Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen

Westbalkan: Inkrafttreten des SAA

Es ist Praxis der Europäischen Union, mit Staaten, die eine Mitgliedschaft in der EU anstreben, zunächst ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (englisch Stabilisation and Association Agreement, SAA) abzuschließen. Dadurch werden die rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen des jeweiligen Staates den Standards der Europäischen Union angeglichen (Assoziierungsabkommen). Ziel des SAA ist es, die nötige Stabilität in dem zwischenstaatlichen Verhältnis zu erreichen, die die Voraussetzung für einen Beginn von Beitrittsgesprächen ist. Durch das Abkommen sollen „unangenehme Überraschungen“, wie wirtschaftliche Schocks im Hinblick auf die zukünftige Marktintegration mit dem europäischen Binnenmarkt bzw. Rückschritte wirtschaftlicher oder politischer Art in den assoziierten Staaten vermieden werden.

Hintergrund

Im Rahmen des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens werden Vorgaben gesetzt, welche die Staaten in einem gewissen Zeitrahmen erreichen müssen. Die zukünftigen Beitrittskandidaten können auch einzelne Quoten bzw. Erleichterungen für Produktexporte in die EU, wie auch aus der EU, festlegen. Üblicherweise wird rasch eine Zollunion mit der EU gebildet. Aus diesem Grund wird das SAA auch als Vorstufe des eigentlichen EU-Beitritts bezeichnet.

Kroatien und Mazedonien zählten 2001 zu den ersten Kandidatenländern, welche ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der EU unterzeichnet haben. 2006 wurde ein Abkommen mit Albanien unterzeichnet, am 15. März 2007 auch mit Montenegro. Bosnien-Herzegowina und Serbien unterschrieben beide Mitte 2008. Serbiens Verhandlungen wurden allerdings im Mai 2006 auf Grund fehlender Kooperation (in Bezug auf die Auslieferung von Mladić an das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag) ausgesetzt und erst ein Jahr später wieder aufgenommen. Die Unterzeichnung des Abkommens durch den serbischen Präsidenten Boris Tadić fand schließlich (unter Auflagen) am 29. April 2008 statt. Die Unterzeichnung mit Bosnien fand am 16. Juni 2008 statt, nachdem der Balkanstaat die von der EU geforderte Polizeireform im April 2008 umgesetzt hatte. Eine Unterzeichnung ist nicht gleichzusetzen mit dem Inkrafttreten des SAA. Denn erst ab dem Inkrafttreten besteht eine vertragliche Bindung mit allen Rechten, Pflichten und finanziellen Transfers zwischen der EU an dem potentiellen Beitrittskandidaten.

Die Beitrittsländer des Jahres 2004 schlossen mit der EU ein sogenanntes Europaabkommen, ein Instrument, das inzwischen durch das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen ersetzt wurde.

Der Stabilitätspakt wurde 2008 zum Kooperationsrat für Südosteuropa umgewandelt.

Ziel und Zweck

Ziel und Zweck der Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen ist ein Vertragsverhältnis zwischen den Staaten, welche eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union anstreben und der EU selbst. Dieses Vertragsverhältnis spiegelt eine EU-Beitrittsperspektive wider und soll damit als Katalysator für hierzu notwendige Änderungen dienen. Um Änderungen auf Seite des beitrittswilligen Staates zu ermöglichen oder zu beschleunigen gibt es neben der Beitrittsperspektive auch finanzielle Unterstützung seitens der EU (CARDS-Programm).

Inhalt

  • Politischer Dialog
  • Freihandel
  • Freier Kapital-, Arbeits- und Dienstleistungsverkehr
  • Anpassung des Rechts- und Wirtschaftskaders an den acquis communautaire
  • Rechtsprechung und interne Angelegenheiten (Kooperation mit dem Kriegsverbrechertribunal)
  • Regionale Kooperation

Gegenwärtiger Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess

EreignisKroatien Kroatien [1]Nordmazedonien Nordmazedonien [2]Albanien Albanien [3]Montenegro Montenegro1 [4]Bosnien und Herzegowina Bosnien und
Herzegowina
[5]
Serbien Serbien1 [6]Kosovo Kosovo
(UNSCR 1244)2
Start der SAA-Verhandlungen24.11.20005.4.200031.1.200310.10.200525.11.200510.10.200528.10.2013
SAA initialisiert14.5.200124.11.200028.2.200615.3.20074.12.20077.11.200725.7.2014
SAA unterzeichnet29.10.20019.4.200112.6.200615.10.200716.6.200829.4.200827.10.2015
Ratifiziert durch:
SAA-Staat30.1.200227.4.20019.11.200613.11.200726.2.20099.9.20082.11.2015
Belgien Belgien17.12.200329.12.200322.10.200829.3.201029.3.201020.3.2012-
Bulgarien Bulgarientrat der EU später bei30.5.200813.3.200916.7.2010-
Danemark Dänemark8.5.200210.4.200224.4.200825.6.200826.5.20094.3.2011-
Deutschland Deutschland18.10.200220.6.200219.2.200915.5.200914.8.200924.2.2012-
Estland Estlandtrat der EU später bei17.10.200722.11.200711.9.200819.8.2010-
Finnland Finnland6.1.20046.1.200429.11.200718.3.20097.4.200921.10.2011-
Frankreich Frankreich4.6.20034.6.200312.2.200930.7.200910.2.201116.1.2012-
Griechenland Griechenland27.8.200327.8.200326.2.20094.3.201020.9.201010.3.2011-
Irland Irland6.5.20026.5.200211.6.20074.6.20094.6.200929.9.2011-
Italien Italien6.10.200430.10.20037.1.200813.10.20098.9.20106.1.2011-
Kroatien Kroatientrat der EU später bei-
Lettland Lettlandtrat der EU später bei19.12.200617.10.200812.11.200930.5.2011-
Litauen Litauentrat der EU später bei17.5.20074.3.20094.5.200926.06.2013-
Luxemburg Luxemburg1.8.200328.7.20034.7.200711.6.200922.12.201021.1.2011-
Malta Maltatrat der EU später bei21.4.200811.12.20087.1.20106.7.2010-
Niederlande Niederlande30.4.20049.9.200210.12.200729.1.200930.9.200927.2.2012-
Osterreich Österreich15.3.20026.9.200221.5.20084.7.20084.9.200913.1.2011-
Polen Polentrat der EU später bei14.4.20076.2.20097.4.201013.1.2012-
Portugal Portugal14.7.200314.7.200311.7.200823.9.200829.6.20094.3.2011-
Rumänien Rumänientrat der EU später bei15.1.20098.1.201022.5.2012-
Schweden Schweden27.3.200325.6.200221.3.200711.3.200914.9.200915.4.2011-
Slowakei Slowakeitrat der EU später bei20.7.200729.7.200817.3.200911.11.2010-
Slowenien Slowenientrat der EU später bei18.1.20077.2.200810.3.20097.12.2010-
Spanien Spanien4.10.20024.10.20023.5.200712.3.200915.6.201021.6.2010-
Tschechien Tschechientrat der EU später bei7.5.200819.2.200923.7.200928.1.2011-
Ungarn Ungarntrat der EU später bei23.4.200714.5.200822.10.200816.11.2010-
Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich3.9.200417.12.200216.10.200712.1.201020.4.201011.8.2011-
Zypern Republik Zyperntrat der EU später bei30.5.200820.11.20082.7.200926.11.2010-
Europaische Union Europäische Union21.12.200425.2.200426.2.200929.3.201030.4.201522.7.201312.2.2015
Inkrafttreten des SAA1.2.20051.4.20041.4.20091.5.20101.6.20151.9.20131.4.2016
EU-Beitritt (SAA beendet)1.7.2013
1 Die Verhandlungen begannen im November 2005 als Teil von Serbien und Montenegro.
2 Seit dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon entfällt die Ratifizierung durch die einzelnen EU-Staaten.

Literatur

  • Hanna Marwedel: Die Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen der EU mit den Staaten des Westlichen Balkans, LIT Verlag Berlin-Hamburg-Münster, 2012, ISBN 978-3-643-11458-7[7]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Rat der Europäischen Union: SAA-Ratifizierungsdetails Kroatien
  2. Rat der Europäischen Union: SAA-Ratifizierungsdetails Mazedonien
  3. Rat der Europäischen Union: SAA-Ratifizierungsdetails Albanien
  4. Rat der Europäischen Union: SAA-Ratifizierungsdetails Montenegro
  5. Rat der Europäischen Union: SAA-Ratifizierungsdetails Bosnien und Herzegowina
  6. Rat der Europäischen Union: SAA-Ratifizierungsdetails Serbien (Memento des Originals vom 28. Dezember 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.consilium.europa.eu
  7. Rezension. Das Buch gehört zur Reihe 'Recht in Ostmittel-, Südost- und Osteuropa/GUS'. Leseprobe

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Man sagt, dass der grüne Teil die Mehrheit der katholischen Einwohner des Landes repräsentiert, der orange Teil die Minderheit der protestantischen, und die weiße Mitte den Frieden und die Harmonie zwischen beiden.
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