Tracy-Widom-Verteilung

Die Tracy-Widom-Verteilung ist eine Wahrscheinlichkeitsverteilung aus der Theorie der Zufallsmatrizen. Sie ist die asymptotische Spektralverteilung des größten, normalisierten Eigenwertes einer hermitschen Zufallsmatrix. Die Verteilung ist nach den amerikanischen Mathematikern Craig Tracy und Harold Widom benannt, welche sie 1993 für das gaußsche unitäre Ensemble entdeckt haben.[1] Sie findet Anwendung in der statistischen Mechanik, der Kombinatorik und der multivariaten Statistik, wo sie insbesondere im Zusammenhang mit hoch-dimensionalen Daten und Verfahren zum Lösen des Fluchs der Dimensionalität von Interesse ist.

Die Verteilungsfamilie wird nach dem Dyson-Index in die -Klassifizierung aufgeteilt (nach möglichen Zeitumkehr-Eigenschaften der Quantenmechanik), wobei die Verteilung für das unitäre Ensemble gilt und als Fredholm-Determinante des Airy-Kernels auf einem separablen Hilbertraum definiert wird. Die Verteilungen für das orthogonale Ensemble und für das symplektische Ensemble lassen sich leicht daraus berechnen.

Tracy-Widom-Resultate lassen sich u. a. mit nicht-trivialen asymptotischen Methoden wie dem Lösen von Riemann-Hilbert-Problemen mit der nicht-linearen Methode des steilsten Anstiegs von Deift-Zhou (1993[2]) finden.[3] Ausgehend vom Riemann-Hilbert-Problem lassen sich Lax-Paare herleiten und schließlich die Lösung der Painlevé-II-Gleichung.

In der Originalarbeit leiteten Tracy und Widom ein analoges integrierbares System von partiellen Differentialgleichungen zur Jimbo-Miwa-Môri-Sato-Gleichung her und einen mit dem Airy-Operator kommutierenden Differentialoperator.[4]

Die Tracy-Widom-Verteilung fand man auch in anderen Situation der Mathematik und Physik, die auf den ersten Blick nichts mit Zufallsmatrizen zutun haben. Zum Beispiel als Limit von stochastischen partiellen Differentialgleichungen wie der Kardar-Parisi-Zhang (KPZ)-Gleichung[5], als Verteilung der Länge der längsten, aufsteigenden Teilfolge zufälliger Permutationen[3], oder den "Wackel-Umfang" einer Bakterienkolonie.[6] Dieses mysteriöse Phänomen des Auftreten gleicher statistischer Gesetze, zu denen auch das Wignersche Halbkreisgesetz gehört, nennt man Universalität (engl. universality).

Definition

Die Tracy–Widom-Verteilung ist der Grenzwert[7]

wobei den größten Eigenwert des gaußschen unitären Ensemble (GUE) bezeichnet und den Airy-Kernel

eines Operators auf oder äquivalent über die äußere Potenz des Spurklasseoperator:

.

Verbindung zur Painlevé-II-Gleichung

Es gilt

wobei die Hastings-McLeod-Lösung der Painlevé-II-Gleichung

.

ist.

Definition und

Die Tracy-Widom-Verteilungen und lassen sich wie folgt berechnen[7]

und

wobei wie in der Definition für ist.

Einzelnachweise

  1. Craig A. Tracy, Harold Widom: Level-Spacing Distributions and the Airy Kernel. In: Physics Letters B. Nr. 305, 1993, S. 115–118, doi:10.1016/0370-2693(93)91114-3, arxiv:hep-th/9210074.
  2. Deift, P. und Zhou, X.: A steepest descent method for oscillatory Riemann-Hilbert problems. Asymptotics for the MKdV equation. In: The Annals of Mathematics, Vol. 137, No. 2 (Hrsg.): Ann. of Math., vol. 137. Nr. 2, 1993, S. 295–368, doi:10.2307/2946540, arxiv:math/9201261, JSTOR:2946540.
  3. a b J. Baik, P. Deift, K. Johansson: On the distribution of the length of the longest increasing subsequence of random permutations. In: Journal of the American Mathematical Society, vol. 12. Nr. 4, 1999, S. 1119–1178, doi:10.1090/S0894-0347-99-00307-0, arxiv:math/9810105, JSTOR:2646100.
  4. Craig A. Tracy, Harold Widom: Level-Spacing Distributions and the Airy Kernel. In: Physics Letters B. Nr. 305, 1993, S. 115–118, doi:10.1016/0370-2693(93)91114-3, arxiv:hep-th/9210074.
  5. T.Sasamoto, H. Spohn: One-Dimensional Kardar-Parisi-Zhang Equation: An Exact Solution and its Universality. In: American Physical Society APS (Hrsg.): Physical Review Letters, vol. 104. Nr. 23, 2010, doi:10.1103/physrevlett.104.230602, arxiv:1002.1883 [math].
  6. Natalie Wolchover: At the Far Ends of a New Universal Law. In: Quanta Magazine. Simons Foundation, 15. Oktober 2014, abgerufen am 24. September 2021.
  7. a b Greg W. Anderson, Alice Guionnet, Ofer Zeitouni: An Introduction to Random Matrices. Cambridge University Press, 2009.