Stickstoffhalogenide

Strukturen der Stickstoffhalogenide
Stickstofftrihalogenide
Pyramidale Struktur der
Stickstofftrihalogenide
Stickstoffwasserstoffhalogenide
Struktur der beiden möglichen
Stickstoff-Wasserstoff-Halogenide:
das zentrale N-Atom jeweils in blau,
die Halogenatome (X) in rot
Distickstofftetrahalogenide
Struktur der Distickstoff-Tetrahalogenide:
die Halogenatome (X) sind jeweils rot,
man beachte die einsamen
Elektronenpaare (in blau)
Distickstoffdihalogenide
Struktur der Distickstoff-Dihalogenide:
hier treten cis/trans-Isomere auf

Stickstoffhalogenide sind binäre Verbindungen des Stickstoff mit Halogenen. Bei den meisten bisher bekannten Vertretern besitzen diese die Zusammensetzung NX3 (mit X = Halogen), es sind aber auch Halogenamine bzw. Halogenidhydride und Verbindungen mit zwei oder drei Stickstoffatomen pro Molekül bekannt.[1][2]

Stickstofftrihalogenide NX3

Die Stickstofftrihalogenide besitzen analog zum Ammoniak (NH3) eine pyramidale Struktur mit 3 gleichwertigen Halogenatomen. Außer dem Stickstofftrifluorid sind diese Stickstoffhalogenide endotherme Verbindungen, die beim Erhitzen oder teils bei Berührung explodieren. Folgende pyramidalen Stickstofftrihalogenide sind bekannt:[3]

Aufsteigend mit dem beteiligten Halogen variieren auch die Stabilität, Farbe und Struktur der Stickstofftrihalogenide:

  • das farblose Fluorid und das gelbe Chlorid bilden relativ stabile Einzelmoleküle, die sich erst beim Erhitzen zersetzen,
  • das äußerst instabile, rote Bromid kann sowohl monomere, als auch polymere Modifikationen ausbilden,
  • das hochexplosive Iodid schließlich liegt nur als schwarzes Polymer vor.[4]

Stickstoffwasserstoffhalogenide

Neben binären Halogeniden wurden auch ebenfalls pyramidal gebaute Stickstoffwasserstoffhalogenide oder Stickstoffhalogenidhydride der Typen NHX2 und NH2X gefunden, die auch als Halogenamine bezeichnet werden.[2] Diese sind keine binären Verbindungen und im strengen Sinne keine Stickstoffhalogenide, werden aber von den meisten Lehrbüchern dennoch zu dieser Gruppe gezählt.[1] Dazu gehören:

Monohalogenamine NH2X

Dihalogenamine NHX2

Höhere Stickstoffhalogenide

Neben den vom Ammoniak abgeleiteten, einfach-pyramidalen Stickstofftrihalogeniden und Halogenaminen existieren auch einige Verbindungen mit zwei oder drei Stickstoffatomen im Molekül. Die Distickstofftetrahalogenide N2X4 sind bipyramidal aufgebaut, ähnlich dem Ethan, wobei jedoch ein Wasserstoffatom durch ein freies Elektronenpaar ersetzt ist bzw. analog zu Hydrazin. Die Distickstoffdihalogenide N2X2 besitzen eine N=N-Doppelbindung und es treten cis-trans-Isomere auf.[2] Die Halogenazide N3X sind Derivate der Stickstoffwasserstoffsäure und besitzen deren Struktur. Die einzig stabile, nicht endotherme Verbindung ist das Distickstofftetrafluorid, alle anderen Verbindungen sind nur bei tiefen Temperaturen darstellbar und empfindlich auf Schlag und Temperaturerhöhung.

Distickstofftetrahalogenide N2X4

Distickstoffdihalogenide N2X2

Halogenazide N3X

Übersicht wichtiger Eigenschaften

Eigenschaften der Stickstoffhalogenide[1]
Stickstoffwasserstoffmonohalogenide
NameMonofluoraminMonochloraminMonobromaminMonoiodamin
Kurzbeschreibungfarbloses Gasfarbloses Gasrotviolette Substanzschwarze Substanz
Entdeckung (Jahr, Person)1988, Minkwitz1923, Marckwand, Wille?1962, Jander
Smp./Sdp. (°C)~ −100 °C (Zers.) / –~ −70 °C, > −110 °C Zers.?> −90 °C Zers.
ΔHf0 (kJ) (=Standardbildungsenthalpie)?390 kJ??
Stickstoffwasserstoffdihalogenide
NameDifluoraminDichloraminDibromaminDiiodamin
Kurzbeschreibungfarbloses Gasgelbes Gasorangefarbene Substanzschwarze Substanz
Entdeckung (Jahr, Person)1931, Ruff1929, Chapin1958, Jander1962, Jander
Smp./Sdp. (°C)−116,4 °C / −23,6 °CZersetzung?> −60 °C Zers.
ΔHf0 (kJ)−67 kJ???
Stickstofftrihalogenide
NameStickstofftrifluoridStickstofftrichloridStickstofftribromidStickstofftriiodid
Kurzbeschreibungfarbloses Gasgelbes Öltiefrote Kristalletiefrote Substanz
Entdeckung (Jahr, Person)1928, Ruff1811, Dulong1975, Jander1990, Klapötke
Smp./Sdp. (°C)−206,8 °C / −129,0 °C−40 °C / 71 °C> −100 °C Explosion> −78 °C Zers.
ΔHf0 (kJ)−125 kJ+ 229 kJ?+ 290 kJ
Distickstofftetrahalogenide
NameDistickstofftetrafluoridDistickstofftetrachloridDistickstofftetrabromid[5]Distickstofftetraiodid[5]
Kurzbeschreibungfarbloses Gas?
Entdeckung (Jahr, Person)1957, Colburn?
Smp./Sdp. (°C)−164,5 °C / −73 °C?
ΔHf0 (kJ)??
Distickstoffdihalogenide
NameDistickstoffdifluoridDistickstoffdichloridDistickstoffdibromid[5]Distickstoffdiiodid[5]
Kurzbeschreibungfarbloses Gas?
Entdeckung (Jahr, Person)1942, Haller?
Smp./Sdp. (°C)trans: −172 °C / −114,4 °C

cis: −195 °C / −105,7 °C

?
ΔHf0 (kJ)trans: 82,1 kJ

cis: 69,5 kJ

?
Tristickstoffmonohalogenide / Halogenazide
NameFluorazidChlorazidBromazidIodazid
Kurzbeschreibunggrüngelbes Gasfarbloses Gasorangerote Flüssigkeitfarblose Substanz
Entdeckung (Jahr, Person)1942, Haller1908, Raschig1925, Spencer1900, Hantzsch
Smp./Sdp. (°C)−154 °C / −82 °C−100 °C / −15 °C−45 °C / Explosion~20 °C / Explosion
ΔHf0 (kJ)?+ 390 kJ+ 385 kJ?
„?“ = Wert nicht bekannt, „–“[5] = Substanz nicht bekannt

Einzelnachweise

  1. a b c A. F. Holleman, E. Wiberg, N. Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 102. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-017770-1, S. 678–688.
  2. a b c Nikolaus Korber: Stickstoffhalogenide, Anorganische Chemie, Vorlesungsscript, Universität Regensburg
  3. H.P. Latscha, H.A. Klein: Anorganische Chemie. Springer, 2002, ISBN 3-540-42938-7, S. 312ff.
  4. J. Jander: Non-Aqueous Solvents for Preparation and Reactions of Nitrogen Halogen Compounds. (PDF; 465 kB) Pure Appl. Chem., Vol. 49, Pergamon, 1977, S. 67–73.
  5. a b c d e Verbindung wurde bisher nicht nachgewiesen.

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Struktur der Stickstoffhalogenide
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Struktur der Distickstoffdihalogenide
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Struktur der Distickstofftetrahalogenide