.) mit dem Filmregisseur Frank Beyer, April 1975

Werner Lamberz (* 14. April 1929 in Mayen; † 6. März 1978 am Wadi Suf al-Jin, Libyen) war ein Mitglied des Politbüros des Zentralkomitees der SED in der DDR.

Leben

Zeit des Nationalsozialismus

Werner Lamberz war der Sohn des KPD-Politleiters Peter Lamberz (1897–1968). Von 1939 bis 1943 war er Mitglied des Deutschen Jungvolks und bis 1945 der Hitlerjugend. Ein Jugendfreund von Lamberz war der ebenfalls in Mayen aufgewachsene Schauspieler Mario Adorf.[1] Von 1941 bis 1944 war Lamberz Zögling der Adolf-Hitler-Schule in Sonthofen. Örtliche Parteigrößen und nicht der KPD nahestehende Verwandte hatten der Frau des „Volksfeindes Lamberz“, der desertiert und nach Moskau gegangen war, zu diesem Schritt geraten, um sich und ihre beiden Kinder Werner und Liane vor Sippenverfolgung zu schützen.[2]

Sowjetische Besatzungszone und DDR

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Werner Lamberz (2.v.l.) mit Fidel Castro (Mitte) am Brandenburger Tor, Juni 1972

Nach dem Krieg ging die Familie in die Sowjetische Besatzungszone. Von 1945 bis 1948 absolvierte Lamberz eine Ausbildung als Heizungsbauer und Monteur in Mayen und Luckenwalde. 1947 trat er der Freien Deutschen Jugend (FDJ) und der SED bei und wurde FDJ- und SED-Funktionär für den Kreis Luckenwalde und 1949–1952 für das Land Brandenburg.

Im Jahre 1950 studierte er in der Landesparteischule auf dem Gut Schmerwitz und 1952–1953 an der Komsomol-Hochschule in Moskau. Danach war er bis 1963 Mitglied und Sekretär des Zentralrates der FDJ, zunächst für Agitation und Propaganda, dann für Kulturarbeit und – nach einem Aufenthalt 1955–1959 als Vertreter des Zentralrates der FDJ im Exekutivkomitee des Weltbundes der Demokratischen Jugend in Budapest – für Internationale Verbindungen, Westarbeit und Studentenangelegenheiten.

1963 wurde Lamberz Kandidat des Zentralkomitees der SED und zunächst (unter Albert Norden) Mitglied, 1966–1971 Leiter der Kommission für Agitation und Propaganda. Seit 1967 war er Mitglied und Sekretär des Zentralkomitees der SED und Abgeordneter der Volkskammer, 1970 wurde er Kandidat und 1971 Mitglied des Politbüros des ZK der SED. 1971 regelte er beim Sturz Walter Ulbrichts im Auftrag Erich Honeckers die Abstimmung mit der sowjetischen Parteiführung.

Als Leiter der Abteilung Agitation war es Lamberz’ Aufgabe, die DDR-Presse auf die politische Linie der SED einzuschwören. Die Chefredakteure der DDR-Presse fanden sich zu diesem Zweck wöchentlich zu „Argumentationssitzungen“ in der Parteizentrale der SED ein. Teilweise wurde auf diesen Sitzungen der Wortlaut von Überschriften und einzelner Formulierungen vorgegeben. Lamberz galt als Hoffnungsträger und möglicher Nachfolger Honeckers.

Lamberz wurde 1964 mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Bronze[3] und später in Gold[4] sowie 1968 mit dem Orden Banner der Arbeit ausgezeichnet.[5]

Tödliches Unglück in Libyen

Grabstätte

Lamberz besuchte im Rahmen einer Afrika-Reise im März 1978 Libyen. Hintergrund waren Verhandlungen mit der libyschen Regierung über die Gewährung von Krediten und ein Abkommen, das die Finanzierung von Technikexporten der DDR in Drittländer durch Libyen vorsah. Dabei verhandelte er auch mit Muammar al-Gaddafi in einem Zeltlager. Durch Lamberz’ Tod wurden die Vereinbarungen nie konsequent umgesetzt.

Auf dem Rückweg vom Zeltlager bei Wadi Suf al-Jin (Wādī Sawfajjīn), etwa 45 km südlich von Bani Walid, nach Tripolis geriet der Hubschrauber des Typs SA 321 Super Frelon mit der Delegation an Bord nach libyschen Angaben direkt nach dem Start ins Trudeln und stürzte ab. Kein Insasse überlebte.[6] Vermutlich war die Ursache ein Defekt am Rotor. Nach Angaben der libyschen Behörden war es ein Unfall. Diese ließen allerdings keine Vertreter der DDR zur Untersuchung an die Unglücksstelle.[7]

Unmittelbar nach Bekanntwerden von Lamberz’ Tod gab es bereits Spekulationen, ob es sich bei dem Unglück um ein Attentat gehandelt haben könnte in der Absicht, Lamberz oder Gaddafi zu beseitigen. Letzterer benutzte den Hubschrauber normalerweise. Lamberz wurde aufgrund seines für ein Politbüro-Mitglied vergleichsweise jungen Alters, seiner Eloquenz, Mehrsprachigkeit, Weltgewandtheit und Offenheit (insbesondere auch gegenüber den Kulturschaffenden in der DDR) mancherseits bewundert und andererseits mit Distanz betrachtet. So wurde vor seinem Tod regelmäßig spekuliert, dass sich die Führung der DDR unter seiner Ägide verändern würde, was diese unterschiedlichen Reaktionen hervorrief.[7]

Mit Lamberz starben der ZK-Abteilungsleiter für internationale Verbindungen Paul Markowski, der Dolmetscher Armin Ernst und der Fotoreporter Hans-Joachim Spremberg, zwei libysche Piloten sowie fünf libysche Staatsfunktionäre.[7]

Die deutschen Opfer des Hubschrauberabsturzes wurden in der Berliner Charité obduziert. Unter ihnen sollte sich auch die Leiche von Lamberz befinden, deren Überreste jedoch nach Aussagen des Rechtsmediziners Wolfgang Keil nicht gefunden werden konnten.[8] Bei dieser Obduktion wurden allerdings auch keine Anhaltspunkte für einen möglichen Anschlag – wie Bombensplitter – gefunden.[7] Trotz des vermeintlich fehlenden Leichnams gab es ein Staatsbegräbnis, und die Urnen von Lamberz und Markowski wurden in der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin-Lichtenberg beigesetzt.

Sein Sohn Ulrich Lamberz (1952–2019) war Mitarbeiter der Partei Die Linke im Europäischen Parlament.

Literatur

  • Jan Eik, Klaus Behling: Attentat auf Honecker und andere besondere Vorkommnisse. Jaron, Berlin 2017, ISBN 978-3-89773-814-0, Darin: Ein Hubschrauberabsturz in Libyen: Werner Lamberz’ Tod in der Wüste, S. 143–186.
  • Monika Kaiser, Helmut Müller-EnbergsLamberz, Werner. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.

Weblinks

Commons: Werner Lamberz – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. 6. März 1978 – Tod des DDR-Politikers Werner Lamberz. In: WDR-2-Sendung „Stichtag“. 6. März 2013, abgerufen am 25. Juli 2022 (Ein entsprechender Kommentar von Mario Adorf war im nicht mehr verfügbaren Radiobeitrag zu hören.).
  2. „Der war der geborene Führer“. In: Der Spiegel. 22/1976, 23. Mai 1976, abgerufen am 24. Juli 2022.
  3. Berliner Zeitung, 6. Oktober 1964, S. 7.
  4. Nachruf, In: Neues Deutschland, 8. März 1978, S. 1.
  5. Neues Deutschland, 30. April 1968, S. 2.
  6. Bericht über die Untersuchungsergebnisse zum Hubschrauberunglück. In: NVA-Forum.de. 3. Februar 2010, archiviert vom Original am 5. September 2012; abgerufen am 24. Juli 2022 (am 2. April 1978 durch den DDR-Botschafter an Hermann Axen übermittelt).
  7. a b c d Norbert F. Pötzl: DDR-Funktionär Werner Lamberz: Der Tod des SED-Kronprinzen. In: Spiegel Online. 6. März 2018, abgerufen am 24. Juli 2022.
  8. Josef Seitz: Menschen: „Wahrheit gibt Zufriedenheit“. In: Focus. 30 (2010), 26. Juli 2010, abgerufen am 24. Juli 2022 (Interview mit Wolfgang Keil).

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Frank Beyer & Werner Lamberz in April 1975
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Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.
Berlin, Fidel Castro an der Grenze

Berlin: Castro / Die Partei- und Regierungsdelegationen unter Leitung des Ersten Sekretärs der KPK und Ministerpräsidenten der Revolutionären Regierung der Republik Kuba, Fidel Castro(M), besichtigte am 14.6.1972 die Staatsgrenze der DDR zu Westberlin. Die Delegation, von Werner Lamberz, Mitglied des Politbüros und Sekretär des ZK der SED (2.v.l.), und anderen Persönlichkeiten, begleitet, wurde von Generalleutnant Arthur Kunath, Stadtkommandant von Berlin (2.v.r.), informiert. Rechts: Carlos Rafael Rodriguez, Mitglied des Sekretariats des ZK der KPK und Minister der Revolutionären Regierung.

Abgebildete Personen:

  • Castro, Fidel: Ministerpräsident, Vorsitzender der KP, Kuba
  • Lamberz, Werner: Politbüro des ZK der SED, Leiter der Abteilung Agitation beim ZK, DDR (GND 124666779)
  • Kunath, Arthur: Stadtkommandant von Berlin, Generalleutnant, DDR