Travelling Post Office
Als Travelling Post Office (TPO) wurden die Bahnpostwagen der Royal Mail bezeichnet, die in Großbritannien und Irland eingesetzt wurden, um Post während der Fahrt zu sortieren. Diese Wagen wurden von 1838 bis 2004 betrieben und spielten somit über 160 Jahre eine entscheidende Rolle bei der schnellen Postbeförderung. Sie waren weltweit die ersten Wagen, die der Bahnpost dienten, teilweise wurde sie auch als reine Postzüge eingesetzt.
Geschichte
Die Idee des Travelling Post Office (TPO) entstand aus dem Bedürfnis, den Postversand effizienter zu gestalten. Bereits 1826 hatte Rowland Hill über die Möglichkeit geschrieben, Briefe in speziell ausgestatteten Postkutschen während der Fahrt zu sortieren.[1]
Obwohl die Eisenbahn in England ab dem 11. November 1830 für den Posttransport genutzt wurde, dauerte es bis 1837, bis der Postbeamte George Karstadt vorschlug, spezielle Eisenbahnwagen für die Sortierung von Post einzusetzen.[1] Dies führte zur ersten experimentellen TPO-Fahrt am 20. Januar 1838 auf der Grand Junction Railway zwischen Birmingham und Warrington, bei der sein Sohn Frederick Karstadt, sowie Edward Ellis und Henry Mellersh die Briefe während der Fahrt sortierten. Mit der Einführung der One Penny Black im Jahr 1840 stieg das Postaufkommen erheblich, was die rasche Expansion der TPOs begünstigte. Bis 1852 gab es bereits zahlreiche TPOs, die Post zwischen London, Perth, Newcastle und Exeter transportierten.[2]

TPO-Wagen bestanden aus verschiedenen Typen: Sortierwagen, Aufbewahrungswagen, Steuerwagen und allgemeine Nutzwagen. Ein besonderes Merkmal war der sogenannte „Mail Bag Exchange Apparatus“: Dabei hingen Netze an den Zügen, die während der Fahrt mit Postbeuteln von Stationen entlang der Strecke befüllt oder entleert wurden – eine frühe Logistikinnovation.[3][4]
Entwicklung und Niedergang
Bis 1914 waren 126 TPO-Wagen und 245 Mail Exchange Apparatuses in Großbritannien im Einsatz,[5][4] und viele andere Länder übernahmen das Konzept.[5] Aus Kostengründen ging beides ab dem Ersten Weltkrieg kontinuierlich zurück.[4]

In den 1980er Jahren versuchte Rail Express Systems (RES), den Markt zu modernisieren, doch wirtschaftliche Faktoren und die zunehmende Automatisierung der Postsortierung führten zum Rückgang der TPOs.[5] Am 10. Januar 2004 fuhr der letzte TPO-Zug in Großbritannien.[6][7]

Internationale Nutzung
Auch in Queensland wurden TPOs zwischen 1877 und 1932 eingesetzt, um Post in abgelegene Regionen zu transportieren. Diese Wagen waren oft in reguläre Reisezüge integriert und wurden später aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt.[8]
Trivia
- Der Dokumentarfilm Night Mail von 1936, begleitet von Benjamin Brittens Musik und W. H. Audens Gedicht, bleibt ein Klassiker der britischen Filmgeschichte, der an die TPOs erinnert.[9](c) Evelyn Simak, CC BY-SA 2.0
Bahnhof Wansford - Royal Mail Travelling Post Office (1940er) - In Cornwall wurde ein restaurierter TPO-Wagen in eine Ferienunterkunft umgewandelt.
- Eines der bekanntesten Verbrechen des 20. Jahrhunderts ereignete sich im Zusammenhang mit den TPOs, als 1963 eine Bande von 15 Räubern einen Postzug auf dem Weg von Glasgow nach London überfiel.(c) Remember The Great Train Robbery by Mary and Angus Hogg, CC BY-SA 2.0
Erinnerungsplakette "Great Train robbery", Bahnhof Euston
Die „Great Train Robbery“ führte dazu, dass die Männer mit über 2 Millionen Pfund verschwanden.[9] 1965 wurde der Postzugraub in Deutschland unter dem Titel Die Gentlemen bitten zur Kasse mit Horst Tappert, Hans Cossy und Günther Neutze in einem Dreiteiler verfilmt.[10]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b Travelling Post Office. In: gbps.org.uk. Abgerufen am 26. April 2025 (britisches Englisch).
- ↑ TPOs of Great Britain - The Beginning. In: TPO & Seapost Society. Abgerufen am 26. April 2025 (britisches Englisch).
- ↑ History Of TPO,s – The Travelling Post Office. Abgerufen am 13. April 2025 (amerikanisches Englisch).
- ↑ a b c Annie Duffield: Travelling Post Offices. In: Postal Museum. 5. September 2019, abgerufen am 27. April 2025 (amerikanisches Englisch).
- ↑ a b c Stefanie Foster: Mail by rail - still. In: Rail Magazine. 5. Februar 2014, abgerufen am 13. April 2025 (englisch).
- ↑ What happened to the TPOs? | British Postal Museum & Archive. 12. Mai 2012, abgerufen am 13. April 2025.
- ↑ Tauntontrains: The Last TPO's 9th January 2004. 18. Februar 2013, abgerufen am 27. April 2025.
- ↑ Mail By Rail. Abgerufen am 13. April 2025.
- ↑ a b Today in Transportation History – 2004: The End of Traveling Post Offices. In: Transportation History. 9. Januar 2018, abgerufen am 27. April 2025 (englisch).
- ↑ „Die Gentlemen baten zur Kasse“: Dokudrama über legendären Postraub. In: Der Tagesspiegel Online. ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 27. April 2025]).
Auf dieser Seite verwendete Medien
Autor/Urheber: James Petts from London, England, Lizenz: CC BY-SA 2.0
Interior
(c) Remember The Great Train Robbery by Mary and Angus Hogg, CC BY-SA 2.0
Remember The Great Train Robbery

(c) Evelyn Simak, CC BY-SA 2.0
Wansford station - Royal Mail Travelling Post Office (1940s)
(c) Mike Peel, CC BY-SA 2.0 uk
Model of travelling post office. Model of travelling post office. On the side of the carriage is the bag exchange mechanism for exchanging mail bags whilst the train was in motion. Painted red and brown with livery of King George V 1923-35, the actual date of manufacture of the model is unknown. Collection ID OB1995.308.
A diagram of a Travelling Post Office circa 1890, showing the equipment used for transferring the mail bags while the train is travelling at full speed.
(c) Royal Mail Travelling Post Office (TPO) at Ribble Steam Railway Museum by David Dixon, CC BY-SA 2.0
Royal Mail Travelling Post Office (TPO) at Ribble Steam Railway Museum

Autor/Urheber: Murgatroyd49, Lizenz: CC BY-SA 4.0
GWR Travelling Post Office vehicle 814 at Didcot Railway Centre. Scanned from a Kodachrome 35mm slide.