VETAMIN D

VETAMIN D ist ein vor allem in der Tierneurologie verwendetes Akronym zur Einteilung von Krankheiten in acht ätiologische Gruppen. Das Akronym entstand in Anlehnung an Veterinär und Vitamin D. Man unterscheidet Vaskuläre Erkrankungen, Entzündungen, Traumatische Erkrankungen, Anomalien, Metabolisch-toxische Erkrankungen, Idiopathische Erkrankungen, Neoplasien und Degenerative Erkrankungen. Prinzipiell ist das Akronym auch bei anderen Organkrankheiten anwendbar.

Aus der großen Vielzahl der neurologischen Erkrankungen sollen in Folge nur die häufigeren dargestellt werden.

Vaskuläre Erkrankungen

Vaskuläre Erkrankungen (lat. vas = Blutgefäß) sind alle durch Gefäßkrankheiten wie Fehlbildungen von Gefäßen, Blutungen, Infarkte oder Ischämien verursachten neurologischen Erkrankungen. Sie sind bei Tieren, mit Ausnahme von Infarkten des Rückenmarks, relativ selten.

Häufigere vaskulär bedingte neurologische Erkrankungen bei Haustieren
KrankheitVorkommenBemerkungen
Ischämische Myopathiev. a. KatzeThrombose der Aorta mit Paraplegie der Hintergliedmaße
Fibrokartilaginöse Emboliev. a. HundInfarkt des Rückenmarks durch Bandscheibenmaterial

Entzündungen

Entzündungen mit neurologischen Krankheitsbildern können entweder durch infektiöse (durch Prionen, Viren, Bakterien, Pilze, Protozoen, Parasiten) oder durch krankhafte immunologische Vorgänge hervorgerufen werden. Einige von ihnen sind durch konsequente Tierseuchenbekämpfung und/oder Impfungen mittlerweile in Europa selten, z. B. Tollwut, Klassische Schweinepest. Einige Erkrankungen betreffen nicht spezifisch das Nervensystem (z. B. Feline infektiöse Peritonitis, Katzenseuche), haben aber eine sogenannte „nervöse Form“.

Häufigere entzündlich bedingte neurologische Erkrankungen bei Haustieren
KrankheitVorkommenBemerkungen
Prionen- und Virusbedingte neurologische Erkrankungen
Tollwutalle HaustiereZoonose, anzeigepflichtig, Impfung v. a. bei Hund und Katze
Aujeszkysche Krankheitalle Haustiere, Hauptwirt Schweine
 
StaupeHundImpfung möglich
PanleukopenieKatzeSyn.: Katzenseuche, Impfung möglich
Feline infektiöse PeritonitisKatze 
EHV-1 InfektionPferdnervöse Form (Paralytisches Syndrom) selten
Borna-KrankheitPferd, Schaf 
BSERindanzeigepflichtig, Transmissible spongiforme Enzephalopathie
Scrapie (Traberkrankheit)Schafanzeigepflichtig, Transmissible spongiforme Enzephalopathie
Maedi-VisnaSchafVisna ist die zentralnervöse Form dieser Viruserkrankung
Caprine Arthritis-EnzephalitisZiege 
Klassische SchweinepestSchweinanzeigepflichtig
Ansteckende SchweinelähmungSchweinanzeigepflichtig, Syn.: Teschener Krankheit
Bakterielle Erkrankungen
Tetanusv. a. PferdZoonose, Impfung möglich (streng genommen keine Entzündung, sondern durch das Tetanospasmin hervorgerufene Intoxikation des ZNS)
Botulismusalle TierartenToxin-bedingte Erkrankung (streng genommen keine wirklich entzündlich bedingte, sondern durch das durch Clostridium botulinum gebildete Botulinumtoxin hervorgerufene Erkrankung des ZNS)
Meningitisalle Tierartenverschiedene Erreger (unter anderen Borrelia burgdorferi)
Listeriosev. a. SchafZoonose
Protozoäre Erkrankungen
Encephalitozoonosevor allem KaninchenErreger: Encephalitozoon cuniculi, Zoonose
NeosporoseHauptwirt HundErreger: Neospora caninum, bei Rindern Aborte
Parasitäre Erkrankungen
StrongylosePferdPferdepalisadenwurm (Strongylus vulgaris)
ParelaphostrongyloseSchaf, ZiegeParelaphostrongylus tenuis
CoenuroseSchafCoenurus cerebralis, die Finne des Quesenbandwurms
Sonstige Entzündungen
Myasthenia gravisv. a. HundAutoimmunerkrankung
KaumuskelmyositisHundAutoimmunerkrankung der Kaumuskulatur
Granulomatöse MeningoenzephalitisHundv. a. ältere Hunde, vorwiegend Stammhirn betroffen
Meningitis-Arteriitis des HundesHundUrsache unbekannt

Traumatische Erkrankungen

Hier werden alle neurologischen Erkrankungen durch mechanische Einflüsse (Trauma) eingeordnet, die eine direkte oder indirekte (z. B. traumatisch bedingte Blutung, Bandscheibenvorfall) Schädigung hervorrufen. Die Erkrankungen treten meist akut nach Einwirkung von außen wirkender Kräfte (Verkehrsunfall, Stürze) auf.

Häufigere traumatisch bedingte neurologische Erkrankungen bei Haustieren
KrankheitVorkommenBemerkungen
Schädel-Hirn-Traumav. a. Hund, KatzeGehirnerschütterung, Gehirnprellung, Gehirnquetschung
Rückenmark-Traumav. a. Hund, Katze
Plexus-brachialis-Abrissv. a. Hund, Katze
Nervenquetschungalle Tierartenv. a. Fazialislähmung, Radialislähmung, Supraskapularislähmung, Obturatoriuslähmung

Anomalien

Durch Anomalien, also Fehlbildungen vor der Geburt, können neurologische Erkrankungen infolge genetischer Defekte oder durch intrauterine Infektionen der Feten, die zu Missbildungen führen, auftreten.

Häufigere durch Anomalien bedingte neurologische Erkrankungen bei Haustieren
KrankheitVorkommenBemerkungen
Taubheitv. a. Hundbei bestimmten Rassen gehäuft
Kongenitales VestibularsyndromHund, Katze
Hydrocephalusv. a. Hund, Katze, Pferd
Atlanto-axiale SubluxationHundFehlbildung des unteren Kopfgelenks, v. a. kleine Rassen
Infektionenv. a. WiederkäuerBlauzungenkrankheit, BVD, Border Disease

Metabolisch-toxische Erkrankungen

Metabolisch-toxisch bedingte Erkrankungen werden durch Stoffwechselstörungen, endokrine Störungen (Über- oder Unterproduktion von Hormonen), Mangel an Nährstoffen, Vitaminen und Spurenelementen hervorgerufen.

Häufigere Metabolisch-toxisch bedingte neurologische Erkrankungen bei Haustieren
KrankheitVorkommenBemerkungen
Hepatoenzephalopathiev. a. Hunddurch portosystemischen Shunt, beschrieben auch bei älteren Hunden mit chronischen Lebererkrankungen
Hypothyreosev. a. HundBeim Hund sind u. a. Gehirnnervenerkrankungen, Krampfanfallsleiden und Paresen anderer peripherer Nerven mit einer Hypothyreose in Verbindung gebracht worden
Thiaminmangel-EnzephalopathienKatze (Thiaminmangel-Enzephalopathie der Katze)
Wiederkäuer (Zerebrokortikalnekrose)
Pelztiere (Chastek-Paralyse)
Polioencephalomalazie
Metabolische Enzephalopathie
KreuzverschlagPferdSyn. paralytische Myoglobinurie, Lumbago
Enzootische AtaxieSchaf, ZiegeKupfer-Mangel
KetoseRind, Schaf

Idiopathische Erkrankungen

Als idiopathische Erkrankungen werden Funktionsstörungen ohne erkennbare Ursache bezeichnet.

Häufigere idiopathische neurologische Erkrankungen bei Haustieren
KrankheitVorkommenBemerkungen
Fazialislähmungv. a. Hund, Katzeeine Lähmung des Nervus facialis kann auch traumatisch, entzündlich oder metabolisch bedingt sein
Polymyositisv. a. Hund, Katze
Epilepsiev. a. Hund, Katze, Araber
Kehlkopfpfeifenv. a. PferdHalbseitige Lähmung des Kehlkopfs durch Schädigung des Nervus laryngeus recurrens
VestibularsyndromHund, Katze, PferdStörung des Gleichgewichtsorgans

Neoplasien

In diesen Komplex werden Neubildungen (Neoplasie), also alle Tumorerkrankungen eingeordnet. Dies können Tumoren der Nervenzellen sein, wobei bei Tieren nahezu ausnahmslos Tumore der Gliazellen (Gliome) vorkommen. Eine zweite Gruppe sind Tumoren, die von mesenchymalen Geweben ausgehen.

Häufigere neoplastisch-neurologische Erkrankungen bei Haustieren
KrankheitVorkommenBemerkungen
Schwannom-Neurofibromv. a. Hund, Katze
Paraneoplastische NeuropathieHund
Chondrosarkomv. a. Hund, Katzev. a. Chondrosarkome des Felsenbeins
PlexuspapillomRind, HundPapillom des Plexus chorioideus
Malignes Lymphom der Katzev. a. Katzebei Lokalisation im Epiduralraum, virusbedingt
Retikulose
Hypophysentumor
MeningiomHund, Katzehäufigster diagnostizierter Gehirntumor der geriatrischen Katze, häufigster extraaxialer Gehirntumor des Hundes
Gliomev. a. beim Hund diagnostizierthierzu zählen u. a. Astrozytome und Oligodendrogliome

Degenerative Erkrankungen

Degenerative Erkrankungen sind bei Tieren meist durch Abnutzungserscheinungen der Bandscheiben bzw. der Wirbelsäule bedingt, die sekundär zu Rückenmarksschädigungen führen.

Häufigere degenerative neurologische Erkrankungen bei Haustieren
KrankheitVorkommenBemerkungen
Bandscheibenvorfallv. a. HundPrädisposition einiger Rassen durch Knorpelgewebsschwäche (Dackellähme)
Degenerative lumbosakrale Stenosev. a. Hund„Cauda-equina-Syndrom“
Degenerative Myelopathienv. a. Hundnur die der älteren Hunde sind relativ häufig
Wobbler-SyndromHund, Pferdkann auch durch Anomalie oder Ernährungsstörung verursacht sein

Siehe auch

Haltungs- und Stellungsreaktionen

Literatur

  • K. G. Braund, C. H. Vite: Braund’s Clinical Neurology in Small Animals. Localization, Diagnosis and Treatment (www.ivis.org, last updated 24 Nov 2006).
  • André Jaggy: Atlas und Lehrbuch der Kleintierneurologie. Schlütersche, Hannover 2005, ISBN 3-87706-739-5.
  • Michael D. Lorenz, Joe N. Kornegay: Handbook of Veterinary Neurology. 4. Auflage. Saunders, St. Louis MO 2004, ISBN 0-7216-8986-8.
  • Marc Vandevelde u. a.: Veterinärmedizinische Neurologie. Ein Leitfaden für Studium und Praxis. 2. neubearbeitete und erweiterte Auflage. Paul Parey Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-8263-3224-5.