Versorgungsvertrag

Der Versorgungsvertrag ist im Gesundheitswesen ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen den öffentlich-rechtlichen Krankenkassen oder Pflegekassen der sozialen Pflegeversicherung und dem Träger einer öffentlich-rechtlichen oder privaten Einrichtung. Außerdem gibt es Versorgungsverträge in der Energieversorgung und im Arbeitsrecht.

Gesundheitswesen

Der Versorgungsvertrag bei Krankenkassen regelt die Beziehungen zwischen den Krankenkassen und ihren Verbänden einerseits und dem Leistungserbringer andererseits auf der Grundlage der jeweils gültigen Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach § 92 Abs. 1 Nr. 6 und Abs. 7 SGB V sowie des Verzeichnisses verordnungsfähiger Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege. Er regelt ferner die Versorgung der Versicherten mit Haushaltshilfe gemäß § 38 Abs. 1 und 2 SGB V und § 24h SGB V.

Aufgrund des Versorgungsvertrags darf die Einrichtung an der medizinischen oder pflegerischen Versorgung der Versicherten teilnehmen. Der Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 SGB V kommt durch Einigung zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und dem Krankenhausträger zustande (§ 109 SGB V). Die Krankenkassen dürfen medizinische Leistungen zur Vorsorge oder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation einschließlich der Anschlussheilbehandlung, die eine stationäre Behandlung, aber keine Krankenhausbehandlung erfordern, nur in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen erbringen lassen, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht (§ 111 Abs. 1 SGB V).

Versorgungsverträge in der Pflege werden nach § 72 SGB XI geschlossen, um den Sicherstellungsauftrag zu erfüllen. Die Pflegekassen dürfen ambulante und stationäre Pflege nur durch Pflegeeinrichtungen gewähren, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht (§ 72 Abs. 1 SGB XI). Sie legen Art, Inhalt und Umfang der allgemeinen Pflegeleistungen fest, die von einer Pflegeeinrichtung zu erbringen sind.[1] Im Falle einer Praxisklinik (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 SGB V) ist der Abschluss eines Versorgungsvertrags mit den Krankenkassen erforderlich.[2]

Bei einer Krankenhausapotheke schließt das Krankenhaus einen Versorgungsvertrag mit dieser ab (§ 14 Abs. 5 ApoG).

Arbeitsrecht

Der Versorgungsvertrag ist im Arbeitsrecht ein den Arbeitsvertrag ergänzender Vertrag, der mit Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst geschlossen wird, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen müssen. Er regelt die betriebliche Altersversorgung (§ 25 TVöD), Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Befreiung von der Versicherungspflicht der Kranken- und gesetzlichen Rentenversicherung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) und Arbeitslosenversicherung sowie Unkündbarkeit für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst.

Rechtsgrundlage ist entweder der TVöD, eine Dienstvereinbarung oder die Betriebsvereinbarung, in seltenen Fällen auch betriebliche Übung.

Mehrere Urteile des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zum Versorgungsvertrag betrafen die Bayerische Landesbank. Der Versorgungsvertrag verpflichtet die Arbeitgeber, ihren Arbeitnehmern bei Eintritt eines Versorgungsfalls Leistungen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zu gewähren. Zudem regelt der Vertrag Ansprüche auf Beihilfe und Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall sowie einen besonderen Kündigungsschutz.[3] Die Landesbank praktizierte seit 1972 eine betriebliche Übung, der zufolge Arbeitnehmern nach einer 20-jährigen Tätigkeit im Kreditgewerbe, von denen mindestens zehn Jahre bei der Landesbank zurückgelegt sein mussten, der Abschluss einer Betriebsrenten-Vereinbarung angeboten wurde. Das BAG entschied, dass ein Versorgungsvertrag auch durch betriebliche Übung zustande kommen kann.[4] Daran ändern auch überdurchschnittlich viele Fehlzeiten eines Arbeitnehmers nichts.[5] Der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes ist kraft der ihm obliegenden Fürsorgepflicht gehalten, den Arbeitnehmer auf die zu seinen Gunsten bestehenden Versorgungsmöglichkeiten hinzuweisen.[6] Durch den Abschluss einer Änderungsvereinbarung hat sich ein Arbeitnehmer jedoch eines möglichen Anspruchs auf Erteilung des Versorgungsrechts begeben.[7]

Energieversorgung

Auch Verträge mit öffentlichen Versorgungsunternehmen und privaten Energieversorgungsunternehmen, die die Belieferung mit Energie zum Inhalt haben, werden als Versorgungsverträge bezeichnet. Der Versorgungsvertrag über elektrischer Strom, Erdgas, Fernwärme oder Trinkwasser ist ein Kaufvertrag[8], und zwar konkret ein Bezugsvertrag, bei dem der Umfang der künftigen Liefermengen (von Energie) bei Abschluss des Vertrags noch ungewiss ist. Wegen dieser Ungewissheit steht der Energieversorger in ständiger Leistungsbereitschaft, um den Vertrag erfüllen zu können. Der Zeitpunkt und die Häufigkeit der Abrufe sowie die Leistungsmenge bestimmt der Verbraucher.[9] Der Energieversorger hat die angeforderten Einzelleistungen stets zeitnah zu erbringen. Die Vertragspartner sind zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet, so dass der Bezugsvertrag ein Dauerschuldverhältnis darstellt.

Im Leistungsangebot eines Versorgungsunternehmens ist grundsätzlich ein Vertragsangebot zum Abschluss eines Versorgungsvertrags in Form einer sogenannten Realofferte zu sehen, die von demjenigen konkludent angenommen wird, der aus dem Leitungsnetz des Versorgungsunternehmens Elektrizität, Gas, Wasser oder Fernwärme entnimmt.[10] Im Urteil stellte der Bundesgerichtshof (BGH) klar, dass bei tatsächlichem Strombezug Vertragspartner des stillschweigend zustande gekommenen Stromliefervertrages derjenige ist, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Anja Grethler, Fachkunde für Kaufleute im Gesundheitswesen, 2017, S. 37
  2. Hans-Jürgen Seelos, Lexikon Medizinmanagement, 2008, S. 203
  3. BAG, Urteil vom 23. Mai 2017, Az.: 3 AZR 147/16
  4. BAG, Urteil vom 15. Mai 2012, Az.: 3 AZR 128/11
  5. BAG, Urteil vom 20. August 2013, Az.: 3 AZR 374/11
  6. BAG, Urteil vom 22. November 1963, Az.: 1 AZR 17/63 = DB 1964, 38
  7. BAG, Urteil vom 23. Mai 2017, Az.: 3 AZR 147/16
  8. BGH, Urteil vom 2. Juli 1969, Az.: VIII ZR 172/68 = NJW 1969, 1903
  9. Francis Limbach, Der Leistungsabruf im Bezugsvertrag, 2014, S. 2 f.
  10. BGH, Urteil vom 2. Juli 2014, Az.: VIII ZR 316/13 = BGHZ 202, 17