Silvia Ronchey

Silvia Ronchey (2012)

Silvia Ronchey (* 13. März 1958 in Rom) ist eine italienische Essayistin, Wissenschaftlerin und Philologin. Ehemalige assoziierte Professorin an der Universität von Siena hat sie nun den Lehrstuhl für Byzantinistik am Fachbereich für Geisteswissenschaften an der Universität von Roma Tre inne. [1]Sie arbeitet mit der Zeitung La Repubblica zusammen.

Leben

Als Tochter der Schriftstellerin Vittoria Aliberti und Alberto Ronchey – Journalist, Schriftsteller und Kulturminister – besuchte Silvia Ronchey in den 70er Jahren das Gymnasium Massimo d'Azeglio in Turin und anschließend das Gymnasium Ennio Quirino Visconti in Rom. Bereits während ihrer Schulzeit entwickelte sie ihr Interesse an der byzantinischen Zivilisation: «Ich verbrachte meine [Zeit] in der angrenzenden Biblioteca Casanatense, oder ich ging bis zur Biblioteca Angelica. Das machte ich alle letzten drei Jahre des Gymnasiums weiter und, als ich erkannte, dass die griechische Literatur nicht mit dem endete, was man damals hellenistische Epoche nannte, wie es aus den Schulhandbüchern hervorgeht, sondern sich über elf Jahrhunderte fortsetzte, und zwar genau in Byzanz, begann ich mich mit starker Begeisterung in dieses unbekannte Grenzgebiet zu bewegen.» 1976 entschied sich Silvia Ronchey für die Byzantinistik und im selben Jahr begann sie ihre paläographische Lehrzeit an den Handschriften des Johannesklosters in Patmos. 1981 schloss sie ihr Studium der antiken Literatur an der Universität Pisa mit einer von Franco Montanari betreuten Arbeit aus der byzantinischen Philologie ab. In den folgenden Jahren arbeitete sie neben Patmos auch an der Bibliothek des griechisch-orthodoxen Patriarchats von Alexandria in Ägypten, am Centre d'Histoire et Civilisation du Monde Byzantin des Collège de France in Paris und wurde mit einem Stipendium Fellow am Dumbarton Oaks Institute for Byzantine Studies in Washington D.C., wo sie mit einem der größten Byzantinisten des zwanzigsten Jahrhunderts, Aleksandr Petrovič Každan, zu arbeiten begann. Zu Silvia Roncheys frühen wissenschaftlichen Arbeiten gehören Studien über die Chronographie des Michael Psellus, von der sie die erste italienische Übersetzung veröffentlichte, über Eustathios von Thessaloniki, über eine byzantinische Version des Lebens Buddhas (Barlaam und Ioasafat), über die antiken Akten der griechischen Märtyrer und ihre ersten Aufsätze über Hypatia und Bessarion. Mit Každan war sie Co-Autor von der Studie der byzantinischen Aristokratie (L'aristocrazia bizantina). Seit den späten 1990er Jahren verfasste sie Monographien über die Kultur von Byzanz, darunter Lo Stato Byzantino, und über die Rezeption von Byzanz in der Neuzeit und Gegenwart. Im letzten Jahrzehnt entstanden Studien über Konstantinopel, Mistras, den Niedergang und Fall von Byzanz, die byzantinischen kulturellen Wurzeln der europäischen Renaissance und das historische Erbe des Kaisertitels des Zweiten Roms nach der islamischen Expansion.Neben etwa hundert Fachaufsätzen[2] verfasste Silvia Ronchey weit verbreitete Bücher, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden, wie z.B. L'enigma di Piero (Rizzoli), das mehrfach ausgezeichnet wurde, u.a. mit dem Premio Procida-Isola di Arturo-Elsa Morante 2006, Il guscio della tartaruga (Nottetempo), Il romanzo di Costantinopoli (Einaudi) und Ipazia. La vera storia (Rizzoli), verkaufsstarkes Buch, das mehrfach ausgezeichnet wurde: Premio Nazionale Letterario Pisa 2011, Premio Città delle Rose 2011, Premio Teocle 2011 und, von der Kritik einhellig begrüßt, La cattedrale sommersa (Rizzoli). Nach einer zwanzigjährigen Zusammenarbeit mit La Stampa und deren Beilage Tuttolibri schreibt Silvia Ronchey regelmäßig für La Repubblica. Zu ihren Radiosendungen gehören der Zyklus über den Fall von Konstantinopel in Alle 8 della sera (RadioRaiDue), die Serie über das antike, mittelalterliche und byzantinische Melodram in Di tanti palpiti (RadioRaiTre) und die Serien Contaminazioni del sacro, Il buddhismo e l'occidente und Queste anime viventi: animali, anima, mondo (RadioRaiTre).[3] Zusammen mit dem Schriftsteller und Universitätsdozenten Giuseppe Scaraffia schrieb und führte Silvia Ronchey Kulturprogramme für die RAI durch und arbeitet dabei mit RAISAT, RAIUNO, RAIDUE und RAITRE zusammen. Dazu gehört L'altra edicola, ein Kulturprogramm, das von 1994 bis 1999 auf RAIDUE und später auf RAISAT1 gesendet wurde. Zusammen mit Scaraffia führte sie auch noch eine Reihe Interviews mit hohen Persönlichkeiten der Kultur, wie Ernst Jünger[4], Claude Lévi-Strauss[5], James Hillman[6], David Lodge, Jean-Pierre Vernant. Vor allem die Begegnung mit dem amerikanischen Psychoanalytiker, Essayisten und Philosophen James Hillman führte zu einer langjährigen Zusammenarbeit, die neben Fernsehinterviews in den beiden Büchern/Dialogen L'anima del mondo und Il piacere di pensare (Rizzoli) erfolgte und bis zu Hillmans Tod andauerte, dessen letztes Buch Silvia Ronchey derzeit für eine postume Veröffentlichung herausgibt.

DEUTUNG DER HYPATIAS GESCHICHTE

Silvia Ronchey ist die Wissenschaftlerin, die sich in den letzten zwanzig Jahren am gründlichsten mit der Figur der Hypatia, ihrem ethischen, philosophischen, religiösen und politischen Charakter und den Umständen ihrer Ermordung auseinandersetzte: "Wenn Sie etwas Glaubwürdiges über Hypatia wissen möchten, suchen Sie online [...] und, für etwas Gelehrteres, fragen Sie Google 'Silvia Ronchey Hypatia' und Sie werden (unzensiertes) Brot für Ihre Zähne finden". In den seit den 1990er Jahren veröffentlichten Forschungen[7] und insbesondere in der Monographie Ipazia. La vera storia (Rizzoli, 2010)[8], einem italienischen Bestseller und Preisträger[9], der von der Kritik einhellig gelobt wurde[10], rekonstruierte Silvia Ronchey das existenzielle und intellektuelle Schicksal der Hypatia, indem sie es in die historisch-kulturelle Realität der Spätantike und der frühen byzantinischen Zivilisation die Philosophin einordnete und sie vor den Hintergrund der turbulenten Veränderungen stellte, die der Niedergang des Heidentums und der Aufstieg des Christentums mit sich brachten. Anhand antiker historischer Quellen und philologischer Analysen entwickelte Silvia Ronchey eine inzwischen weitgehend akzeptierte, umfassende These zu Hypatia. Ihre Forschungen wiesen die materielle Schuld des Bischofs Kyrill von Alexandria nach, der nach Silvia Roncheys Meinung Hypatias Ermordung nicht nur inspirierte, sondern direkt anstiftete. Darüber hinaus brachte diese Forschung die politischen und kirchlichen Gründe ans Licht, warum die christliche Kirche von Anfang an und seit Jahrhunderten hartnäckig das Bedürfnis hatte, ihre eigene Verantwortung in der Affäre zu verbergen. Darüber hinaus hebt Silvia Ronchey's Interpretation den Unterschied zwischen den Positionen der lokalen ägyptischen koptischen Kirche und der Kirche in Rom gegenüber der zentralen byzantinisch-orthodoxen Kirche und den Mitgliedern ihrer gebildeten Schicht hervor, die über Jahrhunderte hinweg Bewunderer der Hypatia und hartnäckige Verfechter von Kyrills Schuld waren. Nach Silvia Roncheys Rekonstruktion sollte Hypatia darüber hinaus ein offizieller priesterlicher Status und die Anerkennung als "Meisterin" einer der wichtigsten esoterischen Schulen der Spätantike zuerkannt werden. Als solche war Hypatia ohne jeden Zweifel sowohl Heidin als auch Platonikerin. Ihre Lehren hatten einen doppelten Zweck, explizit sowohl in "esoterischen" Lektionen, die für alle offen waren und in öffentlichen Räumen abgehalten wurden, als auch in privaten, geheimen esoterischen Lektionen, die in ihrem Haus abgehalten wurden und einer eingeweihten Elite vorbehalten waren, zu der auch der spätere christliche Bischof Synesius gehörte, dessen Schriften die Hauptquelle für Hypatias Lehren und mystische Weisheit sind. Für weitere Informationen zu Silvia Roncheys Interpretation, klicken Sie hier.

Schrifte

Monographien

  • Hypatia. The True Story, Berlin – Boston: De Gruyter, 2021.
  • La Cattedrale sommersa. Alla ricerca del sacro perduto, Collana Saggi italiani, Milano, Rizzoli, 2017; Best BUR 2018.
  • S. Ronchey – P. Cesaretti (a cura di), Eustathii Thessalonicensis Exegesis in canonem iambicum pentecostalem, Berlino – New York, De Gruyter, 2014.
  • Ipazia. La vera storia, Milano, Rizzoli, 2010 (Premio Nazionale Letterario Pisa 2012, Premio Teocle 2011, Premio Città delle Rose 2011) e 20156; nuova edizione riveduta e ampliata, Milano, BUR, 2022.
  • S. Ronchey – T. Braccini, Il romanzo di Costantinopoli, guida letteraria alla Roma d'Oriente, Torino, Einaudi, 2010 (Premio De Lollis 2011, Premio Roma: menzione speciale 2011) e 20162.
  • Il guscio della tartaruga. Vite più che vere di uomini illustri, Collana Narrativa, Roma, Nottetempo, 2009.
  • L'enigma di Piero. L'ultimo bizantino e la crociata fantasma nella rivelazione di un grande quadro, Milano, Rizzoli, 2006 (Premio Elsa Morante 2006, Premio Frontino-Montefeltro 2006, Premio Bevilacqua 2007) e 20174; ピエロ·デッラ·フランチェスカ《キリストの鞭打ち》の謎を解く:最後のビザンティン人と近代の始まり. Japanese edition of L'Enigma di Piero, Tokyo, Hakusuisha, 2019.
  • Lo Stato Bizantino, Torino, Einaudi, 2002 (Premio Finale Ligure 2003, Premio Capalbio 2003) e 20192.
  • Aleksandr Petrovič Každan – S. Ronchey, L'aristocrazia bizantina. Dal principio dell'XI alla fine del XII secolo, Palermo, Sellerio, 1997, 19992 con postfazione di Luciano Canfora.
  • Indagine sul martirio di san Policarpo, Roma, Istituto Storico Italiano per il Medioevo, 1990.
  • Indagini ermeneutiche e critico-testuali sulla «Cronografia» di Psello, Roma, Istituto Storico Italiano per il Medioevo, 1985.

Aufsatzsammlung und Buchbeiträge

  • Libri quos mari transmisi Venetias. Busbecq, Prodromos Petra e i giacimenti librari costantinopolitani al tempo di Solimano il Magnifico, “Engramma” 174 (2020), http://www.engramma.it/eOS/index.php?id_articolo=3926.
  • Destroying the Past. Monotheism, Iconoclasm, and the Sacred, in A. Mambelli – V. Marchetto (eds.), Naming the Sacred. Religious Toponymy in History, Theology and Politics, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2019, pp. 93-102.
  • Morte accidentale di una professoressa. In margine a un recente libro su Ipazia, “Medioevo greco” 18 (2018), pp. 351-371.
  • Ritorno a Bisanzio. Il riemergere della Costantinopoli bizantina nello sguardo dei letterati e degli eruditi durante la caduta dell’impero ottomano, in E. Lo Sardo (direzione e ideazione), A. De Pascale – C.M. Fiorentino (a cura di), La Grande Guerra. L’Italia e il Levante, Roma, De Luca, 2017, pp. 93-98.
  • Perché Cirillo assassinò Ipazia?, in A. Marcone – U . Roberto – I. Tantillo (a cura di), Tolleranza religiosa in età tardoantica: IV-V secolo. Atti delle Giornate di studio sull’età tardoantica, Roma, 26-27 maggio 2013, Cassino, Edizioni Università di Cassino, 2014, pp. 135-177.
  • l titulus di Costantino tra conciliarismo, umanesimo e iconografia, in P. Brown – G. Dagron – J. Helmrath – A. Melloni – E. Prinzivalli – S. Ronchey – N. Tanner (a cura di), Costantino I, I-III, Istituto della Enciclopedia Italiana, Roma 2013, II, pp. 645-664.
  • Volti di Bessarione, in A. Rigo – A. Babuin – M. Trizio (a cura di), Vie per Bisanzio. VII Congresso Nazionale dell'Associazione di Studi Bizantini, Venezia 25-28 novembre 2009, Bari, Edizioni di Pagina, 2013, pp. 539-551.
  • Tommaso Paleologo al Concilio di Firenze, in G. Lazzi – G. Wolf (a cura di), La stella e la porpora. Il corteo di Benozzo e l’enigma del Virgilio Riccardiano. Atti del Convegno di Studi (Firenze, 17 maggio 2007), Firenze, Polistampa, 2009, pp. 135-159.
  • Piero, Pisanello e i bizantini al concilio di Ferrara-Firenze, in Piero della Francesca e le corti italiane, catalogo della mostra, Milano, Skira, 2007, pp. 13-19.
  • On a Golden Bough. Bisanzio in due poesie di William Butler Yeats, in G. Fiaccadori (a cura di), «In partibus Clius». Scritti in onore di Giovanni Pugliese Carratelli, Napoli, Vivarium, 2006, pp. 609-623.
  • Bisanzio Continuata. Presupposti ideologici dell’attualizzazione di Bisanzio nell’età moderna, in G. Cavallo (a cura di), Lo spazio letterario del medioevo, III/1. La cultura bizantina, Roma, Salerno, 2005, pp. 691-727.
  • Teodora Femme Fatale, in S. Ronchey (a cura di), La decadenza, Palermo, Sellerio, 2002, pp. 19-43.
  • Ipazia, l’intellettuale, in A. Fraschetti (a cura di), Roma al femminile, Roma, Laterza, 1994, pp. 213-258, TRAD. INGL. S. Ronchey, Hypatia the Intellectual, in A. Fraschetti (ed.), Roman Women, Chicago & London, The University of Chicago Press, 2001, pp. 160-189.
  • Il Martirio di San Policarpo e gli antichi Atti dei martiri da Baronio a oggi: dottrina ufficiale e realtà storica, in R.F. Taft, S.J. (ed.), The Christian East, Its Institutions and Its Thought. A Critical Reflection – Papers of the International Scholary [sic] Congress for the 75th Anniversary of the Pontifical Oriental Institute, Rome, 30 May-5 June 1993 (“Orientalia Christiana Analecta” 251), Roma, Pontificio Istituto Orientale, 1996, pp. 651-670.
  • Filosofa e martire: Ipazia tra storia della chiesa e femminismo, in R. Raffaelli (a cura di), Vicende e figure femminili in Grecia e a Roma (Atti del Convegno di Pesaro, 28-30 aprile 1994), Ancona, Commissione per le Pari Opportunità della Regione Marche, 1995 pp. 449-465.
  • Bessarione poeta e l’ultima corte di Bisanzio, in G. Fiaccadori (a cura di), Bessarione e l’Umanesimo, catalogo della mostra, pref. di G. Pugliese Carratelli, Napoli, Vivarium - Istituto Italiano per gli Studi Filosofici - Biblioteca Nazionale Marciana, 1994, pp. 47-65.
  • Gli atti dei martiri tra politica e letteratura, in A. Momigliano – A. Schiavone (a cura di), Storia di Roma, III/2. I luoghi e le culture, Torino, Einaudi, 1993, pp. 781-825.

Dialoge

  • James Hillman – S. Ronchey, L’ultima immagine, Milano, Rizzoli, 2021.
  • Claude Lévi-Strauss, Cristi di oscure speranze, Intervista di Silvia Ronchey e Giuseppe Scaraffia, Collana Gransassi, Nottetempo, 2008.
  • James Hillman, Il piacere di pensare, Conversazione con Silvia Ronchey, Milano, Rizzoli, 2001 e 20222; BUR 2004 e 20134.
  • James Hillman, L'anima del mondo, Conversazione con Silvia Ronchey, Milano, Rizzoli, 1999; BUR 2001.

Übersetzungen

  • Vita bizantina di Barlaam e Joasaf, introd., trad. e note di S. Ronchey e P. Cesaretti, Milano, Rusconi, 1980; nuova edizione riveduta col titolo Storia di Barlaam e Ioasaf. La vita bizantina del Buddha, Torino, Einaudi, 2012.
  • Atti e passioni dei martiri, introd. di A.A.R. Bastiaensen, testo critico e comm. a cura di A.A.R. Bastiaensen – A. Hilhorst – G.A.A. Kortekaas – A.P. Orbán – M.M. van Assendelft, tradd. di G. Chiarini – G.A.A. Kortekaas – G. Lanata – S. Ronchey, Milano, Mondadori/Fondazione Lorenzo Valla, 1987 e 20147.
  • Michele Psello, Imperatori di Bisanzio (Cronografia), introd. di D. Del Corno, testo critico a cura di S. Impellizzeri, comm. di U. Criscuolo, trad. di S. Ronchey, Milano, Mondadori, 1984 e 20055.

Anmerkungen

  1. Silvia Ronchey | The University of RomaTre - Academia.edu,. In: ,bei roma3.academia.edu. Abgerufen am 28. Mai 2022.
  2. Elenco pubblicazioni,. In: bei uniroma3.it. Abgerufen am 28. Mai 2022.

Weblinks

Wikiquote: Silvia Ronchey – Zitate (italienisch)
Commons: Silvia Ronchey – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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Autor/Urheber: Niccolò Caranti, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Silvia Ronchey at Festivaletteratura 2012 in Mantua. Church of Santa Maria della Vittoria.