Thomas Schäfer (Politiker, 1966)

Thomas Schäfer (2019)

Thomas Schäfer (* 22. Februar 1966 in Hemer; † 28. März 2020 bei Hochheim am Main) war ein deutscher Jurist und Politiker (CDU). Vom 31. August 2010 bis zu seinem Tod war er hessischer Finanzminister.

Leben

Thomas Schäfer wuchs in Biedenkopf im Hessischen Hinterland auf und besuchte dort bis zum Abitur 1985 die Lahntalschule und war dort Schulsprecher.[1] Nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann bei der örtlichen Sparkasse absolvierte Schäfer ein Studium der Rechtswissenschaften an der Philipps-Universität Marburg. 1997 legte Schäfer sein zweites Staatsexamen ab. Von 1995 bis 1998 lehrte er als Dozent für Privates und Öffentliches Recht an der Deutschen Angestellten-Akademie in Marburg.

Nach erfolgter Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und damit verbundener Tätigkeit als Syndikus bei der Commerzbank in Frankfurt am Main wurde Thomas Schäfer 1999 mit einer Arbeit über plebiszitäre Elemente in der hessischen Gemeindeordnung[2] bei Werner Frotscher zum Dr. jur. promoviert.

In jungen Jahren war er Handballtorwart und -trainer beim TV Biedenkopf.[3] In Dharamsala begegnete er auf einer Indienreise dem Dalai Lama.

Schäfer war verheiratet und Vater einer Tochter und eines Sohnes. Er lebte in seiner Heimatstadt Biedenkopf und dem Wiesbadener Stadtteil Mainz-Kostheim. Am 28. März 2020 beging Schäfer bei Hochheim am Main Suizid;[4][5][6] es habe einen Abschiedsbrief gegeben.[7] Die Beisetzung erfolgte auf dem Friedhof seines Wohnortes Kostheim.[8]

Politik

Erste Kabinettssitzung der neuen schwarz-grünen Koalition auf Landesebene in Hessen am 18. Januar 2014

Thomas Schäfer trat 1980 mit 14 Jahren in die Junge Union ein. Von 1985 bis 1999 gehörte er deren Landesvorstand an. 1985 bis 2006 war er Mitglied der Stadtverordnetenversammlung in Biedenkopf; von 1997 bis 2003 als Vorsitzender der CDU-Fraktion. Mit dem Regierungswechsel 1999 in Hessen übernahm Schäfer die Leitung des Ministerbüros des hessischen Justizministers Christean Wagner. Von Mai 2002 bis Oktober 2005 war er Leiter der Grundsatzabteilung der hessischen Staatskanzlei und des Büros des Ministerpräsidenten Roland Koch. Von November 2005 bis Februar 2009 war Schäfer Staatssekretär im hessischen Justizministerium unter Minister Jürgen Banzer.

Nach der vorgezogenen hessischen Landtagswahl 2009 wurde er im Februar 2009 unter Karlheinz Weimar zum Staatssekretär im Hessischen Finanzministerium ernannt. In der Zeit der staatlichen Rettungsbemühungen für den von der Finanzkrise angeschlagenen Automobilhersteller Opel mit Stammsitz im hessischen Rüsselsheim wurde Schäfer als Koordinator der vier Bundesländer mit Opel-Standorten tätig. Nach dem Rücktritt von Roland Koch und der Kabinettsumbildung durch den neuen Ministerpräsidenten Volker Bouffier im August 2010 wurde Thomas Schäfer am 31. August als hessischer Finanzminister vereidigt. Ab Januar 2014 gehörte er auch dem Hessischen Landtag an.

Von 1990 bis 2012 war Schäfer Kreistagsabgeordneter im Landkreis Marburg-Biedenkopf. Von 2002 bis 2013 war er stellvertretender Kreisvorsitzender in einer Jamaika-Koalition und ab 2013 Kreisvorsitzender der CDU Marburg-Biedenkopf. Ab 2008 gehörte Schäfer dem Landesvorstand der CDU Hessen an. Ab April 2011 nahm er wieder sein Mandat in der Stadtverordnetenversammlung in Biedenkopf wahr, legte es jedoch im Februar 2012 nieder. Am 16. November 2012 legte er nach 22 Jahren auch das Kreistagsmandat nieder. Hintergrund war der Abschluss eines Konsolidierungsvertrages mit dem Land Hessen nach dem Schutzschirmgesetz. Da das hessische Finanzministerium demnach auch Aufgaben der Kommunalaufsicht übernahm, wollte er Interessenskonflikte vermeiden.

Bei der Landtagswahl in Hessen 2013 bewarb sich Schäfer im Wahlkreis Marburg-Biedenkopf I erstmals um ein Abgeordnetenmandat. Er unterlag knapp gegen Angelika Löber (SPD). Ihm gelang jedoch der Einzug in den Landtag über einen Listenplatz seiner Partei. Fünf Jahre später obsiegte er im Wahlkreis mit einem Vorsprung von rund 4300 Stimmen.[9] Dabei erreichte er mit sieben Prozentpunkten mehr Erst- als Zweitstimmen den landesweit höchsten Überhang an persönlichen Stimmen. Er galt als wahrscheinlichster Nachfolger für Volker Bouffier als CDU-Kandidat für das Amt des hessischen Ministerpräsidenten.[10] Nach seinem Tod rückte Horst Falk für ihn in den Landtag nach. Nachfolger als Minister wurde Michael Boddenberg.

Sonstige Ämter

Ab 2005 war Schäfer als Mitbegründer ehrenamtliches Vorstandsmitglied der Stiftung „Leben mit Krebs“, und ab 2011 gehörte er dem Stiftungsrat der Stiftung Lebendige Stadt an.

Im Rahmen seiner Tätigkeit als Minister gehörte Schäfer verschiedenen Aufsichtsgremien an, beispielsweise dem Verwaltungsrat der Landesbank Hessen-Thüringen, dem Aufsichtsrat der Messe Frankfurt und den Aufsichtsräten von Lotto Hessen und der Flughafengesellschaft Kassel-Calden als Vorsitzender.

Kabinette

  • Als Staatssekretär: Kabinette Koch II für Justiz (2005–2009) und Koch III für Finanzen (2009–2010).
  • Als Finanzminister: Kabinette Bouffier I, II und III (2010–2020).

Ehrungen

Auf Beschluss der Stadtverordnetenversammlung im November 2021[11] wurde eine kleine Grünanlage, der ehemalige Maibaumplatz in Schäfers Heimatstadt Biedenkopf, im Mai 2022 in Dr.-Thomas-Schäfer-Platz umbenannt.[12] Aufgrund des gleichen Beschlusses – und mit Zustimmung des Landkreises als Eigentümer – erfolgte im Februar 2023 die feierliche Umbenennung der Sporthalle der Grundschule Biedenkopf zur Dr.-Thomas-Schäfer-Sporthalle.[13][14]

Außerdem wurde er Ende Februar 2023 posthum zum Ehrenvorsitzenden der CDU Marburg-Biedenkopf ernannt.[15]

Weblinks

Commons: Thomas Schäfer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Schäfer: Ein Torwart mit Finanzaffinität, Oberhessische Presse, 10. Oktober 2018
  2. Werner D'Inka: Nachruf auf Thomas Schäfer - „Mein Verhältnis zum lieben Gott ist geklärt“. In: faz.net. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, 28. März 2020, abgerufen am 26. Februar 2023.
  3. „Schon jetzt fehlt er“, welt.de, 29. März 2020.
  4. Wiesbaden – Polizeipräsidium Westhessen: Hessens Finanzminister Schäfer tot aufgefunden. In: Presseportal. 28. März 2020, abgerufen am 29. März 2020.
  5. Hessischer Finanzminister Thomas Schäfer tot. In: hessenschau.de. 28. März 2020, abgerufen am 28. März 2020.
  6. Thomas Schäfer fehlt-Vor einem Jahr starb der Finanzminister und Bouffier-Kronprinz, Frankfurter Rundschau,
  7. Jasper von Altenbockum: Von den Sorgen erdrückt?, Frankfurter Allgemeine Zeitung,
  8. Ewald Hetrodt: Trauer um Finanzminister Schäfer - Suche nach dem richtigen Gedenken. In: faz.net. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, 26. August 2020, abgerufen am 26. Februar 2023.
  9. LTW 2018 Wahlkreisstimmen WK12 - Marburg-Biedenkopf I – Endergebnis.
  10. Tobias Rösmann: Finanzminister Thomas Schäfer. Dröhnend und sensibel. In: FAZ.NET 28. März 2020.
  11. Vorgang VL-215/2021: Straßenbenennung Dr. Thomas Schäfer. In: Ratsinformationssystem der Stadt Biedenkopf. November 2021, abgerufen am 5. Mai 2022.
  12. Sascha Valentin: Biedenkopf gedenkt Thomas Schäfer, Oberhessische Presse, 4. Mai 2022, S. 8.
  13. Umbenennung: Dr.-Thomas-Schäfer-Sporthalle in Biedenkopf. HSG Hinterland, 19. Februar 2023, abgerufen am 26. Februar 2023.
  14. Hartmut Bünger: Sporthalle trägt nun Thomas Schäfers Namen. In: mittelhessen.de. Mittelhessen GmbH & Co KG, 25. Februar 2023, abgerufen am 26. Februar 2023.
  15. Hartmut Bünger: CDU ernennt Thomas Schäfer posthum zum Ehrenvorsitzenden. In: mittelhessen.de. VRM Mittelhessen GmbH & Co KG, 27. Februar 2023, abgerufen am 4. März 2023.

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MJK 42988 Thomas Schäfer (Hessischer Landtag 2019).jpg
Autor/Urheber: Martin Kraft, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Thomas Schäfer, Hessischer Finanzminister, MdL der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag, Wiesbaden, 3. April 2019
Erste Sitzung Kabinett Bouffier II-03.jpg
(c) Martin Kraft, CC BY-SA 3.0 de
Die erste Kabinettssitzung des Kabinetta Bouffier II der schwarz-grünen Koalition in Hessen am 18.01.2014 im Hessischen Landtag