Straßenradsport-Weltmeisterschaften 1968

Die Straßenradsport-Weltmeisterschaften 1968 fanden am 31. August und 1. September für Profi-Rennfahrer und Frauen im italienischen Imola statt. Die den Amateuren vorbehaltenen olympischen Disziplinen, Mannschaftszeitfahren und Amateur-Einzelrennen wurden am 7. und 10. November in Montevideo, Uruguay, ausgetragen.

Renngeschehen

Imola

Am Profi-Rennen in Italien nahmen 84 Starter teil, von denen nur 19 das Ziel erreichten. Der Rest musste den drei „giftigen Steigungen“ (Boelsen) auf der 277,3 Kilometer langen Strecke Tribut zollen. Gefahren wurde ein Rundkurs von 15,406 Kilometern Länge. Am Abend vor dem Rennen hatte Jacques Anquetil versucht, eine „Anti-Merckx-Front“ aufzubauen. Die geplante Sonderbewachung erübrigte sich im Laufe des Rennens, da in einer achtköpfigen Ausreißergruppe Mannschaftskollegen von Merckx waren, darunter der spätere Weltmeister Vittorio Adorni, den Merckx ziehen ließ, da Adorni ihm den Sieg beim Giro d’Italia 1968 ermöglicht hatte. In der 13. Runde konnte sich Adorni absetzen, fuhr ein 75 Kilometer langes Solo und gewann mit einem Vorsprung von über neun Minuten, der deutlichste Vorsprung bei einer WM seit 1928. Für seinen Sieg hatte er eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 38,9 km/h zu bewältigen. Von acht deutschen Startern kamen nur Rudi Altig (12.) und Karl-Heinz Kunde (13.) ins Ziel. Vor heimischem Publikum platzierten sich fünf italienische Fahrer unter den ersten sechs.

Die Frauen hatten auf einem fünf Kilometer langen Rundkurs elf Runden zu absolvieren und hatte mit glühender Hitze und böigem Wind zu kämpfen. Die niederländische Studentin Keetie van Oosten-Hage, die wenige Tage zuvor die Bronzemedaille bei der Bahn-WM im 3000-m-Verfolgungsfahren gewonnen hatte, erkämpfte sich den Straßen-WM-Titel im Spurt vor der sowjetischen Fahrerin Bajba Tsaune. Oosten-Hage hatte die 55,2-Kilometer-Strecke in 36,8 km/ha zurückgelegt. Die DDR-Fahrerin Hannelore Mattig stürzte 1000 Meter vor dem Ziel, das sie erst als 18. erreichte.

Montevideo

Die Amateur-Wettbewerbe in Montevideo waren die ersten Rad-Weltmeisterschaften, die in Südamerika stattfanden. Die Trennung der Wettbewerbe hatte praktische Gründe: Wegen der Olympischen Spiele in Mexiko im Oktober und der damit verbundenen längeren Anreise nach Mittelamerika hatte man diese Lösung gewählt. Das Straßenrennen fand dem auf 20 Kilometer langen Carrasco-Rundkurs statt, der flach, aber sehr windig war. Im Einzelrennen starteten 53 Fahrer aus zwölf Nationen. Es gewann im Spurt der 24-jährige Italiener Vittorio Marcelli mit einem Stundenmittel von 40 km/h. Mit dem Italien-Vierer war er zuvor beim Mannschaftszeitfahren Dritter geworden. Vizeweltmeister wurde der Brasilianer Luis Carlos Florès vor dem schwedischen Mannschaftsweltmeister Erik Pettersson.

Das schwedische Team mit den vier Pettersson-Brüdern hatte die Weltmeisterschaft im Mannschaftszeitfahren nach 1967 zum zweiten Mal gewonnen. Überraschender Zweiter wurde die Schweizer Mannschaft vor den Italienern.

Bei beiden Wettbewerben waren weder ost- noch westdeutsche Sportler am Start. Die DDR-Sportführung hatte schon bei den Olympischen Spielen ihre Straßenfahrer vom Einzelrennen zurückgezogen, nach dem der Straßenvierer enttäuschend nur 13. geworden war. Wegen der fehlenden deutschen Präsenz gab es in den deutschen Medien nur eine spärliche WM-Berichterstattung.

Ergebnisse

Imola

1. September, Frauen (55,2 km)
PlatzAthletinLandZeit
1Keetie van Oosten-HageNiederlande NED1:29:06 h
2Bajba TsauneSowjetunion 1955 URS?
3Morena TartagniItalien ITA?
4Elsy JacobsLuxemburg LUXalle ?
5Audrey McElmuryVereinigte Staaten USA
6Thea SmuldersNiederlande NED
7Nina TrofimowaSowjetunion 1955 URS
8Emilija SonkaSowjetunion 1955 URS
9Nicole Van Den BroeckBelgien BEL
10Ljubow SadoroschnajaSowjetunion 1955 URS
11Anna KonkinaSowjetunion 1955 URS
12Carla BosioItalien ITA
13Beryl BurtonVereinigtes Konigreich GBR
14Bernadette SwinnertonVereinigtes Konigreich GBR
15Elisabetta MaffeisItalien ITA
16Jacky BarbedetteFrankreich FRA
17Maria CressariItalien ITA
18Hannelore MattigDeutschland Demokratische Republik 1949 GDR
19Hennie Faber-HondeveldNiederlande NED
20Irma JussilaFinnland FIN
1. September, Profis (277,3 km)
PlatzAthletLandZeit
1Vittorio AdorniItalien ITA7:27:39 h
2Herman Van SpringelBelgien BEL+ 09:50 min
3Michele DancelliItalien ITA+ 10:18 min
4Franco BitossiItalien ITAalle
+ 10:18 min
5Vito TacconeItalien ITA
6Felice GimondiItalien ITA
7Raymond PoulidorFrankreich FRA
8Eddy MerckxBelgien BEL
9Jean JourdenFrankreich FRA
10Lucien AimarFrankreich FRA
11Jacques AnquetilFrankreich FRA
12Rudi AltigDeutschland GER+ 11:07 min
13Karl-Heinz KundeDeutschland GER+ 12:05 min
14Gianni MottaItalien ITA+ 12:07 min
15Rik Van LooyBelgien BEL+ 12:07 min
16Joaquim AgostinhoPortugal POR+ 15:25 min
17Johny SchleckLuxemburg LUX+ 18:10 min
18Harry SteevensNiederlande NED+ 20:00 min
19Louis PfenningerSchweiz SUI+ 20:00 min

Montevideo

7. November,
Mannschaftszeitfahren (95 km)
PlatzLandAthletZeit
1Schweden SWEErik Pettersson/Gösta Pettersson/
Sture Pettersson/Tomas Pettersson
1:54:48 h
2Schweiz SUIBruno Hubschmid/Robert Thalmann/
Walter Bürki/Erich Spahn
2:01:20 h
3Italien ITAVittorio Marcelli/Flavio Martini/
Giovanni Bramucci/Benito Pigato
2:02:05 h
10. November, Männer:
Amateur-Einzelrennen (200,0 km)
PlatzAthletLandZeit
1Vittorio MarcelliItalien ITA5:00:24 h
2Luis Carlos FlorèsBrasilien 1968 BRA5:00:24 h
3Erik PetterssonSchweden SWE5:00:24 h
4Martin RodriguezKolumbien COLalle
5:00:24 h
5Mogens FreyDanemark DEN
6Flavio MartiniItalien ITA
7Verner BlaudzunDanemark DEN
8Arturo MartinezChile CHI
9Constantino ContiItalien ITA
10Giovanni BramucciItalien ITA
0

Literatur

  • Helmer Boelsen: Die Geschichte der Rad-Weltmeisterschaft, Bielefeld 2007, S. 108, ISBN 978-3-936973-33-4
  • Deutsches Sportecho, September/November 1968
  • Radsport, August/September/November 1968

Siehe auch

Auf dieser Seite verwendete Medien

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(c) I, Cmapm, CC BY-SA 3.0
The flag of the Soviet Union (1955-1991) using a darker shade of red.
Schematic of the flag as adopted in 1955.
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(c) I, Cmapm, CC BY-SA 3.0
The flag of the Soviet Union (1955-1991) using a darker shade of red.
Schematic of the flag as adopted in 1955.
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Flagge des Vereinigten Königreichs in der Proportion 3:5, ausschließlich an Land verwendet. Auf See beträgt das richtige Verhältnis 1:2.
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Flagge des Vereinigten Königreichs in der Proportion 3:5, ausschließlich an Land verwendet. Auf See beträgt das richtige Verhältnis 1:2.
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Flagge Portugals, entworfen von Columbano Bordalo Pinheiro (1857-1929), offiziell von der portugiesischen Regierung am 30. Juni 1911 als Staatsflagge angenommen (in Verwendung bereits seit ungefähr November 1910).
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Die quadratische Nationalfahne der Schweiz, in transparentem rechteckigem (2:3) Feld.
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Flag of Brazil (1968-1992)
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Flag of Brazil (1968-1992)
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Das Bild dieser Flagge lässt sich leicht mit einem Rahmen versehen