Virialgleichungen sind Erweiterungen der allgemeinen Gasgleichung durch eine Reihenentwicklung nach Potenzen von . Sie stellen genäherte Zustandsgleichungen für reale Gase dar. Bei einem Abbruch der Reihenentwicklung nach dem ersten Glied erhält man wiederum die allgemeine Gasgleichung. Führt man die Reihenentwicklung jedoch weiter, entsteht eine potenziell unendliche Zahl von Zustandsgleichungen mit einer zunehmenden Anzahl von Parametern. In impliziter Form lautet die allgemeine Reihenentwicklung wie folgt:
Die einzelnen Formelzeichen stehen für folgende Größen:
Der Name kommt daher, dass in der Gasgleichung das Virial der inneren Kräfte entwickelt wird (siehe Virialsatz). Beim idealen Gas gilt: 
Virialkoeffizienten
Die Virialkoeffizienten ergeben sich aus den Wechselwirkungen zwischen den Molekülen. Sie sind nicht physikalisch interpretierbar.
Der zweite Virialkoeffizient ergibt sich aus dem Paarpotential  zwischen zwei Molekülen (d. h. der Bindungsenergie):
mit
Der dritte Virialkoeffizient hängt von den Wechselwirkungen innerhalb von Gruppen aus drei Molekülen ab, für alle weiteren gilt entsprechendes.
Die Virialgleichung mit zwei oder drei Virialkoeffizienten gilt nur für mäßige Drücke.
Wenn keine experimentellen Werte für die Virialkoeffizienten vorliegen, können diese mit Hilfe des empirischen Modells nach Hayden-O'Connell berechnet werden. Hierbei wird der zweite Virialkoeffizient aus kritischer Temperatur, kritischem Druck, Dipolmoment und Trägheitsradius abgeschätzt.
Verbindung zur Van-der-Waals-Gleichung
Eine andere, weiter verbreitete Zustandsgleichung für reale Gase ist die Van-der-Waals-Gleichung. Über eine Vereinfachung kann man zwischen dieser und der Virialgleichung mit zwei Virialkoeffizienten eine Verbindung herstellen.
mit der Massendichte .
Wird die Reihenentwicklung nach  abgebrochen, so berechnet sich dieser Korrekturfaktor nach dem Korrespondenzprinzip aus dem kritischen Zustand des jeweiligen Stoffes.
Gleichzeitig ist diese Form der Virialgleichung auch eine vereinfachte Form der Redlich-Kwong-Gleichung.
mit
- den Parametern  und  der Van-der-Waals-Gleichung.
Ist  gleich der Boyle-Temperatur, so gilt .
Virialentwicklung: Betrachtung der statistischen Mechanik
Für reale Gase, d. h. wechselwirkende Teilchen, lässt sich die Zustandssumme eines statistischen Ensembles nicht exakt auswerten. Für Gase geringer Dichte lässt sich diese jedoch näherungsweise berechnen. Die Virialentwicklung ist eine Entwicklung der thermischen Zustandsgleichung in der Teilchendichte  (Teilchen pro Volumen):
dabei ist  der -te Virialkoeffizient (wobei , da für  das reale Gas zu einem idealen Gas wird). Die Virialkoeffizienten hängen vom Wechselwirkungspotential zwischen den Teilchen und im Allgemeinen von der Temperatur ab.
Für  und  erhält man mit  obige Darstellung der Virialgleichung, wenn man die Virialkoeffizienten  definiert als .
Herleitung im Großkanonischen Ensemble
Im großkanonischen Ensemble lässt sich die Virialentwicklung herleiten. Die großkanonischen Zustandssumme  ist definiert als
Dabei ist  die kanonische Zustandssumme für  Teilchen im Volumen  bei Temperatur ,  die Fugazität,  die inverse Temperatur und  das chemische Potential. Das großkanonische Potential  ist mit dem Logarithmus der Zustandssumme verknüpft: . Somit erhält man eine Zustandsgleichung als Potenzreihe in der Fugazität ( wird um  entwickelt):
Um diese Zustandsgleichung in eine thermische Zustandsgleichung – diese setzt die Zustandsgrößen Druck , Volumen , Temperatur  und Teilchenzahl  in Beziehung – umzuwandeln, muss die Fugazität  durch die Teilchenzahl  ausgedrückt werden.
Durch Ableiten des großkanonischen Potentials nach dem chemischen Potential  erhält man die negative mittlere Teilchenzahl :
Damit folgt
das mit dem Potenzreihenansatz  mittels Koeffizientenvergleich für Potenzen in  gelöst werden kann. Die ersten Summanden sind
Dies ergibt eingesetzt in obige Zustandsgleichung nach Ordnen von Potenzen von  die thermische Zustandsgleichung
Auf der rechten Seite lässt sich nach dem Äquipartitionstheorem die Ensemble-gemittelte Größe (Summe aller Ortskoordinaten mal Kraft) identifizieren:
Führt man die Teilchenzahldichte  ein, so erhält man die Virialentwicklung, d. h. eine Entwicklung der thermische Zustandsgleichung nach Potenzen der Teilchendichte:
wobei die Virialkoeffizienten  identifiziert werden konnten. Im Grenzfall verschwindender Teilchendichte () erhält man in führender Ordnung das ideale Gasgesetz
Klassisches Gas
Die kanonische Zustandssumme  für  Teilchen ist im klassischen Grenzfall (hier vertauscht der kinetische mit dem potentiellen Energieterm) mit der Hamiltonfunktion  geben durch
wobei die Impulsintegrationen ausgeführt werden konnten ( ist die thermische Wellenlänge) und das Konfigurationsintegral  eingeführt wurde. Die gesamte potentielle Energie  von  Teilchen setzt sich aus einem externen Potential () und internen Potentialen zwischen den Gasmolekülen, resultierend aus Zweiteilchen- und Mehrteilchenwechselwirkungen (), zusammen:
Mehrteilchenwechselwirkungen können z. B. durch Austauschwechselwirkung, durch Induktion und Dispersion (etwa dem Axilrod-Teller Dreifach-Dipol-Effekt) verursacht werden.
Insbesondere gilt für die Zustandssummen  mit den niedrigsten Teilchenzahlen :
wobei die Konfigurationsintegrale wie folgt lauten (die Integrationen über die Ortskoordinaten erstrecken sich auf das zur Verfügung stehende Volumen , somit ):
Damit schreibt sich die Virialentwicklung als
und die ersten Virialkoeffizienten lauten:
Der erste Virialkoeffizient ist identisch 1, der zweite hängt von der Wechselwirkung mit einem äußeren Potential  und Paarwechselwirkungen , der dritte von der Wechselwirkung mit einem äußeren Potential, Paarwechselwirkungen und nicht-additiven 3-Teilchen-Wechselwirkungen  ab usw.
Spezialfall der Wechselwirkung: Nur abstandsabhängige Paarwechselwirkung
Der zweite Virialkoeffizient vereinfacht sich für den Spezialfall, dass kein äußeres Potential vorliegt () und die Zweiteilchenwechselwirkungen nur vom Abstand  der Teilchen abhängen  mit  und  zu
Dabei wurde im zweiten Schritt die Mayer-Funktion  eingeführt und im dritten aufgrund der Symmetrie Kugelkoordinaten verwendet.
Ist zusätzlich , so gilt  und der dritte Virialkoeffizient wird zu
Im letzten Schritt wurde  verwendet.
Unter Vernachlässigung nicht-additiver Mehrteilchenwechselwirkungen () lautet der vierte Virialkoeffizient
und der fünfte
An diesem Beispiel sieht man, dass die Berechnung höherer Virialkoeffizienten die Auswertung komplexer Integrale erfordert. Die Integranden lassen sich jedoch systematisch mit Hilfe der Graphentheorie bestimmen. Vernachlässigt man nicht-additive Mehrteilchenwechselwirkungen (), so lässen sich die Virialkoeffizienten graphentheoretisch nach Mayer (Clusterentwicklung) bestimmen:
für . Dabei sind die  irreduzible Clusterintegrale über Graphen mit  Knoten und der Mayer-Funktion als Bindung, wobei über  Knoten integriert wird. Die  sind irreduzible Clusterintegrale über Graphen mit  Knoten und der Mayer-Funktion als Bindung, wobei über alle  Knoten integriert wird. Kann ein zusammenhängender Graph nicht durch Zerschneiden einer Kante in zwei unzusammenhängende Graphen geteilt werden, so heißt er irreduzibel.
Berechnung des zweiten Virialkoeffizienten für Beispielpotential
Viele realistische Gase zeigen für kleine Molekülabstände eine starke Abstoßung (Pauli-Abstoßung bei Überlappung der Atomhüllen) und für große Abstände eine schwache Anziehung (etwa wie ). Ein einfaches Zweiteilchenwechselwirkungs-Potential kann wie folgt modelliert werden:
Das Potential ist unendlich für Abstände kleiner als der Hartkugelradius  und für Abstände größer als dieser leicht negativ:  und . Somit lässt sich die Mayer-Funktion nähern als
und der zweite Virialkoeffizient ist
Hierbei ist  mit dem Eigenvolumen  verknüpft
und  ist ein Maß für das mittlere äußere (attraktive) Potential
Somit ist in dieser Näherung  für kleine Temperaturen negativ und für große positiv mit dem Grenzwert  für . Die Temperatur , bei der der zweite Virialkoeffizient verschwindet, heißt Boyle-Temperatur.
Die Virialentwicklung lautet also:
Für geringe Dichte ( klein) betrachten wir nur die Entwicklung nur bis zur zweiten Ordnung. Umformen und Ausnutzen von  für  (das mittlere für jedes Teilchen zur Verfügung stehende Volumen  ist viel größer als das Eigenvolumen ) liefert:
Letzte Gleichung ist die sog. Van-der-Waals-Gleichung.
Zustandsgleichung harter Kugeln
Für ein System aus harten Kugeln mit Radius  lautet das Wechselwirkungspotential bzw. die Mayer-Funktion (mit )
Obwohl dieses System in der Natur nie realisiert wird, findet es oft Anwendung in der statistischen Mechanik, da die Struktur realer Flüssigkeiten hauptsächlich von abstoßenden Kräften bestimmt wird. Dieses Modell ist somit das einfachste Modell mit flüssigkeitsähnlichen Eigenschaften bei hohen Dichten und wird als Referenzsystem für Störungsrechnungen verwendet. Es zeigt bereits reichhaltige strukturelle und thermodynamische Eigenschaften, wie z. B. einen flüssig-fest Phasenübergang im Bereich 0,494 bis 0,545 der Packungsdichte. Die größtmögliche Packungsdichte ist bei 0,7405 erreicht (siehe dichteste Kugelpackung).
Die ersten vier Virialkoeffizienten können für das Hartkugelmodell analytisch berechnet werden ( bezeichne im Folgenden das Kugelvolumen ). Der zweite Virialkoeffizient ergibt sich analog zum Van-der-Waals-Gas ohne attraktiven Teil zu . Der dritte lässt sich wie folgt berechnen:
Das Integral über  lässt sich geometrisch auswerten: Es entspricht dem Überlappvolumen zweier Kugeln mit Radius , deren Abstand  beträgt. Dieses Volumen ist das doppelte Volumen einer Kugelkalotte  mit Höhe . Die Höhe ist die Hälfte der „Überlappstrecke“  zwischen den Kugelmittelpunkten. Anschließend lässt sich über  in Kugelkoordinaten integrieren (das Minuszeichen verschwindet, da  innerhalb der Kugel um den Ursprung ist):
Die analytische Berechnung des vierten Virialkoeffizienten erfordert eine langwierige Rechnung. Das Ergebnis lautet:
Die höheren Virialkoeffizienten wurden numerisch berechnet. Die ersten zehn Terme der Virialentwicklung lauten unter Verwendung der Packungsdichte :
Die Virialkoeffizienten hängen hier nicht von der Temperatur ab. Das Hartkugelsystem ist wie das ideale Gas ein ‚athermales‘ System. Die kanonischen Zustandssummen und strukturelle Eigenschaften sind unabhängig von der Temperatur, sie hängen nur von der Packungsdichte ab. Die freie Energie kommt rein von der Entropie, nicht von Beiträgen potentieller Energie.
Nähert man die ersten fünf Terme durch die benachbarte ganze Zahl (4, 10, 18, 28, 40), so lassen sich diese durch eine einfache Vorschrift berechnen  für . Verwendet man diese zur Berechnung aller Koeffizienten, so erhält man eine genäherte Zustandsgleichung für harte Kugeln:
Im letzten Schritt wurden dabei die ersten beiden Ableitungen der geometrischen Reihe verwendet. Diese Zustandsgleichung nach Carnahan und Starling stimmt trotz der Näherung für höhere Virialkoeffizienten sehr gut mit Simulationsergebnissen für die flüssige Phase überein (größte Abweichungen ca. 1 %). Der Phasenübergang und die Zustandsgleichung der festen Phase ist in der Carnahan-Starling Näherung nicht enthalten.
Literatur
- Torsten Fließbach: Statistische Physik. Spektrum Akademischer Verlag, 2010, ISBN 978-3-8274-2527-0.
- Franz Schwabl: Statistische Mechanik. 3., aktualisierte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2006, ISBN 3-540-31095-9.
- Hermann Schulz: Statistische Physik. Beruhend auf Quantentheorie. Eine Einführung. Harri Deutsch, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-8171-1745-0.