Schreibzentrum

Ein Schreibzentrum ist eine Institution, die sich der Förderung und der Nutzung des Schreibens widmet. An Hochschulen widmen sich Schreibzentren in der Regel dem akademischen Schreiben. Es gibt aber auch Schreibzentren an Schulen und frei organisierte Schreibzentren, wie z. B. das vom Autor Dave Eggers initiierte Schreibzentrum 826 Valencia in San Francisco. Die Gründung von Schreibzentren im deutschsprachigen Raum erfolgte nach dem Beispiel der Writing Center im angelsächsischen, insbesondere im US-amerikanischen Kontext, die eine wesentlich längere Tradition haben.[1]

An Hochschulen heißen Schreibzentren mitunter anders, z. B. Schreiblabor, Kompetenzzentrum Schreiben o. ä., so dass der Begriff Schreibzentrum auch als Oberbegriff verstanden werden kann. An Schreibzentren arbeiten ausgebildete Lernbegleiter, die Schreibende in verschiedenen Lehr-Lern- und Beratungsformaten unterstützen[2]. Diese Lernbegleiter sind im deutschsprachigen Raum, ähnlich wie in den USA, häufig speziell ausgebildete Studierende, sogenannte Peer-Tutoren. Schreibzentren unterstützen und beraten beim Schreiben selbst, bei der Begleitung und Betreuung von Studierenden, die Qualifikationsarbeiten schreiben, und bei der Entwicklung von Konzepten, das Schreiben in der Lehre so einzusetzen, dass Studierende sich dabei im weitesten Sinne fachlich weiterentwickeln können. Die Schreibberatung ist dabei eine besonders häufig praktizierte Lernsituation. In der Regel sind Schreibberatungen 1:1-Gespräche zwischen Schreibenden und ausgebildeten Schreibberater, die darauf zielen, sowohl die entstehenden Texte zu verbessern, als auch langfristig die Schreibkompetenzen der Schreibenden weiterzuentwickeln. Im Unterschied zum Lektorat werden in der Schreibberatung die Texte der Schreibenden nicht einfach durch direkte Vorschläge oder Eingriffe verändert. Vielmehr stellen die Schreibberater offene Fragen und spiegeln ihr Textverständnis. Dies hilft den Schreibenden dabei, Schwächen im Text zu erkennen und gemeinsam mit den Schreibberater Alternativen zu entwickeln.[3]

Die institutionelle Verortung der Schreibzentren an den Hochschulen ist sehr unterschiedlich. Schreibzentren können der germanistischen oder philosophischen Fakultät, einer hochschuldidaktischen Einrichtung, der Studienberatung, einem Dezernat oder auch einer psychologischen Beratungseinrichtung zugeordnet sein. Manche Hochschulen haben keine eigene Einrichtung zum wissenschaftlichen Schreiben, sondern bieten Veranstaltungen zum Schreiben an, die oftmals als Schreibwerkstatt bezeichnet werden. Die erste Einrichtung zum wissenschaftlichen Schreiben an einer deutschen Hochschule ist das 1993 an der Universität Bielefeld gegründete Bielefelder Schreiblabor.[4]

Die Schreibzentren an deutschen Universitäten werden immer zahlreicher. Im Jahr 1997 wurden das Schreibzentrum der Ruhr-Universität Bochum und die Schreibwerkstatt der Universität Duisburg-Essen gegründet. 2001 erfolgte an der PH Freiburg die Etablierung des ersten Schreibzentrums für die Lehrer/innenausbildung. 2003 folgte die Gründung des Schreibzentrums an der Universität zu Köln. In den Jahren 2006, 2007 und 2008 wurden das internationale Schreibzentrum an der Universität Göttingen, das Schreibzentrum an der Europa-Universität Viadrina und das "Kompetenzzentrum Schreiben" der Universität Paderborn gegründet. Weitere Schreibzentren sind angesiedelt an der Universität Hildesheim und der TU Darmstadt. Im Zuge der seit 2011 verstärkten finanziellen Förderung der Qualität von Studium und Lehre durch Bund und Länder ("Qualitätspakt Lehre") investieren weitere Universitäten in die Gründung von Schreibzentren.[5] Eine Liste der deutschsprachigen Schreibzentren stellt das Schreiblabor der Universität Bielefeld zur Verfügung.

In Deutschland widmet sich insbesondere die gefsus – Gesellschaft für Schreibdidaktik und Schreibforschung der Weiterentwicklung von Schreibzentren und hat 2018 ein Positionspapier zur Förderung der Schreibkompetenzentwicklung an Hochschulen herausgegeben.[6] In einer speziellen Interessengruppe der gefsus organisieren sich die studentischen Schreibberater (Peer-Tutoren) und veranstalten unter anderem jährlich eine Schreib-Peer-Tutoren-Konferenz (SPTK) an wechselnden Hochschulen.[7] Eine zweimal jährlich erscheinende Fachzeitschrift für Schreibberatung und für Schreibzentrumsarbeit ist Das Journal der Schreibberatung.

Auf europäischer Ebene vertritt die European Writing Centers Association (EWCA) die Belange von Schreibzentren. Die EWCA ist eine regionale Organisation der International Writing Centers Association (IWCA) und veranstaltet alle zwei Jahre Konferenzen in verschiedenen europäischen Ländern.

Weiterführende Literatur

Einzelnachweise

  1. Lerner, Neal (2009): The idea of a writing laboratory. Carbondale, Ill: Southern Illinois Univ. Press
  2. Girgensohn, Katrin (2017): Von der Innovation zur Institution. Institutionalisierungsarbeit an Hochschulen am Beispiel der Leitung von Schreibzentren. Bielefeld
  3. Grieshammer, Ella et al. (2012): Zukunftsmodell Schreibberatung. Eine Anleitung zur Begleitung von Schreibenden im Studium. Baltmannsweiler.
  4. Ruhmann, Gabriela (2014): Wissenschaftlich Schreiben lernen an deutschen Hochschulen - eine kleine Zwischenbilanz nach 20 Jahren. In: Dagmar Knorr und Ursula Neumann (Hg.): Mehrsprachige Lehramtsstudierende schreiben. Münster [u. a.]: Waxmann, S. 34–53.
  5. Knorr, Dagmar (Hg.) (2016): Akademisches Schreiben. Vom Qualitätspakt Lehre 1 geförderte Schreibprojekte. Hamburg: Universität Hamburg (Universitätskolleg-Schriften, 13)
  6. Gesellschaft für Schreibdidaktik und Schreibforschung (gefsus) (2018): Positionspapier Schreibkompetenz im Studium. Verabschiedet am 29. September 2018 in Nürnberg.
  7. Die SPTK 2019 fand in Dresden statt: https://tu-dresden.de/karriere/weiterbildung/zentrum-fuer-weiterbildung/schreibzentrum/sptk-2019.