Weiße Horde

Weiße Horde (kas. Ақ Орда /Aq Orda/, türk. Ak Ordu, tatar. Aq Urda[1]) war der Name eines mongolischen Nomadenreiches, das seit 1242 zu den Apanagen (Teilherrschaften) der Goldenen Horde gehörte. Aus dem Erbe der Weißen Horde sollte schließlich im späten 15. Jahrhundert das Usbeken-Khanat, das Khanat Sibir und zudem das Kasachen-Khanat hervorgehen.

Umfang und Stammesstruktur

Das Khanat der Weißen Horde umfasste im Wesentlichen die weiten Steppengebiete des heutigen südlichen Kasachstan und damit die Gebiete zwischen dem Balchaschsee und dem Uralfluss.[2] Der jeweils amtierende Khan zählte sich zu den Dschingiden. Wie alle nomadisch geprägten Reiche Zentralasiens wurde das Einflussgebiet der Weißen Horde nicht durch klare und fest definierte Grenzen von benachbarten Reichen abgegrenzt. Nördlicher Nachbar war das stammverwandte Khanat der Orda-Horde, mit dem die Weiße Horde um die regionale Vorherrschaft stritt. Westlich von ihm lag das Gebiet der Blauen Horde, die den regierenden Gesamtkhan (Goldene Horde) stellte. Im Süden befand sich das Tschagatai-Khanat und im Osten bestand das mongolisch-geprägte Reich der Yuan-Dynastie.

Abgrenzung zur Orda-Horde

Das Verhältnis der Weißen zur nördlichen Orda-Horde war untereinander zwiespältig und beide stritten sich um die regionale Vorherrschaft. So dominierte die Letztere eine Zeit lang über die Ersteren, sodass auch die Orda-Horde mitunter als „Weiße Horde“ bezeichnet wurde. Das liegt eventuell auch daran, dass sich beide Herrschaftsbereiche im Westen Sibiriens vielfach überschnitten. Auch waren die Farbbezeichnungen der turk-mongolischen Steppenvölker nicht immer eindeutig. Daher konnten diese sich im Verlauf der Geschichte verändern, und so erscheint aus diesem Grund das sibirische Gesamt-Herrschaftsgebiet der Goldenen Horde verschiedentlich mit der Bezeichnung „Blaue Horde“.[3] Für gewöhnlich wird von den Autoren der timuridischen und usbekischen Zeit der östliche Flügel der Goldenen Horde und nicht der Teil an der Wolga als die Weiße Horde bezeichnet.[4]

Im 15. Jahrhundert hatte sich dann das Machtverhältnis dann so weit geändert, dass die Weiße Horde über die Orda-Horde dominierte. Im Einklang mit dem benachbarten Tschagatai-Khanat wurde schließlich die Orda-Horde aufgelöst und ihr Gebiet zwischen der Weißen Horde und dem Tschagatai-Khanat aufgeteilt.

Geschichte

Die Fürsten der Weißen Horde waren de jure Vasallen des Khans der westlichen Blauen Horde, d. h., der Nachkommen Batu Khans († 1255). Das Gesamtreich nennt man – angeblich unter Bezug auf das goldene Herrscherzelt – in der modernen Geschichtsschreibung auch Goldene Horde.

Als Batus direkte Nachkommenschaft nach dem Tod Dschani Begs 1357 durch mehrere Morde und blutige Machtkämpfe ausstarb, mischten sich auch die sibirischen Clans ein: Als einer der Ersten versuchte um 1361 der Scheibanide[5] Hizr Khan Mahmud die Macht an der Wolga an sich zu reißen, wurde jedoch ermordet. Ein anderer Nachkomme Shibanis war Arabshah Khan, der um 1378 im Wolgaraum regierte. Dann versuchten mit Urus Khan († 1376) und Toktamisch (reg. 1380–1395 in Sarai, † 1406/07) zwei Nachkommen Ordas, die Herrschaft über das Gesamtkhanat zu erlangen,[6] wobei sich letztendlich Toktamisch durchsetzen konnte. Um 1400 zerstörte die Weiße Horde die Stadt Chersones auf der Krim.

Im 15. Jahrhundert erlangten die westsibirischen Scheibaniden die Vorherrschaft, indem sie teilweise mit der Nogaier-Horde zusammenarbeiteten. Vor allem Abu'l-Chair Khan (* um 1412, † 1468), Gründer des Usbeken-Khanates, kam um 1428 über die Ermordung Boraqs (eines angeblichen Enkels Urus Khans) an die Macht, verdrängte dessen Söhne Kerei und Janibek und löste einen Vorläufer des 1509 aufgestellten Kasachen-Khanat auf. Kerei und Janibek zogen ins Tschagatai-Khanat und wurden Vasallen der dortigen Herrscherfamilie, mit der sie als Dschingiskhaniden verwandt waren. Von dort aus organisierten beide den Widerstand der später als Kasachen bezeichneten Stämme und konnten nach einer Niederlage Abu'l-Chair Khans gegen die westmongolischen Dschungaren das Kasachen-Khanat erneuern.

Anmerkungen

  1. Simon Dubnow: Geschichte eines jüdischen Soldaten, Anmerkung 191, S. 107, Google Books, abgerufen am 20. Februar 2017
  2. Darstellungskarte des Einflussbereiches der Weißen Horde, abgerufen am 1. Dezember 2012
  3. So z. B. bei Ötemish Hajji, Autor des "Tarikh-i Dust Sultan", geschrieben in Choresm (1550er Jahre), aber auch in russischen Texten. Vgl. Devin A. DeWeese: Islamization and Native Religion in the Golden Horde, S. 148; Howorth: History of the Mongols, Part 2, S. 216.
  4. Thomas T. Allsen: The Princes of the Left Hand: An Introduction to the History of the Ulus of Orda in the Thirteenth Centuries, in: Archivum Eurasiae Medii Aevi, 1987, S. 5.
  5. Vgl. Spuler: Goldene Horde, S. 111f., anders: Safargaliev: Raspad Zolotoj Ordy, S. 114.
  6. So steht es z. B. bei dem timuridischen Autor Natanzi (um 1414). Andere, wie der Autor des Tavarikh-i guzida Nusrat-nama (16. Jh.), ordnen die Fürsten der Nachkommenschaft Toqa Timurs zu

Weblinks