Werner Hartke

Werner Hermann Hartke (* 1. März 1907 in Eschwege; † 14. Juni 1993 in Berlin) war ein deutscher Altphilologe, Althistoriker und Wissenschaftsorganisator.

Leben und Karriere

Werner Hartke war der Sohn des bekannten Altphilologen und Widerstandskämpfers gegen die Nazidiktatur Wilhelm Hartke und dessen Frau Tilly Hartke und Bruder des Geografen Wolfgang Hartke. Er studierte nach seinem Abitur 1925 bis 1931 Klassische Philologie, Archäologie, Philosophie, Mathematik und Sport an der Berliner Universität. Die Turnlehrerprüfung legte er 1927 ab, die Promotion mit der auf Latein verfassten Dissertation De saeculi quarti exeuntis historiarum scriptoribus quaestiones folgte 1932. Anschließend war er dort bis 1933 wissenschaftlicher Assistent. 1934 wechselte Hartke als Lektor und außerplanmäßiger wissenschaftlicher Oberassistent an die Albertus-Universität Königsberg. 1937 trat er in die NSDAP ein (Mitgliedsnummer 5.775.911).[1] Die Habilitation erfolgte 1939 zum Thema Geschichte und Politik im spätantiken Rom. Untersuchungen über die Scriptores historiae Augustae, danach wurde er daselbst Dozent. Zwischen 1939 und 1945 diente Hartke in der deutschen Wehrmacht, bei der er zuletzt den Rang eines Hauptmannes bekleidete. 1944 wurde er zum ordentlichen Professor für klassische Philologie und zum Direktor des Instituts für Altertumskunde in Königsberg berufen.

(c) Bundesarchiv, Bild 183-61510-0008 / CC-BY-SA 3.0
Werner Hartke (Mitte) mit Wilhelm Girnus (links) und Robert Havemann auf einem Studentenkongress gegen Atomrüstung 1959

Nach dem Krieg wurde Hartke schon 1945 wissenschaftlicher Assistent an der Georg-August-Universität Göttingen. Im selben Jahr trat er in die KPD ein, im Jahr darauf in die SED. 1948 nahm er einen Ruf auf eine Professur mit Lehrauftrag für Klassische Philologie an die Universität Rostock an. 1950 wurde die Professur zu einem vollen Lehrstuhl erweitert. Von 1949 bis 1951 war Hartke Dekan der Philosophischen Fakultät, seit 1950 zudem kommissarischer Leiter des Lehrstuhls für Alte Geschichte. 1954 wurde er zum Prorektor für Forschungsangelegenheiten. 1955 wechselte er auf den Lehrstuhl für Lateinische Sprache und Literatur der Humboldt-Universität zu Berlin. Zugleich wurde er Direktor des Instituts für Altertumskunde an der Humboldt-Universität und bis 1957 auch Dekan der philosophischen Fakultät. 1957 wurde Hartke Rektor und blieb es bis 1959. 1972 wurde er emeritiert.

Hartke war Mitglied mehrerer wissenschaftlicher Körperschaften. 1955 wurde er ordentliches Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften (DAW) und zwischen diesem Jahr und 1968 leitete er das Institut für griechisch-römische Altertumskunde. Zwischen 1958 und 1968 war er außerdem Präsident, 1968 bis 1972 Vizepräsident der DAW. 1963 wurde er Mitglied des Präsidialrates des Kulturbundes und Mitglied der SED-Bezirksleitung von Berlin. Auswärtiges Mitglied der Akademie der Wissenschaften der UdSSR und Vizepräsident der Deutsch-Arabischen Gesellschaft wurde Hartke 1966. Zudem war er auswärtiges Mitglied der Akademien Bulgariens, Ungarns und des Institut d’Égypte. Für die wichtigste althistorische Zeitschrift der DDR, Klio, fungierte er ab 1959 ebenso wie schon ab 1958 für die Deutsche Litteraturzeitung als Herausgeber.

Werner Hartke wurde vom Ministerium für Staatssicherheit als „Geheimer Mitarbeiter Sicherheit“ unter dem Decknamen „Heide“ geführt. Robert Havemann schilderte ihn 1970 in einem Artikel für den Spiegel als linientreuen Hardliner.[2] Neben Personen wie Johannes Irmscher oder Joachim Herrmann war Hartke einer der wichtigsten Wissenschaftsorganisatoren im Bereich der Altertumswissenschaften in der DDR, was sich beispielsweise an drei Hartke zu Ehren durchgeführte Kolloquien festmachen lässt. Für einen Großteil des wissenschaftlichen Nachwuchses im Bereich der Altphilologie und der Alten Geschichte war Hartke Doktorvater oder Gutachter bei der Promotion oder Habilitation.

Schriften

  • Römische Kinderkaiser. Eine Strukturanalyse römischen Denkens und Daseins, Akademie, Berlin 1951 [auch: Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1972]
  • Geschichte und Politik im spätantiken Rom. Untersuchungen über die Scriptores historiae Augustae, Scientia, Aalen 1962 (Klio Beihefte, Bd. 45) [Nachdruck von 1940]

Literatur

  • Heinrich Scheel (Hrsg.): Rom und Germanien. Dem Wirken Werner Hartkes gewidmet. Akademie-Verlag, Berlin 1983 (Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften der DDR. G, Gesellschaftswissenschaften. Jg. 1982, Nr. 15, ISSN 0138-4015).
  • Heinrich Scheel (Hrsg.): Altertumswissenschaft mit Zukunft. Dem Wirken Werner Hartkes gewidmet. Akademie-Verlag, Berlin 1973 (Sitzungsberichte des Plenums und der Klassen der Akademie der Wissenschaften der DDR. Jg. 1973, Nr. 2, ISSN 0138-2608).
  • Heinz Stiller (Hrsg.): Ideologie und Geschichte im alten Rom. Dem Wirken Werner Hartkes gewidmet. Akademie-Verlag, Berlin 1987 (Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften der DDR. G, Gesellschaftswissenschaften. Jg. 1987, Nr. 14).
  • Carlo Jordan: Kaderschmiede Humboldt-Universität. Ch. Links Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-86153-253-0, S. 55–63.
  • Bernd-Rainer BarthHartke, Werner. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  • Lothar Mertens: Lexikon der DDR-Historiker. Biographien und Bibliographien zu den Geschichtswissenschaftlern aus der Deutschen Demokratischen Republik. Saur, München 2006, ISBN 3-598-11673-X, S. 263–264.

Weblinks

Commons: Werner Hartke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Olaf Kappelt: Braunbuch DDR: Nazis in der DDR. Berlin: Berlin Historica 2009, S. 348.
  2. Sie sind entlassen, Genosse. In: Der Spiegel. Nr. 40, 1970 (online).

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Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein. Info non-talk.svg
Zentralbild/Ger

15.1.1959
Studentenkongreß faßt wichtigen Beschluß über Regierungsverhandlungen DDR-Westdeutschland
Verhandlungen zwischen den Regierungen der Bundesrepublik und der DDR über einen Friedensvertrag mit Deutschland eine Konföderation der beiden deutschen Staaten fordert der Studentenkongress gegen Atomrüstung in Westberlin am 4.1.1959 in einer Schlusserklärung. Der überragend wichtige Beschluss wurde mit grosser Mehrheit gefasst, nachdem dramatische, wütende Verstösse von Vertretern Willy Brandts und dem Berliner SPD-Landesvorstand gescheitert waren. Dem Beschluss kommt weit über den akademischen Rahmen höchste Wichtigkeit für ganz Deutschland zu.

UBz.: In einer Versammlung in der Berliner Humboldt-Universität über den Studentenkongress v.l.n.r.: Staatssekretär Wilhelm Girnus; Prof. Dr. Hartke, Rektor der Berliner Humboldt-Universität; Atomphysiker Prof. Dr. Havemann.