Unternehmen Elster

Das Unternehmen Elster war eine deutsche Spionage-Mission, die während des Zweiten Weltkriegs Informationen über militärische und technologische Einrichtungen der USA sammeln sollte.

Ablauf des Unternehmens

Die Mission begann im September 1944 mit zwei deutschen Agenten, die an Bord von U 1230 zunächst von Kiel nach Norwegen und von dort nach Nordamerika gebracht wurden. Auf der Überfahrt hatte U 1230 erhebliche Schwierigkeiten beim Einsatz des sogenannten Schnorchels – einer Vorrichtung, die bei Unterwasserfahrt die Frischluftzufuhr und den Abzug der Dieselgase gewährleisten und somit längere Tauchzeiten ermöglichen sollte. Die Spitze des Schnorchels geriet während der Fahrt mehrfach für längere Zeit unter Wasser, wodurch im Inneren des Bootes erheblicher Unterdruck entstand, der so kräftig war, dass Konservendosen im Vorratsraum platzten und Teile der Besatzung das Bewusstsein verloren.

Anlanden in Maine

51 Tage nach dem Auslaufen aus Norwegen erreichte U 1230 die nordamerikanische Küste bei Cape Cod und fuhr dann zur Frenchman's Bay im Golf von Maine, wo die Agenten bei Hancock's Point angelandet werden sollten.[1] Am 29. November 1944 wurden die beiden Agenten im US-Bundesstaat Maine mit einem Schlauchboot an Land gebracht. Kapitänleutnant Hans Hilbig, Kommandant von U 1230, patrouillierte im Anschluss einige Tage im Golf von Maine. Am 3. Dezember versenkte er ein kanadisches Schiff, den Dampfer Cornwallis.[2] Diese Versenkung offenbarte die Anwesenheit eines deutschen U-Bootes vor der nordamerikanischen Küste, woraufhin eine Anti-Submarine-Warfare-Gruppe der US Navy unter Führung des Geleitträgers Bogue das Seegebiet durchsuchte. Hilbig fuhr mit U 1230 zunächst nach Norden und entkam der ASW-Gruppe. Ende Januar traf U 1230 in Flensburg ein. Die Beteiligung beim Unternehmen Elster und die Fahrt mit U 1230 waren Hilbigs einziger Kriegseinsatz.

Auf dem Weg ins Einsatzgebiet

Die Agenten hatten zunächst versucht, zu Fuß eine Straße zu erreichen. Es handelte sich um William Colepaugh, ein nach Deutschland übergelaufener US-Bürger, und Erich Gimpel, ein erfahrener deutscher Geheimdienstagent. Da beide Agenten für die Jahreszeit – es lag tiefer Schnee – ungewöhnlich legere Kleidung trugen, fielen sie auf dem Weg zu einem Bahnhof dem Sohn eines Deputy-Sheriffs von Hancock auf, der mit dem Auto auf dem Rückweg von einer Tanzveranstaltung war. Er erzählte am nächsten Tag seinem Vater von der nächtlichen Beobachtung und berichtete später auch dem FBI davon.[1] Colepaugh und Gimpel konnten der sofort eingeleiteten Großfahndung entkommen und erreichten New York City mit dem Zug. Die Männer hatten, neben 99 kleinen Diamanten, 60.000 US-Dollar an Bargeld bei sich, die sie zunächst für neue Kleidung und die Anmietung eines Apartments aufwendeten.[1] Beide verbrachten dann fast einen Monat damit, in New York zu leben. Während dieser Zeit gaben sie eine große Menge des Geldes, das sie für die Durchführung der Geheimdienstoperation erhalten hatten, für Unterhaltung und persönlichen Luxus aus.

Ende der Unternehmung

Colepaugh verlor schnell sein Interesse an der Spionagetätigkeit, vertraute sich zunächst einem Jugendfreund an und stellte sich schließlich am 26. Dezember dem FBI.[1] In der Hoffnung, der Todesstrafe wegen Hochverrats zu entgehen, verriet er zudem seinen Partner Gimpel. Dadurch war die Mission bereits Ende Dezember 1944 effektiv gescheitert. Im Februar 1945 wurden die beiden Agenten vor einem Militärgericht wegen Spionage zum Tode verurteilt. Nach Kriegsende wurde ihre Strafe später von Präsident Harry S. Truman in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt. Gimpel wurde 1955 auf Bewährung entlassen. Colepaugh wurde 1960 auf Bewährung entlassen.

Nachspiel

Im Zuge des Verhörs von Gimpel und Colepaugh gewannen die amerikanischen Ermittlungsbehörden den Eindruck, dass die deutsche Seite bei der Entwicklung eines Träger-U-Bootes, das in der Lage war, Raketen abzufeuern, inzwischen weit vorangeschritten war. Es festigte sich sogar die Befürchtung, der Angriff einer Flotte dieser Boote stünde unmittelbar bevor. Aufgrund dieser Fehleinschätzungen wurden Planungen eingeleitet, dieser Gefahr zu begegnen und unter erheblichem Einsatz von Arbeitskräften und Schiffen Taktiken entwickelt und eingeübt, die befürchteten „Raketen-U-Boote“ aufzuspüren und zu bekämpfen.[1] Der Historiker Clay Blair wertet diese falsch eingesetzten Ressourcen als einzigen sichtbaren Erfolg des Unternehmens Elster.

Einordnung

Das Unternehmen Elster war neben dem Unternehmen Pastorius eine von nur zwei Operationen, bei welchen die Deutschen während des Krieges mithilfe von U-Booten an amerikanischen Küsten Agenten anlandeten. Trotz einer Reihe von Behauptungen und Spekulationen, dass die Mission das Manhattan-Projekt sabotieren sollte, gibt es keine eindeutigen stützenden Beweise hierfür in den offiziellen Untersuchungsakten.

Künstlerische Bearbeitung

Gimpels Geschichte wurde im Jahr 1956 unter dem Titel „Spion für Deutschland“ verfilmt. Gimpel wurde dabei von Martin Held dargestellt, Colepaugh („Billy Cole“) spielte Walter Giller.

Einzelnachweise

  1. a b c d e Clay Blair: Der U-Boot-Krieg. Band 2: Die Gejagten, 1942–1945. Heyne, München 1999, ISBN 3-453-16059-2, Seite 753
  2. Rainer Busch, Hans-Joachim Röll: Der U-Boot-Krieg 1939–1945. Band 3: Deutsche U-Boot-Erfolge von September 1939 bis Mai 1945. E. S. Mittler und Sohn, Hamburg u. a. 2001, ISBN 3-8132-0513-4. Seite 321

Literatur

  • Christopher Vasey: Nazi Intelligence Operations in Non-Occupied Territories. Espionage Efforts in the United States, Britain, South America and Southern Africa. McFarland. McFarland & Company, Jefferson 2016, ISBN 978-1-4766-2458-7, S. 85 ff.