St. Magni (Braunschweig)

Südostansicht

Die Magnikirche in Braunschweig stammt aus dem frühen 11. Jahrhundert und bildet heute den Mittelpunkt des Magniviertels im alten Weichbild Altewiek.

Geschichte

Die Weiheurkunde aus dem Jahr 1031 gilt als erster urkundlicher Beleg der Existenz dessen, was heute die Stadt Braunschweig ist. In der Urkunde wird die Siedlung als Brunesguik bezeichnet. Als Namenspatron wird der apulische Bischof Magnus vermutet, der besonders bei den Friesen verehrt wurde. In diesem Fall hätte die Siedlung schon sehr früh Handelsbeziehungen bis zur Nordsee unterhalten.

Weiheurkunde von 1031

Die Weiheurkunde der Magnikirche aus dem Jahre 1031. Sie ist gleichzeitig der älteste urkundliche Nachweis des Namens „Brunesguik“ (2. Zeile, mittig), aus dem im 16. Jahrhundert „Braunschweig“ wurde.

Die Weiheurkunde von 1031 ist in der Form eines Protokolls bzw. einer „notitia“ angefertigt. Der Kirche werden die Brunesguik (Braunschweig bzw. Altewiek), Everikesbutli (wüst, im Gebiet von Querum), Thuringesbutli (wüst, Schunteraue), Ibanroth (Bienrode), Velittunun (Veltenhof), Hanroth (wüst, zu Veltenhof gehörend), Guinitthun (Wenden), Riudun (Rühme), Marquarderoth (wüst, Nordstadt), Ottonroth (wüst, am Nußberg), Glismoderoth (Gliesmarode) Huneshem (wüst, am Lünischteich, Riddagshausen), Fritherikesroth (wüst, zwischen Mastbruch und Mittelriede), Ruotnun (Rautheim), Morthorp (wüst, auf dem Braunschweiger Hauptfriedhof am Streitberg, siehe Viewegs Garten-Bebelhof), Reindageroth (wüst, bei Rautheim), Limbeki (wüst, Bebelhof, siehe Viewegs Garten-Bebelhof) und Ekthi (wüst, am Zuckerberg siehe Viewegs Garten-Bebelhof) zugewiesen. Alle diese Orte liegen oder lagen östlich der Oker, die bis zur Reformation zum Bistum Halberstadt gehörten. Die Orte der westlichen Okerseite gehörten zum Bistum Hildesheim.

Baugeschichte

Kreuz
Westportal
Kapitelle am Westportal

Die Pfarrkirche St. Magni wurde ab 1252 neu gebaut, Reste der ursprünglichen Kirche sind in den Fundamenten erhalten geblieben. Im Glockenhaus zwischen zwei kurzen oktogonalen Türmen auf dem quaderförmigen sächsischen Westriegel hängt die „Magnusglocke“ aus dem Jahr 1335, die älteste Glocke des Braunschweiger Landes.[1] Insgesamt besitzt die Magnikirche ein Geläut aus fünf Glocken, von denen die zwei kleinsten nicht zum Läuten benutzt werden.

  1. Heer- bzw. Friedensglocke, Gussjahr 1643, ca. 3000 kg, Ton h.
  2. Magnusglocke, Gussjahr 1335, ca. 2000 kg, Ton d′.
  3. Stundenglocke, Gussjahr 1406, ca. 1000 kg, Ton fis′.
  4. Schosselglocke, Gussjahr 1630, 58 kg, Ton fis′′.
  5. Schandelglocke, Gussjahr 1445, 23 kg, Ton fis′′′.

Zwischen 1873 und 1877 wurde das Gebäude durch Ludwig Winter restauriert und von Max Osterloh und Adolf Quensen im Stil des Historismus ausgemalt. Glasfenster schuf 1926 Otto Linnemann aus Frankfurt am Main. Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Kirche vor allem durch den Bombenangriff vom 23. April 1944 sehr stark beschädigt. Nach Kriegsende standen nur noch der Turm und die Säulenarkaden des Langhauses. Von 1956 bis 1964 wurde der Bau in wesentlich veränderter, teilweise moderner Form wiederhergestellt.

1958 wurde am Giebel des Chors eine moderne Plastik mit dem Namen Der Rufer von Bodo Kampmann angebracht, der von der Giebelwand auf den niedrigeren Mittelteil des Langhaus schaut. Er symbolisiert den apokalyptischen Engel, der auf der Trompete zum Jüngsten Gericht bläst. Bezogen wurde das mahnende Rufen des Engels auf den Zweiten Weltkrieg und die Zerstörung Braunschweigs.

An der Nordwand des Langhauses ist in moderner Buntverglasung der Zug der Israeliten durch das Rote Meer zu sehen. In der Kirche befinden sich ein bronzenes Taufbecken von 1468, Reste eines Passionszyklus, mehrere Epitaphien und der Torso des von Anton Detlev Jenner begonnenen und von Matthäus Heinrich Vetten vollendeten barocken Hochaltars von 1730/1734. Zur Wiedereinweihung 1964 erhielt die Kirche ein modernes Kruzifix von Ulrich Henn. Die Orgel stammt von der Firma Alfred Führer.

Beim Wiederaufbau wurde das Langhaus in deutlich niedrigerer Form ausgeführt, die Fensterreste der Südwand wurden zugemauert und die Nordseite wurde in Beton mit Langfenstern ausgeführt. Die total zerstörte Apsis von 1447 wurde ohne gotisches Maßwerk in den Fenstern wiedererrichtet, die intakte nördliche Säulenarkade des Langhauses wurde abgetragen zugunsten eines großen hallenartigen Kirchenraumes. Das Gewölbe wurde ebenfalls nur über der Apsis wiederhergestellt, im Langhaus wurde innen ein Schleppdach mit hölzerner Verkleidung eingezogen, welches auf der südlichen Seite auf den erhaltenen Säulenarkaden ruht, auf der nördlichen Seite von einer Betonkonstruktion getragen wird.

Der Wiederaufbau Braunschweigs ältester Kirche in moderner Form wurde vielfach kritisiert. Auf der einen Seite sei intakte historische Substanz beseitigt worden, auf der anderen Seite sei vollkommen Zerstörtes (die Apsis) in einer vereinfachten, historisierenden Form wiederaufgebaut worden, wie sie so nie bestanden habe. Vor allem hätte die Magnikirche vor ihrer Zerstörung keine Jochgiebel gehabt, die für die braunschweigischen Kirchen sonst üblich sind. Nach dem Wiederaufbau wurden die Joche der Apsis dennoch mit Giebeln versehen.

Galerie

Literatur

  • Ernst Brutzer: St. Magni. Gedenkbuch 1931. Wollermann & Bodenstab, Braunschweig 1931.
  • Kirchenvorstand zu St. Magni Braunschweig (Hrsg.): Bilder und Texte zur Geschichte der St. Magni-Kirche zu Braunschweig. Braunschweig 1981.
  • Paul Jonas Meier, Karl Steinacker: Die Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Braunschweig. 2., erweiterte Auflage. Braunschweig 1926, S. 30–33.
  • Bernd Jericho: St. Magni. In: Luitgard Camerer, Manfred Garzmann, Wolf-Dieter Schuegraf (Hrsg.): Braunschweiger Stadtlexikon. Joh. Heinr. Meyer Verlag, Braunschweig 1992, ISBN 3-926701-14-5, S. 150–151.
  • Wolfgang Kimpflinger: Baudenkmale in Niedersachsen. Band 1.1.: Stadt Braunschweig. Teil 1 (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland). Hameln 1993, ISBN 3-87585-252-4, S. 144–145.
  • Elmar Arnhold: St. Magni – Pfarrkirche der Altewiek. In: Mittelalterliche Metropole Braunschweig. Architektur und Stadtbaukunst vom 11. bis 15. Jahrhundert. Appelhans Verlag, Braunschweig 2018, ISBN 978-3-944939-36-0, S. 134–138.
  • Reinhard Dorn: Mittelalterliche Kirchen in Braunschweig. Niemeyer, Hameln 1978, ISBN 3-87585-043-2, S. 228–229.
  • Hermann Dürre: Geschichte der Stadt Braunschweig im Mittelalter. Braunschweig 1861, S. 477 – 483. (Digitalisat)

Weblinks

Commons: St. Magni (Braunschweig) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Audiodatei des Vollgeläuts der Magnikirche@1@2Vorlage:Toter Link/www.wamsiedler.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (Plenum)

Koordinaten: 52° 15′ 44″ N, 10° 31′ 49″ O

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Magnikirche in Braunschweig
Grab1 an der Südostseite der St. Magni Kirche in Braunschweig.jpg
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Eines von 5 Grabmalen an der Südostseite der St. Magni (Braunschweig) Kirche in Braunschweig.

Inschrift:

Hier ruhen die Gepeine des sel. Herrn Johann Heinrich von Strombeck Geboren anno MDCC den IV IVNI Gestorben anno MDCCLV den XXVII Februar

I.Hob XVII II. Vers XXV

Ich weis das mein Erlöser
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Magnikirche in Braunschweig, Der Rufer
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Magnikirche in Braunschweig
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Magnikirche in Braunschweig, Orgel von Alfred Führer (1964/68)
Braunschweig Weiheurkunde der Magnikirche von 1031 A III 7 1 (Stadtarchiv Braunschweig) retusche.jpg
Braunschweig: Weiheurkunde der Magnikirche aus dem Jahre 1031. Stadtarchiv Braunschweig, Signatur: A III 7: 1.

Transcript (after Hänselmann, Ludwig (1895) Urkundenbuch der Stadt Braunschweig, 2, Braunschweig: Schwetschke, S. 3 DOI: 10.24355/dbbs.084-201101111319-0. ):

In nomine sanctę et individuę trinitatis et sanctorum Johannis baptistę, Andreę apostoli, Stephani, Marię Magdalenę, Brigidę virginis, Margaretę, Magni episcopi et martyris, Nicolai episcopi et confessoris Branthago Halverstidensis episcopus hoc templum dedicavit, quod harum villarum, scilicet Brunesguik, Everikesbutli, Thuringesbutli, Ibanroth, Velittunun, Hanroth, Guinitthun, Riudun, Marquarderoth, Ottonroth, Glismoderoth, Huneshem, Fritherikeroth, Ruotnun, Morthorp, Reindageroth, Limbeki, Ekthi, speciali determinatione assignavit. His predictis villis huic ęcclesię mancipatis idem venerabilis episcopus suę episcopalis potestatis bannum imposuit, Liudolfo comite ejusque principibus quam plurimis asstantibus, ne quandoque filii nequam de semine Kanaan, si exurgerent, suis vel aliis ęcclesiis quę hujus sunt salso vendicarent. Hatheguardus et uxor ejus Atta, homines liberi Deo devoti, hanc ęcclesiam pro se suisque omnibus construxerunt, cui duos mansus, Liudolfo comite consentiente, in dotem manciparunt. nam eosdem mansus Hatheguardus ex parte Liudolfi predicti comitis in beneficium habuit. Comes vero Liudolfus rus proximum huic atrio pro remedio animę suę suorumque tam posterorum quam modernorum parentum super altare in Brunesguik Deo optulit summo. Datum anno domini millesimo tricesimo primo.
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St. Magni, Braunschweig, Maßwerkfenster der Nordseite von aussen
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Magnikirche in Braunschweig, Hochaltar von Jenner und Vetten (1730/34)
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Magnikirche in Braunschweig, Taufbecken (1468), Deckel von Ulrich Henn (1964), Epitaphe aus dem 16. und 17. Jahrhundert