Südtiroler Volkspartei

Südtiroler Volkspartei
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ParteiobmannPhilipp Achammer
VizeparteiobmannDaniel Alfreider
VizeparteiobfrauWaltraud Deeg, Verena Tröger
GeneralsekretärMartin Pircher
FraktionsvorsitzendeMagdalena Amhof
Gründung8. Mai 1945
GründungsortBozen
HauptsitzBrennerstraße 7a
39100 Bozen
Landtagsmandate
13/35
Kammerabgeordnete
3/400
Senatoren
2/200
Europaparlamentarier
1/76
Mitgliederzahlca. 35.000[1][2][3]
Parteigliederung7 Bezirke, 290 Ortsgruppen
Mindestalter14 Jahre
AusrichtungChristdemokratie
Regionalismus
Farbeschwarz
EuropaparteiEVP
EP-FraktionEVP
Websitesvp.eu

Die Südtiroler Volkspartei (SVP) ist eine christdemokratisch ausgerichtete Regionalpartei in Südtirol, die unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg am 8. Mai 1945 gegründet wurde. Sie versteht sich seither als ethnische Sammelpartei aller deutsch- und ladinischsprachigen Südtiroler in Italien. Ihrem Parteisymbol verdankt sie den Beinamen Edelweiß.

Seit den ersten freien Wahlen der Nachkriegszeit ist die SVP lokal die stärkste politische Kraft. Im Südtiroler Landtag hielt sie bis ins Jahr 2013 stets die absolute Mehrheit der Mandate, stellte infolgedessen stets die Mehrheit der Mitglieder der Südtiroler Landesregierung und bis dato alle Landeshauptleute Südtirols. Zudem ist die SVP die einzige Partei der republikanischen Geschichte Italiens, die seit den ersten Wahlen 1948 ununterbrochen im italienischen Parlament vertreten ist.

Politisches Profil

Die SVP ist eine christdemokratisch orientierte Sammelpartei, die sich als Vertretung aller deutsch- und ladinischsprachigen Südtiroler, unabhängig von ihrem Stand oder ihrer Weltanschauung, versteht. In der bündisch organisierten SVP gibt es heute drei Sozialpartnergremien, die die Interessen ihrer Mitglieder vertreten:[4] Der Landwirtschaftsausschuss SVP Landwirtschaft mit starken Bindungen (und personellen Überschneidungen) zum Südtiroler Bauernbund und der Wirtschaftsflügel SVP Wirtschaft stellen dabei den Großteil der führenden Mitglieder in der Partei. Die SVP-ArbeitnehmerInnen, einst gegründet um eine konkurrenzfähige deutschsprachige Opposition im Land zu verhindern (siehe Soziale Fortschrittspartei Südtirols und Sozialdemokratische Partei Südtirols), verloren in den letzten Jahren an Bedeutung. Neben den drei oben genannten Interessenvertretungen sind die Frauen, die Jugend (Junge Generation), die Senioren und die SVP Ladina als eigenständige Parteiorgane in allen Parteigremien vertreten. Der ehemals tonangebende patriotische Flügel spielt heute innerhalb der Partei keine Rolle mehr. Dessen Niedergang begünstigte (und wurde vice versa auch vorangetrieben durch) das erfolgreiche Aufkommen rechtspopulistischer und/oder separatistischer Parteien seit den 1980er Jahren, darunter etwa die Freiheitlichen und die Süd-Tiroler Freiheit.

Im Sinne ihres regionalistischen Selbstverständnisses strebte die Partei auf staatlicher Ebene bis dato keine direkte Regierungsbeteiligung an; sie verfolgt seit ihrer Gründung vielmehr das Ziel, legislative und exekutive Kompetenzübertragungen vom Staat an die Landesverwaltung zu erlangen, um dadurch eine weitgehende Selbstverwaltung Südtirols zu realisieren (siehe Autonomie Südtirols). Im Zuge der laufenden Ausverhandlung bzw. Umsetzung der Südtiroler Autonomie unterstützte die SVP im italienischen Parlament bis Anfang der 1990er Jahre durchwegs die gesamtstaatliche Regierungspartei Democrazia Cristiana (DC). Nach der Transformation des italienischen Parteiensystems ging die SVP strategische Partnerschaften mit dem tendenziell föderalistischen Mitte-links-Bündnis L’Ulivo ein, aus dem 2007 der Partito Democratico (PD) hervorging.[5]

Die SVP ist Gründungsmitglied der Europäischen Volkspartei (EVP).

Geschichte

Ankündigung der SVP-Landesversammlung von 1952 im Reichrieglerhof (am Bozner Guntschnaberg)

Die Südtiroler Volkspartei wurde am 8. Mai 1945 in der Villa Malfèr (Mignon) in Gries-Bozen (Montellostraße) gegründet und kurz darauf von der amerikanischen Militärverwaltung als legitime Interessenvertretung der Südtiroler anerkannt. Zu den Gründungsmitgliedern und frühen führenden Funktionären zählten mehrere Exponenten, die sich in der Optionsfrage gegen das Deutsche Reich entschieden hatten und dem antinazistischen Andreas-Hofer-Bund entstammten (darunter Erich Amonn, Hans Egarter, Friedl Volgger). Der Großteil des frühen Führungspersonals der Partei stand politisch in der Nachfolge des Deutschen Verbands der Zwischenkriegszeit, eines Sammelbeckens katholisch-konservativer und deutschfreiheitlicher Kräfte (beispielsweise Josef Menz-Popp, Alois Puff, Paul von Sternbach).[6] Unter dem „Uniformitätsdruck“[7] der Nachkriegszeit stand die Partei auch Optanten offen, weshalb sich unter den gewichtigen SVP-Politikern der ersten Jahrzehnte Wehrmachtsangehörige (etwa Alfons Benedikter, Peter Brugger, Silvius Magnago) und sogar ehemalige Funktionäre der Operationszone Alpenvorland zwischen 1943 und 1945 finden (etwa Hans Dietl, Karl Erckert, Karl Tinzl).[6][8]

Landtagswahlergebnisse der SVP (1948–2023)
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
48
52
56
60
64
68
73
83
93
23

Bereits 1946 übergab die SVP dem damaligen österreichischen Bundeskanzler Leopold Figl 155.000 Unterschriften für die Wiedervereinigung mit Österreich. Nachdem die SVP mit ihrem Wunsch nach Selbstbestimmung gescheitert war, versuchte sie auf dem Verhandlungsweg, basierend auf dem Gruber-De-Gasperi-Abkommen, eine größtmögliche politische Autonomie in Italien zu erlangen. 1948 konnte die SVP erstmals Parlamentarier in die Abgeordnetenkammer und den Senat entsenden, in denen sie als einzige italienische Partei bis heute ununterbrochen vertreten ist. Im selben Jahr fanden unter den rechtlichen Rahmenbedingungen des sogenannten Ersten Autonomiestatuts auch die ersten Wahlen zum Südtiroler Landtag und damit gleichzeitig zum Regionalrat Trentino-Südtirol statt. Im Landtag erreichte die SVP von 1948 bis heute ununterbrochen die mit Abstand größte (2008 letztmals die absolute) Mehrheit der Mandate, stellte entsprechend alle Landeshauptleute und stets die Mehrheit der Mitglieder der Südtiroler Landesregierung. In der Geschichte des Regionalrats bildete die SVP stets entweder die größte oder zweitgrößte Fraktion und war entsprechend auch immer (außer in den Jahren 1960–1970, als sie eine Regierungsteilnahme verweigerte) in der Regionalregierung vertreten. 1952 wurden in Südtirol die ersten Gemeinderatswahlen der Nachkriegszeit abgehalten (mit der Ausnahme Bozens, wo bereits 1948 erstmals gewählt worden war). Die SVP etablierte sich auch auf kommunaler Ebene als stärkste politische Kraft.

Das Erste Autonomiestatut, das die wesentlichen Selbstverwaltungsbefugnisse bei der Region Trentino-Südtirol angesiedelt hatte, wurde im Laufe der 1950er Jahre von einer zunehmenden Zahl der SVP-Mitglieder als unzureichend empfunden, da mit der Konstituierung einer Gemeinschaftsregion mit dem Trentino de facto eine italienischsprachige Bevölkerungsmehrheit geschaffen worden war. Der zunächst sanfte politische Kurs gegenüber Rom führte 1957 zur Entmachtung der alten Parteiführung. Der neue Führungskader unter Silvius Magnago fuhr einen wesentlich härteren politischen Kurs, in eine knappe Form gebracht durch das bei der Großkundgebung von Schloss Sigmundskron geprägte Motto „Los von Trient“. Die SVP erreichte eine Neuverhandlung der Autonomie („Südtirol-Paket“) unter Beteiligung der italienischen und österreichischen Regierungen.[8] Magnago gilt als „Vater“ der Südtiroler Landesautonomie: Dank seines Einsatzes stimmte in den frühen Morgenstunden des 23. November 1969 im Kurhaus Meran die außerordentliche Landesversammlung der SVP mit einer knappen Mehrheit von 52,8 % (583 Stimmen gegenüber 492 Stimmen) dem Verhandlungsergebnis zu. 1972 trat das sogenannte Zweite Autonomiestatut in Italien in Kraft trat, dessen konkrete Umsetzung aber noch zwei Jahrzehnte in Anspruch nahm.[9] 1979 gelang es der SVP, ein Mandat fürs Europäische Parlament zu erringen, in dem sie seither vertreten ist. Am 30. Mai 1992 erklärte eine außerordentliche Landesversammlung der SVP die Umsetzung des Südtirol-Pakets mit einer großen Mehrheit von 82,86 % für erfüllt.

Bei den Landtagswahlen 2013 verfehlte die SVP erstmals die absolute Mehrheit der Mandate im Südtiroler Landtag, blieb aber stärkste Landtagsfraktion und führende Regierungspartei.[10]

Parteiobleute

Parteisekretäre

  • 1945–1947: Josef Raffeiner
  • 1947–1952: Otto von Guggenberg
  • 1952–1953: Albuin Forer
  • 1953–1954: Vinzenz Stötter
  • 1954–1957: Ivo Perathoner
  • 1957–1965: Hans Stanek (1961–1964 durch Hans Plaikner und Hans Rubner vertreten)
  • 1965–1978: Josef Atz
  • 1978–1989: Bruno Hosp
  • 1989–1997: Hartmann Gallmetzer
  • 1997–2003: Thomas Widmann
  • 2004–2004: Michael Mühlberger
  • 2004–2009: Alexander Mittermair
  • 2009–2013: Philipp Achammer
  • 2013–2014: Martin Alber
  • 2014–2016: Manuel Massl
  • 2017–2019: Gerhard Duregger
  • 2019–2023: Stefan Premstaller
  • seit 2023: Martin Pircher

Südtiroler Landeshauptleute aus den Reihen der SVP

SVP-Mandatare im Italienischen Parlament

NameAbgeordnetenkammerSenat
Otto von Guggenberg1948–1958
Friedl Volgger1948–19531968–1972
Toni Ebner1948–1963
Carl von Braitenberg1948–1958
Josef Raffeiner1948–1958
Karl Tinzl1953–19581958–1963
Roland Riz1958–1963; 1968–19871987–1996
Karl Mitterdorfer1958–19761976–1987
Luis Sand1958–1968
Karl Vaja1963–1968
Hans Dietl1963–1972
Hans Saxl1963–1968
Peter Brugger1968–1987
Hans Benedikter1972–1992
Karl Zanon1972–1976
Hugo Gamper1976–1979
Michl Ebner1979–1994
Hubert Frasnelli1979–1983
Ferdinand Willeit1987–1992
Hans Rubner1987–1994
Helga Thaler Ausserhofer1992–19941994–2013
Hans Widmann1992–2008
Karl Ferrari1992–1996
Siegfried Brugger1994–2013
Karl Zeller1994–20132013–2018
Armin Pinggera1996–2001
Alois Kofler2001–2006
Oskar Peterlini2001–2013
Manfred Pinzger2006–2013
Hans Berger2013–2018
Daniel Alfreider2013–2018
Renate Gebhard2013–
Albrecht Plangger2013–2022
Manfred Schullian2013–
Meinhard Durnwalder2018–
Dieter Steger2022–2018–2022
Julia Unterberger2018–

SVP-Mandatare im Europäischen Parlament

Siehe auch

Literatur

  • Eveline Hermannseder: Europas letzte große Volksparteien. Die Christlich-Soziale Union und die Südtiroler Volkspartei im Vergleich (= Parteien und Wahlen. Bd. 6). Nomos, Baden-Baden 2014, ISBN 978-3-8487-1001-0.
  • Christoph Franceschini, Artur Oberhofer: Freunde im Edelweiß. Ein Sittenbild der Südtiroler Politik. Edition Arob, Bozen 2022, ISBN 978-88-88396-21-7.
  • Anton Holzer: Die Südtiroler Volkspartei. Kulturverlag, Thaur/Tirol 1991, ISBN 3-85395-157-0.
  • Anton Holzer, Barbara Schwelger: The Südtiroler Volkspartei: a hegemonic ethnoregionalist party, in: Lieven De Winter, Huri Türsan (eds.): Regionalist parties in Western Europe. Routledge, London/New York 1998, ISBN 978-0-415164375, S. 158–173.
  • Hans Heiss: Die Blüten der Macht. Die Südtiroler Volkspartei zwischen Wunder und Widerspruch. Alphabeta, Meran 2022, ISBN 978-88-7223-402-0.
  • Joachim Goller: Die Brixner Richtungen. Die Südtiroler Volkspartei, das katholische Lager und der Klerus. StudienVerlag, Innsbruck/Wien/Bozen 2008, ISBN 978-3-7065-4230-2.
  • Lucio Giudiceandrea: Stella aliena. La Südtiroler Volkspartei spiegata agli italiani. Alphabeta, Meran 2022, ISBN 978-88-7223-401-3 (italienisch).
  • Günther Pallaver: Ethnisches versus ideologisches Primat. Südtirol, die Südtiroler Volkspartei und der Kalte Krieg, in: Hans Mikosch, Anja Oberkofler (Hrsg.): Gegen üble Tradition, für revolutionär Neues. Festschrift für Gerhard Oberkofler. StudienVerlag, Innsbruck/Wien/Bozen 2012, ISBN 978-3-7065-5013-0, S. 171–186.
  • Hans Heiss: Jahr der Entscheidung. Zur Gründungsphase der Südtiroler Volkspartei 1945. In: Klaus Eisterer (Hrsg.): Tirol zwischen Diktatur und Demokratie (1930–1950). Beiträge für Rolf Steininger zum 60. Geburtstag. StudienVerlag, Innsbruck/Wien/Bozen 2002, S. 267–290.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Zahl der SVP-Mitglieder gesunken (Memento vom 26. Juli 2012 im Internet Archive)
  2. SVP löst zehn Ortsgruppen auf (Memento vom 22. Juli 2015 im Internet Archive)
  3. Zerrupftes Edelweiß: Bis zu 15.000 „Kartl’n“ weniger (Memento vom 24. September 2015 im Internet Archive)
  4. https://www.svp.eu/de/partei/organisation-943.html
  5. Günther Pallaver: Die Südtiroler Volkspartei. Erfolgreiches Modell einer ethnoregionalen Partei. Trends und Perspektiven, Klagenfurt 2000.
  6. a b Eva Pfanzelter: Zwischen Niederlage und Befreiung. Kriegsende in Südtirol, in: Gottfried Solderer (Hrsg.): Das 20. Jahrhundert in Südtirol, Band 3: 1940–1959, S. 68f.
  7. Michael Gehler: »Von der halben Autonomie zur inneren Selbstbestimmung«. In: Hannes Obermair u. a. (Hrsg.): Regionale Zivilgesellschaft in Bewegung – Cittadini innanzi tutto. Festschrift für Hans Heiss. Wien-Bozen: Folio 2012, ISBN 978-3-85256-618-4, S. 325–342, hier S. 327 (These 6).
  8. a b Günther Pallaver: Demokratischer Auftakt. Reaktivierung des politischen Lebens, in: Gottfried Solderer (Hrsg.): Das 20. Jahrhundert in Südtirol, Band 3: 1940–1959, S. 90–101.
  9. Michael Gehler: Schwierige Ausgangsposition. Die Südtirolfrage 1945–1959, in: Gottfried Solderer (Hrsg.): Das 20. Jahrhundert in Südtirol, Band 3: 1940–1959, S. 124–129.
  10. Eva Fischer u. a.: 2013: Die Ereignisse des Jahres. In: Günther Pallaver (Hrsg.): Politika14. Jahrbuch für Politik, Bozen 2014, S. 74.

Koordinaten: 46° 30′ 2,4″ N, 11° 21′ 41,8″ O

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Public invitation to the SVP Party Landesversammlung 1952 at the Reichrieglerhof Bozen
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