Sopwith 1½ Strutter

Sopwith 1½ Strutter
Sopwith 1B2 Strutter Front.jpg
TypBomber
Entwurfsland

Vereinigtes Konigreich 1801 Vereinigtes Königreich

HerstellerSopwith Aviation Company
Erstflug16. Dezember 1915
Indienststellung1916–1918
Produktionszeit

1915–1917

Stückzahlca. 5720[1]

Die Sopwith 1½ Strutter war ein britisches Doppeldecker-Kampfflugzeug des Ersten Weltkrieges. Sie wurde sowohl als einsitziger Bomber als auch als doppelsitziges Jagdflugzeug eingesetzt.

Entwicklung

Entworfen wurde die 1½ Strutter von Harald Smith in der Sopwith Aviation Company, orientiert am „Sigrist Bus“ (benannt nach dem Werksleiter von Sopwith Fred Sigrist), einem kleinen zweisitzigem Flugzeug mit einem 80 PS (60 kW) leistenden Gnôme-Umlaufmotor, und dem daraus entwickelten Nachfolger Sopwith LCT (Land Clerget Tractor) mit 110 PS (82 kW) leistendem Clerget-Motor. Der Rumpf des Flugzeugs war eine im hinteren Teil mit Stoff bespannte Holzkonstruktion, Bug und Motor besaßen jedoch eine Beplankung mit Aluminiumblechen. Steuer- und Tragflächen wurden aus verschweißten Stahlrohren gefertigt und mit Leinwand bespannt. Der Kraftstofftank war zwischen Pilot und Beobachter in der Mitte des Flugzeugs untergebracht, um die Schwerpunktsänderungen infolge der veränderlichen Kraftstofffüllung zu minimieren. Die Distanz zwischen Piloten- und Beobachtersitz erschwerte allerdings die mündliche Verständigung der Besatzung untereinander. Man behalf sich oft durch ein Zugseil, mit dem der Beobachter dem Piloten verabredete Zeichen gab.

Angetrieben wurde das Flugzeug zunächst von einem 110 PS starken Clerget-9Z-Umlaufmotor, ab Herbst 1916 wurde der stärkere 130 PS (97 kW) Clerget 9B eingebaut. Gebaut wurden eine einsitzige und eine zweisitzige Variante. Die Strutter war das erste britische Flugzeug mit synchronisiertem Maschinengewehr, meist mit dem zuverlässigeren Scarff-Dibovski-Getriebe, bei den anderen unbefriedigenden Getriebetypen (Vickers Challenger, Ross, Sopwith-Kauper) wurde das synchronisierte MG oft wieder ausgebaut. Neben dem 7,62-mm-Vickers-MG bediente der Beobachter ein drehbares 7,62-mm-Lewis-MG, das auf einer Nieuport- oder Lewis-, später auf einer Scarff-Lafette montiert war und über ein gutes Schussfeld verfügte. Die Bombenzuladung betrug ca. 100 kg. Besonders innovativ waren aerodynamische Luftbremsen, die an der Hinterkante der unteren Tragfläche angebracht waren, sowie ein im Flug trimmbares Höhenruder, um den Heckauftrieb der Zuladung anzupassen.

Der Prototyp (3686) durchlief vom 16. Dezember 1915 bis zum 24. Januar 1916 trotz widriger Wetterverhältnisse erfolgreich die Erprobung und wurde im Februar vom Royal Naval Air Service (R.N.A.S.) bestellt; zwei Monate später folgte die Bestellung durch das Royal Flying Corps. Offiziell wurde das Flugzeug danach als Admiralty Typ 6400 bezeichnet; die Einsitzer-Version wurde Admiralty Typ 6700 genannt und als Langstreckenbomber mit Zusatztank anstelle des Beobachtersitzes versehen. Allerdings setzte sich bald der von der Truppe verwendete inoffizielle Name 1½ Strutter durch, der sich von der Anordnung ihrer mittleren W-förmigen Strebenpaare ableitete.

Einsatz

Die 1½ Strutter ersetzte ab April 1916 allmählich die veralteten Airco D.H.1 und Royal Aircraft Factory F.E.2 mit ihren Druckpropellern und half, gegen die deutschen Fokker-Eindecker die Luftüberlegenheit für die Alliierten zurückzugewinnen. Sie kam zunächst an der Westfront, später auch an anderen Kriegsschauplätzen in Palästina, Mazedonien, Italien und in der Ägäis zum Einsatz und wurde an einigen Frontabschnitten noch bis Kriegsende verwendet.

Die Strutter galt trotz des schwierig zu wartenden Clerget-Motors als zuverlässig und einfach zu handhaben, allerdings bereits ab Mitte 1917 wegen ihrer geringen Bombenlast und Geschwindigkeit veraltet. Ein Pilot bezeichnete sie als „gutes Reiseflugzeug, aber kein Kriegsflugzeug“.[2] Sie diente vor allem als Bomber, aber auch als Jäger, Aufklärer, Erdkampfflugzeug sowie zum Küstenschutz und U-Bootjagd.

Einsatz gegen Deutschland

Von seinem Flugplatz in Luxeuil flogen die Strutter des No. 3 Wing RNAS Bombenmissionen und Begleitschutz für französische Farman- und Breguet-Michelin-Bomber der 4ème Groupe de Bombardement bei deren Angriffen gegen die Benzinlager in Mülheim am 30. Juli 1916 und die Mauserwerke in Oberndorf am 12. Oktober 1916, wobei sie irrtümlich Donaueschingen bombardierten.

Einsatz in Frankreich

  • 1520 Sopwith 1½ Strutter wurden von den britischen Streitkräften – vom Royal Flying Corps des Heeres und dem Royal Naval Air Service der Marine – bestellt und in acht verschiedenen Werken (Sopwith, Fairey Aviation, Hooper & Co, Mann, Egerton & Co, Ruston, Proctor & Co, Vickers Ltd, Wells Aviation und Westland Aircraft) hergestellt. Die ersten Strutter wurden im Frühjahr 1916 an das No. 5 Wing des RNAS geliefert. Im April hatte der Wing einen vollen Schwarm Strutters, die zur Eskortierung der Caudron G.IV und Breguet Bre.5 des Wing eingesetzt wurden. Die nächsten Strutter wurden zunächst der No. 70 Squadron des Royal Flying Corps zugeführt, damit diese rechtzeitig für die am 1. Juli 1916 beginnende Somme-Offensive einsatzbereit wurde. Im Oktober 1916 ging No. 45 Squadron mit der Sopwith 1½ Strutter in den Einsatz; Captain Geoffrey Hornblower Cock wurde mit 13 Luftsiegen zum erfolgreichsten Jagdflieger auf einer Strutter. Anfang 1917 folgten die Squadrons 37, 39, 43, 44, 46, 78 und 143 des R.F.C. sowie Wing 1, 2 und 6 des R.N.A.S. Zwischen Juli und Oktober 1917 wurden die britischen Strutter an der Westfront aus dem Einsatz gezogen und vor allem durch die Sopwith Camel ersetzt, da sie den neuen deutschen Kampfflugzeugen an Geschwindigkeit und Wendigkeit inzwischen unterlegen waren. Die letzten Abfangjäger flogen bis Juli 1918 bei der Squadron 78 in Martlesham und in Suttons Farm.[3] Zahlreiche Strutter wurden als Schul- oder Verbindungsflugzeuge weiter verwendet.
  • Die französische Aéronautique Militaire und die französische Marine ließen nach einer ersten Lieferung von 50 britischen Flugzeugen 4.200 Maschinen[4] bei den Firmen Amiot, Bessoneau, Darracq, Lioré et Oliver, Hanriot, Sarazin Frères, S.F.A. und R.E.P. in Lizenz bauen. Diese erhielten die Bezeichnungen SOP. 1 A2 (Aufklärungszweisitzer), SOP.l B2 (zweisitziger Bomber) und SOP.1 Bl (einsitziger Bomber) und waren mit 150-PS-LeRhône-9Jby-, 130-PS-Clerget-9Bc- und 135-PS-Clerget-9Ba-Motoren ausgerüstet. Die ersten Maschinen gingen im Juni 1917 an die Escadrilles SOP 129, 131 und 132; zu diesem Zeitpunkt waren sie jedoch bereits den deutschen Albatros-Jägern deutlich unterlegen. Als im April 1918 die Produktion auslief, waren noch 395 Aufklärer und 47 Bomber im Einsatz, die letzten wurden erst im Oktober 1918 ausgesondert.
  • 1918 kauften die American Expeditionary Forces der französischen Armee 514 Strutter ab: 384 SOP. 1 A2 und 130 SOP. 1 B1. Diese wurden, da sie für den Frontdienst nicht mehr als leistungsfähig genug betrachtet wurden, vor allem zur Ausbildung in Issoudun als Schulflugzeuge verwendet. Die 80th, 90th und die 99th Aero Squadrons setzten jedoch eine Zeit lang die Strutter ein, bis modernere Kampfflugzeuge zur Verfügung standen.[5]
  • Vier Strutter gingen an die US Navy und wurden auf deren Stützpunkten in Mouchic und Pauillac verwendet.

Einsatz in Belgien und den Niederlanden

  • Einige Sopwith 1½ Strutter, die bei Einsatzflügen auf holländischem Boden notgelandet waren, wurden dort interniert und von der Luchtvaart Afdeeling der niederländischen Armee verwendet.
  • Die 2ème, 3ème und 4ème Escadrille der Aviation Militaire Belge erhielten insgesamt 27 Strutter,

Einsatz in anderen Ländern

Varianten

  • Ship Strutter: Einige Strutter kamen auf den Flugzeugträgern HMS Argus, HMS Furious und anderen Kriegsschiffen zum Einsatz, mit diesen Ship Strutters wurden Deckstarts- und -landungen, Fangvorrichtungen und Notwasserungen erprobt. Die Ship Strutters wurden teilweise und mit Kufenlandegestellen ausgerüstet und hatten zusätzlich am Rumpf angebrachte Schwimmkörper, um ein Versinken des Flugzeugs bei einer Notwasserung zu vermeiden.[9]
  • Comic Fighter: Für die Heimatverteidigung wurde sie auf Veranlassung von Captain F.W. Honnett, Flight Commander des „A“ Flight der 78. Squadron, zu einer einsitzigen Version Comic Fighter umgebaut: das vordere Cockpit wurde abgedeckt, ein Doppel-MG und Suchscheinwerfer wurden aufmontiert, und das Flugzeug so ausgerüstet als Nacht- und Abfangjäger gegen Zeppeline und schwere deutsche Fernbomber eingesetzt.[10]

Als verkleinerte Version der Strutter erschien Ende 1916 der sehr erfolgreiche Jagdeinsitzer Sopwith Pup.

Technische Daten

KenngrößenDaten
BesatzungPilot und Beobachter
Länge7,7 m
Spannweite10,21 m
Höhe3,12 m
Flügelfläche32,14 m²
Leermasse570 kg
Startmasse975 kg
Antriebein Umlaufmotor Clerget 9B, 130 PS (97 kW)
Höchstgeschwindigkeitauf NN: 164 km/h
in 1980 m Höhe: 161 km/h[11]
Steigzeitauf 2000 m: 10:30 min
auf 3000 m: 20 min
auf 4000 m: 35 min
Dienstgipfelhöhe3960 m[12]
Reichweite565 km
Bewaffnung1 × 7,7-mm-Vickers-MG, 1 × 7,7-mm-Lewis-MG,
Bombenzuladungals Einsitzer: 4 × 29 kg
als Zweisitzer: 4 × 25 kg
als U-Bootjäger: 2 × 30 kg
4 × 29,5-kg-Bomben

Leistungsvergleich

Die Sopwith 1½ Strutter im Leistungsvergleich (ca. Frühjahr 1917):

NameLandMotorstärkemax. GeschwindigkeitStartmasseMGGipfelhöhe
Sopwith 1½ StrutterVereinigtes Konigreich 1801 Vereinigtes Königreich130 PS164 km/h975 kg23960 m
Nieuport 12Dritte Französische Republik Frankreich110 PS144 km/h875 kg24300 m
R.A.F. F.E.2Vereinigtes Konigreich 1801 Vereinigtes Königreich160 PS147 km/h935 kg13353 m
R.A.F. R.E.8eVereinigtes Konigreich 1801 Vereinigtes Königreich150 PS164 km/h1302 kg24115 m
Roland C.IIDeutsches Reich Deutsches Reich160 PS160 km/h1340 kg24500 m
Albatros C.IIIDeutsches Reich Deutsches Reich160 PS140 km/h1353 kg23350 m

Siehe auch

Literatur

  • J. M. Bruce: The Sopwith 1½ Strutter. Profile Nr. 121, Profile Publications, Leatherhead.
  • J. M. Bruce: The Sopwith 1½ Strutter. In: Flight. September 1956, S. 542ff und Oktober 1956, S. 570ff. (englisch)[13]
  • Kenneth Munson: Bomber 1914–1919. 2. neu bearbeitete Auflage. Orell Füssli Verlag, Zürich 1968, S. 137. (Flugzeuge der Welt in Farben)
  • Heinz Nowarra: Die Entwicklung der Flugzeuge 1914–1918. München 1959, S. 102.
  • Enzo Angelucci, Paolo Matricardi: Die Flugzeuge. Von den Anfängen bis zum Ersten Weltkrieg. Falken-Verlag, Wiesbaden 1976, ISBN 3-8068-0391-9, S. 182. (Falken-Handbuch in Farbe)
  • Michael Sharpe: Doppeldecker, Dreifachdecker & Wasserflugzeuge. Bindlach 2001, ISBN 3-8112-1872-7, S. 290.
  • Karlheinz Kens, Hanns Müller: Die Flugzeuge des Ersten Weltkriegs 1914–1918. München 1966, ISBN 3-453-00404-3.

Weblinks

Commons: Sopwith 1½ Strutter – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Karlheinz Kens, Hanns Müller: Die Flugzeuge des Ersten Weltkriegs 1914–1918. München 1966, ISBN 3-453-00404-3, S. 138.
  2. vgl. [1] aufgerufen 15. März 2013.
  3. [2]
  4. vgl. Enzo Angelucci, Paolo Matricardi: Die Flugzeuge. Von den Anfängen bis zum Ersten Weltkrieg. Falken-Verlag, Wiesbaden 1976, ISBN 3-8068-0391-9, S. 182.
  5. – aufgerufen am 15. März 2013
  6. [3]
  7. [4]
  8. [5]
  9. [6]
  10. [7]
  11. vgl. Enzo Angelucci, Paolo Matricardi: Die Flugzeuge. Von den Anfängen bis zum Ersten Weltkrieg. Falken-Verlag, Wiesbaden 1976, ISBN 3-8068-0391-9, S. 182.
  12. widersprüchliche Angaben: 5.000 m gem. Heinz Nowarra: Die Entwicklung der Flugzeuge 1914–1918. München 1959, S. 102.
  13. [8]

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Sopwith 1 1.5 LeB 05.07R.jpg
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Sopwith One-and-a-Half Strutter preserved at the Musee de l'Air et de l'Espace Paris Le Bourget
Sopwith Strutter RAFM.jpg
Sopwith 1 1/2 Strutter WW1 aircraft on display at the Royal Air Force Museum London.
BramptonWW1.jpg
(c) (WT-en) Elgaard auf Wikivoyage auf Englisch, CC BY-SA 4.0
WW1 replica Sopwith 1½ Strutter, in Brampton
HMAS Australia launching aircraft 1918.jpg
A Sopwith 1 1/2 Strutter biplane aircraft taking off from a platform built on top of HMAS Australia's midships "Q" turret.
Sopwith 1B2 Strutter Front.jpg
French-built Sopwith 1B.2 Strutter at Air Service Production Center No. 2, Romorantin Aerodrome, France, 1918
RMM Brussel Sopwith Strutter 2.JPG
Autor/Urheber: Ad Meskens, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Sopwith Strutter (c/n 66) in the Royal Military Museum at the Jubelpark, Brussels.