Souffleur

Souffleurkasten auf einer Naturbühne
Soufflierbuch der Mannheimer Uraufführung von Schillers Drama „Die Räuber“, 1782
Antisemitische Karikatur 1893. Dem mit den Finanzen jonglierenden Politiker Georges Clemenceau wird souffliert.

Ein Souffleur oder eine Souffleuse (von franz. souffler „flüstern, hauchen“, ital. suggeritore „Einbläser“) bezeichnet im Theater eine Person, die während einer Aufführung die Rollen flüsternd mitliest, um den Darstellern Einsätze zu signalisieren und ihnen über „Hänger“ (vergessener Text) hinwegzuhelfen.

Arbeitsweise

Traditionelle Arbeitsweise

Der Souffleur steht oder sitzt oftmals im Souffleurkasten, der in der Mitte der Bühne unterhalb der Rampe im Bühnenboden eingelassen ist. Vom Zuschauerraum aus ist er nicht zu sehen und selbst die Akteure erkennen vom Souffleur lediglich die Augen in einem nur zur Bühne hin offenen, etwa 25 cm hohen, schmalen und meist hölzernen Kasten. Da der Souffleur nur halblaut spricht oder gar flüstert, ist er zwar von den Darstellern, nicht jedoch von den Zuschauern zu verstehen. Vielerorts wird der Souffleurkasten nicht mehr verwendet. Der Souffleur sitzt mal auf der Seitenbühne und mal in der ersten Reihe des Zuschauerraums.[1] Er spricht je nach Entfernung von der jeweiligen Position aus leise zur Bühne hin oder souffliert mittels Mikrophon und Lautsprecher in diese Richtung.

In der Zeit von Öl- und Gasbeleuchtung im Theater, also im 18. und 19. Jahrhundert, war der Souffleur auch als Beleuchter für das Rampenlicht zuständig, indem er die Helligkeit regelte und Filter auswechselte.[2]

Moderne Arbeitsweise

Heute wird auch per Funk souffliert. Die Schauspieler tragen dazu einen kleinen Empfänger im Ohr, der Souffleurkasten ist dann überflüssig und der Störlärm wird reduziert. Diese Technik ist in vielen größeren Theatern schon länger gebräuchlich, wie z. B. im Wiener Burgtheater.

Musiktheater versus Schauspiel

Im Musiktheater ist der Tätigkeitsbereich und auch die Verantwortung des Souffleurs wesentlich größer als im Schauspiel. Der Maestro suggeritore in italienischer Tradition ist sogar eine Art Mit-Dirigent. Gute Souffleure dirigieren einzelne Passagen aus dem Souffleurkasten heraus mit und geben den Sängern Einsätze. Außerdem wird mit einer anderen Technik souffliert als im Schauspiel: Die jeweiligen Text-Anfänge der musikalischen Phrasen werden fast durchgängig souffliert, und zwar zeitversetzt, im Vergleich zum Schauspiel sehr viel früher und auch lauter. Das hängt zum einen damit zusammen, dass der Sänger mehr Zeit braucht, um die Information zusammen mit der gelernten musikalischen Struktur zu verarbeiten, zum anderen damit, dass der Souffleur mit seiner Stimme das Orchester so übertönen muss, dass es das Publikum möglichst nicht bemerkt.

Im Schauspiel – vor allem in kleineren Theatern – wird heute auf Souffleure oft verzichtet: Die längeren Probezeiten ermöglichen eine größere Textsicherheit der Schauspieler. Im Musiktheater dagegen gibt es oft nur drei Bühnenproben, was bis ins 19. Jahrhundert hinein auch im Schauspiel üblich war.

Der Beruf des Souffleurs hängt mit dem Repertoirebetrieb im Mehrspartentheater zusammen, bei dem oft keine längeren Aufführungsreihen zustande kommen, was die einzelnen Vorstellungen (im Unterschied zum En-suite-Spielbetrieb) relativ labil macht. Daher bemüht man sich heute auch im Repertoiretheater oft um Aufführungsserien. In den englischen und französischen Sprachgebieten, wo nur En-suite-Spielbetrieb üblich ist, fällt der Beruf des Souffleurs (prompter) oft mit dem des Inspizienten (stage manager) zusammen.

Rolle

In der Oper Capriccio lässt Richard Strauss den Souffleur Monsieur Taupe im Stimmfach Tenor auftreten.

Geschichte

Das Wort selbst kommt aus dem Französischen und bedeutete ursprünglich eigentlich Bläser, Einbläser (zu souffler = blasen)[3]. Dieser Terminus kam im 18. Jahrhundert in die Bühnensprache.[4] Der Souffleur bediente früher von Hand oder mit seinen Füßen den Blasebalg der Orgel. Im Kirchenchor war dies früher ein Amt und zu den Aufgaben und Pflichten des Souffleurs gehörte nicht nur die Sorge um Notenblätter, Utensilien, Kostüme der Sänger, auch um viele andere, nur scheinbare Nebensächlichkeiten, wie die notwendige Beleuchtung oder gar Unterkunft und Verpflegung des Chores, aber auch um das unumgängliche Erlernen der Liedertexte.[5]

Weitere Bedeutungen

Auch im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet man soufflieren für das Vor- und Einsagen.

Anekdotisches

Von dem berühmten Burgschauspieler Raoul Aslan (1945–1948 auch Direktor des Wiener Burgtheaters), der häufig Texthänger hatte und stets auf die Hilfe der Souffleuse angewiesen war, ist folgende Geschichte überliefert: Auf die Frage, ob es ihn nicht störe, dass das Publikum den Text gewissermaßen zweimal zu hören bekomme, wenn die Souffleuse ihm stets vorsagen müsse, antwortete er: „Was stört es den Kapitän auf der Brücke, wenn man das Geräusch der Schiffsschraube hört!“[6]

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary: Souffleur – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. ‚Ich bin ein kleiner Blitzableiter.‘ Franziska Fischer sitzt bei jeder Vorstellung in der ersten Reihe - sie ist Souffleuse. Am liebsten ist es ihr, während der Vorstellung gar nichts sagen zu müssen. In: Neues Deutschland vom 17./18. August 2019, S. 32 (ausführliches Gespräch über die Arbeit einer Souffleuse mit Inga Dreyer).
  2. siehe etwa: Robert Blum, Karl Herloßsohn, Hermann Marggraff: Allgemeines Theater-Lexikon oder Encyklopädie alles Wissenswerthen für Bühnenkünstler, Dilettanten und Theaterfreunde, Neue Ausgabe, Pierer und Heymann, Altenburg/Leipzig 1846, Bd. 6, S. 154 (Digitalisat).
  3. http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/Souffleur?hl=souffleur
  4. Duden Herkunftswörterbuch, Band 7, Mannheim 1963, ISBN 3411009071, Seite 652
  5. siehe auch Nicolas Gombert#Leben und Wirken
  6. Martin Halter: Der Kopf im Kasten-Eine kleine Kulturgeschichte der Souffleure In: SWR2-Essay, 21. November 2016, abgerufen am 21. Juli 2021

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Soufflierbuch Die Räuber Mannheim.jpg
Soufflierbuch zur Uraufführung von Friedrich Schillers Die Räuber am 13. Januar 1782 in Mannheim, entstanden durch Souffleur Johann Daniel Trinkle, 1781/1782
Collection: Reiss-Engelhorn-Museen, Mannheim
Clemenceau - Le pas du commandité Petit journal.jpeg
This is a 1893 printing of the Petit Journal Illustré (supplement of the Petit Journal) published on August, 19. It is an attack on Georges Clemenceau, candidate to the 1893 legislative elections in the Var. He is dancing with bags of Sterling Pounds, according to popular attacks at the time against him, treating him as an "agent of the United Kingdom" and claiming he was involved in various scandals (Panama, etc.). According to Michel Winock's 2007 biography (p.202), the guy whispering to him with a "semitic nose" would be Cornelius Herz, but it's rather a stereotyped (frequent in this illustrated newspaper) representation of the English people. This drawing goes hand in hand with an article by Emile Judet, in the Petit Journal (August 19, 1893), called "La litanie de Clemenceau", a vicious attack on the later.
Heldritt (8).jpg
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Waldbühne Heldritt in Bad Rodach-Heldritt, Souffleurkasten