Stadtgarten Essen

Stadtgarten Essen, Blick von Süden; rechts die Philharmonie, vorn das Aalto-Theater
Teich im Stadtgarten, im Hintergrund der RWE-Turm

Der Stadtgarten Essen ist Essens älteste öffentlich zugängliche Grünanlage. Er liegt südlich des Essener Hauptbahnhofes im Stadtteil Südviertel, zwischen dem Aalto-Theater, der Philharmonie und dem angrenzenden Stadtteil Rüttenscheid.

Die Anfänge der Parkanlage reichen in das Jahr 1859 zurück. 1877 ging der Bürgerpark als erste öffentliche Essener Parkanlage in den kommunalen Besitz über. Seit 1881 trägt sie den Namen Stadtgarten.

Geschichte

Anfänge

Bereits 1859 entstand eine Grünanlage nahe der Huyssenallee im Süden der Stadt[1] auf zuvor landwirtschaftlich genutzter Fläche. Auch ein inzwischen mit Wasser gefüllter Steinbruch lag hier, aus dessen Steinen einst die Essener Stadtmauer errichtet wurde. Der in Hannover tätige Landschaftsarchitekt Christian Schaumburg wurde mit der Gestaltung der Grünanlage beauftragt, nachdem zuvor Peter Joseph Lenné abgelehnt hatte. Die Ausführung der Arbeiten übernahm der Essener Kunstgärtner Karl Böhnert, dessen Haus mit Vorgarten und Ausstellungsraum sich an der Kettwiger Straße dort befand, wo heute das Kaufhaus Kaufhof steht.[2] Zur Zeit der Industrialisierung, der rasant ansteigenden Zahl von Steinkohle-Zechen und der rasch expandierenden Stahlindustrie der Friedrich Krupp AG, sollte die Grünanlage als Gegenpol dazu zur Erholung der Bevölkerung dienen. Das aufstrebende Großbürgertum wollte, wie zu dieser Zeit üblich, seinen wirtschaftlichen Wohlstand demonstrieren und gesellschaftliches Ansehen erlangen.

1863 wurde von Essener Bürgern die Essener gemeinnützige Aktiengesellschaft zur Verwirklichung eines Stadtgartens südlich der Altstadt und zur Finanzierung des Baus eines Veranstaltungssaales im Volksgarten gegründet.[3] Daran war maßgeblich Friedrich Hammacher beteiligt, der deshalb am 5. Oktober 1888 zum 25-jährigen Bestehen des Stadtgartens zum Ehrenbürger der Stadt Essen ernannt wurde.[4]

Am 23. Juni 1864[3] folgte die Grundsteinlegung für den Stadtgartensaal: ein Fachwerkgebäude mit großem Festsaal, der durch ein schlichtes Restaurationsgebäude in zweigeschossiger Massivbauweise ergänzt wurde. Dieses Gebäude wurde im Sommer 1901 wegen gestiegener Ansprüche abgebrochen und an gleicher Stelle der Saalbau errichtet.[5]

„Unsere Stadt hat den landwirtschaftlichen Charakter, den sie noch vor 25 Jahren trug, abgestreift. Überall ragen die Kamine hervor, verursachen die massenhaften Transporte von Kohlen, Eisenstein und Baumaterial einen dem Wohlbefinden oft unerträglichen Staub und Schmutz. In der Umgebung der Stadt zeigen sich nur noch vereinzelt kleinere Partien von Schatten bietenden Bäumen. Gerade für den Besucher solcher Städte sind öffentliche Gärten dringendes Bedürfnis, Lungen der Stadt, wie der Engländer sagt. Für uns sind schattige, gesunde Vereinigungspunkte glückliche Respiratoren gesellschaftlichen Wohlergehens.“

Friedrich Hammacher; Auszug aus seiner Festrede zur Grundsteinlegung des Stadtgartensaals am 23. Juni 1864

1877 ging die bis dahin 2,7 Hektar große Parkanlage, nach finanziellen Problemen der Aktiengesellschaft und Kauf aller Aktien durch die Stadt, als erster Park in kommunalen Besitz über. Damit ist der seit 1881 so genannte Stadtgarten die älteste, öffentlich zugängliche Grünanlage der Stadt. Der Besuch des Stadtgartens war kostenfrei. Nur bei Veranstaltungen wurde eine Gebühr von 20 Pfennigen erhoben. Unter der Leitung des Essener Stadtgärtners Heinrich Stefen wurde die Grünanlage 1888 auf eine Größe von 7,6 Hektar erweitert, da das bisherige Gelände für die gestiegenen Besucherströme zu klein wurde.

Der Stadtgarten im 20. Jahrhundert

1904 war der neue Saalbau fertiggestellt. Der nunmehr zwölf Hektar große Stadtgarten war bis in die 1920er Jahre die wichtigste Grünanlage der Stadt. Dann folgte der Grugapark als Konkurrent.

Das Reliefbild Schmied von Essen, das nach einem Entwurf des Berliner Bildhauers Ludwig Nick (1873–1936) entstand, befand sich nach dem Ersten Weltkrieg bis 1934 im Stadtgarten. Die Figur war im Ursprung Teil einer am 25. Juli 1915 enthüllten Nagelfigur auf dem nördlichen Vorplatz des Hauptbahnhofs. Schließlich kam es 1934 in den Grugapark, wo es im Zweiten Weltkrieg den Bomben zum Opfer fiel.[6] Im Zweiten Weltkrieg erlitt der Stadtgarten schwere Zerstörung, was einen Wiederaufbau nach sich zog. Auch der Saalbau wurde 1943 zerstört und 1949 bis 1954 verändert wieder aufgebaut.[5] Nach mehrfachem Umbau befindet sich in diesem Saalbau die heutige Philharmonie Essen.

Östlich des Saalbaus und südlich des noch nicht existierenden aber geplanten Aalto-Theaters wurde 1969 mit dem Bau einer U-Bahn-Station samt einer Abstell-, Reparatur- und Wartungsanlage unter dem Stadtgarten begonnen. Die Strecke führt von der U-Bahn-Haltestelle Essen Hauptbahnhof unter der Huyssenallee entlang, und biegt mit meterspurigen Gleisen nach Südosten zum Stadtgarten ab. In dem zweistöckigen Bauwerk sollte in der oberen Ebene der U-Bahnhof mit möglichem Namen Opernhaus oder Musiktheater entstehen, und darunter der Raum für Fahrzeugwartung und -Abstellung. Weitere Planungen, die eine Weiterführung der Strecke bis nach Kray vorsahen, wurden nicht umgesetzt, so dass der Tunnel an der nie als Bahnhof genutzten Station unter dem Stadtgarten endet.[7]

In den 1980er Jahren büßte der Stadtgarten durch den Bau des Sheraton-Hotels im westlichen und des Aalto-Theaters im nördlichen Teil einige Hektar an Fläche ein.

Heutige Parkanlage

Der Essener Stadtgarten ist mit heute 6,87 Hektar[8] die größte Grünanlage im Innenstadtbereich. Er bietet zwischen einigen Rasenflächen wieder älteren Baumbestand, zwei Spielplätze und einen zentralen Teich mit Fontäne.

Ab 2004 erfolgten Umbaumaßnahmen und Modernisierungen im Stadtgarten, zudem zog die Philharmonie in den Saalbau ein. Dazu kam 2006 die Umgestaltung der versiegelten Fläche eines 2400 Quadratmeter großen Betriebshofes zur Grünfläche. Schließlich wurden 2008 Wege und Parkbänke erneuert, Spielplätze um- und neugestaltet sowie die Attraktivität des Teichumfeldes mit neuen Aufenthaltsmöglichkeiten verbessert. Aus dem Teich selbst wurden 1820 Tonnen Schlamm entfernt und das Ufer neu bepflanzt. Hinzu kam eine neue, zwölf Meter hohe Wasserfontäne, die von acht Unterwasser-Scheinwerfern beleuchtet wird. Alle diese Maßnahmen waren im Oktober 2008 abgeschlossen. Sie fanden mit Unterstützung des Arbeitsmarktprojektes im Rahmen des Stadtentwicklungsprogramms ESSEN.Neue Wege zum Wasser statt.[9]

Anfang 2018 wurden 12.000 Euro in den Stadtgarten investiert, von denen auch 34 neue Parkbänke aufgestellt wurden. Zudem wurden zum Teil neue Wege angelegt und 23 neue Laubbäume gepflanzt, nachdem der Pfingststurm Ela im Jahr 2014 dreißig große Bäume Laubbäume zerstört hatte[10].

Kunst im Stadtgarten

Zudem wurden im Laufe der Zeit einige Kunstwerke im Stadtgarten aufgestellt. Die älteste Skulptur aus dem Jahr 1905 ist die Fee von Wilhelm Nida-Rümelin, die ursprünglich als Aphrodite für einen Brunnen in der Wandelhalle des Saalbaus aufgestellt werden sollte. Sie wurde Anfang 2016 abgebaut, zur Restaurierung gegeben und soll Im Sommer des Jahres mit neuer Verankerung wieder aufgestellt werden.[11] Der Standort für einen rezitierenden oder freisprechenden Menschen wurde 1987 von Wolfgang Liesen aufgestellt. Die 1983 im Bauschutt gefundene Säule ist wie vom Sockel abgebrochen, im Boden eingesunken, installiert worden, so dass man sich auf dem Sockel freisprechend positionieren kann. Von den Erdmäulern von Guido Hoffmann-Flick wurden insgesamt vier – je eines mineralisch, pflanzlich, tierisch und menschlich – durch den Landschaftsarchitekten Ulrich Falke am 1994 angelegten Spielplatz aufgestellt.

Die drei Ganz großen Geister des Künstlers Thomas Schütte standen seit 2004 direkt vor dem angebauten Pavillon am Saalbau. Die tonnenschweren, knapp vier Meter hohen Bronzeskulpturen sind auf einen Wert von rund neun Millionen Euro gestiegen, so dass sich der Essener Kunstsammler und Mäzen Thomas Olbricht zusammen mit der Stadt Essen für einen Abbau seiner Leihgabe aus Angst vor Metalldiebstahl entschied. Der Abtransport fand am 18. Februar 2016 statt, wobei ein Kran einer Figur den Kopf abriss. Der Schaden sei reparabel gewesen.[12] Am 19. Juli 2019 wurde an gleicher Stelle die Skulpturengruppe Mann im Wind I, II, III als 10-jährige Leihgabe des Künstlers Thomas Schütte aufgestellt. Zuvor waren die jeweils etwa zwei Tonnen schweren und 3,5 Meter hohen Bronze-Figuren auf einer Ausstellung in Paris zu sehen.[13]

Regelmäßige Veranstaltungen

Der im Jahr 1998 gegründete Boule-Pétanque-Club Essen-Stadtgarten e. V. organisiert jeden Sonntag ein Boule-Turnier.[14]

Zur seit 2004 stattfindenden Oldtimer-Ausfahrt Tour de Rü (Rü für Rüttenscheider Straße) dient der Stadtgarten der Startaufstellung.[15]

Seit 2011 finden jährlich im Juni die Park Sounds statt (mit Ausnahme 2014, bedingt durch den Pfingststurm Ela), bei denen experimentelle elektronische Klänge geboten werden.[16]

Literatur

  • Wolfgang Gaida, Helmut Grothe: Vom Kaisergarten zum Revierpark. Pomp, Bottrop, Essen 1997, ISBN 978-3-89355-162-0, S. 93–96.

Weblinks

Commons: Category:Stadtgarten Essen – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Amtlicher Führer durch die Große Ruhrländische Gartenbau-Ausstellung Gruga S. 36; hrsg. von der Ausstellungsleitung 1929 Digitalisat der ULB Düsseldorf
  2. Hugo Rieth: Essen in alten Ansichten, Band 1. 3. Auflage. Zaltbommel, Niederlande 1978.
  3. a b Thomas Dupke: Essen. Geschichte einer Stadt. Hrsg.: Ulrich Borsdorf. Peter Pomp Verlag, Bottrop, Essen 2002, ISBN 3-89355-236-7, S. 312.
  4. Porträt von Friedrich Hammacher auf essen.de; abgerufen am 18. April 2018
  5. a b Saalbau und Philharmonie. (PDF; 949 kB) In: Denkmalliste der Stadt Essen. Abgerufen am 18. April 2018.
  6. Hugo Rieth: Essen in alten Ansichten. 7. Auflage. Band 2. Zaltbommel, Niederlande 1991, ISBN 90-288-3097-9.
  7. DerWesten.de vom 2. Dezember 2014: Hinter dem Aalto-Theater liegt seit 45 Jahren ein Geister-U-Bahnhof; abgerufen am 18. April 2018
  8. Essen.de: Stadtteil-Kurzporträt Südviertel; zuletzt gesichtet am 28. Juni 2016 (Seite heute verändert)
  9. Pressemitteilung Arbeit und Bildung Essen Gesellschaft mbH (ABEG) vom 30. Oktober 2008: Der Stadtgarten ist fertig.
  10. Stadtgarten: Essens ältester Park erhält neue 34 Sitzbänke; In: Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 15. April 2018; abgerufen am 18. April 2018
  11. Derwesten.de vom 2. April 2016: Stadtgarten-Besucher vermissen die bronzene Fee; abgerufen am 18. April 2018
  12. Derwesten.de vom 18. Februar 2016: Künstler bedauert Abbau der Skulpturen an der Philharmonie; abgerufen am 18. April 2018
  13. Pressemitteilung der Stadt Essen vom 19. Juli 2019: Neue Skulpturengruppe im Essener Stadtgarten
  14. BPC Essen-Stadtgarten e. V.; abgerufen am 18. April 2018
  15. Tour de Rü; abgerufen am 18. April 2018
  16. Pressemeldung der Stadt Essen im Juli 2015: Park Sounds im Stadtgarten eröffnen den Sommer

Koordinaten: 51° 26′ 40″ N, 7° 0′ 42″ O

Auf dieser Seite verwendete Medien

Stadtgartensaal Essen 1901.jpg
Autor/Urheber:

unbek.

, Lizenz: PD-alt-100

Stadtgartensaal Essen

Essener Stadtgarten.JPG
Autor/Urheber: Wiki05, Lizenz: CC0
Stadtgarten Essen, im Hintergrund der RWE-Turm
Stadtgarten Essen von oben.JPG
Autor/Urheber: Wiki05, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Stadtgarten Essen vom benachbarten RWE-Turm gesehen
Ulrich Rückriem Dolomit Stadtgarten Essen.JPG
Autor/Urheber: Wiki05, Lizenz: CC0
Ulrich Rückriem - Dolomit (1987) am Stadtgarten Essen
Stephan Huber Stadtgarten Essen.JPG
Autor/Urheber: Wiki05, Lizenz: CC0
Stephan Huber - Cello (1987) im Stadtgarten Essen
Thomas Schütte, Skulpturengruppe Mann im Wind, Stadtgarten Essen1.jpg
Autor/Urheber: Wiki05, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Thomas Schütte: Skulpturengruppe Mann im Wind I, II, III im Stadtgarten Essen
Max Bill Unendliche Schleife Stadtgarten Essen.JPG
Autor/Urheber: Wiki05, Lizenz: CC0
Max Bill: Die unendliche Schleife im Stadtgarten Essen, ausgeführt in Tranasgranit 1974; Inschrift: Den Bürgern der Stadt Essen zum Geschenk von der Ferrostaal AG 1978
Stadtgarten Essen Guido Hoffmann Kinderspielplatz.JPG
Autor/Urheber: Wiki05, Lizenz: CC0
Skulptur im Stadtgarten Essen von Guido Hoffmann: Kinderspielplatz (1994)
Wilhelm Nida-Rümelin, Fee 1905.JPG
Autor/Urheber: Wiki05, Lizenz: CC0
Skulptur von Wilhelm Nida-Rümelin - die Fee von 1905; im Stadtgarten Essen
Wolfgang Liesen Stadtgarten Essen.JPG
Autor/Urheber: Wiki05, Lizenz: CC0
Wolfgang Liesen - Platz für einen frei sprechenden Menschen (1987) im Stadtgarten Essen
Stadtgarten Essen Klaus Simon.JPG
Autor/Urheber: Wiki05, Lizenz: CC0
Skulptur im Stadtgarten Essen von Klaus Simon: Fünf Finger einer Hand, fünf Wände zum Pentagramm (1987)
Stadtgarten Essen 1901, oberer Teich.jpg
Autor/Urheber:

unbek.

, Lizenz: PD-alt-100

Stadtgarten Essen, oberer Teich

Guido Hoffmann Stadtgarten Essen1.JPG
Autor/Urheber: Wiki05, Lizenz: CC0
Guido Hoffmann - Kinderspielplatz (1994) im Stadtgarten Essen
Thomas Schütte - Ganz Große Geister 1998-2004.jpg
Autor/Urheber: Wiki05, Lizenz: CC0
Skulpturen von Thomas Schütte: Ganz Große Geister (1998-2004); hinter dem Saalbau (Philharmonie Essen) im Stadtgarten Essen; am 18. Februar 2016 abgebaut
Stadtgarten Essen 1901, unterer Teich.jpg
Autor/Urheber:

unbek.

, Lizenz: PD-alt-100

Stadtgarten Essen, unterer Teich

Guido Hoffmann Stadtgarten Essen2.JPG
Autor/Urheber: Wiki05, Lizenz: CC0
Guido Hoffmann - Kinderspielplatz (1994) im Stadtgarten Essen
Ulrich Rückriem Obelisk Stadtgarten Essen.JPG
Autor/Urheber: Wiki05, Lizenz: CC0
Ulrich Rückriem - Obelisk (1987) am Stadtgarten Essen
Heinrich Stefen Gedenkstein Essen.JPG
Autor/Urheber: Wiki05, Lizenz: CC0
Gedenkstein an Heinrich Stefen, Stadtgartendirektor von 1883 bis 1907 im Stadtgarten Essen
Ulrich Rückriem Steinhaus Stadtgarten Essen.JPG
Autor/Urheber: Wiki05, Lizenz: CC0
Ulrich Rückriem: Steinhaus im Stadtgarten Essen