Target Controlled Infusion

Target Controlled Infusion (TCI) bezeichnet die zielgerichtete Infusion von Arzneimitteln unter Verwendung von mikrochipgesteuerten Spritzenpumpen. Somit sorgt die TCI für einen konstanten, benutzerdefinierten Plasmaspiegel.[1]

Pharmakologie

Bei intravenösen Anästhetika und Opioiden wird ein Drei-Kompartiment Modell genutzt. Ein Vorläufer des Drei-Kompartiment Modell ist das BET-Schema.[2]

Dieses Schema gliedert sich in 3 pharmakologische Abläufe:[2]

  1. Bolus: hier wird ein initialer Bolus, zum Erreichen der gewünschten Konzentration, appliziert[2]
  2. Elimination: um diese Konzentration aufrechtzuerhalten, wird das verwendete Medikament kontinuierlich appliziert[2]
  3. Transfer: aufgrund der kontextsensitiven Halbwertszeit, wird die Infusionsrate exponentiell reduziert[2]
    • mit letzteren soll eine Kumulation vermieden werden

Dieses Modell kommt auch bei der TCI zum Einsatz.[2]

Kontextsensitive Halbwertszeit

Bei der Wahl des Arzneimittels muss ganz besonders auf die kontextsensitive Halbwertszeit des Medikaments geachtet werden.

Verwendung der Target Controlled Infusion

Ziel der TCI ist, die Plasmakonzentration eines bestimmten Arzneimittels im Körper aufrechterhalten. Hierbei definiert der Arzt das gewünschte Ziel.

Ziele können folgende sein:

Die TCI wird besonders für Narkosetechniken verwendet, bei denen ab einem gewissen Plasmaspiegel mit ausreichender Analgesie und Narkose zu rechnen ist und unter einem gewissen Plasmaspiegel mit dem Erwachen der Patienten gerechnet werden kann.[1] Bei solchen Narkosen handelt es sich um totale intravenöse Anästhesien (TIVA) mit intravenösen Hypnotika (Propofol, Etomidat oder Barbituraten), Ketamin, Midazolam und unterschiedlichen Opioiden.[1][3]

Das Drei-Kompartiment-Modell

Das Drei-Kompartiment-Modell besteht aus drei einzelnen Teilen, den sogenannten Kompartimenten. Diese Kompartimente bestehen aus Verteilungsvolumina, welche V1, V2 und V3 heißen.

  1. V1 ist das erste Verteilungsvolumen und ist definiert als der Blutkreislauf bzw. die Blutbahn. Dieses Kompartiment wird direkt und am schnellsten nach Applikation erreicht.
  2. V2 ist das zweite Verteilungsvolumen und ist definiert als das schnelle periphere Gewebe, z. B. Muskelgewebe.[4] Wie der Name schon vermuten lässt, wird dieses Kompartiment etwas langsamer als das erste Verteilungsvolumen erreicht.
  3. V3 ist das dritte Verteilungsvolumen und ist definiert als das langsame periphere Gewebe, z. B. Fettgewebe.[4] Dieses Kompartiment wird als letztes erreicht.

Die verschiedenen Transfers zwischen den einzelnen Kompartimenten (V1 zu V2 und V1 zu V3) sind bilateral miteinander verbunden. Die Besdonerheit des Drei-Kompartiment-Modells ist, dass die Elimination in nur einem Verteilungsvolumen bzw. Kompartiment (Vq) stattfindet. Das Prinzip, dass die Elimination nur in dem zentralen Kompartiment (V1) stattfindet und die beiden peripheren Kompartimente keine zueinander führenden Transferkonstanten aufweisen, nennt man Mammillär.[5]

Sobald alle drei Verteilungsvolumina vollständig aequilibriert sind, geht man von einem "steady state" aus.[5]

Nutzung der "Effect Side" bei der Target Controlled Infusion

Da die Wirkung eines Medikaments erst kurze Zeit später zu erkennen ist, geht man mittlerweile von einer "Effect Side" aus. Bei der "Effect Side" handelt es sich nicht um ein weiteres virtuelles Kompartiment, sondern viel mehr um einen Bestandteil des gesamten Modells. Die "Effect Side" stellt somit den Wirkort des Arzneimittels dar. Die genaue Position der "Effect Side" innerhalb der Kompartimente ist in gegebenen Quellen nicht definiert.[5][6] Die Zeit, bis ein Arzneimittel die maximale Konzentration erreicht hat, wird als time to peak bezeichnet. Die time to peak korreliert mit der Konzentration des Arzneimittel in den drei Kompartimenten.

Man konnte nachweisen, dass die gewünschte Wirkung des Medikaments, und somit auch die Konzentration an der "Effect Side", genauer war, wenn die "Effect Side" "angepeilt" wurde[6].     

Arzneimittel

Opioide

Auch wenn die Anzahl an Hypnotika und Opioiden und Deutschland sehr hoch ist, werden "routinemäßig" hierfür Opioide wie Fentanyl sowie Fentanylderivate (Remifentanil, Sufentanil o. ä.) eingesetzt.

Hypnotikum

Da das "Standardhypnotikum" eines Anästhesisten Propofol ist, wird hier überwiegend Propofol benutzt. Trotzdem können natürlich auch andere Hypnotika verwendet werden. Um eine sichere Anästhesie gewährleisten zu können, bietet sich hier oft eine TCI an.

Benzodiazepine

In der Regel werden Benzodiazepine als Bolus appliziert. Gerade wenn man sich die veröffentlichte Tabelle (kontextsensitive Halbwertszeit) dazu anschaut, merkt man schnell, dass ein Einsatz von Benzodiazepinen hier eher weniger Sinn ergibt.

Literatur

  • S. Schraag, J. Flaschar, M. Georgieff: Target Controlled Infusion (TCI) – Stellenwert und klinische Perspektiven. In: Anasthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther. 35(1), Jan 2000, S. 12–20. PMID 10689517

Einzelnachweise

  1. a b c Wilhelm, Wolfram.: Praxis der Anästhesiologie. Berlin, ISBN 978-3-662-54568-3.
  2. a b c d e f Praxis der Anästhesiologie konkret - kompakt - leitlinienorientiert. Auflage 2018. Berlin, Heidelberg, ISBN 978-3-662-54568-3.
  3. a b c d e Werner, Christian., Zwißler, Bernhard.: Die Anästhesiologie. 4th ed Auflage. Springer, Berlin, Heidelberg 2019, ISBN 978-3-662-54507-2.
  4. a b Praxis der Anästhesiologie konkret - kompakt - leitlinienorientiert. Auflage 2018. Berlin, Heidelberg 2018, ISBN 978-3-662-54568-3.
  5. a b c Christian Werner, Bernhard Zwißler: Die Anästhesiologie. 4th ed Auflage. Band 1. Springer, Berlin, Heidelberg 2019, ISBN 978-3-662-54507-2, S. 224.
  6. a b J. Bruhn, H. Röpcke, T. Bouillon: Target-Controlled Infusion (TCI): Die Verabreichung intravenöser Anästhetika mit computergestuerten Spritzenpumpen. In: Die Anästhesiologie & Intensivmedizin. DIOmed-Verkags GmbH, 2002, S. 547–557, abgerufen am 4. September 2021.