Stefan Sethe

Stefan Sethe 2019

Stefan Sethe (* 28. Januar 1951 in Bad Kissingen) ist ein deutscher Politologe und Verwaltungsjurist.

Leben

Sethe verbrachte die Kindheit als Sohn von Walter Sethe[1] in Lemgo.[2] Nach Jugend in Darmstadt,[2] wo er an der Justus-Liebig-Schule[3] 1970 das Abitur ablegte, studierte er in München bis zum ersten Staatsexamen an der Ludwig-Maximilians-Universität Jura und diplomierte parallel an der Hochschule für Politik zum Politologen (Dipl. sc. pol. Univ.).[2] Nach Referendariat in Hamburg[2] und einer Ausbildung für den Geschäftsführernachwuchs bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände[2] wurde er Referent für die Öffentlichkeitsarbeit beim damaligen Bundesjustizminister Hans-Jochen Vogel.[2] 1981 wechselte er als Pressereferent zur FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag, deren Sprecher er unter Wolfgang Mischnick kurz darauf wurde. Als Sozialliberaler, der die Bonner Wende 1982 nur schwer mittragen konnte, genehmigte er sich 1986 eine „Auszeit“, um sich wieder „mehr um seine Seele und seine drei Kinder und um die liberale Sache“ zu kümmern.[4]

Nach kurzen Episoden als Bundesgeschäftsführer des neu gegründeten Verkehrsclubs Deutschland[5] und als Sprecher des nach der Wiedervereinigung im Aufbau befindlichen Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur in Brandenburg[6] wurde er 1991 Stellvertretender Regierungssprecher in Thüringen unter Josef Duchač und anschließend Bernhard Vogel.[6] Nach der Wahl 1994 kalt gestellt, da die FDP für eine Regierungsbeteiligung in Thüringen nicht mehr gebraucht wurde, sorgte er mit einer Beschäftigungsklage für bundesweites Aufsehen.[7] In der Folge wurde er u. a. zum Beauftragten für die Deregulierung im Freistaat ernannt.[8] Erneut in die Schlagzeilen geriet er, als er enttäuscht von den weitgehend vergeblichen Reformbemühungen kurz vor der Pensionierung auf Beamtenstatus und Pension verzichtete, weil er für eine „üppige Pension“ nicht die adäquate „Gegenleistung erbracht“ habe, wie er „und der Steuerzahler das für richtig, fair und notwendig erachten“.[8]

Positionen

Stefan Sethe gilt im Gegensatz zu seinem liberal-konservativen Onkel Paul Sethe als sozialliberal.[2][6][9][4][8] In seiner Lebensgestaltung, mit Vorträgen[10] und in vielen seiner Zeitschriftenbeiträgen und Buchveröffentlichungen[11] wandte er sich immer wieder gegen eine Vollkasko-Mentalität und definiert den Sozialstaat als Gemeinwesen, welches vorrangig Hilfe zur Selbsthilfe gewähren solle. Liberalismus dürfe sich längst nicht mehr auf das Erkämpfen und Sichern von Bürgerrechten beschränken, sondern müsse darauf dringen, dass zu jedem Recht untrennbar auch eine Pflicht gehöre. Das Laissez-faire des Wirtschaftsliberalismus lehnt er ab. Er plädiert für eine umfassende Deregulierung, bessere Verantwortungsethik im Journalismus, massive Entlastung der Gerichte und mehr Selbstbeteiligung im Gesundheitswesen.[9]

Veröffentlichungen

(kleine Auswahl fokussiert auf Sethes liberale Positionen):

  • Nicht nur Soll und Haben“, Zeit, 23. November 1979 S. 35 https://www.zeit.de/1979/48/nicht-nur-soll-und-haben/
  • Hegel ein Liberaler?“, Neue Bonner Depesche (NBD), November 1981, S. 23
  • Gegen Selbstauflösungsrecht des Bundestages“, NBD, November 1982, S. 27
  • Alexis de Tocquille – ein liberaler Theoretiker des 21. Jahrhunderts?“, NBD, Mai 1984, S. 29
  • Mehr Mut zum Liberalismus“, NBD, Juni 1984 S. 12 ff.
  • Autofahren muss teurer werden“, Hamburger Morgenpost, 12. Juli 1989, S. 4
  • Die Suche nach der Macht - Selbstbestimmung und Verantwortung in der Demokratie“ München 2013, neobooks Self-Publishing, ISBN 978-3-8476-3595-6.
  • Anwälte könnten auch abraten“, FAZ, 24. Juli 2017, S. 7 https://anterior.esquerra.cat/documents/2_5472233641608216593.pdf (abgerufen am 30. März 2021)

Literatur

Einzelnachweise

  1. Eickmeier, Dietrich: „Bonner Kulisse“, Neue Westfälische, 2. Dezember 1981
  2. a b c d e f g Schmidt, Hannes: „FDP: Offenheit und eigene Meinung - Eine ganz neue Garnitur von Fraktionssprechern“, Das Parlament, 5. November 1985
  3. Stefan Sethe - Darmstadt (Justus-Liebig-Schule). Abgerufen am 27. März 2021.
  4. a b Kaiser, Carl-Chr. „Kehraus in Eile“, Zeit, 20. Dezember 1985 https://www.zeit.de/1985/52/kehraus-in-eile (abgerufen am 13. März 2021)
  5. Klingholz, Reiner„Vereinszweck Vollgas“, Die ZEIT, 28. Juli 1989, S. 6 https://www.zeit.de/1989/31/vereinszweck-vollgas/ (abgerufen am 13. März 2021)
  6. a b c Hoffmeister, Hans: „Thüringen sollte Duchač achten“ TLZ-Interview des Chefredakteur der Thüringer Landeszeitung mit Nachwende-Vizeregierungssprecher Stefan Sethe 20. März 2013
  7. Ausführliche überregionale Berichte 1996 u. a. in BILD (27. März), Frankfurter Rundschau (15. April), Neues Deutschland (27. März), Stern (Heft 18) und in diversen TV-Sendungen, wie: ZDF „Frontal“ (6. Mai), RTL „Explosiv“ (14. Juni), mdr „Thüringenjournal“ (17. März).
  8. a b c Rang, Ute: „Wer Arbeit hat braucht kein Ruhegehalt“, Thüringer Allgemeine, 11. Juli 2013 https://www.thueringer-allgemeine.de/politik/article219423973/Stefan-Sethe-Wer-Arbeit-hat-braucht-kein-Ruhegehalt.html (abgerufen am 13. März 2021)
  9. a b Richter, Günther: „Kommunikation und Verantwortung“ S. 86, AT Edition, Berlin 2010, ISBN 978-3-89781-166-9.
  10. Vortrags- und Gesprächsabend zum Thema „Die rätselhafte Sprache der Gesetze und Juristen: Warum Mose bestimmt kein Rechtsgelehrter war, aber Paragraphenreiter oft sogar auf dem Pegasus anzutreffen sind“ | GfdS. Abgerufen am 27. März 2021.
  11. Katalog der Deutschen Nationalbibliothek. Abgerufen am 27. März 2021.

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Autor/Urheber: KarlaWiedner, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Stefan Sethe, sozialliberaler Politologe und Jurist