Seedarlehen

Das Seedarlehen (lat. faenus nauticum, pecunia traiecticia) war ein Realvertrag des römischen Rechts und eine Unterart des Mutuum (Darlehen).[1]

Das Seedarlehen geht auf griechische Ursprünge und mindestens das 5. Jahrhundert v. Chr. zurück.[2] Der Schuldner erhielt einen Kredit, mittels dessen er einen Seetransport und den Einkauf von Waren finanzieren konnte.[3] Rückzahlbar war das Darlehen zumeist im Bestimmungshafen, in dem die Waren abgesetzt wurden. Da der Vertrag häufig zugleich eine Seeversicherung beinhaltete, waren sowohl die Hin- wie die Rückfahrt des Schiffes abgesichert.[4] Da das Schiff unter diesen Bedingungen auf Gefahr des Gläubigers fuhr, war das Darlehen nicht zurückzuzahlen, wenn das Schiff unterging. Da der Darlehenszins auf die Versicherungsprämie angerechnet wurde, kam die ausgangs der republikanischen Zeit übliche Zinsbeschränkung auf 1 % nicht zur Anwendung,[5] weshalb darin „Risikokapital“ in Form eines „Investitionskredits“ gesehen werden kann. Überliefert sind zwei Seedarlehen, eines aus dem Jahr 149 (Palästina), ein weiteres aus Indien.

Aus dem Geschäftstyp des Seedarlehens leitete sich das in Deutschland wieder aufgegebene seehandelsrechtliche Institut der Bodmerei her. Dieses sah die Verpfändung von Schiff und Ladung durch den Kapitän vor, der an keinem von beidem Eigentum innehatte.

Literatur

  • Stephan Schuster: Das Seedarlehen in den Gerichtsreden des Demosthenes. Mit einem Ausblick auf die weitere historische Entwicklung: dánein nautikón, fenus nauticum und Bodmerei. Duncker & Humblot, Berlin 2005, ISBN 3-428-11778-6.
  • Hans-Joachim Drexhage, Heinrich Konen, Kai Ruffing: Die Wirtschaft der römischen Kaiserzeit in der modernen Deutung: Einige Überlegungen. In: Karl Strobel (Hrsg.): Die Ökonomie des Imperium Romanum: Strukturen, Modelle und Wertungen im Spannungsfeld von Modernismus und Neoprimitivismus, St. Katharinen 2002, ISBN 3-89590-135-0. S. 51–55.

Einzelnachweise

  1. Digesten 22,2.
  2. Stephan Schuster: Das Seedarlehen in den Gerichtsreden des Demosthenes. Mit einem Ausblick auf die weitere historische Entwicklung: dánein nautikón, fenus nauticum und Bodmerei. Duncker & Humblot, Berlin 2005, ISBN 3-428-11778-6, S. 19.
  3. Heinrich Honsell: Römisches Recht. 5., ergänzte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2002, ISBN 3-540-42455-5, S. 121.
  4. Moses I. Finley: Die antike Wirtschaft 3., durchgesehene und erweiterte Auflage, dtv, München 1993, ISBN 3-423-04277-X, S. 141–143 und 196–198.
  5. Heinrich Honsell, Theo Mayer-Maly, Walter Selb: Römisches Recht, aufgrund des Werkes von Paul Jörs, Wolfgang Kunkel, Leopold Wenger in 4. neu bearbeiteter Auflage (= Enzyklopädie der Rechts- und Staatswissenschaft: Abteilung Rechtswissenschaft. Römisches Recht.), 1987, S. 299.