Victor III. von Ratibor

Viktor III. August Herzog von Ratibor und Corvey, (ca. 1920)

Victor III. August Maria Herzog von Ratibor, Fürst Corvey, Prinz von Hohenlohe (* 2. Februar 1879 in Rauden; † 11. November 1945 in Corvey) war ein deutscher Jurist, Land- und Forstwirt und von 1923 bis 1945 Chef des Hauses Ratibor.

Leben

Victor III. war der Sohn von Victor II. Amadeus von Ratibor (1847–1923) und Marie Gräfin von Breunner-Enckevoirth (1856–1929).[1] Er machte eine Ausbildung als Land- und Forstwirt und studierte Jura an den Universitäten in Bonn, Leipzig, Breslau[2] und an der Sorbonne in Paris. Er war königlich preußischer Regierungsreferendar.[3] Zudem diente er in der preußischen Armee und beendete den Wehrdienst als Leutnant.[4] Wie sein Vater war er Mitglied des Malteser Ritterordens.

Aufstände in Oberschlesien

Bereits als Erbprinz galt er als sehr vermögend und wird im Deutschen Millionärs-Adressbuch aufgeführt.[5]

Nach dem Ersten Weltkrieg beschäftigte er sich vor allem mit der Verwaltung der umfangreichen Familiengüter, die damals die viertgrößten in Schlesien waren.[6] Die Zeit war zunächst schwierig, denn es gab Aufstände und Volksabstimmungen in Oberschlesien.[7] 1922 wurde der oberschlesische Grundbesitz geteilt. Einige Dörfer des Ratiborer Landkreises wurden in Polen eingegliedert, andere, die dem Landkreis Rybnik gehörten, blieben in Deutschland und wurden, darunter Rauden, dem Ratiborer Landkreis angeschlossen. Die Familie Ratibor verlor so nicht nur Besitz, sondern auch Absatzmärkte im Oberschlesischen Industriegebiet, das nun überwiegend zu Polen gehörte.

Kloster Rauden, Geburts- und Wohnort von Victor III. (2011)

1923, nach dem Tod seines Vaters, wurde Victor III. Chef des Hauses Ratibor und der damit verbundenen Familienunternehmen, Ländereien und Schlössern, zu denen das Kloster Rauden, Schloss Corvey einschließlich der Fürstlichen Bibliothek und das Schloss Grafenegg in Niederösterreich gehörten.

1925 wurde der Export landwirtschaftlicher Erzeugnisse durch den deutsch-polnischen Zollkrieg, Überkapazitäten, steigende Preise und Finanzkrisen weiter erschwert. Erst durch die Genfer Konventionen wurden schließlich der Besitz von 2.500 Hektar landwirtschaftlicher Flächen in Polen geschützt und so ermöglicht, die Erzeugnisse auch wieder in Oberschlesien zu verkaufen.

1937 dokumentiert die letzte Veröffentlichung des Güter-Adressbuch Schlesien die umfangreiche Begüterung um das Herzogtum Ratibor mit mehreren Waldgüter, wie Rauden, und den dazugehörigen Besitzungen auf gesamt 30218 ha. An der Spitze stand nach dem Eigentümer der generalbevollmächtigte Güterdirektor, die Rechtsabteilung mit einem Kammerrat und einem Rechtsanwalt sowie dem Oberforstmeister.[8]

Gleich zu Beginn des Zweiten Weltkrieges, am 18. September 1939, starb Victors ältester Sohn, Victor IV., während des Überfalls auf Polen. Sein Panzerkampfwagen IV sowie ein Panzerkampfwagen 35 (t) und ein Panzerkampfwagen 38 (t) wurden während eines Panzergefechtes von einem polnischen TKS abgeschossen.

Ende 1944, vor Ankunft der Roten Armee, wurden die wertvollsten Gegenstände des Schlosses Rauden in den Westen Deutschlands befördert. 1945 musste die Familie schließlich das Land verlassen und floh nach Corvey. Die schlesischen Besitzungen mit 34.000 Hektar Wald fielen an Polen.[9][10]

Ehe und Nachkommen

Victor IV. von Ratibor, sein Sohn

Am 19. November 1910 in München heiratete er Elisabeth zu Oettingen-Oettingen und Oettingen-Spielberg[11][12] (* 31. Oktober 1886; † 2. Oktober 1976), eine Tochter des Fürsten Franz Albrecht zu Oettingen-Oettingen und Oettingen-Spielberg (1847–1916). Mit ihr hatte er folgende Kinder:

  • Marie Agathe Elisabeth Clementine Marguerite Caroline (1911–1971)
⚭ 1946 Edmundo Lasalle y Garcia Mayon († 1975)
  • Sophie Agathe Marie Charlotte (1912–1981)
⚭ 1937 Friedrich Leopold Maria, Graf von Praschma (1900–2000)
  • Eleonore Marie Amelie Gabriele (1914–1993)
  • Viktor Albrecht Johannes Josef Michael Maria (1916–1939), gefallen
  • Klementine Gabrielle Georgine Benoite Marie (1918–2005)
⚭ 1940 Anton Prinz von Croÿ (1909–1976)
⚭ 1962 Isabella Gräfin zu Salm-Reifferscheidt-Krautheim und Dyck (* 1939).

Mitgliedschaften

Ahnentafel

Ahnentafel von Victor III. von Ratibor (1879–1945)
Urgroßeltern

Franz zu Hohenlohe-Schillingsfürst
(1787–1841)
⚭ 1815
Constanze zu Hohenlohe-Langenburg
(1792–1847)

Karl Egon II. zu Fürstenberg
(1796–1854)
⚭ 1818
Amalie von Baden
(1795–1869)

August von Breuner-Enckevoirth
(1796–1877)
⚭ 1827
Maria Theresia Caroline Esterházy de Galántha
(1802–1837)

Janos Széchenyi de Sarvar-Felsovidek
(1802–1874)
⚭ 1825
Agota Erdödy de Monyorókerék et Monoszló
(1808–1882)

Großeltern

Victor I. von Ratibor
(1818–1893)
⚭ 1845
Amelie zu Fürstenberg
(1821–1899)

August Johann von Breunner-Enkevoirth
(1828–1894)
⚭ 1855
Maria Széchenyi de Sarvar-Felsovidek
(1833–1920)

Eltern

Victor II. Amadeus von Ratibor
(1847–1923)
⚭ 1877
Marie von Breunner-Enkevoirth
(1856–1929)

Victor III. von Ratibor (1879–1945)

Literatur

  • Friedrich Karl Devens: Biographisches Corpsalbum der Borussia zu Bonn 1827–1902. Düsseldorf, 1902, S. 235 Digitalisat.
  • Hans Friedrich von Ehrenkrook, Jürgen von Flotow, Friedrich Wilhelm Euler: Genealogisches Handbuch der Fürstlichen Häuser, Band IV, I. Abt. (ehem. reg. Häuser), Band 14 der Gesamtreihe GHdA, C. A. Starke, Glücksburg/Ostsee 1956, S. 232–235. ISSN 0435-2408.
  • C. Arnold McNaughton: The Book of Kings: A Royal Genealogy, in 3 volumes, Garnstone Press, 1973, volume 1, London 1973, S. 495. ISBN 978-0-900391-19-4.
  • Günter Tiggesbäumker:
    • Von Schillingsfürst nach Corvey und Höxter. Zur Geschichte der Herzoglichen Familie Ratibor und Corvey. In: Die Warte, Nr. 136, 2007, S. 13–18.
    • Das Herzogliche Haus Ratibor und Corvey. Deutsche Fürstenhäuser, Heft 5. Börde-Verlag, Werl 2008.
    • Die Familie Hohenlohe-Schillingsfürst in Höxter und Corvey. Zur Geschichte des Herzoglichen Hauses Ratibor und Corvey. In: Frankenland 60 (1) 2008, S. 26–34.
    • Das Herzogliche Haus Ratibor und Corvey. 7. erweiterte Auflage. Werl: Börde-Verlag, 2012.
    • „EX FLAMMIS ORIOR“ – Das Haus Hohenlohe im westfälischen Corvey. In: Vielfalt fränkischer Geschichte. Gedenkschrift für Gerhard Rechter. Jahrbuch des Historischen Vereins für Mittelfranken 104, Selbstverlag, Ansbach 2016. S. 527–551.
  • G. G. Winkel: Biographisches Corpsalbum der Borussia zu Bonn 1821–1928. Aschaffenburg 1928, S. 238 Digitalisat.

Einzelnachweise

  1. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Fürstlichen Häuser (Hofkalender) 1942. In: Gothaischer Hofkalender. 179. Auflage. II. Abt. Hohenlohe, 1. Hzgl. Haus: Ratibor und Corvey. Justus Perthes, Gotha November 1941, S. 220–221 (google.de [abgerufen am 15. Oktober 2022]).
  2. G. G. Winkel: Biographisches Corpsalbum der Borussia zu Bonn 1821–1928. Selbstverlag, Druck Wailandt AG, Aschaffenburg 1928, S. 238.
  3. Günter Tiggesbäumker: Das Herzogliche Haus Ratibor und Corvey. 7. erweiterte Auflage. Werl: Börde-Verlag, 2012, S. 24.
  4. Friedrich Karl Devens: Biographisches Corpsalbum der Borussia zu Bonn 1827–1902. Düsseldorf, 1902, S. 171.
  5. Albert Johannesson (Hrsg.): Deutsches Millionär-Adressbuch. von Ratibor und Corvey, Erbprinz Victor, Durchl. Schloss Rauden, Schles. Alb. Johannesson (Inh. Paul Grund). Selbstverlag des Ersten Berliner Reclame-Bureau, Centralstelle für die Verbreitung von Drucksachen, Berlin 1894, S. 153 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 15. Oktober 2022]).
  6. Quelle: Der Ruhm des Hauses Ratibor – Artikel aus der Internetseite: Piasten Schloss in Ratibor.
  7. Landsmannschaft der Oberschlesier Landesverband Baden-Württemberg e. V. und Kreisgruppe Karlsruhe: Die Volksabstimmung in Oberschlesien 1921: Ratibor Digitalisat
  8. Schlesisches Güter-Adreßbuch. Verzeichnis sämtlicher Rittergüter sowie der größeren Landgüter der Provinzen Nieder- und Oberschlesien. 1937. In: GAB. 15. Reprint Klaus D. Becker Potsdam Auflage. Oberschlesien. Regierungsbezirk., Kreis Ratibor. Herzogtum Ratibor. Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1937, ISBN 978-3-88372-245-0, S. 698–701 (google.de [abgerufen am 15. Oktober 2022]).
  9. Günter Tiggesbäumker: Das Herzogliche Haus Ratibor und Corvey. Deutsche Fürstenhäuser, Heft 5. Börde-Verlag, Werl 2008, S. 17–19.
  10. Website: Zamek Piatowski w Raciborzu (polnisch)
  11. Hans Friedrich von Ehrenkrook: Genealogisches Handbuch der Fürstlichen Häuser. Band I, Band 1 der Gesamtreihe GHdA, C. A. Starke, Glücksburg/Ostsee 1951, S. 245.
  12. Walter von Hueck: Genealogisches Handbuch der Fürstlichen Häuser. Band XIII, Band 90 der Gesamtreihe GHdA, C. A. Starke, Limburg an der Lahn 1987, S. 226.

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