Siegfried von Vegesack

Siegfried von Vegesack (* 8. Märzjul. / 20. März 1888greg. auf dem Gut Blumbergshof bei Wolmar, Livland; † 26. Januar 1974 auf Burg Weißenstein, Regen) war ein deutscher Schriftsteller und Übersetzer.

Das „Fressende Haus“

Leben

Siegfried von Vegesack wuchs im Baltikum als neuntes Kind des Ordnungsrichters Otto Gotthard von Vegesack und seiner Frau Janet Constance Clementine von Campenhausen auf.[1] Von 1901 bis 1907 besuchte er das Stadtgymnasium in Riga. Er studierte von 1907 bis 1912 Geschichte in Dorpat, wo er der Corporation Livonia beitrat, und von 1912 bis 1914 in Heidelberg, Berlin und München und arbeitete nebenbei als Journalist. Später betätigte er sich als Schriftsteller und Übersetzer. Einen Namen als Dichter machte er sich mit Die baltische Tragödie.[2]

In München lernte er Clara Nordström kennen, die er 1915 in Stockholm heiratete. 1916 bekam er Arbeit in der Pressestelle des Auswärtigen Amts in Berlin, zog jedoch 1917 aus gesundheitlichen Gründen mit seiner Familie nach Bayern. 1918 fand die Familie Vegesack in einem verlassenen Wirtschaftsgebäude der Burgruine Weißenstein ein neues Zuhause. Diesen Turm benannte er später wegen der für die Renovierung notwendigen finanziellen Mittel „Fressendes Haus“ und veröffentlichte auch ein Buch mit gleichem Namen. 1929 verpachtete die Familie den Wohnturm und zog in das Tessin um.

1933 wurde Vegesack in „Schutzhaft“ genommen, weil er eine Hakenkreuzfahne von der Burgruine entfernt hatte. Daraufhin emigrierte Vegesack nach Schweden, verbrachte die Jahre 1936 bis 1938 in Südamerika, reiste aber auch nach Jugoslawien sowie in das Baltikum und kehrte danach nach Deutschland zurück. 1935 war die Ehe mit Clara Nordström geschieden worden. 1940 heiratete er Gabriele Ebermayer (1903–1972), mit der er einen Sohn (Christoph) hatte. In den Kriegsjahren 1941 bis 1944 stand er als Dolmetscher der Wehrmacht im Krieg gegen die Sowjetunion im Einsatz. 1941 meldete Vegesack sich freiwillig als Wehrmachtsdolmetscher in den Osten, wo er als „Sonderführer“ auch in seine alte baltische Heimat kam.[3] Er war beim Wirtschaftsstab Ost der Wehrmacht unter anderem im Kaukasus (Pjatigorsk) und am Schwarzen Meer tätig.[4]

Totenbrett über dem Grab

Seit 1956 war er Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.

Auf eigenen Wunsch wurde Siegfried von Vegesack mit seinen Hunden in einem Waldstück in der Nähe des „Fressenden Hauses“ beerdigt. An dieser Stelle befinden sich noch heute sein Grab und ein Totenbrett.

Nachlass

Der Nachlass von Siegfried von Vegesack befindet sich in der Bayerischen Staatsbibliothek.[5]

Auszeichnungen und Ehrungen

Werke

Romane, Erzählungen, Reiseschilderungen, Autobiographisches (Auswahl)

  • Die kleine Welt vom Turm gesehn. Verse. Alfred Richard Meyer Verlag, Berlin-Wilmersdorf 1925, OCLC 721124114.[7]
  • Liebe am laufenden Band. Roman. 1929.
  • Wer spukt bei Mac Lean? ; in 42 Folgen erstmals gedruckt 1929, Roman von Fedor B. Isjagin ; aus dem Russischen übersetzt von Siegfried von Vegesack ; Rolf Rieß, Viechtach : lichtung verlag, 2022, ISBN 978-3-941306-54-7
  • Das fressende Haus. Roman. 1932.
  • Blumbergshof. Geschichte einer Kindheit. 1933 (Teil 1 der Baltischen Tragödie).
  • Herren ohne Heer. Roman. 1934 (Teil 2 der Baltischen Tragödie).
  • Totentanz in Livland. Roman. 1935 (Teil 3 der Baltischen Tragödie).
  • Die baltische Tragödie. Roman-Trilogie. 1935.
  • Meerfeuer. Ein Sommer auf Rönnö. Roman. 1936.
  • Spitzpudeldachs. Tiergeschichten aus dem Bayerischen Wald. 1936.
  • Unter fremden Sternen. Eine Reise nach Südamerika. 1938.
  • Das Kritzelbuch. Geschichten und Gedichte. 1939.
  • Aufruhr in der Quebrada. Eine Erzählung aus Argentinien. 1940.
  • Eine dunkle Geschichte. Eine Erzählung aus Paraguay. 1941.
  • Die gestohlene Seele. Eine Erzählung aus Chile. 1942.
  • Das Dorf am Pfahl. Eine Erzählung aus dem Bayerischen Wald. 1942.
  • Der Lebensstrom. Gedichte. 1943.
  • Soldaten hinterm Pflug. Ein Erlebnisbericht aus dem Osten. 1944.
  • Die kleine Hausapotheke. Geschichten und Gedichte. 1944.
  • Das ewige Gericht. Eine Dichtung. 1947.
  • Der Pfarrer im Urwald. Eine Erzählung aus Brasilien. 1947.
  • Das Weltgericht von Pisa. Eine Legende von der Macht des Bösen, der Schwäche und Schuld des Menschen und der allerbarmenden Liebe des Herrn. 1947.
  • Zwischen Staub und Sternen. Erzählungen aus Südamerika. 1947.
  • Herr Bo fährt um die Welt. Ein Kinderbuch. 1948.
  • In dem Lande der Pygmäen. 1953.
  • Der letzte Akt. 1957 (Fortsetzung der Baltischen Tragödie).
  • Der Pastoratshase. Altlivländische Idyllen. 1957.
  • Vorfahren und Nachkommen. Aufzeichnungen aus einer altlivländischen Brieflade 1689–1887. Salzer, Heilbronn 1960, DNB 455211965.
  • Südamerikanisches Mosaik. Reisenotizen aus Brasilien, Argentinien, Paraguay, Chile und Peru. A. Langen/Müller, München 1962, DNB 455211760 (Fotos von Helmut Schilling und vom Verf.); Dt. Buch-Gemeinschaft, Berlin/Darmstadt/Wien 1964, DNB 455211779.
  • Mein Bekenntnis. Salzer, Heilbronn 1963, DNB 455211612 (Ein Rechenschaftsbericht über die Jahre 1933–1945).
  • Als Dolmetscher im Osten. Ein Erlebnisbericht aus den Jahren 1942–1943. v. Hirschheydt, Hannover-Döhren 1965, DNB 455211582.
  • Jaschka und Janne. Erzählungen. 1965 (enthält: Die Hochzeit auf Zarnikau. Jaschka und Janne. Das Kind im Altersheim.).
  • Der Waldprophet. Geschichten aus dem Bayerischen Wald. 1967.
  • Die Überfahrt. Roman. Langen/Müller, München/Wien 1967, DNB 458502782.

Übersetzungen

Literatur

in der Reihenfolge des Erscheinens

  • Carola L. Gottzmann, Petra Hörner: Lexikon der deutschsprachigen Literatur des Baltikums und St. Petersburgs. De Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-019338-1, S. 1358–1369.
  • Alfred Kubin und Siegfried von Vegesack. Briefwechsel (= Weißensteiner Miniaturen. Band 1). Hrsg. von Rolf Rieß. Edition Lichtung, Viechtach 2017, ISBN 978-3-941306-72-1 (Briefsammlung, 1922–1957).
  • Festschrift zum 80. Geburtstag unseres Autors Siegfried von Vegesack. Langen Müller, Heilbronn 1968, OCLC 6162104.
  • Marianne Hagengruber, Förderverein Weißensteiner Burgkasten „Rettet das Fressende Haus“ (Hrsg.): Zu Gast im Turm. Siegfried von Vegesack zum 100. Geburtstag. Morsak, Grafenau 1988, ISBN 3-87553-306-2.
  • Armin von Ungern-Sternberg: Ankunft in der Bundesrepublik. Archäologie und Dekonstruktion des kulturellen Erbes: Siegfried von Vegesack. In: Gert von Pistohlkors, Matthias Weber (Hrsg.): Staatliche Einheit und nationale Vielfalt im Baltikum. Festschrift für Prof. Dr. Michael Garleff zum 65. Geburtstag (= Schriften des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa. Bd. 26). Oldenbourg, München 2005, ISBN 3-486-57819-7, S. 115–151.
  • Klaus Wenzel: Siegfried von Vegesacks Romantrilogie Die Baltische Tragödie. Eine literaturwissenschaftliche Untersuchung. Create Space Independent Publishing (Amazon) 2013, ISBN 978-1-5117-4967-1.
  • Franz Baumer: Siegfried von Vegesack. Heimat im Grenzenlosen. Eine Lebensbeschreibung. Salzer, Heilbronn 1974, ISBN 3-9736-0191-9 (Bibliographie S. von Vegesacks S. 158–161).
  • Wilhelm Bortenschlager: Deutsche Literaturgeschichte, Bd. 2: Von 1945–1983. 5., erweiterte Aufl. Leitner, Wien 1998, ISBN 3-85157-052-9, S. 517–521.
  • Rolf Füllmann: Eine transkulturelle Liebesgeschichte im postkolonialen Estland zwischen Zarenreich und Stalinismus: das estnisch-deutsche Verhältnis von „Jaschka und Janne“ (Siegfried von Vegesack). In: German as a Foreign Language. Teaching and Learning German in an Intercultural Context. Bd. 3 (2018), ISSN 1470-9570, S. 132–145 (PDF; 272 kB).
  • Michael Garleff: Verlorene Welt und geistiges Erbe. Geschichtsdeutung deutschbaltischer Schriftsteller. Siegfried von Vegesack und Gertrud von den Brincken. In: Carola L. Gottzmann (Hrsg.): Unerkannt und (un)bekannt. Deutsche Literatur in Mittel- und Osteuropa. Francke, Tübingen 1991, ISBN 3-7720-1905-6, S. 299–322.

Weblinks

Fußnoten

  1. Eintrag Siegfried von Vegesack. In: Astaf von Transehe-Roseneck: Genealogisches Handbuch der baltischen Ritterschaften. Teil 1: Livland. Verlag für Sippenforschung und Wappenkunde. C. A. Starke, Görlitz 1929, DNB 366091522, S. 207.
  2. Carola L. Gottzmann: Siegfried von Vegesack. Die baltische Tragödie in Aurel von Heidenkamp. In: Carola L. Gottzmann, Petra Hörner (Hrsg.): Studien zu Forschungsproblemen der deutschen Literatur in Mittel- und Osteuropa. Lang, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-631-33542-3, S. 187–204.
  3. Peter Czoik (Bayerische Staatsbibliothek), „Siegfried von Vegesack“, in: Literaturportal Bayern, Autorinnen & Autoren, https://www.literaturportal-bayern.de/autorenlexikon?task=lpbauthor.default&pnd=118626361
  4. Peter J. Brenner (Hrsg.), „Reisekultur in Deutschland: Von der Weimarer Republik zum »Dritten Reich«“, Walter de Gruyter, 25. Oktober 2012, 300 Seiten, S. 281, https://books.google.de/books?id=GUkhAAAAQBAJ&pg=PA281&lpg=PA281
  5. Bayerische Staatsbibliothek, Bestand Ana 397: Repertorium des Nachlasses von Siegfried von Vegesack, abgerufen am 24. August 2020.
  6. Schullogo Realschule Regen. In: realschule-regen.de, abgerufen am 26. Oktober 2016 (auch zur Vita und zur Verleihung).
  7. Rezension in: Oskar Loerke: Der Bücherkarren. Besprechungen im Berliner Börsen-Courier, 1920–1928 (= Veröffentlichungen der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung Darmstadt. Band 34. ISSN 0418-8128). Unter Mitarb. von Reinhard Tgahrt. Hrsg. von Hermann Kasack. Wallstein Verlag, Göttingen 1965, DNB 453159052, S. 298 f. (Vorschau und Fortsetzung in der Google-Buchsuche).

Auf dieser Seite verwendete Medien

Totenbrett vegesack.jpg
Autor/Urheber:

--Papiermond 11:06, 8. Mai 2006 (CEST)

, Lizenz: CC-BY-SA-3.0

Totenbrett von Siegfried von Vegesack, angebracht am Baum über seinem Grab