U 110 (Kriegsmarine)

U 110 (Kriegsmarine)
(vorheriges/nächstesalle U-Boote)
U-110 and HMS Bulldog.jpg
U 110 und HMS Bulldog
Typ:IX B, Zweihüllen-Hochsee-Boot
Feldpostnummer:M 23 130
Werft:AG Weser, Bremen
Bauauftrag:24. Mai 1938
Baunummer:973
Kiellegung:1. Februar 1940
Stapellauf:25. August 1940
Indienststellung:21. November 1940
Kommandanten:

21. November 1940 – 9. Mai 1941
Kapitänleutnant Fritz-Julius Lemp

Einsätze:2 Unternehmungen
Versenkungen:

3 Schiffe (10.056 BRT)

Verbleib:am 9. Mai 1941 im Nordatlantik aufgebracht (15 Tote und 32 Kriegsgefangene);
am 11. Mai 1941 im Schlepp gesunken

U 110 war ein deutsches U-Boot vom Typ IX B der Kriegsmarine, das im Zweiten Weltkrieg eingesetzt wurde. Auf seiner zweiten und letzten Feindfahrt versenkte es drei Handelsschiffe mit 10.056 BRT, wobei 29 Menschen starben. Am 9. Mai 1941 wurde es vom Zerstörer HMS Bulldog (H91) beschädigt, wobei der Kommandant Fritz-Julius Lemp und 14 weitere Besatzungsmitglieder ums Leben kamen, und anschließend von einem Prisenkommando eingenommen. Die Briten erbeuteten die Codebücher, doch sank das im Schlepptau der Briten befindliche U-Boot. Die 32 überlebenden U-Boot-Fahrer gerieten in britische Kriegsgefangenschaft.

Geschichte

Der Bauauftrag für dieses Boot wurde am 24. Mai 1938 an die AG Weser in Bremen vergeben. Die Kiellegung erfolgte am 1. Februar 1940 und der Stapellauf fand am 25. August 1940 statt. Am 21. November 1940 wurde U 110, unter dem Kommando von Kapitänleutnant Fritz-Julius Lemp, in Dienst gestellt.

U 110 gehörte bis zum 28. Februar 1941 als Ausbildungsboot zur 2. U-Flottille in Wilhelmshaven. Danach gehörte es bis zu seiner Versenkung als Frontboot zur 2. U-Flottille in Wilhelmshaven bzw. Lorient.

Bundesarchiv Bild 101II-MW-0235-05A, U-Boot, Abzeichen.jpg
(c) Bundesarchiv, Bild 101II-MW-0235-05A / CC-BY-SA 3.0

U 110 absolvierte während seiner Dienstzeit zwei Unternehmungen, auf denen es drei Schiffe mit einer Gesamttonnage von 10.056 BRT versenken und zwei Schiffe mit 8.675 BRT beschädigen konnte. Als Wappen führte es am Turm eine Zeichnung, die einen Hund darstellte. Es handelte sich um den ehemaligen Foxterrier des Kommandanten. Dieser war das Schiffsmaskottchen vom Lemps vormaligen Boot U 30, als stilisierte Zeichnung bereits Symbol dieses Boots gewesen und hatte dessen Turm verziert. Lemp hatte den „Schnurzl“ dann mit auf U 110 übernommen.[1]

Das Boot war das erste U-Boot der Kriegsmarine, das von den Alliierten aufgebracht wurde. Dabei kamen die Briten u. a. in den Besitz der Codebücher der Chiffriermaschine Enigma M3, was der deutschen Seite verborgen blieb. So konnten deutsche Funksprüche für ein Jahr (bis zum Wechsel auf die Enigma M4) entschlüsselt und damit bedeutende strategische Vorteile in der Seekriegsführung erlangt werden. Bis Ende 1941 wurden mehrere deutsche Versorgungsschiffe auf weit abgelegenen Positionen im Atlantik gefunden und versenkt.

Einsatzstatistik

Erste Unternehmung

Das Boot lief am 9. März 1941 um 8.00 Uhr von Kiel aus, und lief am 29. März 1941 um 9.50 Uhr in Lorient ein. Auf dieser 20 Tage dauernden Unternehmung in den Nordatlantik, nordwestlich des Nordkanals und westlich von Irland, wurden zwei Schiffe mit 8.675 BRT beschädigt.

  • 16. März 1941: Beschädigung des britischen Tankers Erodona mit 6.207 BRT. Der Tanker wurde durch einen Torpedo beschädigt. Er hatte Ethanol und Benzin geladen. Das Schiff gehörte zum Konvoi HX-112 und wurde am 30. März 1941 nach Edis Vik eingeschleppt und repariert.
  • 23. März 1941: Beschädigung des norwegischen Dampfers Siremalm mit 2.468 BRT. Der Dampfer wurde durch Artillerie beschädigt. Er wurde am 27. September 1941 von U 201 versenkt.

Zweite Unternehmung

Das Boot lief am 15. April 1941 von Lorient aus und wurde am 9. Mai 1941 von den Briten aufgebracht. Auf dieser 24 Tage dauernden Unternehmung in den Nordatlantik, westlich von Irland, südwestlich und westlich von Island, wurden drei Schiffe mit 10.056 BRT versenkt.

  • 27. April 1941: Versenkung des französischen Dampfers Henri Mory (fälschlich als André Moyrand identifiziert) mit 2.564 BRT. Der Dampfer wurde durch einen Torpedo versenkt. Er war auf dem Wege nach Großbritannien. Es gab 28 Tote, während vier Mann gerettet wurden.
  • 9. Mai 1941: Versenkung des britischen Dampfers Esmond (Lage) mit 4.976 BRT. Der Dampfer wurde durch einen Torpedo versenkt. Er fuhr in Ballast und war auf dem Weg vom Tyne nach Sydney. Das Schiff gehörte zum Konvoi OB-318 mit 38 Schiffen. Es gab keine Verluste, 50 Überlebende.
  • 9. Mai 1941: Versenkung des britischen Dampfers Bengore Head (Lage) mit 2.609 BRT. Der Dampfer wurde durch einen Torpedo versenkt. Er hatte 1.200 t Kohle sowie Bindfaden geladen und befand sich auf dem Weg von Belfast nach Montreal. Das Schiff gehörte zum Konvoi OB-318 mit 38 Schiffen. Es gab einen Toten und 40 Überlebende.

Aufbringung von U 110

U 110 und HMS Bulldog (9. Mai 1941)

Am 8. Mai 1941 sichtete U 110 in der Nähe der Hebriden den Geleitzug OB-318, welcher bereits von U 94 angegriffen wurde. U 110 tastete sich über Wasser an das Geleit heran, brach den Angriff aufgrund der hellen Nacht jedoch ab und hielt weiter Fühlung. Am nächsten Morgen traf U 110 mit U 201 (Adalbert Schnee) zusammen. Nach einem kurzen Informationsaustausch griff U 110 gegen Mittag den Geleitzug auf Sehrohrtiefe an. Lemp schoss drei Torpedos, wodurch zwei Schiffe versenkt wurden. Kurz darauf sichtete die britische Korvette HMS Aubretia das Sehrohr von U 110. Sofort lief sie mit voller Fahrt darauf zu und warf – unterstützt von den Zerstörern HMS Bulldog und HMS BroadwayWasserbomben. U 110 erreichte nicht rechtzeitig größere Tiefen und wurde so stark beschädigt, dass es auftauchen musste. Infolge einiger gerissener Batteriezellen bildete sich Chlorgas im Boot. Außerdem waren Pressluftleitungen geplatzt und die Tiefen- sowie die Seitenruder stark beschädigt. U 110 trieb manövrierunfähig an der Wasseroberfläche, umgeben von drei gegnerischen Kriegsschiffen.

Als die Bulldog auf Rammkurs ging, befahl Lemp seinen Leuten, das Boot zu verlassen. Da das Heck von U 110 bereits unter Wasser lag, ging er mutmaßlich davon aus, dass es bald sinken werde. Daher erteilte er weder den Befehl zur Selbstversenkung noch zur Vernichtung der Geheimsachen. Lemp sprang als Letzter von Bord. Doch dann merkte er offenbar, dass die Bulldog den Rammversuch abgebrochen hatte und sein Boot nicht sank. Es bestand die Gefahr einer Enterung durch die Briten. Lemp schwamm daher zurück. In diesem Moment verloren die Männer von U 110 ihren Kommandanten aus den Augen. Gerüchteweise wurde behauptet, er wäre vom Enterkommando, im Wasser schwimmend, erschossen worden. David Balme, Sub-Lieutenant auf der HMS Bulldog und Kommandant des Enterkommandos, erklärt aber klar, niemand habe zu irgendeinem Zeitpunkt einen Schuss abgegeben; seine Vermutung sei, der Kapitän habe schließlich im Angesicht des Fehlers einen Tod im Meer vorgezogen – (auch im Rückblick auf seine Versenkung des Passagierschiffes Athenia am ersten Kriegstag).[2] Außer ihm kamen noch 14 weitere Besatzungsmitglieder ums Leben. Die 32 Überlebenden wurden vom Zerstörer HMS Bulldog als Kriegsgefangene an Bord genommen.

Commander Addison Joe Baker-Cresswell erkannte die einmalige Chance, ein deutsches U-Boot zu erbeuten. Er ließ die Deutschen sofort unter Deck bringen und schickte eine Entermannschaft mit einem Boot los. Diese konnte in das U-Boot eindringen und mehrere geheime Dokumente sowie eine Chiffriermaschine Enigma M3 an sich bringen. Die Deutschen waren zu diesem Zeitpunkt der Ansicht, dass U 110 und ihr Kommandant untergegangen seien.

Untergang

Die Briten versuchten noch, U 110 nach Reykjavík (Island) zu schleppen; die Insel war ab Mai 1940 britisch besetzt. Doch das Boot sank zwei Tage später östlich von Kap Farewell auf der Position 60° 22′ N, 33° 12′ W im Marine-Planquadrat AK 2149.

Einzelnachweise

  1. Georg Högel: Embleme, Wappen, Malings deutscher U-Boote 1939–1945. 5. Auflage. Koehlers Verlagsgesellschaft mbH, Hamburg 2009, ISBN 978-3-7822-1002-7. Seite 40 und Seite 57
  2. Die Erklärung David Balme's zum Verbleib Lemps im Dokumentarfilm „U-Boat-War“, Minute 38:15 (Memento vom 29. Januar 2014 im Internet Archive)

Literatur

  • Erich Gröner: Die Handelsflotten der Welt 1942 und Nachtrag 1944. J. F. Lehmanns Verlag, München 1976, ISBN 3-469-00552-4 (Nachdruck der Ausgabe 1942–1943).
  • Rainer Busch, Hans-Joachim Röll: Der U-Boot-Krieg 1939–1945. Band 2: Der U-Boot-Bau auf deutschen Werften. E. S. Mittler und Sohn, Hamburg u. a. 1997, ISBN 3-8132-0512-6.
  • Paul Kemp: Die deutschen und österreichischen U-Boot-Verluste in beiden Weltkriegen. Urbes Verlag, Gräfelfing vor München 1998, ISBN 3-924896-43-7.
  • Robert M. Browning Jr.: U.S. Merchant Vessel War casualties of World War II. Naval Institute Press, Annapolis MD 1996, ISBN 1-55750-087-8.
  • Erich Gröner: Suchliste für Schiffsnamen (= Die Handelsflotten der Welt. Ergänzungsbd.). J. F. Lehmanns Verlag München 1976, ISBN 3-469-00553-2 (Nachdruck der Ausgabe 1943).
  • Rainer Busch, Hans-Joachim Röll: Der U-Boot-Krieg 1939–1945. Band 1: Die deutschen U-Boot-Kommandanten. E. S. Mittler und Sohn, Hamburg u. a. 1996, ISBN 3-8132-0490-1.
  • Rainer Busch, Hans-Joachim Röll: Der U-Boot-Krieg 1939–1945. Band 3: Deutsche U-Boot-Erfolge von September 1939 bis Mai 1945. E. S. Mittler und Sohn, Hamburg u. a. 2001, ISBN 3-8132-0513-4.
  • Clay Blair: Der U-Boot-Krieg. Band 1: Die Jäger. 1939–1942. Heyne, München 1998, ISBN 3-453-12345-X.
  • Rainer Busch, Hans-Joachim Röll: Der U-Boot-Krieg 1939–1945. Band 5: Die Ritterkreuzträger der U-Boot-Waffe von September 1939 bis Mai 1945. E. S. Mittler und Sohn, Hamburg u. a. 2003, ISBN 3-8132-0515-0.
  • Rainer Busch, Hans-Joachim Röll: Der U-Boot-Krieg 1939–1945. Band 4: Deutsche U-Boot-Verluste von September 1939 bis Mai 1945. E. S. Mittler und Sohn, Hamburg u. a. 1999, ISBN 3-8132-0514-2.
  • Clay Blair: Der U-Boot-Krieg. Band 2: Die Gejagten, 1942–1945. Heyne, München 1998, ISBN 3-453-16059-2.

Siehe auch

Weblinks

Auf dieser Seite verwendete Medien

U-110 and HMS Bulldog.jpg
U-110 was captured by HM Ships Bulldog, Broadway and Arbretia
Bundesarchiv Bild 101II-MW-0235-05A, U-Boot, Abzeichen.jpg
(c) Bundesarchiv, Bild 101II-MW-0235-05A / CC-BY-SA 3.0