Torpedofangboot-Klasse Typ A III

Torpedofangboot verbesserter Typ A III
Torpedoboot SMS A 59 des Typs A III von 1916
Torpedoboot SMS A 59 des Typs A III von 1916
Schiffsdaten
LandDeutsches Reich Deutsches Reich
SchiffsartTorpedofangboot
Bauzeitraum1941 bis 1944
Stapellauf des Typschiffes1941
Gebaute Einheiten24
Dienstzeit1941 bis 1966?
Schiffsmaße und Besatzung
Länge62,00 m (Lüa)
Breite6,66 m
Tiefgang (max.)2,18–2,40 m
VerdrängungKonstruktion: 381 t
Maximal: 489 t
 
Besatzung61 Mann (inkl. 1 Offizier)
Maschinenanlage
Maschine2 Turbinensätze
Maschinen­leistung6.500 PS (4.781 kW)
Höchst­geschwindigkeit23,5 kn (44 km/h)
Propeller3
Bewaffnung
  • 2 × 20-mm-Flak
  • Deckslager für 14 Torpedos

Als einzige Schiffsklasse wurden diese Boote eigens als Torpedofangboote für die Kriegsmarine im Zweiten Weltkrieg gebaut. Die Konstruktion basierte auf dem Entwurf der Torpedoboote des Typs A-III aus dem Jahr 1916. Von 1941 bis 1944 wurden 24 Boote auf deutschen und niederländischen Werften hergestellt. Sie fanden bei der Ausbildung von U-Boot-Besatzungen Verwendung, einige der Boote wurden 1945 noch im Geleitdienst eingesetzt.

Entstehung, Bau und technische Daten

Mit der Ausweitung des U-Boot-Krieges und der vermehrten Ausbildung von U-Boot-Besatzungen benötigte die Kriegsmarine zusätzliche Hilfsschiffe, die als Torpedofangboote die Ausbildung unterstützten. Neben bis dahin eingesetzten kleinen Torpedofangbooten kamen zunehmend größere Boote zum Einsatz, insbesondere alte Torpedoboote und Minensuchboote aus dem Ersten Weltkrieg, die für den Fronteinsatz untauglichen Flottenbegleiter sowie erbeutete Torpedoboote und Minensucher aus Polen (siehe Jaskółka-Klasse), Dänemark (siehe Dragen, Hvalen, Laxen), Norwegen (siehe Sleipner-Klasse) und den Niederlanden (siehe Jan-van-Amstel und G 16).[1] Darüber hinaus wurden zusätzliche Boote benötigt, um den steigenden Bedarf zu decken.

Dabei wurde auf den bewährten Entwurf des Torpedoboots vom Typ A III, einem speziellen kleineren T-Boot aus dem Ersten Weltkrieg zurückgegriffen, das als Geleit- und Minensuchboot mit Offensivaufgaben konzipiert worden war. Der A III-Entwurf wurde 1941 leicht modifiziert: Die Abmessungen und Leistungsparameter blieben in etwa gleich, nur wurden die Boote primär für den Transport von Torpedos im Rahmen der Ausbildung verwandt und nicht mehr wie im Ersten Weltkrieg im Seekrieg.[2]

Mit der Ausweitung des U-Boot-Krieges wurden die Torpedofangboote 1942 von der Marineführung sogar auf die höchste Priorität bei Reparaturen und Neubauten gesetzt – zusammen mit den U-Booten und noch vor weiteren leichten Seestreitkräften.[3]

Gebaut wurden insgesamt 24 Boote: TF 1 bis TF 8 wurden 1941 und 1942 auf der Deutschen Werft in Hamburg gebaut. Für die weiteren Neubauten wurden Werften in den besetzten Niederlanden herangezogen: TF9 bis TF 12 bei Nederlandse Scheepsbouw Mij., Amsterdam, TF 13, TF 14, TF 19 und TF 20 bei Rotterdamsche Droogdok Mij., Rotterdam, TF 15 bis TF 18 bei Wilton-Fijenoord, Rotterdam, TF 21 und TF 22 bei C. v. d. Giessen & Zn., Krimpen a.d. IJssel sowie TF 23 und TF 24 bei Nederlandsche Dok Mij., Amsterdam.

Die Boote waren 62,00 Meter lang, 6,66 Meter breit und wiesen einen Tiefgang von 2,18 bis 2,40 Meter auf. Die Konstruktionsverdrängung betrug 386 Tonnen, die maximale 489 Tonnen. Die in Hamburg gebauten Boote TF 1 bis TF 8 hatten zwei Sätze Schichau-Turbinen mit 6.000 PS, die folgenden auf niederländischen Werften gebauten Boote zwei Sätze Werkspoor-Turbinen mit ebenfalls 6.000 PS. Die Turbinen wirkten auf zwei Schrauben und erbrachten eine Höchstgeschwindigkeit von 23,5 Knoten. Die Besatzung bestand aus einem Offizier und 60 Mannschaften. Als Bewaffnung waren zwei 20-mm-Flak installiert, auf dem Deckslager konnten 14 Torpedos untergebracht werden.[4]

Weitere vergrößerte Boote des Typs wurden mit den geplanten Bezeichnungen TF 25 bis TF 39 bei der Schichau-Werft in Königsberg bestellt, aber wieder storniert.[5] Im Rahmen der Vereinheitlichung von Schiffsklassen führte die Kriegsmarine 1943 eine Typenbegrenzung ein. Das neue, in Sektionsbauweise herzustellende Minensuchboot 1943 sollte neben einer Minensuchausführung künftig in Varianten auch Aufgaben als U-Jäger, als Torpedoträger sowie als Torpedofangboot übernehmen und damit Nachfolger dieser Boote werden.[6]

Verwendung der Boote

Ab Ende 1941 wurden die Boote den U-Boot-Schulflottillen in der Ostsee zugeteilt und versahen dort bis kurz vor Kriegsende ihre Aufgabe, verschossene Übungstorpedos zu bergen.[7]

Kurz vor Kriegsende wurden auch Torpedofangboote zum Geleitdienst eingesetzt. Die Boote TF 2, TF 7 und TF 20 wurden zusammen mit den Flottenbegleitern F 2, F 4, F 7, F 8 und F 10 im April 1945 in der 5. Geleitflottille zusammengefasst. Bis Mai 1945 versahen sie bei der Rückführung von Truppen und Zivilbevölkerung aus dem Osten sowie dem Kurland Geleitdienst in der Ostsee.[8]

Darüber hinaus sind weitere Boote ebenfalls im Sicherungsdienst eingesetzt worden. So übernahm TF 10 zusammen mit dem alten Torpedoboot T 196 aus dem Ersten Weltkrieg am 9. Februar 1945 den Geleitschutz für das Passagierschiff Steuben, der mit 2800 verletzten Soldaten, 800 Flüchtlingen und 667 weiteren Personen Pillau verließ und am folgenden Tag von dem sowjetischen U-Boot S-13 versenkt wurde.[9]

Von den 24 Einheiten sanken fünf Boote noch vor Kriegsende. Nach dem Krieg wurden acht Boote beim Deutschen Minenräumdienst eingesetzt[10] und gingen anschließend – wie auch weitere Boote – als Kriegsbeute an die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten. Der weitere Verbleib dieser Boote ist meist unklar.

Liste der Boote

KennungBauwerftStapellaufIndienststellungAnmerkungen, Verbleib[11]
TF 1Deutsche Werft,
Hamburg
.. .. 194115. September 19417. Mai 1945 US-Beute, 2. Mai 1946 im Skagerrak versenkt
TF 2.. .. 19414. November 1941Mai 1945 Deutscher Minenräumdienst, 28. Dezember 1945 sowj. Beute, Als TL 7 in Dienst, 1966 gestrichen
TF 3.. .. 194120. Dezember 19412. Mai 1945 nördlich Gaarder See gestrandet, gehoben und bei Stolpemünde versenkt
TF 427. Juli 19419. März 194227. Dezember 1945 sowj. Beute
TF 5.. .. 194130. März 194220. Juni 1942 nach Kollision mit F 2 gesunken
TF 626. September 194120. April 194218. Juni 1945 bei Munitionslagerexplosion gesunken
TF 7.. .. 194223. Mai 194215. Oktober 1945 Deutscher Minenräumdienst, anschl. verschrottet
TF 8.. .. 194227. Juni 194215. Oktober 1945 Deutscher Minenräumdienst, anschl. verschrottet
TF 9Nederlandse Scheepsbouw Mij.,
Amsterdam
5. Juni 194326. Oktober 194317. September 1945 Deutscher Minenräumdienst, 16. März 1946 sowj. Beute, als TL 6 in Dienst, ca. 1965 gestrichen
TF 1010. Juli 194327. November 1943Mai 1945 im Schlepp bei Pillau gesunken
TF 112. August 194317. Januar 194413. August 1944 bei sowj. Luftangriff bei Nidden versenkt
TF 122. Oktober 194322. März 1944Mai 1945 selbstversenkt
TF 13Rotterdamsche Droogdok Mij.,
Rotterdam
18. September 19438. Januar 1944Mai 1945 selbstversenkt
TF 1410. November 19434. März 1944Mai 1945 selbstversenkt
TF 15Wilton-Fijenoord,
Rotterdam
.. .. 194315. Oktober 1943Juli 1945 Deutscher Minenräumdienst, 17. Dezember 1945 sowj. Beute, als TL 3 in Dienst, ca. Juni 1965 gestrichen
TF 16.. .. 194315. Dezember 1943Mai 1945 selbstversenkt
TF 17.. .. 194324. Februar 1944Juli 1945 Deutscher Minenräumdienst, 17. Dezember 1945 sowj. Beute, als TL 4 in Dienst, ca. 1965 gestrichen
TF 18.. .. 194425. Juni 1944evtl. 24. November 1944 durch Mine in der Mecklenburger Bucht versenkt, gehoben und 30. November 1944 erneut gesunken
TF 19Rotterdamsche Droogdok Mij.,
Rotterdam
27. Mai 19439. Oktober 1943Mai 1945 selbstversenkt
TF 2029. Juli 194319. November 19431945 US-Beute, September 1945 Deutscher Minenräumdienst, 14. November 1947 US-Marine, anschl. an Niederlande
TF 21C. v. d. Giessen & Zn.,
Krimpen aan den IJssel
14. Mai 194321. Oktober 194318. Juni 1945 Explosion Munitionslager Flensburg, stark beschädigt, ausgeschlachtet und abgewrackt
TF 228. Juli 194321. Oktober 194318. Juni 1945 Explosion Munitionslager Flensburg, stark beschädigt, ausgeschlachtet und abgewrackt
TF 23Nederlandsche Dok Mij.,
Amsterdam
3. Juli 194315. November 19431945 US-Beute, weiteres Schicksal unklar
TF 2414. August 19435. Februar 19441945 US-Beute, September 1945 Deutscher Minenräumdienst, 12. Dezember 1945 sowj. Beute

Literatur

  • Erich Gröner, Dieter Jung, Martin Maass: Die deutschen Kriegsschiffe 1815–1945, Bd. 2: Torpedoboote, Zerstörer, Schnellboote, Minensuchboote, Minenräumboote. Bernard & Graefe Verlag, Koblenz 1983, ISBN 3-7637-4801-6.
  • Erich Gröner, Dieter Jung, Martin Maass: Die deutschen Kriegsschiffe 1815–1945, Bd. 5: Hilfsschiffe II: Lazarettschiffe, Wohnschiffe, Schulschiffe, Forschungsfahrzeuge, Hafenbetriebsfahrzeuge. Bernard & Graefe Verlag, Koblenz 1988, ISBN 3-7637-4804-0.
  • Heinz Ciupa, Die deutschen Kriegsschiffe 1939–1945. VPM Verlagsunion Pabel Moewig KG, o. O., o. J., ISBN 3-8118-1409-5.
  • Boris V. Lemachko, Siegfried Breyer: Deutsche Schiffe unter dem Roten Stern. Das Schicksal der 1945/46 von der Sowjetunion übernommenen Schiffe und Boote der ehemaligen deutschen Kriegsmarine, Marine-Arsenal Sonderheft Band 4. Podzun-Pallas-Verlag, Friedberg 1992, ISBN 3-7909-0444-9 (mit Foto von TF 2).
  • H. T. Lenton: German Warships of the Second World War. Macdonald and Jane’s, London 1976, ISBN 0-356-04661-3.
  • Guntram Schulze-Wegener: Die deutsche Kriegsmarine-Rüstung 1942–1945. Verlag E.S. Mittler, Hamburg 1997, ISBN 3-8132-0533-9.

Einzelnachweise

  1. vgl. Gröner, Bd. 5, S. 161f.
  2. Gröner, Bd. 2, S. 38, Bd. 5, S. 158
  3. Schulze-Wegener, S. 44
  4. Gröner, Bd. 5, S. 158
  5. Gröner, Bd. 5, S. 158–160
  6. Schulze-Wegener, S. 175, vgl. Gröner, Bd. 2, S. 182
  7. Ciupa, S. 94, Übersicht U-Boot-Schulflottillen: http://uboat.net/flotillas/
  8. http://www.wlb-stuttgart.de/seekrieg/km/geleitflottillen.htm#Ostsee
  9. http://www.wlb-stuttgart.de/seekrieg/45-02.htm
  10. vgl. http://www.wlb-stuttgart.de/seekrieg/minen/dmrl.htm
  11. Gröner Bd. 5, S. 158f., TF 7 und TF 8 ergänzend: Ciupa, S. 94, TF 2, TF 9, TF15 und TF17 ergänzend: Lemachko, Breyer, S. 43

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