Stadtkirche Heiligenhafen

Stadtkirche Heiligenhafen
Historisches Uhrwerk von J. F. Weule in der Stadtkirche (1899).
Historisches Uhrwerk von J. F. Weule in der Stadtkirche (1899).
Orgel von Friedrich Weigle hinter dem historischen Prospekt
Die Stadtkirche mit dem Epitaphium auf einem Notgeldschein aus Heiligenhafen.

Die evangelische Stadtkirche Heiligenhafen ist ein Kirchengebäude und Kulturdenkmal in der Altstadt von Heiligenhafen im Kreis Ostholstein in Schleswig-Holstein.

Geschichte

Die Kirche wurde im Jahr 1250 in romanisch-gotischem Übergangsstil erbaut,[1] fünfzig Jahre vor der ersten urkundlichen Erwähnung der Stadt Heiligenhafen. Sie gilt als frühes Zeugnis der Christianisierung Norddeutschlands, die etwa ab dem Jahr 1000 einsetzte. Als Inhaber der Pfründe ist der Kirchherr Hermann von Heiligenhafen für das 13. Jahrhundert überliefert.

Die Kirche wurde mehrfach baulich verändert, ihre heutige Gestalt erhielt sie in den 1950er Jahren. In den 1970er Jahren wurde der Innenraum neu bestuhlt und der Altar neu gestaltet, 1974 wurde eine neue Orgel eingebaut.

Ausstattung

Im Innenraum findet sich als ältestes Kunstwerk eine Figur des Heiligen Christophorus. Dieser Christophorus ist überlebensgroß dargestellt und misst 265 cm. Der Künstler dieses beeindruckenden Schnitzwerkes ist unbekannt. Es wird aber vermutet, dass es ein von der Renaissance beeinflusster Schüler von Klaus Berg war, der Lübecker Meister. Die Erschaffungszeit liegt etwa bei 1500.

Im Altarraum befinden sich Statuen von Adam und Eva, vermutlich Geschenke eines dänischen Königs. Diese Holzplastiken sind von einer beeindruckenden Arbeit. Obwohl der Künstler unbekannt bleibt, wird die Nähe zu Brüggemann, Riemenschneider oder eines flämischen Meisters nicht ausgeschlossen. Beide Figuren tragen goldfarben gelockte Haare. Und beide tragen vor sich ein Wappenschild, weshalb man das Alter auch zwischen 1521 und 1524 datiert. Die Schlange, die Eva umgibt, zeigt am Kopfende das Antlitz der Eva. Der Figur der Eva fehlt der rechte Unterarm. Eine ungewöhnlich freizügige Darstellung der Holzplastiken, bekräftigt die Vermutung einer Schöpfung in der Renaissance.[2]

Im Kirchenschiff hängen Schiffsmodelle.

Ein Epitaph des Bildhauers Thomas Quellinus aus dem Jahr 1698 über einem Seitenausgang, erinnert an den Seefahrer Moritz Hartmann und gilt als ein bedeutendes Kunstwerk des Spätbarock. Dieses Epitaph wurde durch seinen Bruder mit einem Geldlegat dieser Kirche vermacht. Thomas Quellinus, in Holland geboren, schuf viele Grabdenkmäler und Gedenktafeln. Sein bedeutendstes Werk, der Hochaltar in der Marienkirche zu Lübeck, wurde leider ein Opfer des Weltkrieges.

Die 1553 vom Glockengießer Karsten Middeldorp geschaffene Glocke wurde 1901 eingeschmolzen. 1673 goss Nikolaus Gage eine weitere Glocke für die Kirche. Das heutige Geläut besteht aus drei Gussstahlglocken aus dem Jahre 1901, gestimmt auf d′, f′ und as′.

Holzplastik Adam im Altarraum

Im Chor befindet sich an der Nord- und Südwand ein geschnitztes Chorgestühl. Es weist schöne Schnitzereien auf und wurde von unbekannten Künstlern geschaffen. Die Entstehungszeit wird auf das Jahr um 1500 vermutet.

Die Taufe ist recht auffällig. Sie besteht aus Holz und wurde von einem unbekannten Künstler im 17. Jahrhundert geschaffen. Der Schaft ist von Karyatiden umgeben. Hermenförmige Bögen umspannen das Taufbecken. In den Feldern sind Blumenornamente verarbeitet. Insgesamt ein schönes Werk des Barocks.

Neben dem Eingang zur Gedenkhalle, befindet sich an der Wand ein Ölgemälde. Es zeigt die Szene der Kreuzigung. Wahrscheinlich ist, dass es sich um das ehemalige Altargemälde aus dem Jahr 1702 handelt. Auch dieser Künstler ist unbekannt. Bis 1954 lagerte dieses Gemälde auf dem Boden der Kirche, bis es dann seinen Platz an dieser Stelle bekam.

Die heutige Orgel wurde 1974 von der Firma Weigle hinter dem historischen Prospekt aus dem 16. Jahrhundert errichtet und besitzt 29 Register auf 2 Manualen und Pedal.

Bronzekunstwerke des Hamburger Bildhauers Fritz Fleer befinden sich im Chorraum. Darin handelt es sich um ein Kruzifix aus dem Jahr 1986, einen Taufkerzenständer aus dem Jahr 1989 und um ein Lesepult aus dem Jahr 1990. Es ist eine helle gebrochene Bronze, die eine wunderbare moderne Form zeigt.

HauptwerkSchwellwerkPedal
Bourdon 16′

Prinzipal 8′

Gemshorn 8′

Oktave 4′

Hohlflöte 4′

Nasat 2 2/3′

Oktave 2′

Waldflöte 2′

Mixtur 4–6fach 1 1/3′

Zimbel 3fach 1 1/2′

Trompete 8′

Tremulant

Koppel II/I

Grobgedackt 8′

Quintatön 8′

Prinzipal 4′

Rohrflöte 4′

Oktave 2′

Sifflöte 1 1/3′

Sesquialter 2fach

Scharf 4fach 1′

Krummhorn 8′

Tremulant

Subbass 16′

Prinzipal 8′

Spitzgamba 8′

Dolkan 4′

Rohrpommer 4′

Flöte 2′

Hintersatz 3fach 2 2/3′

Posaune 16′

Trompete 4′

Koppel I/Pedal

Koppel II/Pedal

Spielhilfen: 2 freie Kombinationen,

Pedalkombination, Zungen ab,

Walze

Sonstiges

Theodor Storm erwähnte die Kirche in seiner 1882 erschienenen Novelle Hans und Heinz Kirch und beschreibt deren Innenraum:

„Auch Kapitän Kirch selber konnte es sonntags beim Gottesdienst nicht unterlassen, von seinem Schifferstuhle nach unten in die Kirche hinabzuschielen, wo sein schmucker Junge bei der Mutter saß. Unterweilen schweiften auch wohl seine Blicke drüben nach dem Epitaphe, wo zwischen mannigfachen Siegestrophäen sich die Marmorbüste eines stattlichen Mannes in gewaltiger Allongeperücke zeigte“

Pastoren

Barockes Taufbecken 17. Jh.

Siehe auch

Literatur

  • Jörgen Heinritz: Jubiläums-Festschrift. Stadt Heiligenhafen 700 Jahre 1305–2005. Kirche Heiligenhafen 750 Jahre 1255–2005. Hrsg. von der Stadt Heiligenhafen und der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Heiligenhafen. Eggers, Heiligenhafen 2005.
  • Hartwig Beseler (Hrsg.): Kunst-Topographie Schleswig-Holstein. Wachholtz, Neumünster 1974, S. 508ff.
  • Die Stadtkirche – ein Mittelpunkt des städtischen Lebens. In: Der Heiligenhafener. Ausgabe 2 / Juli und August 2015, S. 28.

Weblinks

Commons: Stadtkirche Heiligenhafen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bilder vom Innenraum (Memento desOriginals vom 10. Mai 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kirche-heiligenhafen.de
  2. Jörgen Heinritz: Führer durch die Heiligenhafener Stadtkirche. S. 11.

Koordinaten: 54° 22′ 22″ N, 10° 58′ 49,6″ O

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Taufe, Holz, Barock, Heiligenhafen, 17. Jh.
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Historical Weule-Clockwork of the Church in Heiligenhafen-Germany (1899)
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Holzplastik, Altarraum, Heiligenhafen, Adam, 1600 Jh.
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Orgel von Friedrich Weigle hinter historischem Prospekt