Samih Sawiris

Samih Sawiris im Mai 2010

Samih Onsi Sawiris (auch Sawires, arabisch سميح أنسي ساويرس, DMG Samīḥ Unsī Sāwīris; * 28. Januar 1957 in Kairo) ist ein ägyptisch-montenegrinischer Unternehmer.

Leben

Sawiris entstammt einer wohlhabenden koptischen Familie. Sein Vater Onsi Sawiris begründete 1972 das Unternehmen Orascom. Samih Sawiris älterer Bruder ist Naguib Sawiris, sein jüngerer Bruder Nassef Sawiris. Die Sawiris profitierten als regimenahe Unternehmer in den 1990er Jahren von der Wirtschaftspolitik des ägyptischen Staatspräsidenten Husni Mubarak, etwa von den eingeleiteten Privatisierungen, und wurden sehr vermögend.[1] Die US-Zeitschrift Forbes schätzte 2019, dass die Familie mindestens zehn Milliarden US-Dollar besitzt.[2]

Samih Sawiris besuchte in Kairo die Deutsche Evangelische Oberschule,[3] er spricht fließend Deutsch.[4] Er studierte von 1976 bis 1980 an der Technischen Universität Berlin Wirtschaftsingenieurwesen.[5] Nach dem Studienabschluss 1980 als Diplom-Ingenieur der TU Berlin gründete er mit National Marine Boat Factory sein erstes Unternehmen. 1996 gründete er Orascom Hotel Holding (OHH) und 1997 Orascom Projects for Touristic Development (OPTD), um daraus Orascom Hotels & Development (ODH) zu formen, welche im Frühling 2008 von der Orascom Development Holding AG übernommen wurde. Er fungierte als Präsident der Gruppe seit deren Gründung im Jahr 1989. Im selben Jahr begann der Bau der ägyptischen Lagunenstadt El-Guna. Er erbaute aber auch in Kairo Haram City, eine Siedlung mit 50.000 Wohnungen für einkommensschwächere Bewohner der Stadt.

Die Orascom Development Holding AG (ODH) betreibt neun Feriendestinationen, vor allem in Ägypten, aber auch in Marokko, Oman, Vereinigte Arabische Emirate, Montenegro, Großbritannien und in der Schweiz. Zur Holding gehören 33 Hotels, sechs Golfplätze und sieben Marinas.[6] Sie beschäftigt 8.740 Mitarbeiter, davon 6.638 in Ägypten.[7]

2008 brachte Sawiris die ODH an die Schweizer Börse. Nach dem Börsengang lag der Aktienkurs bei über 140 Franken.[8] Als der Arabische Frühling im Dezember 2010 ausbrach, führten politische Unruhen und Terroranschläge dazu, dass die Touristenzahlen in Ägypten deutlich zurückgingen. Die Orascom-Aktie fiel auf 4,40 Franken.[8] 2014 beteiligte sich Sawiris mit 33,7 Prozent, seit April 2020 mit 75,1 Prozent,[9] am deutschen Reiseveranstalter FTI, „um den Zustrom von Touristen nach Ägypten nicht vollends abreißen zu lassen“, wie das Handelsblatt berichtete.[10] Sawiris erwarb von FTI-Miteigentümer Dietmar Gunz 2016 zudem den Fernsehsender Sonnenklar.TV, der Urlaubsreisen anpreist.[11] Der ägyptische Unternehmer hält zudem – über seine in Luxemburg ansässige Firma SOSTNT Luxembourg S.à.r.l. – 74,9 Prozent der Anteile an der Raiffeisen Touristik GmbH im bayerischen Altötting. Mittels der Raiffeisen Touristik übernahm Sawiris 2019 das deutsche Franchise-System des insolventen britischen Reisekonzerns Thomas Cook. Laut Handelsblatt stieg Samih Sawiris damit zum „mächtigsten Reiseunternehmer in der deutschen Touristik auf“.[11] „Seit 2011 schreibt Orascom Verluste“, meldete der Schweizer Tages-Anzeiger im Januar 2019. „Neue Projekte“, so der Tages-Anzeiger, „brauchen hohe Anfangsinvestitionen, bis sie erstmals Geld abwerfen.“[8] Der Aktienkurs lag am 27. Januar 2020 bei 14,6 Franken,[12] verlor im Zuge der COVID-19-Pandemie im März 2020 jedoch die Hälfte seines Wertes.[13]

Er ist in zweiter Ehe mit einer Ecuadorianerin verheiratet und Vater von fünf Kindern. Er lebt in Kairo. Im Jahr 2011 erhielt er die montenegrinische Staatsangehörigkeit.[14]

Tourismusprojekt in Andermatt

Blick auf Andermatt (2005)

Am 26. September 2009 fand der Spatenstich für das Tourismusprojekt Andermatt Swiss Alps in Andermatt statt, wozu er das Unternehmen Andermatt Alpine Destination Company (AADC) mit Sitz in Altdorf im Kanton Uri gegründet hatte.[15] In Andermatt arbeitet er eng mit Bernhard Russi, einem ehemaligen Schweizer Skirennläufer zusammen. Auf dem ehemaligen Militärgelände der Schweizer Armee mit einer Fläche von 1,46 Quadratkilometern errichtete Sawiris ein Urlaubszentrum mit mehreren Hotels, Ferienhäusern und Ferienwohnungen, einem 18-Loch-Golfplatz, Geschäften sowie einem Sport- und Freizeitzentrum mit Eissporthalle und Hallenbad. Das Gelände in Andermatt war ein Teil der Schweizer Verteidigungsstrategie im Zweiten Weltkrieg, genannt Schweizer Réduit. Das Projekt wurde seit Anbeginn von Umweltschützern kritisiert.[16]

Mit der Gründung der Orascom Development Holding hat Sawiris zudem den Hauptsitz seiner bisherigen Unternehmensgruppe in die Schweiz verlegt.

Tourismusprojekte in Montenegro

2013 begann Sawiris, das Tourismusprojekt „Lustica Bay“ in Montenegro zu realisieren. Auf der Halbinsel Luštica in der Traste-Bucht errichtete die Orascom Development Holding eine „Vielzahl von Wohneinheiten, Hotels und Lifestyle-Einrichtungen“.[17] 2015 wurden die ersten Immobilien fertiggestellt.

Ende 2015 wurde bekannt, dass Sawiris von der montenegrinischen Regierung den Zuschlag erhalten hat, auf der Insel Mamula, die in der Bucht von Kotor liegt, das ehemalige österreichisch-ungarische Fort zu einem Hotel auszubauen. Während des Zweiten Weltkrieges diente das Fort als Konzentrationslager für das faschistische Regime Italiens. Die Pläne haben international Kritik ausgelöst.[18][19] Die Restaurierung kostete 38 Millionen Euro, die Eröffnung fand im April 2023 statt.[20]

Fußball

Im Juli 2003 gründete Sawiris den Fußballverein El Gouna FC, der derzeit in der ägyptischen Premier League spielt.[21] Ebenfalls kaufte er 2011 12,5 % der Aktien des FC Luzern und trat in dessen Verwaltungsrat ein,[22] aus dem er 2019, nach Streitigkeiten mit dem Investor Bernhard Alpstaeg, wieder zurückgetreten ist.[23]

Ehrungen

  • Unternehmer des Jahres (Schweiz) 2009. Verliehen durch Handelszeitung.[24]
  • Am 7. Dezember 2013 wurde Samih Sawiris zum Preisträger der Arosa Humorschaufel 2013, eines Jurypreises des Arosa Humor-Festivals, erkoren.[25][26]

Technische Universität Berlin Campus El-Guna

Campus der TU Berlin in El-Gouna

2012 wurde im ägyptischen El-Guna der erste Auslandcampus der Technischen Universität Berlin eröffnet. In El-Guna werden fünf Masterstudiengänge angeboten.[27] Der TU-Alumnus Samih Sawiris trug nicht nur die Kosten für den Aufbau (rund 45 Millionen Euro), sondern bezahlt auch den laufenden akademischen Betrieb.[28]

Literatur

Dokumentationen

Weblinks

Commons: Samih Sawiris – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Thomas Demmelhuber, Stephan Roll: Herrschaftssicherung in Ägypten. Zur Rolle von Reformen und Wirtschaftsoligarchen. Stiftung Wissenschaft und Politik, Juli 2007, S. 20, abgerufen am 20. Juli 2019.
  2. Luisa Kroll, Kerry A. Dolan: Billionaires list – The richest people in the world. In: Forbes. 5. März 2019, abgerufen am 20. Juli 2019 (englisch).
  3. Jürgen Dunsch: Palmen fürs Bergdorf. In: FAZ.net. 11. Juni 2007, abgerufen am 20. Juli 2019.
  4. Susanna Petrin, el Gouna: Sawiris im Interview: Ägypten ist schwierig für Geschäftsleute. In: Neue Zürcher Zeitung. (nzz.ch [abgerufen am 18. Dezember 2019]).
  5. TU Berlin richtet deutschen Campus in Ägypten ein. Informationsdienst Wissenschaft, abgerufen am 9. April 2021.
  6. Orascom Development Holding AG: Annual Report 2018. S. 7.
  7. Orascom Development Holding AG: Annual Report 2018. S. 72.
  8. a b c Ernst Meier: Sawiris verzichtet in Andermatt auf Millionen. In: Tages-Anzeiger Onlineausgabe. 10. Januar 2019, abgerufen am 29. Juli 2019.
  9. Handelsblatt vom 16. April 2020
  10. Christoph Schlautmann: Wie ein ägyptischer Milliardär wieder Touristen ins Land locken will. In: Handelsblatt Onlineausgabe. 5. November 2018, abgerufen am 29. Juli 2019.
  11. a b Christoph Schlautmann: Ägypter greift nach deutschem Reisevertrieb. In: Handelsblatt Online-Ausgabe. 2. Dezember 2019, abgerufen am 27. Januar 2020.
  12. Orascom Development Holding. 27. Januar 2020, abgerufen am 27. Januar 2020.
  13. ODH-Aktie onvista.de, 23. März 2020, abgerufen am 23. März 2020.
  14. The UAE's shadowy dealings in Serbia. In: middleeasteye.net. Middle East Eye, 12. Februar 2015, abgerufen am 27. Januar 2020 (englisch).
  15. Das Erfolgsrezept des Samih Sawiris. In: nzz.ch. 22. Mai 2009, abgerufen am 20. Juli 2019.
  16. Gigantismus in Andermatt. In: gigantismus-Andermatt.ch. Abgerufen am 20. Juli 2019.
  17. Orascom Development Holding: Lustica Bay. Abgerufen am 20. Juli 2019.
  18. Ehemaliges KZ auf Adria-Insel soll Luxushotel werden. In: sueddeutsche.de. 17. Januar 2016, abgerufen am 20. Juli 2019.
  19. Montenegro defends decision to turn ex-concentration camp into resort. In: theguardian.com. 17. Januar 2016, abgerufen am 20. Juli 2019 (englisch).
  20. Veronika Wulf: Ein Hotel mit dunkler Vergangenheit. In: Tages-Anzeiger/SonntagsZeitung. 9. September 2023, abgerufen am 10. September 2023.
  21. El Gouna FC. Abgerufen am 17. November 2019.
  22. Investor Sawiris steigt im FC Luzern ein. 7. Juli 2011 (nzz.ch [abgerufen am 17. November 2019]).
  23. Marco Mäder: FCL-Knall: Alpstaeg ebenfalls nicht mehr im Verwaltungsrat. 24. Oktober 2019, abgerufen am 17. November 2019.
  24. Tages-Anzeiger: Sawiris zum Unternehmer des Jahres gewählt. Vom 23. Dezember 2009
  25. Schweiz am Sonntag vom 8. Dezember 2013, S. 43.
  26. Humorschaufel für einen Touristiker mit Ausdauer. In: bernerzeitung.ch. 7. Dezember 2013, abgerufen am 28. Dezember 2013.
  27. TU Berlin: TUB Campus El Gouna. Abgerufen am 24. Juli 2020.
  28. Tagesspiegel: TU Berlin eröffnet Campus in El Gouna. Abgerufen am 24. Juli 2020.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Sawiris-I.png
Autor/Urheber: International Students’ Committee, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Samih Sawiris im Mai 2010 am 40. St. Gallen Symposium an der Universität St. Gallen
Campus TU Berlin El Gouna.JPG
Autor/Urheber: Wusel007, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Campus der TU-Berlin in El Gouna, Ägypten
Andermatt.jpg
Autor/Urheber: Lutz Fischer-Lamprecht, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Andermatt von der Oberalppassstrasse. Blick nach Westen in Richtung Hospental und Realp. Ganz links der Pizzo d'Orsino (2660 m) mit dem Hochstock (2262 m) darunter, weit im Westen das Gross Muttenhorn (3099 m), davor die Stotzigen Firsten (2759 m) südlich des Furkapasses, davor der Schafberg (2591 m). Im Norden des Urserentals im Westen das Müeterlishorn (3066 m), der Spitzberg (2935 m) und ganz recht der Hinter Lochstock (2557 m).