Walldorf (Hessen)

Walldorf
Wappen der ehemaligen Stadt Walldorf
Koordinaten:50° 0′ N, 8° 34′ O
Höhe: 103 m ü. NHN
Fläche:15,13 km²[1]
Einwohner:18.035 (2016)[2]
Bevölkerungsdichte:1.192 Einwohner/km²
Eingemeindung:1. Januar 1977
Eingemeindet nach:Waldfelden
Postleitzahl:64546
Vorwahl:06105
Waldenserkirche Walldorf
Rathaus in der Flughafenstraße
Bahnhof Walldorf (Hessen)

Walldorf () ist eine Teilstadt von Mörfelden-Walldorf im südhessischen Kreis Groß-Gerau.

Geographische Lage

Walldorf liegt in einer Rodungsinsel der waldreichen Untermainebene im Rhein-Main-Gebiet, im Dreieck zwischen den südhessischen Großstädten Frankfurt am Main, Darmstadt und Mainz und grenzt an die Südseite des Frankfurter Flughafens. In Nordost-Südwest-Richtung wird die Gemarkung vom Gundbach entwässert, der streckenweise den Nordwestrand der Ortslage begleitet. Der Südwestteil der Gemarkung um die Birkenseewiese und den Alten Torfstich gehört zu dem ausgedehnten Naturschutzgebiet Mönchbruch. Östlich von Walldorf, jenseits der Bundesautobahn 5, liegt der Walldorfer Badesee. Den Norden der Gemarkung jenseits des Gundbachs nimmt der Gundwald ein, der bis zum Flughafengelände reicht.

Die nächstgelegenen Ortschaften sind im Süden, knapp vier Kilometer entfernt, die Teilstadt Mörfelden, im Osten Langen und Buchschlag, im Nordosten Zeppelinheim, im Norden die Cargo City Süd des Flughafens, sowie im Westen Raunheim und Haßloch.

Geschichte

Überblick

Der Dreißigjährige Krieg mit seinen großen Menschenverlusten und Zerstörungen bereitete den Boden für die Gründung von Walldorf.

Auf Einladung von Landgraf Ernst-Ludwig von Hessen-Darmstadt kamen am 21. Juni 1699 14 aus den Cottischen Alpen des Piemont vertriebene Waldenserfamilien hier an und gründeten die Waldenserkolonie am Gundhof, die 1715 den Namen Walldorf erhielt. Die Verwaltungsgeschichte teilt es mit Mörfelden.

Durch den kargen sandigen Ackerboden und durch die steigende Bevölkerungszahl litten die Kolonisten und ihre Nachkommen lange Zeit Not. Etliche Bewohner mussten als Waldarbeiter oder Taglöhner ihren Lebensunterhalt verdienen. Nur mit Spenden von reformierten Gemeinden in Frankfurt, Holland, Großbritannien und der Schweiz konnte 1804/05 die heutige Waldenserkirche gebaut werden.

Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1829 über Walldorf:

»Walldorf (L. Bez. Langen) reform. Pfarrdorf; liegt 2 St. von Langen, besteht aus 64 Häusern und 506 Einw., die außer 11 Luth. 3 Kath. und 10 Juden reformirt sind. Das Dorf wurde zu Anfang des 18. Jahrhunderts von französischen Emigranten angelegt.«[3]

Die Inbetriebnahme der Riedbahn durch die Hessische Ludwigsbahn im November 1879 brachte einen wirtschaftlichen Aufschwung. Viele Walldorfer fanden Arbeit in den Betrieben der nahe gelegenen Großstädte. Der ländlich geprägte Ort wandelte sich dadurch zunehmend in eine Arbeiterwohngemeinde.

Vom 23. August bis 24. November 1944 bestand in Walldorf das KZ-Außenlager Walldorf. 1700 jüdische Mädchen und Frauen wurden 1944 aus Ungarn verschleppt und mussten am Frankfurter Flughafen Ausbau- und Reparaturarbeiten an den Rollbahnen unter unmenschlichen Bedingungen verrichten. Etwa 50 Frauen überlebten die viermonatige Lagerzeit nicht. Von den restlichen Frauen überlebten nur etwa 300 die weitere Deportation und das Dritte Reich. Dieser Teil der Walldorfer Geschichte wurde erst 1972 von drei Jugendlichen wiederentdeckt und 2003 in dem Film Rollbahn (2003)[4][5] verarbeitet.

Auch in Walldorf wurden während der Nazizeit jüdische Bewohner deportiert. Daran erinnern die 54 bislang verlegten Stolpersteine.[6][7]

Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Währungsreform 1948 wuchs Walldorf zunächst durch Aufnahme von Heimatvertriebenen und Flüchtlingen und später durch die stürmische wirtschaftliche Entwicklung des Rhein-Main-Gebietes. Für die ständig wachsende Bevölkerung mussten neue Wohngebiete und Gewerbegebiete erschlossen und die Leistungsfähigkeit der Infrastruktur ausgebaut werden.[8] Zu den in „Walldorf b./Frankfurt-Main“ ortsansässigen Unternehmen gehörte die Saitenfabrik Josima (für alle Musikinstrumente) von Joh. Siebenhüner.[9]

Der Gemeinde Walldorf wurde am 24. Juli 1962 durch die Hessische Landesregierung das Recht zur Führung der Bezeichnung Stadt verliehen.[10]

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurden die Städte Walldorf und Mörfelden im Jahr 1977 zur Stadt Waldfelden zusammengeschlossen.[11] Ein Jahr später erfolgte auf Antrag der neu gegründeten Stadt die Umbenennung in Mörfelden-Walldorf.

Verwaltungsgeschichte

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten, denen Walldorf angehörte:[1][12][13]

Einwohnerentwicklung

• 1806:252 Einwohner, 40 Häuser[14]
• 1829:506 Einwohner, 64 Häuser[3]
• 1867:793 Einwohner, 114 Häuser[16]
Walldorf: Einwohnerzahlen von 1791 bis 2015
Jahr  Einwohner
1791
  
211
1800
  
211
1806
  
252
1829
  
506
1834
  
583
1840
  
562
1846
  
588
1852
  
649
1858
  
775
1864
  
745
1871
  
831
1875
  
914
1885
  
1.084
1895
  
1.327
1905
  
1.904
1910
  
2.443
1925
  
3.066
1939
  
4.447
1946
  
5.392
1950
  
6.211
1956
  
8.158
1961
  
9.731
1967
  
11.674
1970
  
12.712
1978
  
15.900
1985
  
16.287
1990
  
15.687
1995
  
15.649
2000
  
15.398
2005
  
16.446
2010
  
17.434
2011
  
16.944
2015
  
18.023
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1] 1791:[17]; 1800[18]; Stadt Mörfelden-Walldorf[19][2]; Zensus 2011[20]
Die Einwohnerzahl von Walldorf stieg im 19. Jahrhundert bis 1875 langsam aber stetig an von 583 im Jahr 1834 auf 1327 im Jahr 1895. Vor dem Zweiten Weltkrieg 1939 lag die Zahl bei 4447 und 1946 bei 5392.[1] In den 1950er Jahren begann ein starker Anstieg. 1961 hatte Walldorf mit 9731 Einwohnern Mörfelden überholt. Der weitere Zuwachs war ebenso explosionsartig auf 14393 am 31. März 1972,[21] das sind rund 4500 Einwohner in zehn Jahren.

Historische Religionszugehörigkeit

 Quelle: Historisches Ortslexikon[1]

• 1829:11 lutherische (= 2,17 %), 482 reformierte (= 95,26 %), 10 jüdische (= 1,98 %) und 3 katholische (= 0,59 %) Einwohner[3]
• 1961:6157 evangelische (= 63,27 %), 2792 katholische (= 28,69 %) Einwohner

Wappen und Flagge

Wappen

Blasonierung: „In Rot ein silberner Eichenzweig mit drei silbernen Eicheln, belegt mit zwei schräggekreuzten goldnen Dreschflegeln.“[22]

Das Wappen wurde der Stadt Walldorf zuletzt am 25. Februar 1966 durch den Hessischen Innenminister genehmigt. In seiner heutigen Form wurde es durch den Bad Nauheimer Heraldiker Heinz Ritt gestaltet.

Der Eichenzweig mit den drei Eicheln symbolisiert Walldorfs Lage im früheren Wildbann Dreieich und ist auch in anderen Wappen der Umgebung zu finden. Die Dreschflegel stehen für die Landwirtschaft, die Walldorf bis ins 20. Jahrhundert prägte. Die Farben sind an die Hessischen Landesfarben angelehnt. Bereits Ortssiegel aus dem 19. Jahrhundert zeigten die beiden Symbole, so wie die Initiale W. 1927 wurde dem Ort dann das heutige Wappen verliehen, einem Vorschlag des Heraldikers W. H. Diehl folgend verzichtete man dabei jedoch auf das W.[23]

Flagge

Die Flagge wurde der Stadt gemeinsam mit dem Wappen genehmigt und wird wie folgt beschrieben:

Flaggenbeschreibung: „Auf breiter weißer Mittelbahn, beseitet von schmalen blauen Seitenbahnen, im oberen Drittel aufgelegt das Gemeindewappen.“

Regelmäßige Veranstaltungen

Verkehr und Infrastruktur

Die Bundesstraße 44 von Frankfurt am Main über Groß-Gerau nach Mannheim führt östlich an Walldorf vorbei. Über sie besteht bei Zeppelinheim eine Anschlussstelle an die Bundesautobahn 5. Die Kreisstraße K 152 verbindet als Okrifteler Straße Walldorf nach Nordwesten mit Kelsterbach und vereinigt sich streckenweise mit der K 823, die als Ringstraße um den Flughafen Frankfurt Main vom Frachtzentrum Süd unter der Startbahn West hindurch zum Frachtzentrum Nord, zum Terminal 1 und zum Terminal 2 führt.

Die Riedbahn von Frankfurt nach Mannheim ist einerseits für den Hochgeschwindigkeitsverkehr bis 200 km/h ausgebaut, andererseits ist der Bahnhof Walldorf (Hessen) Station für den Regionalverkehrszug RE 70 und für die S-Bahn-Linie 7 der S-Bahn Rhein-Main. Nach Frankfurt (Main) Hbf beträgt die Fahrzeit etwa 15 Minuten. Ferner gibt es Buslinien zum Flughafen Frankfurt Main Terminal 1.

Literatur

  • Literatur über Walldorf nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie
  • Jutta Brod und Britta Schack: Dornholzhausen und Walldorf – zwei Waldensersiedlungen zwischen Ursprünglichkeit und Wachstum. In: Denkmalpflege und Kulturgeschichte 4/2018, S. 28–33.

Weblinks

Commons: Walldorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise

Anmerkungen

  1. Trennung zwischen Justiz (Landgericht Langen) und Verwaltung.
  2. Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurde die Provinz Starkenburg aufgelöst.
  3. Am 1. Januar 1977: Zusammenschluss mit Mörfelden zur Stadt Waldfelden.
  4. Umbenennung

Einzelnachweise

  1. a b c d e Walldorf, Landkreis Groß-Gerau. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 3. November 2016). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. a b Haushaltsplan 2019. (PDF; 76 MB) Stadt Mörfelden-Walldorf, S. 148–49, abgerufen im April 2019.
  3. a b c Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Starkenburg. Band 1. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt Oktober 1829, OCLC 312528080, S. =254 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Die Rollbahn. (Film). In: gg-online. Poprtal für Groß-Gerau und Rhein-Main. Abgerufen im November 2019.
  5. Die Rollbahn. Eine Dokumentation (Film). Basis-Film Verleih GmbH, Berlin, abgerufen im November 2019.
  6. Mörfelden-Walldorf - Stolpersteine in Mörfelden-Walldorf. Archiviert vom Original am 19. Januar 2018; abgerufen am 18. Januar 2018.
  7. Steine gegen das Vergessen. (PDF; 4,9 MB) In: Webauftritt. Stadt Mörfelden-Walldorf, abgerufen im November 2019.
  8. Stadtgeschichte Walldorf. In: Webauftritt. Stadt Mörfelden-Walldorf, abgerufen am 9. Dezember 2018.
  9. Erich Valentin: Handbuch der Musikinstrumentenkunde. Gustav Bosse, Regensburg 1954, S. 455 ff. (Instrumentenbauer).
  10. Verleihung des Rechts zur Führung der Bezeichnung „Stadt“ an die Gemeinde Walldorf, Landkreis Groß-Gerau vom 24. Juli 1962. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1962 Nr. 37, S. 1234, Punkt 1025 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,6 MB]).
  11. Gesetz zur Neugliederung des Landkreises Groß-Gerau (GVBl. II 314–32) vom 26. Juli 1974. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 22, S. 314, § 5 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,5 MB]).
  12. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  13. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 1. Großherzoglicher Staatsverlag, Darmstadt 1862, OCLC 894925483, S. 43 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  14. a b Verzeichnis der Ämter, Orte, Häuser, Einwohnerzahl. (1806)HStAD Bestand E 8 A Nr. 352/4. In: Archivinformationssystem Hessen (Arcinsys Hessen), Stand: 6. Februar 1806.
  15. Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr. 8, S. 121 ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2 MB]).
  16. Ph. A. F. Walther: Alphabetisches Verzeichniss der Wohnplätze im Grossherzogtum Hessen. G. Jonghaus, Darmstadt 1869, OCLC 162355422, S. 90 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  17. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1791. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1791, S. 122 (Online in der HathiTrust digital library).
  18. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 122 (Online in der HathiTrust digital library).
  19. Haushaltsplan 2013. (PDF; 3,5 MB) Stadt Mörfelden-Walldorf, S. 12–13, archiviert vom Original; abgerufen im April 2019.
  20. Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, archiviert vom Original am 11. Juli 2021;.
  21. Kommunalwahlen 1972; Maßgebliche Einwohnerzahlen der Gemeinden vom 4. August 1972. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr. 33, S. 1424, Punkt 1025 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 5,9 MB]).
  22. Genehmigung zur Änderung des Wappens und zur Führung einer Flagge der Stadt Walldorf, Landkreis Groß-Gerau, Regierungsbezirk Darmstadt vom 25. Februar 1966. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1966 Nr. 11, S. 363, Punkt 226 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,1 MB]).
  23. Klemens Stadler: Deutsche Wappen, Band 3; Angelsachsen-Verlag, Bremen 1967, S. 90.
  24. Kerb. In: Kalender, Darmstädter Schaustellerverband e.V., Darmstadt 2019.

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