Salzstock Gorleben

Blick auf Teile der Anlagen des Erkundungsbergwerkes am Salzstock Gorleben

Der Salzstock Gorleben ist ein Salzvorkommen bei Gorleben in Niedersachsen. Seit 1986 wurde ein Bergwerk errichtet, um die Eignung des Salzstocks für eine Endlagerung radioaktiver Abfälle zu erkunden. Die Lagerstätte stand bis zum 28. September 2020 als mögliches Endlager in der Diskussion, bis der Plan verworfen wurde und das Bundesumweltministerium am 14. Juni 2022 die Verfüllung der Schachtanlagen beauftragte.

Eigenschaften

Der Salzstock Gorleben ist ein großer Salzstock mit einer Tiefe von etwa 300 m bis 3500 m.[1] Die untertägigen Untersuchungen wurden bei einer Tiefe von 840 m und 870 m durchgeführt. Die heute im Salzstock vorgefundenen Salzlösungseinschlüsse sind genauso alt wie die den Salzstock aufbauenden Salzgesteine selbst – also älter als 200 Millionen Jahre.[2]

Kosten

Die Kosten von bisher 1,6 Milliarden Euro (2013) wurden bisher zu 90 % von den Energieversorgungsunternehmen getragen.[1] Die übrigen Kosten werden vom Bund übernommen und entsprechen den Abfallanteilen aus ehemaligen DDR-Betrieben.[3] Ob die Kosten für eine erneute Endlagersuche (zurzeit geplant, Stand 2015) ebenfalls von den Versorgungsunternehmen übernommen werden, ist noch unklar.[4]

Diskussion über das Endlager und geologische Untersuchungen

Standortauswahl (1973–1979)

Ende 1973 begann die Suche nach einem geeigneten Endlagersalzstock. Geplant war (und ist auch heute noch) ein Endlager für alle Arten radioaktiver Abfälle in einem Salzstock. Salzstöcke zeigen eine hohe geologische Stabilität, oft von mehreren Hundert Millionen Jahren, sind undurchlässig für Gase und Flüssigkeiten, sind kriechfähig (können Lücken und Bruchspalten durch langsame Verformung schließen) und haben eine hohe Wärmeleitfähigkeit.[2] Es wurden 24 Salzstöcke betrachtet. Das gleichfalls geplante Nukleare Entsorgungszentrum sollte ebenfalls am Standort des Endlagers gebaut werden. Die Bundesregierung beauftragte die Firma KEWA (Kernbrennstoff-Wiederaufarbeitungs-Gesellschaft) mit der Standortsuche.

Am 1. Juli 1975 schlug die KEWA drei Salzstöcke in Niedersachsen zur näheren Untersuchung vor:

Die Untersuchungen an diesen Standorten wurde aufgrund von örtlichen Protesten im August 1976 abgebrochen.[2] Der Standort Gorleben wurde in dieser ersten Studie aufgrund der Nähe zur DDR-Grenze und seiner Lage in einem Erholungs- und Feriengebiet nicht in Betracht gezogen, wie in der späteren KEWA-Studie vom Oktober 1977 erläutert wird (KWA 1225).[5] Laut Lüttig gehörte der Standort Gorleben nicht in die günstige Kategorie, zu der die anderen Standorte gehörten.[6]

Die niedersächsische Landesregierung setzte einen interministeriellen Arbeitskreis ein, um 140 Standorte nach erweiterten Kriterien zu prüfen.[2] Zunächst wurden die 23 Standorte mit ausreichendem Fassungsvolumen ausgewählt. In einer zweiten Runde blieben 13 nach Tiefenlage, Bevölkerungsdichte und konkurrierenden Nutzungsansprüchen passende. In der dritten Auswahlrunde kamen Kriterien wie Erdbebengefährdung oder Flugverkehrsdichte in Betrachtung.[1] Aus einer vierten Auswahlrunde blieben folgende Standorte für eine genaue geologische Untersuchung:

  • Lichtenhorst
  • Wahn
  • Mariaglück (Höfer im Landkreis Celle)
  • Gorleben

Im Februar 1977 benannte die niedersächsische Landesregierung schließlich den Salzstock Gorleben als einzigen Standort für das Endlager sowie das „Nationale Entsorgungszentrum (NEZ)“. Die Auswahlkriterien betrafen unter anderem bisherige Flächennutzung, Besiedlungsdichte, Strahlenschutz und Endlagergeologie. Höfer wurde wegen eines nahen Salzbergwerkes ausgeschlossen, Wahn wegen Widerstand von einem benachbarten Bundeswehrgelände, Lichtenhorst[7], da im Grundwasservorranggebiet von Hannover gelegen.

Beim Auswahlverfahren wird kritisiert, dass geowissenschaftliche Argumente nur einen geringen Stellenwert aufwiesen. In der Tat spielten die geologischen Gründe nur bei der ersten Auswahlrunde die wichtigste Rolle, d. h. bei der Entscheidung für den Salzstock und bei der Auswahl der 140 möglichen Standorte. Eine allgemeine geologische Eignung (Größe, Tiefe) war unter anderem Grundlage der zweiten Auswahl.[2] Der Salzstock Höfer (Mariaglück), viel kleiner als die anderen, wurde auf Anraten des Niedersächsischen Landesamtes für Bodenforschung (NLfB) zusätzlich noch miteinbezogen.[2] Weitgehende geologische Untersuchungen konnten bei einer großen Anzahl an Standorten aus Kostengründen nicht durchgeführt werden, stattdessen wird die Eignung zurzeit nur beim Standort Gorleben geprüft.

Die letztliche Entscheidung für Gorleben ist nach dem damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Albrecht vor allem aus strukturpolitischen Gründen zur wirtschaftlichen Entwicklung des damaligen Zonenrandgebietes gefallen.[8] Sicherheitsorientierte geowissenschaftliche Argumente spielten bei der Festlegung auf Gorleben nicht die Hauptrolle.[9] Wie sich der an der Standortauswahl beteiligte Geologe Gert Lüttig erinnert, spielte auch die Nähe zu Morsleben und dem dort im Aufbau befindlichen DDR-Endlager eine Rolle.[10][11]

Geologische Erkundung

Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) führt die geowissenschaftlichen Untersuchungen am Erkundungsstandort durch und bewertet diese. Die Untersuchungen erfolgen im Auftrag des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) und in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern (DBE).

Übertägige Erkundung (1979–1983)

Eingang zum Erkundungsbergwerk Gorleben

Die übertägige Erkundung des Standortes Gorleben begann im April 1979 und dauerte bis 1983. Einige ergänzende übertägige Arbeiten wurden nach der Deutschen Wiedervereinigung ab 1992 auf ehemaligem DDR-Gebiet durchgeführt. Bereits gegen die Erkundung richteten sich Protestaktionen von örtlichen Atomkraftgegner, die sich 1979 und 1980 an den Tiefbohrstellen 1002 und 1003 ereigneten. Am 3. Mai 1980 besetzten etwa 5000 Atomkraftgegner bei Trebel die Tiefbohrstelle 1004, riefen die Republik Freies Wendland aus und errichten ein Hüttendorf, das die Polizei am 4. Juni 1980 räumte.

Die Untersuchungen umfassten hauptsächlich 44 Salzspiegelbohrungen, geophysikalische Untersuchungen, u. a. reflexionsseismische Messungen, hydrogeologische Untersuchungen (rund 500 Aufschluss- und Pegelbohrungen), vier Tiefbohrungen bis ca. 2000 m in die Randzonen des Salzstocks, zwei Schachtvorbohrungen bis ca. 1000 m Tiefe zur Bestätigung der ausgewählten Schachtansatzpunkte, ein seismisches Stationsnetz zur Überwachung der Erdbebentätigkeit sowie vielfältige sonstige Untersuchungen, zum Beispiel Langzeit-Pumpversuche, hydrologische Untersuchungen an den Vorflutern und geologische Kartierungen.

Die Erkundungsergebnisse und ihre Bewertung wurden in zwei Berichten der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (1983) und des Bundesamtes für Strahlenschutz (1990) zusammenfassend dargestellt. Für die PTB war Klaus Duphorn als Gutachter tätig. Trotz der negativen Erkundungsbefunde wurde der Standort Gorleben immer noch als „eignungshöffig“ bezeichnet. Dies gelang durch eine Veränderung der Sicherheitsphilosophie: Die Bedeutung des Deckgebirges als Barriere gegen die Ausbreitung von Radionukliden wurde zurückgenommen und im Gegenzug der Salzstock alleine als entscheidende Barriere angesehen. Auf Grundlage dieser Änderung der Sicherheitsphilosophie wurde mit der untertägigen Erkundung begonnen. Nach Recherchen der Frankfurter Rundschau – 2009 veröffentlicht – ging diese Verminderung der Sicherheitsanforderungen auf eine direkte Einflussnahme der damals neuen CDU/FDP-Regierung unter Helmut Kohl zurück.[12]

Untertägige Erkundung (1986–2000)

1986 begann das Abteufen von Schacht 1, und im Oktober 1996 erfolgte der Durchschlag zwischen den Schächten 1 und 2 auf der 840-m-Sohle. Hauptziel der untertägigen Erkundung ist der Nachweis von Steinsalzpartien, die für die Endlagerung benötigt werden. Hierbei sind die Lage und Ausdehnung des Hauptanhydrits und des Kaliflözes Staßfurt bedeutsam, da sie Begrenzungen für endlagergeeignete Bereiche des Salzstocks darstellen. Insbesondere der Hauptanhydrit gilt wegen seiner verbreiteten Kluftbildung als potenzieller Lösungsbringer, über den das Endlager absaufen kann.

Der Erkundungsbereich 1 ist weitgehend aufgeschlossen und untersucht. Dabei führte man umfassende geowissenschaftliche und geotechnische Untersuchungen sowie bergtechnische Messungen und Versuche durch.

Moratorium (2000–2010)

Eingangsschild zum Erkundungsbergwerk und zur Info Gorleben vom BfS

In der Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen vom 14. Juni 2000 wurde neben dem Ausstieg aus der Atomkraftnutzung auch ein Moratorium für das geplante Endlager Gorleben vereinbart. Danach wurde zur Klärung konzeptioneller und sicherheitstechnischer Fragen die Erkundung in Gorleben für zehn Jahre (Oktober 2000 bis September 2010) unterbrochen. Die bloßen Erhaltungskosten beliefen sich in dieser Phase auf 22 Millionen Euro jährlich[13] und werden von den Abfallverursachern gedeckt (Energieversorgungsunternehmen und Forschungsinstitute).[2]

Der abschließende Synthesebericht des Bundesamtes für Strahlenschutz wurde 2005 veröffentlicht. Im Dezember 2006 wies der damalige Bundesumweltminister Sigmar Gabriel darauf hin, dass er die Erkundung von Gorleben wiederaufnehmen würde, wenn sein Konzept zum Vergleich von Standorten akzeptiert werde.

Nach Behauptung der Frankfurter Rundschau vom Mai 2009 existiert ein internes Papier des Bundesamtes für Strahlenschutz, nach dem „parallel zur Erkundung bereits der Ausbau zum Endlager begonnen“ worden sei.[14] Diese Meldung stieß auf ein breites Echo in der Öffentlichkeit und insbesondere bei den Gegnern eines Endlagers Gorleben. Das Bundesamt für Strahlenschutz verneinte jedoch die Existenz des behaupteten Papiers und führte aus, dass eine Aussage hinsichtlich der Eignung des Salzstocks für eine Endlagerstätte frühestens in 15 Jahren getroffen werden könne.[15]

Zum 1. Oktober 2010 wurde das Erkundungs-Moratorium von Bundesumweltminister Norbert Röttgen aufgehoben[16] und die geowissenschaftlichen Untersuchungen fortgesetzt.[17]

Fortsetzung der geologischen Erkundung (2010–2012)

Die geologische Erkundung wurde 2010 wieder aufgenommen und im November 2012 auf Wunsch des Umweltministers Peter Altmaier bis zur Bundestagswahl 2013 unterbrochen.[17] Im Zuge der Abstimmungen zu einem Neubeginn der Suche nach einem Endlager für hoch radioaktive Abfälle über das Standortauswahlverfahren wurden die Erkundungsarbeiten am 6. November 2012 eingestellt.[18][19] Das Bergwerk bleibt bis zur Standortentscheidung im sogenannten Offenhaltungsbetrieb.

Offenhaltungsbetrieb (2014–2021)

Nach einer Einigung zwischen Bundes- und Niedersächsischem Umweltministerium vom 29. Juli 2014 wird das Bergwerk im Offenhaltungsbetrieb weiterbetrieben. Der Hauptbetriebsplan 2014 bis 2016 mit Verlängerung der Zulassung bis Ende 2017 ist die Grundlage für die dazu nötigen Übergangsarbeiten, mit denen die Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH (DBE) beauftragt wurde. Diese Arbeiten umfassen auch Um- und Rückbauarbeiten (Werkstätten, Wetter-, Maschinen- und Elektrotechnik unter Tage, über Tage der Rückbau von Anlagen und Gebäude sowie der Umbau des Bergwerksgeländes und die Reduzierung der Anlagensicherung auf einen industrieüblichen Standard).[18]

Untertägige Rückbaumaßnahmen wurden unverzüglich begonnen und sind größtenteils genau wie die Rückbaumaßnahmen der übertägigen Anlagen und Gebäude im dritten Quartal 2016 abgeschlossen. Das im Offenhaltungsbetrieb nicht benötigte Betriebsgelände soll aus der Bergaufsicht entlassen werden. Die Umschließungsmauer soll zurückgebaut und die Anlagensicherung reduziert werden. Am 19. April 2016 legten Bundes- und Landesministerium für Umweltschutz, das Bundesamt für Strahlenschutz, das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie sowie die DBE einvernehmlich fest, dass die Übergangsarbeiten bis Ende 2017 abgeschlossen werden sollen und ab dem 1. Januar 2018 der reine Offenhaltungsbetrieb beginnen kann.[18]

Die Betreiberaufgaben für das Bergwerk Gorleben sind am 25. April 2017 auf die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) mit Sitz in Peine übertragen worden.

Das Bundesumweltministerium (BMU) beauftragte die BGE im September 2021 mit der Schließung des Bergwerks.[20]

Ergebnisse der Untersuchungen

Die Ergebnisse der übertägigen Untersuchungen wurden in zwei Berichten der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (1983) und des Bundesamtes für Strahlenschutz (1990) zusammenfassend dargestellt. Darin heißt es (PTB 1983): „Eine erste Bewertung des Deckgebirges hinsichtlich seiner Barrierenfunktion für potentielle kontaminierte Grundwässer zeigt, dass die über den zentralen Bereichen des Salzstocks Gorleben vorkommenden tonigen Sedimente keine solche Mächtigkeit und durchgehende Verbreitung haben, dass sie in der Lage wären, Kontaminationen auf Dauer von der Biosphäre abzuhalten.“[21]

Diese Bewertung gilt auch heute noch und wird durch andere negative Standortmerkmale ergänzt, zum Beispiel vorauseilende selektive Subrosion, die Gorlebener Rinne mit Füllung aus mächtigen grundwasserleitenden quartären Sedimenten der Elster-Kaltzeit,[22] kurze Laufzeiten des Grundwassers von der Salzstockoberseite zur Biosphäre. Die Erwartungen an die Barriere Deckgebirge wurden nicht erfüllt.[23] Nach diesen Erkenntnissen wurde die Bedeutung des Deckgebirges als Barriere gegen die Ausbreitung von Radionukliden durch das Kabinett Kohl zurückgenommen und nur der Salzstock allein zur entscheidenden Barriere erklärt.

Die bisherigen Ergebnisse der untertägigen Untersuchungen fanden Mängel in einigen Gebieten des Salzstocks und lassen sich nach der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR 1998) wie folgt zusammenfassen:

  • Kernzone des Salzstocks mit Hauptsalz: Hier liegt ein unkomplizierter Sattel ohne Lösungs- und Gasvorkommen vor. Dieser Bereich ist größer als in den übertägigen Untersuchungen erwartet und für die Endlagerung gut geeignet.[2]
  • Zwischen der Kernzone und der nördlichen Salzstockflanke ist die Grenze in Falten gelegt, und die beteiligten Schichten befinden sich weitgehend noch in ihrem ursprünglichen sedimentären Verband. Der Hauptanhydrit ist zerbrochen, jedoch nicht in einzelne Schollen zerlegt.
  • In den schachtnahen Bereichen liegt im Grenzbereich Zechstein 2 / Zechstein 3 eine intensive Verfaltung der Schichten mit starker Mächtigkeitsreduktion vor. Im Grenzbereich des Kaliflözes Staßfurt zum Zechstein 3 liegen teilweise Störungen vor, die durch sekundäres Steinsalz verheilt sind. Begrenzte Lösungs- und Gasvorkommen können in den Störungsbereichen vorkommen, haben aber keine Verbindung zum Salzspiegel.
  • In der Grenze zwischen Kernzone und südlicher Salzstockflanke sind die beteiligten Schichten sehr stark deformiert und in ihrer Mächtigkeit reduziert. Bereichsweise fehlen Hauptanhydrit und Begleitschichten. Der Hauptanhydrit ist in einzelne Schollen zerlegt. Größere isolierte Lösungs- und Gasvorkommen sind in den Hauptanhydritschollen möglich.

Insgesamt wird von der BGR zum Stand 2015 keine negative Beurteilung gegeben: „Trotz der noch nicht abgeschlossenen Erkundung des Salzstocks Gorleben kann nach den bisherigen Untersuchungen festgestellt werden, dass aus geowissenschaftlicher Sicht keine Erkenntnisse gegen die Eignungshöffigkeit des Salzstocks vorliegen.“[17]

Die von der BGR[17] im Geologischen Jahrbuch Reihe C zusammengefassten Ergebnisse,[24] die modernere Studien bis zum Jahre 2011 analysieren, geben ein positives Urteil zum Standort Gorleben. Insbesondere „Abschätzungen […] zeigen, dass die Mächtigkeit der aus dem Wirtsgestein Salz aufgebauten geologischen Barriere auch nach Ablauf eines Zeitraums in der Größenordnung von einer Million Jahren ausreichend groß ist, um einen Radionuklidtransport aus dem zukünftigen Endlager in die Biosphäre nachhaltig zu verhindern. Eine Gefährdung durch zutretende Gase und Lösungen ist […] auszuschließen.“ Aus geowissenschaftlicher Sicht liegen „…keine Erkenntnisse aus dem Salinar gegen die langzeitsicherheitliche Eignung des Salzstocks Gorleben für die Endlagerung radioaktiver Abfälle“ vor.

Kontroversen

Das Moratorium diente der Klärung konzeptioneller und sicherheitstechnischer Fragen. Diese betreffen nicht die Eignung oder Nichteignung von Gorleben, sondern generelle Fragen, die mit der Endlagerung verbunden sind, so zum Beispiel Isolations- und Nachweiszeitraum, Gasentwicklung, Schutzziele und Sicherheitsindikatoren, Mehrbarrierenkonzept, Wirtsgesteine. Nach dem abschließenden Synthesebericht des Bundesamtes für Strahlenschutz sind keine eindeutigen Vor- oder Nachteile eines Wirtsgesteins gegenüber einem anderen festzustellen.[25] Deshalb ist jeder Standort für sich zu prüfen, um ihn gegebenenfalls als relativ besten Standort zu klassifizieren. Dies gilt auch für Gorleben.

Eine vergleichende Standortbewertung wurde vom ehemaligen Bundesumweltminister Gabriel gefordert. Im Koalitionsvertrag 2009 wurde vereinbart, Gorleben weiter bis zu Ende auf seine mögliche Eignung hin zu erkunden.

Auf der anderen Seite stehen die Vertreter, die eine neue Standortsuche mit einem Standortvergleich unter Einbezug von Gorleben fordern. Dies wird als dringend nötig angesehen, um die Auseinandersetzungen um Gorleben zu entschärfen und neue Handlungsoptionen zu eröffnen. Zudem sei eine vergleichende Standortbewertung aus methodischen Gründen notwendig und in vielen Ländern bereits Standard, zum Beispiel in der Schweiz und in Schweden. In keinem Land wurden jedoch untertägige Untersuchungen an mehr als einen Standort gestartet.[2] Ähnlich wie in Deutschland wurden übertägige Untersuchungen durchgeführt; der daraus resultierende beste Standort wird durch untertägige Untersuchungen auf Eignung geprüft.

Teilweise wurde die Forderung erhoben, Gorleben bei der Endlagersuche auszuschließen, da die bereits investierten Erschließungskosten jede neutrale Begutachtung unmöglich machen.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Erkundungsbergwerk Gorleben, kernenergie.de, April 2013 (Memento vom 3. Juli 2015 im Internet Archive)
  2. a b c d e f g h i Endlagerung hochradioaktiver Abfälle in Deutschland – Das Endlagerprojekt Gorleben, Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, 2008 (Memento vom 3. Juni 2016 im Internet Archive)
  3. Energieversorgungsunternehmen übernehmen Großteil der Kosten
  4. taz: Kosten für Atommüll-Endlager. Vier Standorte zum Preis von einem. 2011, abgerufen am 8. Juli 2015.
  5. Deutscher Bundestag, 17. Wahlperiode, Beschlussempfehlung und Bericht des 1. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes vom 23. Mai 2013
  6. G. Lüttig et al.: Bericht der Arbeitsgruppe Barrieren, in: Niedersächsisches Umweltministerium (Hrsg.): Internationales Endlagerhearing, Braunschweig, 21. bis 23. September 1993.
  7. Samtgemeinde Steimbke: Der Kampf gegen das Atommülllager im Lichtenmoor. In: Samtgemeinde Steimbke. 30. September 2006 (steimbke.de [abgerufen am 17. Juli 2020]).
  8. E. Albrecht: Interview mit dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht über Atomstrom, Wiederaufarbeitung und Entsorgung, Bonner Energie-Report vom 6. Juni 1983, S. 18–21.
  9. Gruppe Ökologie e.V. / PanGeo - Geowissenschaftliches Büro: Studie zur Entwicklung von Grundlagen für ein Verfahren zur Auswahl von Endlagerstandorten und Beurteilung ihrer Langzeitsicherheit, Abschlussbericht im Auftrag des Niedersächsischen Umweltministeriums, Hannover, November 1994.
  10. Endlager Gorleben aus Expertensicht nur zweite Wahl, Interview des Deutschen Depeschendienstes mit dem Geologen Gert Lüttig, abgerufen am 1. November 2009.
  11. Kalter Krieg ums Endlager, die tageszeitung vom 11. Januar 2010.
  12. Getrickst, getäuscht, gelogen – Die Gorleben-Geschichte, Frankfurter Rundschau vom 22. September 2009, abgerufen im November 2009.
  13. Salzstock Gorleben (Memento vom 8. April 2014 im Internet Archive), Information des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, 6. Juli 2009, abgerufen am 10. Dezember 2009.
  14. Joachim Wille: Atom-Endlager: Schwarzbau Gorleben? (Memento vom 30. Mai 2009 im Internet Archive), Frankfurter Rundschau vom 28. Mai 2009, abgerufen am 10. Dezember 2009.
  15. Bundesamt für Strahlenschutz: Stellungnahme zum Bericht der Frankfurter Rundschau (Memento vom 31. Mai 2009 im Internet Archive).
  16. stern.de.
  17. a b c d Erkundungsstandort Gorleben, BGR, 2015 (Memento vom 4. Juli 2015 im Internet Archive)
  18. a b c Statusbericht zur Kernenergienutzung in der Bundesrepublik Deutschland 2016. (PDF) Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit, Salzgitter, August 2017, abgerufen am 14. Juli 2019.
  19. Internationales Wirtschaftsforum Regenerative Energien: Atommüll-Endlagersuche: Umgang mit Gorleben bis 2017 geklärt. 15. Juni 2015, abgerufen am 8. Juli 2015.
  20. Bergwerk Gorleben wird geschlossen. bmu.de, 17. September 2021, abgerufen am 17. September 2021.
  21. Physikalisch-Technische Bundesanstalt: Zusammenfassender Zwischenbericht über bisherige Ergebnisse der Standortuntersuchung in Gorleben, Braunschweig, Mai 1983.
  22. Geologie und Hydrogeologie des Deckgebirges über dem Salzstock Gorleben, PDF, 2,29 MB.
  23. D. Appel & J. Kreusch: Das Mehrbarrierensystem bei der Endlagerung radioaktiver Abfälle in einem Salzstock, Studie im Auftrag von Greenpeace Deutschland, Hannover 2006.
  24. Geologisches Handbuch Reihe C, Standortbeschreibung Gorleben Teil 3, Ergebnisse der über- und untertägigen Erkundung des Salinars, 2011
  25. Bundesamt für Strahlenschutz: Konzeptionelle und sicherheitstechnische Fragen der Endlagerung radioaktiver Abfälle – Wirtsgesteine im Vergleich, Synthesebericht des Bundesamtes für Strahlenschutz, Salzgitter, November 2005.

Koordinaten: 53° 1′ 35,5″ N, 11° 20′ 50,9″ O

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GorlebenNuclearWaste3.jpg
Blick auf einen kleinen Ausschnitt des sogenannten Erkundungsbergwerkes am Salzstock Gorleben für ein geplantes Endlager hochradioaktiven deutschen Atommülls. Das Gelände befindet sich nur wenige hundert Meter Luftlinie entfernt vom oberirdischen Zwischenlager Gorleben, dem Ziel der meist jährlich stattfindenden "Castor"-Transporte hochradioaktiven Atommülls. (Beide Einrichtungen werden in der öffentlichen Wahrnehmung oft miteinander verwechselt bzw. nicht unterschieden.)
BfS Erkundungsbergwerk Gorleben Eingang.JPG
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Schilder am Eingang zum Erkundungsbergwerk Gorleben vom Bundesamt für Strahlenschutz
Eingang Erkundungsbergwerk Gorleben.JPG
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Eingang zum Erkundungsbergwerk Gorleben