Timothy Bromage

UR 501 (Original), das zweitälteste bekannte Fossil der Gattung Homo

Timothy George Bromage (* Januar 1954) ist ein US-amerikanischer Paläoanthropologe und seit 2004 Professor am Department of Biomaterials and Biomimetics am College of Dentistry der New York University.

Gemeinsam mit seinem deutschen Kollegen Friedemann Schrenk leitet er seit 1983 das Hominiden-Korridor-Projekt in Malawi, das im Bereich des Malawi-Rift insbesondere zahlreiche neue, bis zu fünf Millionen Jahre alte, pliozäne und pleistozäne Fossilien-Fundstellen erschloss. Das bedeutendste von seiner Forschergruppe entdeckte Fossil ist ein 1991 bei Uraha geborgener Unterkiefer mit der Archivnummer UR 501, der Homo rudolfensis zugeschrieben wurde und mit einem Alter von 2,4 Millionen Jahren – nach dem Unterkiefer-Fragment LD 350-1 – als der zweitälteste bislang bekannte Nachweis für ein Individuum der Gattung Homo gilt. 2009 fand sein Team in Malawi ferner den 2,5 Millionen Jahre alten Zahn MR 1106, der ebenfalls einem Individuum der Gattung Homo zugeschrieben wurde.[1] Dieser Zahn wurde unweit eines gleich alten Fossils von Paranthropus entdeckt und belegte erstmals, dass beide Arten zur gleichen Zeit am gleichen Ort in Afrika lebten.

Bromage und Schrenk sind mitverantwortlich für die Gründung des Cultural and Museum Centre Karonga in Malawi.[2]

Leben und Forschung

Tim Bromage schloss sein Studium der Anthropologie, Biologie und Geologie 1978 an der Sonoma State University mit dem Bachelor-Grad ab. Danach wechselte er an die University of Toronto, wo er insbesondere Humangenetik und Verhaltenswissenschaften studierte und 1980 den Magister-Grad im Fach Anthropologie erwarb. 1986 erwarb er in Toronto im gleichen Fach den Doktorgrad: In seiner Doktorarbeit hatte er u. a. Methoden entwickelt, um aus fossilen Knochen und Zähnen Informationen zum Wachstum dieser Organe zu gewinnen und um so auch auf das Lebensalter ihrer ehemaligen Besitzer schließen zu können; erste Ergebnisse hatte Bromage bereits 1985 in der Fachzeitschrift Nature publiziert.[3]

Seit dieser Zeit beschäftigt sich Bromage insbesondere mit der Frage, wie man aus den Fossilien Hinweise auf die Lebensumstände, auf Ernährungsgewohnheiten und das Klima zu Lebzeiten ihrer früheren Besitzer, gewinnen kann. Er entdeckte u. a., dass der lamellenartige Aufbau von Knochen Rückschlüsse auf die Wachstumsgeschwindigkeit und somit auf die individuelle Lebensgeschichte zulässt. Er betreibt eine Datenbank, in der Informationen zum Stoffwechsel und zum Knochenbau der heute lebenden Menschenaffen einschließlich des Menschen gesammelt werden, mit dem Ziel, diese Daten später in Beziehung zu Merkmalen von Fossilien setzen zu können. Ein Ergebnis dieser Forschung ist 2008 die Entdeckung einer biologischen Uhr,[4] die Prozesse wie Nahrungsaufnahme und Schlafrythmen von Säugetieren steuert.

2010 wurde ihm zusammen mit Michael Tomasello der Max-Planck-Forschungspreis für evolutionäre Anthropologie zugesprochen.[5]

Gemeinsam mit Friedemann Schrenk arbeitet Bromage daran, mit „Paleobiomics“ ein neues akademisches Fach zu begründen, in das neben der traditionellen Paläoanthropologie alle Fachgebiete integriert werden sollen, die den Lebensraum der Frühmenschen (das ‚Paläobiom‘) beschreiben.[6]

Seit 2016 arbeitet Bromage an der Etablierung neuer Messtechniken für Trinkwasserqualität und bietet online eine Weltkarte zur Einsicht von Messergebnissen an. Argumentiert wird damit, dass lediglich ein Bruchteil der chemischen Elemente, die in Wasser vorkommen können, gesetzlich reguliert und dadurch zwangsläufig Gesundheitsrisiken übersehen werden. Die Maßnahme ist Teil des Metabolic Ecology Field Project.[7]

2015 wurde er zum Fellow der American Association for the Advancement of Science gewählt.[8]

Buchveröffentlichung

  • mit Friedemann Schrenk: Adams Eltern. Expeditionen in die Welt der Frühmenschen. C. H. Beck, München 2002, ISBN 3-406-48615-0.

Weblinks

Belege

  1. Das Fossil Paranthropus MR 1106. Auf: paleobiomics.org, abgerufen am 28. Mai 2017.
  2. Cultural and Museum Centre Karonga.
  3. Timothy G. Bromage, M. Christopher Dean: Re-evaluation of the age at death of immature fossil hominids. In: Nature. Band 317, 1985, S. 525–527, doi:10.1038/317525a0.
  4. The circadian clock modulates enamel development. (Memento vom 15. März 2017 im Internet Archive)
  5. Max-Planck-Gesellschaft (Memento vom 22. November 2010 im Internet Archive): „Er forscht daran, wie sich Lebensumstände des frühen Menschen aus der Struktur von Knochen und Zähnen ablesen lassen.“
  6. „Unsere Wissenschaft ist unreif.“ Auf: fr-online.de vom 10. Juli 2010.
  7. Metabolic Ecology Field Project.
  8. 2015 AAAS Fellows Recognized for Contributions to Advancing Science. Auf: aaas.org vom 16. November 2015.

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Autor/Urheber: Gerbil, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Hominid Corridor Research Project (HCRP): fossiler Unterkiefer HCRP-UR 501 = Homo rudolfensis (Original), geborgen durch den deutschen Paläoanthropologen Friedemann Schrenk in Uraha, Malawi