Versicherungsart

Versicherungsart (oder Versicherungsform, Versicherungssparte, Versicherungstyp) ist im Versicherungswesen die Bezeichnung für die von einem Versicherungsunternehmen in einem Versicherungsvertrag versicherte Gefahr.

Allgemeines

Die Begriffe Versicherungszweige, Versicherungssparten, Versicherungsarten und Versicherungsformen werden im Gesetz (also Versicherungsrecht) und in der Praxis oft mit unterschiedlichem Inhalt verwendet,[1] eine einheitliche Sprachregelung gibt es nicht. Ein Versicherungszweig jedenfalls umfasst mehrere Versicherungsarten.[2] Mit dem Begriff Versicherungsart bezeichnet man überwiegend eine Typisierung der Versicherungen eines Versicherungszweigs unter Abstellen auf das zu versichernde Interesse.[3]

Abgrenzungen

Die Differenzierung ist durchweg uneinheitlich, denn die „ambulante“ und „stationäre Krankheitskostenversicherung“ sind zwar selbständige Versicherungsarten, aber beide auch Unterarten der Versicherungsart „Krankheitskostenversicherung“. Keine Versicherungsart, sondern eine besondere Versicherungsvertragstechnik, ist die in den §§ 53 ff. VVG und § 210 VVG geregelte „laufende Versicherung“.[4] Mit den Synonymen Versicherungszweige und Versicherungssparten werden verwandte Versicherungsarten zusammengefasst. So gehören beispielsweise die Versicherungsarten „Krankheitskostenversicherung“ und „Krankentagegeldversicherung“ zur Versicherungssparte „Krankenversicherung“. Die Rentenversicherung gilt nicht als Versicherungssparte, sondern als Versicherungsart in der Sparte der Lebensversicherung.[5] Im VVG ist dagegen von Versicherungszweigen die Rede (siehe Überschrift zu Kapitel 1 über § 1 VVG).

Es gibt Bemühungen zur Vereinheitlichung; so soll Versicherungssparte als übergeordneter Begriff herangezogen werden und „Risikoart“ der „Versicherungsart“ vorgezogen werden.[6]

Einteilung

Die traditionelle Versicherungsbetriebslehre unterschied zwischen den Versicherungssparten Personenversicherung und Sachversicherung (Kompositversicherung), je nachdem ob es sich um einen Personenschaden oder einen Sachschaden handelt.[7] Bei der Personenversicherung ist der Versicherer verpflichtet, nach Eintritt des Versicherungsfalles entweder die vereinbarte Versicherungssumme, eine Rente oder eine sonstige Versicherungsleistung zu zahlen. Bei der Sachversicherung wird im Versicherungsfall der versicherten Person ein Vermögensschaden ersetzt. Heute ist die Personenversicherung nicht mehr das Pendant zur Schadensversicherung, denn allgemein wird zwischen Schadens- und Summenversicherung differenziert.[8]

VersicherungssparteVersicherungsartUnterartversichertes Ereignis
LebensversicherungTod
Risikolebensversicherung
Gemischte Lebensversicherung
Rentenversicherung
Berufsunfähigkeitsversicherung
Pflegerentenversicherung
KrankenversicherungKrankheit
private Krankenversicherung
private Ergänzungstarife zur gesetzlichen KV:
Dread-Disease-Versicherungschwere Krankheiten
GrundfähigkeitsversicherungVerlust von bestimmten definierten Grundfähigkeiten (wie Gehen, Stehen, Sehen, Sprechen, Treppensteigen usw.)
Pflegekostenversicherungbei Pflegebedürftigkeit Zahlung einer monatlichen Rente
Pflegetagegeldversicherungbei Pflegebedürftigkeit Zahlung eines Tagegeldes
Kompositversicherung
HaftpflichtversicherungPersonenschaden, Sachschaden, Vermögensschaden
Kfz-HaftpflichtversicherungDiebstahl, Feuer, zufälliger Untergang
PrivathaftpflichtversicherungDiebstahl, Feuer, zufälliger Untergang
TierhalterhaftpflichtversicherungTierhalterhaftung
Betriebshaftpflichtversicherung (General Liability, GL)Betriebsrisiko
Berufshaftpflichtversicherung (Professional Indemnity, PI)Beratungshaftung
ProdukthaftpflichtversicherungProdukthaftung
BauherrenhaftpflichtversicherungVerletzung der Verkehrssicherungspflichten
ÖltankhaftpflichtversicherungPersonenschaden, Sachschaden und Vermögensschaden aus einem Leck von Öltanks
Haus- und GrundbesitzerhaftpflichtversicherungVerletzung von Obliegenheiten
UmwelthaftpflichtversicherungUmweltschaden
D&O-VersicherungVermögensschaden
EPLI (Employers Practice Liability Versicherung)Vermögensschaden
BetriebsunterbrechungsversicherungBetriebsstörung
HausratversicherungVermögensschaden am Hausrat
GebäudeversicherungBrand, Leitungswasser, Sturm und Hagel
GeschäftsinhaltsversicherungSachschaden/Vermögensschaden an Betriebs- und Geschäftsausstattung oder Vorräten
Gewerbeversicherung
(Schweiz: Geschäftsversicherung)
Schaden aus Einbruch, Diebstahl, Brandschäden, Wasserschäden, Arbeitspausen oder Datenverlust
RücklaufversicherungRisiko von Retouren
BauleistungsversicherungBauschaden bei Bauleistungen während der Bauzeit
Maschinenkasko- und MaschinenbruchversicherungMaschinenschaden, Versagen von Maschinen
KreditversicherungForderungsausfall
ExportkreditversicherungLänderrisiko, politisches Risiko
KautionsversicherungÜbernahme von Bürgschaften, Garantien oder anderen Gewährleistungen
WarenkreditversicherungForderungsausfall von Debitoren
Vertrauensschadenversicherung (auch Crime genannt)Vermögensschaden aus unerlaubter Handlung durch Arbeitnehmer
MontageversicherungSchaden aus Montagearbeiten
ElementarversicherungWetterversicherung, parametrische WetterversicherungWetterrisiken wie Naturkatastrophen (Dürre, Erdbeben, Lawinen, Starkregen, Überschwemmung)
HagelschadenversicherungHagelschaden
UnfallversicherungUnfallschäden
ReiseversicherungReisemangel
ReiserücktrittsversicherungRisiko eines Rücktritts von einer Reise
ReisemittelversäumnisversicherungRisiko der Versäumnis eines Verkehrs- oder Transportmittels
ReisegepäckversicherungVerlust/Beschädigung von Reisegepäck
ReiseunfallversicherungRisiko eines Unfalls während der Reise
ReisekrankenversicherungRisiko der Erkrankung während der Reise
ReiserücktransportversicherungKosten des unplanmäßigen Rücktransports von einer Reise
ReiseprivathaftpflichtversicherungSchadensersatz für Forderungen Dritter während einer Reise
ReiseassistenzversicherungUnfall, Todesfall, Rücktransport oder Rechtsstreitigkeiten während einer Reise
ReiserechtsschutzversicherungRechtsrisiko während einer Reise
TransportversicherungTransportrisiko
Private ArbeitslosenversicherungArbeitslosigkeit
TierversicherungTierhalterhaftung
FahrerschutzversicherungPersonenschaden beim Fahrzeugführer aus Unfall
RechtsschutzversicherungRechtsrisiko
Kidnap&RansomEntführung, Lösegeld

In der Tabelle fehlt die gesamte Sozialversicherung, weil sie nicht aufgrund eines Versicherungsvertrages zustande kommt, sondern kraft Gesetzes (Sozialgesetzbuch).

Innerhalb der Versicherungsarten bieten Versicherer oft verschiedene Ausgestaltungen von Versicherungsverträgen an, die sie als Produkte oder „Bausteine“ oder „Module“ bezeichnen. Allerdings können Versicherungsverträge durchaus auch zu mehreren Versicherungsarten gehören, wenn innerhalb eines Vertrages verschiedene Risiken abgedeckt werden.

Diese Gliederungen der Versicherungsverträge sind in einigen Staaten rechtlich vorgegeben, und die Versicherer müssen über ihre Geschäfte dementsprechend aufgegliedert berichten. Daneben bestehen auch rein wissenschaftlich entwickelte Gliederungen der Versicherungsverträge, die ebenfalls als Versicherungsarten und -zweige bezeichnet werden.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Dieter Farny, Versicherungsbetriebslehre, 2011, S. 370 ff.; ISBN 978-3899526080
  2. Heiko Klaus Medert/Jochen Axer/Birgit Voß, Versicherungsteuergesetz: Kommentar, 2015, S. 545
  3. Manfred Wandt, Versicherungsrecht, 2016, S. 12
  4. BT-Drs. 16/3945 vom 20. Dezember 2006, Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts, S. 75 f.
  5. Klaus J Schröter, Heitere Versicherungslehre, 2008, S. 6
  6. Ingo Wittchen, Die Warenkreditversicherung, 1995, S. 12
  7. Fritz Herrmannsdorfer, Versicherungswesen, 1928, S. 5
  8. Rocco Jula, Sachversicherungsrecht, 2018, S. 1