Sent GR

GR ist das Kürzel für den Kanton Graubünden in der Schweiz und wird verwendet, um Verwechslungen mit anderen Einträgen des Namens Sentf zu vermeiden.
Sent
Wappen von Sent
Wappen von Sent
Staat:Schweiz Schweiz
Kanton:Kanton Graubünden Graubünden (GR)
Region:Engiadina Bassa/Val Müstair
Politische Gemeinde:Scuoli2
Postleitzahl:7554
frühere BFS-Nr.:3763
Koordinaten:820863 / 189132
Höhe:1440 m ü. M.
Fläche:111,62 km²
Einwohner:881 (31. Dezember 2014)
Einwohnerdichte:8 Einw. pro km²
Website:www.sent-online.ch
Sent GR
Sent GR

Sent GR

Karte
Sent GR (Schweiz)
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Sent ([sɛnt]; deutsch Sins) ist ein Dorf in der Gemeinde Scuol im Unterengadin im Schweizer Kanton Graubünden.

Bis am 31. Dezember 2014 war Sent eine eigenständige politische Gemeinde. Am 1. Januar 2015 wurde Sent mit den vier Gemeinden Ardez, Ftan, Guarda und Tarasp in die Gemeinde Scuol fusioniert.

Geographie

Gemeindestand vor der Fusion am 1. Januar 2015
Historisches Luftbild von Werner Friedli (1947)

Sent ist ein Ort im Unterengadin, der auf einer Sonnenterrasse über dem Inn auf ca. 1450 m über Meer liegt. In der ehemaligen Gemeinde leben 877 Einwohner (Ende 2009). Zu Sent gehören die Fraktionen Sur En, Crusch, Sinestra und Zuort.

Geschichte

Die erste Erwähnung von Sent findet sich im Jahre 930. Knapp 500 Jahre später, im Jahre 1400, wies das ehemalige Gemeindegebiet dieselbe Ausdehnung auf wie noch heute. Neben der Nachbargemeinde Scuol war Sent zwischen 1572 – 300 Häuser, 1000 Einwohner – und 1900 die grösste Gemeinde des Engadins. Sent hiess früher auch Sinz und Sindes. Onomastisch sind der Name und seine Herkunft bis heute ungedeutet.

1499 äscherte ein österreichisches Heer Sent ein. Mit grossen Bränden in den Jahren 1596, 1748, 1823, 1911 und 1921[1] blieb dies bei weitem nicht die einzige Brandkatastrophe.

Auszeichnungen

Für ihre ökologischen Bemühungen erhielt die Gemeinde am 19. November 2011 das Label «Energiestadt[2] ».

Wappen

Blasonierung: In Silber über grünem Dreiberg ein pfahlweise gestellter, schwarzer Schlüssel, das Attribut des Kirchenpatrons Petrus.

Der Hügel mit der Ruine der Peterskirche ist das Wahrzeichen der Gemeinde.

Bevölkerung

Bevölkerungsentwicklung
Jahr1835185019001930195019702000[3]2013
Einwohner1122941966782810704865899

Sprachen

Die bündnerromanische Mundart Vallader ist bis heute die Sprache der Bevölkerungsmehrheit geblieben. Bis weit ins 19. Jahrhundert wurde sie von allen Bewohnern verwendet. Doch gab es bis 1970 eine kleine deutschsprachige Minderheit. 1880 gaben 88 %, 1910 schon 89 %, 1941 gar 91 % und 1970 noch 86 % der Bevölkerung Romanisch als ihre Umgangssprache an. Seither hat der Anteil der Deutschsprachigen stark zugenommen. Dies zeigt auch folgende Tabelle:

Sprachen in Sent
SprachenVolkszählung 1980Volkszählung 1990Volkszählung 2000
AnzahlAnteilAnzahlAnteilAnzahlAnteil
Deutsch8912,79 %15420,00 %23226,82 %
Rätoromanisch56180,60 %56773,64 %59168,32 %
Italienisch324,60 %232,99 %151,73 %
Einwohner696100 %770100 %865100 %

Romanisch wird von der Gemeinde und der Schule unterstützt. Im Jahr 1990 verstanden 86 % und 2000 noch 84 % der Bevölkerung Romanisch.

Religionen und Konfessionen

Die ehemalige Gemeinde trat erst 1576 zur Reformation über, also viel später als die übrigen Unterengadiner Orte.

Nationalität

Von den 877 Bewohnern Ende 2009 waren 795 Schweizer Staatsangehörige.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Brauchtum

Am 6. Januar wird das Fest Babania gefeiert.

Bauwerke

  • Von weitem sichtbar ist der Kirchturm der reformierten Kirche, der in der heutigen spitzen Form erst Ende des 19. Jahrhunderts gebaut wurde. Die Kirche selbst ist wesentlich älter.
  • Beim Dorfeingang steht die Ruine der alten Kirche Baseglia San Peder, die vermutlich um das Jahr 1200 gebaut wurde.[4] Nach der Reformation verfiel die Kirche langsam. Der Turm wurde zeitweise als Munitions- und Pulvermagazin gebraucht. Vermutlich steht er deshalb noch. Das Bauwerk ist im Besitz der Familie des Dichters Peider Lansel.
  • Typisch für Sent sind Häuser, die mit Sgraffito verziert sind.
  • Chasa dals Spus[5]
  • Chasa Schigliana, 2000, Architekten: Rolf Furrer, Christof Rösch[6]
  • Haus Augustin[7]
  • Kurhaus, in Val Sinestra[8]
  • Palazzo Corradini[9]
  • Villa Schucany[10]
  • Wohnhaus Schmid[11]
  • Wohnhaus Defila[12]
  • Wohnhaus Stupaun[13]
  • Gedeckte Holzbrücke[14]

Varia

Bei Sent GR findet sich eine Fuorcha.[15]

Senter Giebel

Ein typischer Senter Giebel

Senter Giebel[16] findet man als architektonische Eigenart hauptsächlich in Sent, und seltener in anderen Dörfern der Umgebung. Die Besonderheit besteht in der geschweiften Form des Dachgiebels. Er gelangte zu Ende des 18. Jahrhunderts durch Südtiroler Handwerker ins Engadin. Mit der Zeit wurde diese barocke Giebelform zu einem Merkmal des Dorfes und erhielt deshalb ihren Namen.

Ackerterrassen

[17] An der Hanglage von Sent wurde früher Ackerbau betrieben. Um den Hang zu bebauen, wurde er in Terrassen umgestaltet. Die steilen Stücke zwischen den heutigen Viehweiden bestehen aus Hecken, eine für die Schweiz einzigartige Landschaftsform. Viele Vogelarten finden dort einen Lebensraum.

Übername

In der Tradition der Übernamen der Engadiner Dörfer heissen die Senter ils asens (dt.: die Esel).

Persönlichkeiten

Durch ihre Herkunft bzw. Aufenthalte und Tätigkeiten mit Sent verbunden sind u. a.:

Literaten und Publizisten

  • Gaudenz Barblan (1860–1916), Lehrer an der ersten Sekundarschule des Unterengadins in Sent, Dichter der Engadinerhymne Chara lingua da la mamma.
  • Nicola Bardola (* 1959), Autor, Journalist, Übersetzer.[18]
  • Cla Biert (1920–1981), Schriftsteller. Lebte ab 1978 in Sent.[19]
  • Valentin Crastan (* 1932), Ingenieurwissenschafter, Autor.
  • Manfred Koch (* 1955), Literaturwissenschafter, Essayist und Literaturkritiker. Lebt seit 2007 in Sent.
  • Peider Lansel (1863–1943), Dichter und Förderer des Rätoromanischen. Mit einer Senterin verheiratet und zeitweise hier wohnhaft.
  • Armon Planta (1917–1986), Lehrer, Dichter und Förderer des Rätoromanischen und Hobbyarchäologe, speziell Römerwege.
  • Angelika Overath (* 1957), Literaturwissenschaftlerin, Journalistin, Schriftstellerin. Lebt seit 2007 in Sent, 2010 erschien ihr Werk Alle Farben des Schnees. Senter Tagebuch.
  • Andri Peer (1921–1985), Schriftsteller, geboren in Sent.
  • Jon Pult (1911–1991), Publizist und Sprachpolitiker.
  • Conradin Riola (1667/1670–1743), reformierter Geistlicher und theologischer Schriftsteller.
  • Angiolina Vonmoos (1862–1955), Dichterin aus Sur En.

Bildende Künstler

  • Gottfried Honegger (1917–2016), Maler und Plastiker.[20]
  • Max Huggler (1903–1994), Kunstwissenschafter. Lebte zeitweise in Sent.[21]
  • Wolfgang Laib (* 1950), Objekt- und Installationskünstler. Zeigte 2009 eine Ausstellung in der «Chasa dal guvernatur» – seither steht dort seine mit Bienenwachs ausgekleidete «Zelle».[22]
  • Gian Enzo Sperone, Kunsthändler und Galerist in Rom, New York (Sperone Westwater) und Sent. Seit 2006 Besitzer der «Chasa dal guvernatur» und Betreiber der dortigen Galerie.[23]
  • Not Vital (* 1948), Bildhauer, Maler, Zeichner, Kupferstecher. Schöpfer des Parkin «Not dal Mot». Werke in der «Chasa dal guvernatur».[24]

Musiker

  • Willem Mengelberg (1871–1951), Dirigent und Komponist. Lebte zeitweise auf Hof Zuort, stiftete die dortige Kapelle.[25]
  • Warren Thew (1927–1984), Pianist, Komponist, Dichter und Zeichner. Lebte ab 1972 zeitweise in Sent; schrieb seither rätoromanische Gedichte und Lieder.[26]

Tourismus

Haupteinnahmequelle des Orts ist der Tourismus. Im Winter kommen viele Gäste, die im benachbarten Ort Scuol mit der Bergbahn ins Skigebiet Motta Naluns fahren.

Wirtschaft

Im Sommer bewirtschaften Senter Bauern gemeinschaftlich noch zwei Alpen. Die Milch wird hauptsächlich zu Käse verarbeitet, der in der örtlichen Käserei verkauft wird.

Literatur

  • Erwin Poeschel: Die Kunstdenkmäler des Kantons Graubünden III. Die Talschaften Räzünser Boden, Domleschg, Heinzenberg, Oberhalbstein, Ober- und Unterengadin. (= Kunstdenkmäler der Schweiz. Band 11). Hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 1940. DNB 760079625.
  • Paul Eugen Grimm: Sent. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 12. Juli 2017.
  • Hans Bernoulli: Der Wiederaufbau von Sent. In: Heimatschutz = Patrimoine, Bd. 17, 1922, S. 2–10 (Digitalisat).

Weblinks

Commons: Sent GR – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Jules Coulin: Zum Wiederaufbau des abgebrannten Dorfteiles in Sent. auf allegra.online.
  2. Fadrina Hofmann: «Dieses Label verpflichtet zu nachhaltigen Taten», in: Die Südostschweiz vom 14. November 2011, S. 4
  3. Paul Eugen Grimm: Sent. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 12. Juli 2017.
  4. Ruine der alten Kirche San Peder auf sent-online.ch
  5. Chasa dals Spus (Foto) auf baukultur.gr.ch.
  6. Chasa Schigliana (Foto) auf baukultur.gr.ch.
  7. Haus Augustin (Foto) auf baukultur.gr.ch.
  8. Kurhaus (Foto) auf baukultur.gr.ch.
  9. Palazzo Corradini (Foto) auf baukultur.gr.ch.
  10. Villa Schucany (Foto) auf baukultur.gr.ch.
  11. Wohnhaus Schmid (Foto) auf baukultur.gr.ch.
  12. Wohnhaus Defila (Foto) auf baukultur.gr.ch.
  13. Wohnhaus Stupaun (Foto) auf baukultur.gr.ch.
  14. Gedeckte Holzbrücke (Foto) auf baukultur.gr.ch.
  15. La Fuorcha (Foto) auf sent-online.ch
  16. Culmainas da Sent auf sent-online.ch
  17. Cuntradas Terrassas auf sent-online.ch
  18. Nicola Bardola auf literaturkritik.de
  19. Cla Biert im Porträt der Gemeinde Sent (Foto)
  20. Chasper Pult: Wir freuen uns. Dass du mit „Culur“ zurückgekehrt bist. Rede anlässlich der Einweihung am 9. August 1997, abgerufen am 4. November 2010.
  21. Max Huggler auf sent-online.ch.
  22. Gian Enzo Sperone: Wolfgang Laib. Mit einem Vorwort von Marco Meneguzzo: Cells/Celle. Ausstellungskatalog. Sperone, Sent 2009. (englisch/italienisch)
  23. Gian Enzo Sperone im Porträt der Gemeinde Sent
  24. Not Vital beim Sikart.
  25. Willem Mengelberg im Porträt der Gemeinde Sent
  26. Warren Thew auf vocalensemble-hottingen.ch

Auf dieser Seite verwendete Medien

2007-Sent-Chasa-dals-Chatchaders.jpg
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Chasa dal Chatchaders in Sent (GR)
2007-Sent.jpg
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Sent mit Piz Pisco (GR)
2007-Sent-San-Peder.jpg
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Baselgia San Peder (Kirchenruine) in Sent (GR)
ETH-BIB-Sent-LBS H1-010221.tif
Autor/Urheber: Werner Friedli , Lizenz: CC BY-SA 4.0
Tiefgeflogen
Schweiz graubuenden sent.jpg

Die Schweizer Gemeinde Sent im Kanton Graubünden

  • Fotograf: Umbricht, 2005
  • Quelle: eigene Aufnahme, Februar 2005
  • Lizenzstatus: GNU FDL
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Unterengadinische (Vallader) Aussprache des Ortsnamen "Sent". Sprecherin ist eine weibliche Person aus Strada. L1: Vallader & Schweizerdeutsch, geboren 1986.
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Plaz mit Chasa Peer (links) in Sent (GR)
Karte Gemeinde Sent 2009.png
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Gemeinde Sent
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Wappen der Gemeinde Sent (CH-GR)