Südfränkische Dialekte

Südfränkisch

Gesprochen in

Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, Elsass, Lothringen
Linguistische
Klassifikation
Das Südrheinfränkische (2) innerhalb des Oberdeutschen nach 1945

Südrheinfränkisch oder Südfränkisch ist eine ober- oder mitteldeutsche Dialektgruppe, die im Norden des Landes Baden-Württemberg um Karlsruhe, Heilbronn, Mosbach, in der Südostpfalz in Rheinland-Pfalz und im Outre-Forêt im nördlichen Elsass gesprochen wird.

Umgangssprachlich werden die südrheinfränkischen Dialekte im Norden des ehemaligen Staates Baden, die teilweise starken kurpfälzischen Einflüssen unterliegen, zusammen mit dem Kurpfälzischen auch als „Badisch“ bezeichnet. Speziell um Karlsruhe gibt es auch die Bezeichnung Brigantendeutsch. Die in Nordwürttemberg gesprochenen südrheinfränkischen Dialekte werden hingegen nicht als „Badisch“ bezeichnet, sondern oft falsch als „Schwäbisch“. Die Abgrenzung des Dialektraums folgt aber nicht der erst 1803 entstandenen politischen Grenze zwischen Baden und Württemberg.

Verbreitung und Abgrenzung von Nachbardialekten

Die südrheinfränkischen Dialekte liegen im Übergangsbereich zwischen den oberdeutschen und mitteldeutschen Dialekten und werden durch folgende Nachbardialekte beeinflusst:

Der dtv-Atlas Deutsche Sprache[10] zeigt eine Karte mit Stand vom Jahr 1900, laut der sich das Südrheinfränkische von den Nachbardialekten folgendermaßen abgrenzen lässt:

Sprecher des Südfränkischen lassen sich also unter anderem durch folgende Aussprache des Satzes „Die Kinder halten die Äpfel fest“ ausmachen: Die Kinner halte die Äpfel fescht oder D’ Kinner halte d’ Äpfel fescht.[11] Dagegen lautet dieser

  • im Schwäbischen: D’ Kender haltet (eigtl. hebet) die Äpfel fescht.
  • im Ostfränkischen: Die Kinder haldn die Äbfl fesd.
  • im Südhessischen: Die Kinner halte die Äppel fest.
  • im Ostpfälzischen: D’ Kinner halde(n)/hewe(n) d’ Äppel fescht.

Charakteristische Merkmale

1. im Oberdeutschen typisches Fehlen von Endungen:
Wage statt Wagen

2. fehlende Plosivlaute nach m und n:
Hemm anstatt Hemd
Kinner anstatt Kinder

T-laute werden wie d ausgesprochen (Lenisierung)

Traktor = Drakdor

3. Artikel:
da Mann anstatt der Mann
d’ Fraa anstatt die Frau
’s Kinn anstatt das Kind

Zudem fehlt zumeist der markierte Akkusativ bei Nomengruppen im Maskulinum:
´n guter Dag anstatt einen guten Tag
Hosch da Hans droffe? anstatt Hast du den Hans getroffen?

4. charakteristischer ei-Laut
Alle im Alemannischen als ei gesprochenen Laute werden als ai bis oi ausgesprochen. Die Lautfärbungen sind so charakteristisch, dass Einheimische daran auf wenige Kilometer genau die Herkunft des Sprechers identifizieren können, während Nicht-Einheimische die Unterschiede kaum erkennen oder korrekt nachahmen können.

Geradezu sprichwörtlich ist in diesem Zusammenhang der Satz, der gerne mit betont breiten ai bis oi-Lauten ausgesprochen wird:
Zwoi woiche Oier in oinera Roih (Stafforter Lautfärbung); Zwai waiche Aier in ainera Raih (Karlsruher und Spöcker Lautfärbung)

(Hochdeutsch: „Zwei weiche Eier in einer Reihe“)

Dialekte des Südrheinfränkischen und Nordbadischen

Literatur

  • Hanna Heidt: Erinnerungen an die Vergangenheit. Eigenverlag, Schwanen, Stutensee-Staffort 2003.
  • Heiner Joswig: So ebbas. Stutensee-Hefte 2, Stutensee 2002 und Hengd a Engele an da Wan(d): Der Stafforter Dialekt – Variante des Südfränkischen. Stutensee Hefte 6, Stutensee 2010, ISBN 978-3-9811869-3-2.[12]

Quellen

  1. Thordis Hennings: Einführung in das Mittelhochdeutsche. 4. Aufl., Berlin/Boston, 2020, S. 7.
  2. Otto Behagel: Geschichte der deutschen Sprache. 5. Auflage. Berlin/Leipzig 1928, S. 170: „Von den fränkischen Bestandteilen des Oberdeutschen wird der westliche Teil herkömmlich als Südfrankisch (oder Südrheinfränkisch), der östliche als Ostfränkisch (Hochfränkisch, Mainfränkisch) bezeichnet.“
  3. Peter Ernst: Deutsche Sprachgeschichte. 3. Auflage. Wien 2021, S. 76.
  4. Karl Meisen: Altdeutsche Grammatik. I: Lautlehre. Stuttgart 1961, S. 7f. (mit einer Unterscheidung von Südrheinfränkisch und Südfränkisch (= a) Rheinfränkisch mit Südrheinfränkisch und b) Ostfränkisch oder auch Oberfränkisch, Hochfränkisch, Mainfränkisch)
  5. a b Emil A. Gutjahr: Die Anfänge der neuhochdeutschen Schriftsprache vor Luther. Streifzüge durch die deutsche Siedelungs-, Rechts-, und Sprachgeschichte auf Grund der Urkunden deutscher Sprache. Halle a. S. 1910.
    • S. 110: „Wir überblicken I. im Mutterlande folgende Mundarten: […] B. In Mitteldeutschland: 4. das Mittelfränkische, a) Nordmittelfränkische oder Ribuarische (Köln), b) das Südmittelfränkische oder Moselfränkische (Trier); 5. das Oberfränkische a) das Rheinfränkische (Hessische) und das Südrheinfränkische; b) das Ostfränkische, 6. das Thüringische (-Obersächsische); 7. das Oberpfälzische (-Westböhmische).“
    • S. 113–5: „II. Für unseren Zweck sind zunöchst die hochdeutschen Mundarten und zwar die mitteldeutschen Mundarten zu berücksichtigen; 1. im Mutterlande:
      […]
      b) Das Rheinfränkische wird gebildet vom α) Nordrheinfränkischen (Hessen-Nassauisch und Hessisch), β) Lothringischen und γ) Südrheinfränkischen.
      […]
      Das Südrheinfränkische (Rheinpfälzische, „Pälzische“), eine Untermundart des Rheinfränkischen, wird gesprochen in Mannheim, Heidelberg, Speier, Weißenburg, Karlsruhe.“
  6. Peter von Polenz: Geschichte der deutschen Sprache. 11. Auflage. Überarbeitet von Norbert Richard Wolf, Berlin/Boston, 2020, S. 50 (mit Ostfränkisch und Südfränkisch bei Nordoberdeutsch).
  7. Gabriele Graefen, Martina Liedke-Göbel: Germanistische Sprachwissenschaft: Deutsch als Erst-, Zweit- oder Fremdsprache. 3. Auflage. 2020, S. 31: „Die Gruppe der westoberdeutschen Dialekte umfasst verschiedene Dialekte des Alemannischen, die außer in Deutschland auch in der Schweiz gesprochen werden, u.a. Elsässisch und Schwäbisch, sowie das Süd- und Ostfränkische.“
  8. Heinz Mettke: Mittelhochdeutsche Grammatik. 8. Auflage. Tübingen 2000, S. 21 (mit der Zuordnung zum Westmitteldeutschen und dem Hinweis, dass andere es auch beim Oberdeutschen einordnen).
  9. a b Helmut de Boor, Roswitha Wiesniewski: Mittelhochdeutsche Grammatik. 9. Auflage. Berlin / New York 1984, S. 19: „Die wichtigsten Mundarten des Mittelhochdeutschen sind: […] Westmitteldeutsch
    Mittelfränkisch (Ripuarisch und Moselfränkisch)
    Oberfränkisch (Rheinfränkisch u. Ostfränkisch)1)“, mit der Anmerkung: „1) Das Ostfränkische wird auf Grund des Konsonantenstandes (vgl. §§ […]) auch häufig zum Oberdeutschen gerechnet.“
  10. Dtv-Atlas Deutsche Sprache. 13. Auflage. 2001, S. 230/231.
  11. Bezirksmuseum Buchen: Mundart
  12. Heiner Joswig im Stadtwiki Karlsruhe

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Oberdeutsche Mundarten nach 1945 (ohne Fersentalerisch, Zimbrisch)