Weihwasser

Weihwasserbehälter an einer Zimmerwand
Taufwasser im Dom zu Augsburg

Weihwasser ist ein Segenszeichen. In der katholischen Kirche, den orthodoxen Kirchen und der anglikanischen Kirche dient es neben der Taufe zum Taufgedächtnis und zur Segnung. Weihwasser ist Wasser, über das (von einem Priester oder Diakon) ein Segensgebet gesprochen wurde. Vor der Liturgiereform wurde dem Wasser bei der Weihe Salz und Chrisam hinzugefügt, heute kann ihm Salz hinzugefügt werden. Weihwasser gehört zu den Sakramentalien der Kirche.

Bedeutung

Der Gebrauch des Besprengens mit Weihwasser hat seine Ursprünge im Brauchtum der antiken Lustration. Im Segensgebet des alten Rituale Romanum heißt es, durch den Gebrauch von Weihwasser werde „jede Feindseligkeit des unreinen Geistes gebannt, der Schrecken der giftigen Schlange verjagt und der hilfreiche Beistand des Heiligen Geistes“ herbeigerufen.[1]

Die symbolische Bedeutung des Weihwassers ist die des Wassers überhaupt: Leben, Reinigung, Gefährdung und Rettung. Durch das Segensgebet werden diese Bedeutungen mit dem Durchzug des Volkes Israel durch das Rote Meer (Exodus) und der Taufe Jesu Christi im Jordan verknüpft. So dient das Nehmen von Weihwasser mit dem Kreuzzeichen dem Gläubigen beim Eintritt in die Kirche dem Gedächtnis der eigenen Taufe.

Riten und Bräuche

Ein Priester weiht in Osttimor eine neue Polizeistation

Weihwasser befindet sich in den Weihwasserbecken am Eingang jeder katholischen Kirche, manchmal auch in Privaträumen und auf den Gräbern der katholischen Gläubigen. Die Gläubigen tauchen beim Betreten und Verlassen der Kirche kurz die Hand in das Becken und bezeichnen sich mit dem Kreuzzeichen.

Beim sonntäglichen Taufgedächtnis in der Heiligen Messe, bei der Segnung von religiösen Zeichen und Devotionalien, Gegenständen, Gebäuden und Orten (siehe Benediktionale) und der kirchlichen Begräbnisfeier wird Weihwasser verwendet und vom Priester oder Diakon mit einem Aspergill versprengt. Dabei geht ein Ministrant als Weihwasserträger mit, der Weihwasserkessel und Aspergill bereithält.

Weihwasser kann von den Gläubigen mit nach Hause genommen und dort das Jahr über in Weihwasserbecken in den einzelnen Räumen bereitgehalten werden; in Süddeutschland finden sich solche Weihwasserbehältnisse auch auf Gräbern. Das Sich-Bekreuzigen mit Osterwasser und das Besprengen der Gräber ist eine Segnungsgeste. In einigen monastischen Orden ist es Brauch, dass der oder die Obere die Gemeinschaft nach der Komplet mit Weihwasser besprengt. Das in der Feier der Osternacht in einem eigenen Ritus geweihte Taufwasser nennt man auch „Osterwasser“.

Über den liturgischen Zusammenhang hinaus gab es auch Wasserbrauchtum zu Ostern: man schöpfte Quellwasser und wusch oder bespritzte sich damit. Auch dieses Wasser wurde „Osterwasser“ genannt.[2] Im Rahmen der Volksfrömmigkeit spielte Weihwasser auch eine Rolle in der Volksmedizin.[3]

Die Basilewski Situla, eine ottonische Elfenbeinarbeit, um 920. Victoria and Albert Museum, London

Weihwassergefäße

Zu den standortgebundenen Behältern an Kirchenportalen und in Privaträumen siehe den Hauptartikel Weihwasserbecken.

Als transportables Gefäß für das bei Segnungen mitgeführte Weihwasser wird der Weihwasserkessel, ein besonderes Henkelgefäß mit dem lateinischen Namen aspersorium verwendet. Es ist meist aus Bronze oder anderem Buntmetall, in älterer Zeit war es sicher oft aus Holz geböttchert. Kostbar gestaltete Beispiele sind selten, einige Exemplare aus Elfenbein stammen aus dem frühen Mittelalter,[4] man nennt sie gern situla.

Weihwasser und Hygiene

© Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)
Leeres Weihwasserbecken in St. Stephan, Brühl, Januar 2021

Das „Caeremoniale Episcoporum“ (dt. „Zeremonienbuch der Bischöfe“) – erstmals im Jahr 1600 erschienen – erwartete eine wöchentliche Erneuerung des Weihwassers in Kirchen.[5]

Der Architekt Otto Wagner ließ in der Kirche am Steinhof (1907) einen vergoldeten Spender anbringen, der das Weihwasser tropfenweise abgab, „um die Übertragung von Infektionen (Tuberkulose) zu verhindern“.[5]

Forscher fanden in Weihwasserproben aus 30 katholischen Kirchen in Deutschland, Österreich und Spanien – im Zeitraum von 2002 bis 2017 – 1500 bis 22.000, durchschnittlich 6000 Keime pro Milliliter.[5]

Im Zuge der COVID-19-Pandemie wurden 2020 viele Weihwasserbecken gesperrt und geleert, um den Transfer von Keimen zwischen Personen zu vermeiden. Die Österreichische Bischofskonferenz der römisch-katholischen Kirche verbot Weihwasser Anfang Mai 2020 für ab 15. Mai 2020 wieder erlaubte Gottesdienste.[6] Vor dem Hintergrund, dass Weihwasserbecken leer bleiben, verschickte die (Junge) Katholische Kirche Vorarlberg in einer Aktion Anfang Mai 2020 Weihwasser in Sprühflaschen an Besteller.[7] Die österreichische Bischofskonferenz verfügte in ihrer Rahmenordnung vom 20. Juni 2020, dass das Weihwasser in den Becken „häufig (zumindest 2x pro Woche) gewechselt und das Becken jedes Mal gründlich gereinigt werden“ muss.[5] Aktuell (Mai 2021) sind im Kirchenbedarfshandel mehr oder weniger aufwändig zu Weihwasserspendern „veredelte“ Desinfektionsmittelspender erhältlich, die berührungslos (Näherungssensor) Weihwasser abgeben. Einzelne Kirchen setzen auch Spezialanfertigungen ein, bei denen eine geringe Menge Weihwasser nach Aktivierung eines Sensors berührungslos abgegeben wird.[8][9]

Siehe auch

Weblinks

Commons: Weihwasser – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Weihwasser – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Rituale Romanum 7, 2.
  2. Manfred Becker-Huberti: Feiern, Feste, Jahreszeiten. Lebendige Bräuche im ganzen Jahr. Herder, Freiburg-Basel-Wien 2001, ISBN 3-451-27702-6, S. 312–313.
  3. Gundolf Keil: Der Botensegen. Eine Anweisung zur Wasserweihe bei der Wundbehandlung. In: Medizinische Monatsschrift 11, 1957, S. 541–543.
  4. Frühe Weihwassersitulae. - Adolf Reinle: Die Ausstattung deutscher Kirchen im Mittelalter, Darmstadt 1988, S. 86–88.
  5. a b c d Theologe: CoV lehrt Hygiene bei Weihwasserbecken orf.at, 22. Juli 2020, abgerufen am 22. Juli 2020.
  6. Regeln für Messen: Handkommunion, kein Weihwasser orf.at, 3. Mai 2020, abgerufen am 22. Juli 2020.
  7. Coronavirus : Katholische Kirche verschickt Weihwasser orf.at, 1. Mai 2020, abgerufen am 22. Juli 2020.
  8. Kontaktlos: Bronzeskulptur spendet Weihwasser im Stephansdom – religion.ORF.at. 10. Juli 2021, archiviert vom Original am 10. Juli 2021; abgerufen am 10. Juli 2021.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/religion.orf.at
  9. Hans-Jürgen Feulner: Krank durch Weihwasser? Leere Weihwasserbecken und allerlei Skurriles während der Corona-Pandemie. In: Gottesdienst 54 (2020), S. 174f. (Online)

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The Basilewsky Situla (5482817102).jpg
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The placard at the Victoria and Albert Museum reads:

Italy, Milan About 980 Ivory

This holy water bucket, or situla, was probably made at the time of Emperor Otto II's visit to Italy and may have been used during his entry into a city. It would have held consecrated water, to be sprinkled over the assembled company. This images represent Christ's Passion - the events associated with his death and resurrection.
St. Stephan, Brühl - Weihwasser-Becken wegen Covid-19-Pandemie ohne Weihwasser-7675.jpg
© Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)
St. Stephan, Brühl - Weihwasser-Becken wegen Covid-19-Pandemie ohne Weihwasser
2021-07-05 Priest in Bocolelo.jpg
Dili Kuartel PNTL, loron 05 fulan jullu tinan 2021, Aileu-iha loron 02 fulan jullu tinan 2021, Komandante Jeral PNTL Komisariu Polisia Faustino da Costa inagura postu Polisia Permanente Kungshing Komandu Munisipiu Aileu Postu Administrativu Laulara iha Suku Bokolelo.