Schweizer Parlamentswahlen 1943

1939Gesamterneuerungswahlen
des Nationalrats 1943
1947
Wahlbeteiligung: 70,0 %
 %
30
20
10
0
28,60
22,48
20,79
11,59
4,73
3,37
3,23
2,08
0,91
2,09
Bundeshaus in Bern:
Sitz des Schweizer Parlaments

Die Schweizer Parlamentswahlen 1943 fanden am 31. Oktober 1943 statt. Dabei waren alle 194 Mandate des Nationalrats sowie 25 der 44 Mandate im Ständerat neu zu vergeben. Diese 32. Legislaturperiode dauerte vier Jahre bis Oktober 1947.

Aufgrund der Volkszählungsergebnisse von 1941 wurden neu 194 statt 187 Mandate im Nationalrat vergeben. Kommunistische Parteien waren bei diesen Wahlen nicht zugelassen, da der Bundesrat KPS und FSS (ebenso wie die nationalsozialistischen Fronten) verboten hatte.

Geprägt waren diese Weltkriegs-Wahlen von massiven Gewinne der Sozialdemokraten. Sie errangen im Nationalrat 11 zusätzliche Mandate und erreichten mit einem Wähleranteil von fast 29 % eines der besten Ergebnisse ihrer Parteigeschichte. Ein kleinerer Wahlsieger war die Liberale Partei der Schweiz mit zwei zusätzlichen Mandaten. Hauptverlierer war der Landesring. In den Kantonen Baselland und Schwyz errangen zwei stark im Bauernstand verankerte Parteien neu ein Nationalratsmandat, im Kanton Zürich eine Rechtsabspaltung des LdU.

Auch im Ständerat konnte die SP zulegen und zwar um zwei auf neu fünf Sitze. Demgegenüber büsste die FDP 2 ihrer 14 Mandate ein. Die beiden als Demokraten gewählten Ständeräte traten dieses Mal der Demokratischen Fraktion bei (welcher die Jungbauern nicht mehr angehörten). Aufgrund der freisinnigen Verluste in beiden Kammern stellte die KVP erstmals die stärkste Fraktion in der Bundesversammlung (National- und Ständeratssitze zusammen gerechnet).[1]

Die durchschnittliche Wahlbeteiligung bei den Nationalratswahlen 1943 betrug 70,0 %, mit kantonalen Werten zwischen 45,3 % in Uri und 90,0 % in Schaffhausen.[2]

Wahlmodus

Nationalrat

Die Nationalräte werden seit 1919 nach dem Proporzwahlsystem gewählt, d. h. die Sitze werden nach dem Wähleranteil der Parteilisten in den einzelnen Kantonen verteilt und erst innerhalb der Liste gemäss den Personenstimmen. Die Anzahl Sitze pro Kanton werden anhand der Einwohnerzahl bestimmt.

Ausführlicher hierzu: Nationalrat (Schweiz) – Wahlverfahren

Ständerat

Jeder Kanton wählt seit 1848 zwei Vertreter für den Ständerat (Halbkantone: einen Vertreter). Die Ständeratswahlen richten sich nach kantonalem Recht. In den meisten Kantonen wurde am 25. Oktober auch die Ständevertretung gewählt. In den Kantonen Appenzell Innerrhoden, Glarus, Nidwalden und Obwalden wählten die Landsgemeinden im Frühjahr die Ständeräte. Die Kantone hatten nicht nur abweichende Wahltermine, sondern auch noch verschieden lange Amtsperioden (1–4 Jahre). In den Kantonen Bern (Novembersession), Freiburg (1 Person in der Maisession, 1 Person in der Novembersession), Neuenburg (gleichentags mit den Nationalratswahlen) und St. Gallen (in der Frühjahrssession) wurden die Ständeräte vom Kantonsparlament gewählt. In allen anderen Kantonen wurden die Ständeräte bei Urnenwahlgängen ermittelt, normalerweise am gleichen Tag wie die Nationalratswahlen. Abweichend davon wählten die Stimmberechtigten in den Kantonen Graubünden (erster Sonntag im März), Tessin (letzter Sonntag im Februar) und Zug (im November).

Ausführlicher hierzu: Ständerat – Wahlverfahren

Resultate Nationalrat

Anmerkungen zu den Wählerzahlen

In den Mehrpersonenwahlkreisen hat jeder Wähler so viele Stimmen, wie in seinem Kanton Sitze zu vergeben sind (im Kanton Bern 34, im Kanton Zug 2). Diese Stimmen kann er an beliebige Kandidaten der sich zur Wahl stellenden Listen vergeben (Panaschieren). Eine Stimme für einen Kandidaten ist gleichzeitig eine Stimme für dessen Partei. Hat ein Wähler nicht alle seine Stimmen an Kandidierende vergeben, gehen diese Stimmen als sogenannte „Zusatzstimmen“ an die von ihm gewählte Liste. Wenn der Wähler keine Liste auswählt, sondern einen so genannten „Wahlzettel ohne Parteibezeichnung“ – auch Blankoliste genannt – verwendet, verfallen nicht benutzte Stimmen (sog. Leere Stimmen).

Um zu überkantonal vergleichbaren Ergebnissen zu kommen, muss zuerst die Anzahl fiktiver Wähler pro Kanton und Partei berechnet werden. Und die Summe aller fiktiven Wähler der einzelnen Kantone sind dann die Wähler auf Landesebene (z. B. SP auf 251'576 Wähler gerundet). Ein Aargauer «Wähler» kann aber auch aus 12 Personen bestehen, die nur je einen Kandidaten der betreffenden Partei auf ihrer Liste aufgeführt haben.

Das Bundesamt für Statistik benutzt daher den Begriff «fiktiver Wähler» für den Wähler, da ein effektiver Wähler auch nur ein Teilwähler sein kann. Die Zahl der Wähler entspricht der Anzahl gültiger Wahlzettel. Auf Kantonsebene ist die Summe aller Parteistimmen (Summe der Kandidatenstimmen von Kandidierenden einer Partei plus Zusatzstimmen = leere Felder einer Parteiliste) Berechnungsgrundlage. Beispiel: Partei A erzielt im Kanton X 12000, Partei B 27000 und Partei C 48000 von 87000 Parteistimmen. Die Anzahl gültiger Wahlzettel beträgt 25000. Somit hat Partei A in diesem Kanton 3448,28 (12000:87000 × 25000), Partei B 7758,62 (27000:87000 × 25000) und Partei C 13793,10 (48000:87000 × 25000) fiktive Wähler. Alle drei Parteien zusammen total 25000 Wähler.

Die gewählten Mitglieder des Nationalrats sind im Bundesblatt Nr. 24 vom 25. November 1943 aufgelistet.[3]

Parteien, Wähler, Sitze

Die landesweiten Ergebnisse sahen wie untenstehend dargestellt aus. Ein Vergleich der Wähleranteile mit den vorangegangenen Wahlen ist nicht sinnvoll, da es 1939 in neun Kantonen zu stillen Wahlen gekommen war (1943 war dies dagegen nur im Kanton Appenzell Ausserrhoden der Fall). Resultate aus den Kantonen finden sich unter Schweizer Parlamentswahlen 1943/Resultate Nationalratswahlen.

Insgesamt 194 Sitze
ParteiWähler%Sitze(+/-)
Sozialdemokratische Partei251'57628,60 %56+11
Freisinnig-Demokratische Partei1197'74622,48 %47−2
Konservative Volkspartei182'91620,79 %43±0
Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei101'99811,59 %22±0
Landesring der Unabhängigen41'6354,73 %6−3
Demokratische Partei129'6273,37 %5±0
Liberale Partei der Schweiz28'4343,23 %8+2
Jungbauernbewegung18'3102,08 %3±0
Schweizerischer Freiwirtschaftsbund (ZH,BE,BS)8'0150,91 %0−1
Bauernvereinigung (SZ)4'0820,46 %1+1
Unabhängig-Freie Liste (ZH)26'9220,79 %1+1
Evangelische Volkspartei (ZH)3'6270,41 %1+1
Baselbieter Bauernpartei, EVP, Freie Demokratische Vereinigung Baselland, Parteilose (BL)3'2070,36 %31+1
Freiwirtschaftliche Aktion (ZH)41’0160,12 %0±0
Liste travailliste (VD)53870,04 %0±0
Vereinzelte Stimmen in Einerwahlkreisen2420,03 %0±0
Total879'740100 %194+7
1 
1941 war die Demokratische Partei des Kantons Zürich von der FDP zur DP Schweiz übergetreten. Die DP Zürich hatte 1939 zwei Sitze gewonnen.
2 
Rechtsabspaltung des Landesrings, der Gewählte Heinrich Schnyder schloss sich auch nach den Wahlen nicht der LdU-Fraktion an.[4]
3 
Der Gewählte Kurt Leupin war parteilos, schloss sich aber nach seiner Wahl den Demokraten an.[5][6]
4 
Abspaltung vom Schweizerischen Freiwirtschaftsbund.[7]
5 
auf deutsch: Arbeiterliste

Wähleranteile in den Kantonen (mit mehreren Sitzen)

Wählerzahlen, Prozente kleinerer Parteien und Namen der Gewählten unter Schweizer Parlamentswahlen 1943/Resultate Nationalratswahlen.

KantonSPFDPKVPBGBLdUDPV1LPSJBFWV2
Kanton Aargau Aargau36,3 %18,5 %20,5 %17,1 %4,4 %3,2 %
Kanton Basel-Landschaft Basel-Landschaft35,1 %17,0 %13,1 %17,0 %17,8 %
Kanton Basel-Stadt Basel-Stadt35,8 %16,6 %11,0 %12,2 %21,7 %2,7 %
Kanton Bern Bern36,7 %15,2 %5,9 %31,3 %2,2 %6,5 %2,2 %
Kanton Freiburg Freiburg11,7 %21,8 %62,7 %3,8 %
Kanton Genf Genf15,5 %37,8 %21,5 %25,3 %
Kanton Glarus Glarus38,4 %25,0 %13,7 %22,9 %
Kanton Graubünden Graubünden10,8 %14,3 %35,1 %39,8 %
Kanton Luzern Luzern10,3 %35,1 %48,1 %2,6 %3,9 %
Kanton Neuenburg Neuenburg46,3 %29,8 %23,9 %
Kanton Schaffhausen Schaffhausen50,4 %32,1 %17,5 %
Kanton Schwyz Schwyz18,9 %23,8 %26,6 %
Kanton Solothurn Solothurn31,6 %36,8 %24,8 %3,0 %3,8 %
Kanton St. Gallen St. Gallen19,0 %27,1 %39,0 %7,3 %3,7 %3,9 %
Kanton Tessin Tessin22,8 %31,2 %35,9 %10,2 %
Kanton Thurgau Thurgau31,8 %18,7 %20,6 %25,1 %3,7 %
Kanton Waadt Waadt22,1 %41,4 %11,2 %4,4 %20,2 %
Kanton Wallis Wallis16,6 %21,2 %62,2 %
Kanton Zug Zug33,0 %23,7 %43,3 %
Kanton Zürich Zürich35,2 %11,5 %7,8 %14,2 %11,7 %7,7 %1,7 %3,1 %
Schweiz28,6 %22,5 %20,8 %11,6 %4,7 %3,7 %3,2 %2,1 %1,0 %
V1 
inkl. die Liste «Bauernpartei, EVP, Freie Demokratische Vereinigung Baselland, Parteilose» (BL)
V2 
Anhänger der Freiwirtschaft: Freiwirtschaftsbund (BE, BS, ZH) sowie Freiwirtschaftliche Aktion (ZH)

Sitzverteilung in den Kantonen

Wählerzahlen, Prozente kleinerer Parteien und Namen der Gewählten unter Schweizer Parlamentswahlen 1943/Resultate Nationalratswahlen.

KantonTotalSPFDPKVPBGBLPSLdUDemS1JBEVPBVS2UFLS3FSSS4FWB
Kanton Aargau Aargau125232
Kanton Appenzell Ausserrhoden Appenzell AusserrhodenS5211
Kanton Appenzell Innerrhoden Appenzell Innerrhoden11
Kanton Basel-Landschaft Basel-Landschaft42+110−11+10−1
Kanton Basel-Stadt Basel-Stadt83+1112+11−1
Kanton Bern Bern3313+35211+10−12−1
Kanton Freiburg Freiburg71+11−15+10−1
Kanton Genf Genf8132+12+10−2
Kanton Glarus Glarus21+110−1
Kanton Graubünden Graubünden6123
Kanton Luzern Luzern9135
Kanton Neuenburg Neuenburg52−121
Kanton Nidwalden Nidwalden11
Kanton Obwalden Obwalden11
Kanton Schaffhausen Schaffhausen211
Kanton Schwyz Schwyz311−11+1
Kanton Solothurn Solothurn7232
Kanton St. Gallen St. Gallen13245−111+1
Kanton Tessin Tessin72+1230−1
Kanton Thurgau Thurgau62112
Kanton Uri Uri11
Kanton Waadt Waadt163+18+2230−2
Kanton Wallis Wallis7115+1
Kanton Zug Zug21+10−11
Kanton Zürich Zürich3112+24S6-2254−1S62+21+11+1
Schweiz19456+1147−243±022±08+26−36+13±01+11+11+10−40−1
S1 
inkl. Kurt Leupin (Kanton Basel-Land)
S2 
Bauernvereinigung des Kantons Schwyz
S3 
Unabhängig-Freie Liste (Rechtsabspaltung des LdU)
S4 
Die FSS war 1941 vom Bundesrat verboten worden
S6 
1941 war die Demokratische Partei des Kantons Zürich von der FDP zur DP Schweiz übergetreten. Tatsächlich konnte 1943 sowohl die FP Zürich (4) wie die DP Zürich (2) ihre Sitzzahl halten.

Ergebnisse der Ständeratswahlen

Die gewählten Mitglieder des Ständerats sind im Bundesblatt Nr. 24 vom 25. November 1943 aufgelistet.[8]

Sitzverteilung

Insgesamt 44 Sitze
ParteiWahlen 1943Wahlen 1939
SPS53
KVP1919
LPS22
FDP1214
DP22
BGB43

Gewählte Ständeräte

Kanton1. Ständeratssitz2. Ständeratssitz
Kanton Aargau AargauHans Fricker, KVP (neu)Karl Killer, SP (neu)
Kanton Appenzell Ausserrhoden Appenzell AusserrhodenWalter Ackermann, FDP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Appenzell Innerrhoden Appenzell InnerrhodenArmin Locher, KVP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Basel-Landschaft Basel-LandschaftWalter Schaub, SP (neu)nur ein Sitz
Kanton Basel-Stadt Basel-StadtGustav Wenk, SP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Bern BernHenri Mouttet, FDP (bisher)Rudolf Weber, BGB (bisher)
Kanton Freiburg FreiburgJoseph Piller, KVP (bisher)Bernard Weck, KVP (bisher)
Kanton Genf GenfAlbert Malche, FDP (bisher)Albert-Gustave Pictet, LPS (neu)
Kanton Glarus GlarusMelchior Hefti, DP (bisher)Joachim Mercier, FDP (bisher)
Kanton Graubünden GraubündenAlbert Lardelli, DP (bisher)Josef Vieli, KVP (bisher)
Kanton Luzern LuzernGotthard Egli, KVP (bisher)Franz-Karl Zust, KVP (neu)
Kanton Neuenburg NeuenburgMarcel de Coulon, LPS (bisher)Max-Edouard Petitpierre, FDP (neu)
Kanton Nidwalden NidwaldenRemigi Joller, KVP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Obwalden ObwaldenLudwig von Moos, KVP (neu)nur ein Sitz
Kanton Schaffhausen SchaffhausenJulius Bührer, FDP (neu)Johannes Winzeler, BGB (bisher)
Kanton Schwyz SchwyzFritz Stähli, KVP (bisher)Adolf Suter, KVP (bisher)
Kanton Solothurn SolothurnPaul Haefelin, FDP (bisher)Gottfried Klaus, SP (neu)
Kanton St. Gallen St. GallenErnst Löpfe, FDP (bisher)Johann Schmuki, KVP (bisher)
Kanton Tessin TessinAntonio Antognini, KVP (neu)Bixio Bossi, FDP (neu)
Kanton Thurgau ThurgauPaul Altwegg, FDP (bisher)Erich Ullmann, BGB (bisher)
Kanton Uri UriLeo Meyer, KVP (bisher)Ludwig Walker, KVP (bisher)
Kanton Waadt WaadtNorbert Bosset, FDP (bisher)Gabriel Despland, FDP (neu)
Kanton Wallis WallisVictor Petrig, KVP (neu)Maurice Troillet, KVP (neu)
Kanton Zug ZugAlphons Iten, KVP (bisher)Augustin Lusser, KVP (neu)
Kanton Zürich ZürichEmil Klöti, SP (bisher)Friedrich Traugott Wahlen, BGB (neu)

Fraktionen in der 32. Legislaturperiode

Fraktionen sind Zusammenschlüsse der Parlamentsmitglieder einer oder mehrerer Parteien.[9] Untenstehende Tabelle gibt den Stand zu Beginn der Legislaturperiode wieder.

FraktionGesamtNationalratStänderat
Katholisch-Konservative624319
Sozialdemokraten61565
Radikal-Demokratische (FDP)594712
Bauern-, Gewerbe und Bürgerfraktion26224
Liberal-Demokratische Fraktion1082
Demokratische Fraktion862
Fraktion des Landesrings770
ohne Fraktionszugehörigkeit770

Weblinks

Einzelnachweise

  1. «Nationalratswahlen: Mandatsverteilung nach Parteien, 1919–2015»
  2. Tabelle «Nationalratswahlen: Wahlbeteiligung, 1919–2015»
  3. Mitglieder des Nationalrats, Seiten 1077–1157
  4. https://www.parlament.ch/de/biografie?CouncillorId=606
  5. Der Bund 14. November 1943 — e-newspaperarchives.ch. Abgerufen am 17. März 2021.
  6. Der Bund 3. November 1943 — e-newspaperarchives.ch. Abgerufen am 17. März 2021.
  7. Oberländer Tagblatt 8. September 1943 — e-newspaperarchives.ch. Abgerufen am 17. März 2021.
  8. Mitglieder des Ständerats, Seiten 1158–1160
  9. Fraktionen seit 1912

Auf dieser Seite verwendete Medien