Rudolf Naumann

Rudolf Naumann (* 18. Juli 1910 in Fichtenau bei Berlin; † 24. April 1996 in Ludwigsburg) war ein deutscher Bauforscher.

Leben

Rudolf Naumann, Bruder des Soziologen Hans Naumann, besuchte die Grundschule in Köpenick und die Oberrealschule in Waldenburg in Schlesien. Anschließend studierte er Architektur an der Technischen Hochschule Berlin u. a. bei Heinrich Tessenow. Hier wurde er Schüler von Daniel Krencker und 1935 mit einer Arbeit zur Baugeschichte des römischen Quellbezirks von Nîmes promoviert.[1] Von 1935 bis 1937 erhielt er das Reisestipendium des Archäologischen Instituts des Deutschen Reiches und war dann in Olympia Assistent von Armin von Gerkan.[2] Von 1937 bis 1942 war er wissenschaftlicher Referent an der Abteilung Istanbul des Archäologischen Instituts des Deutschen Reiches unter dessen Direktor Kurt Bittel, mit dem er in Bogazköy ausgrub. 1938 unternahm er mit Friedrich Karl Dörner eine Forschungsreise nach Kommagene und zum Nemrut Dağı.[3] 1941 übernahm er die Bearbeitung der Grabungen auf der Agora von Izmir/Smyrna.[4] 1942 war er Grabungsarchitekt von Alfons Maria Schneider bei den Grabungen an der Euphemiakirche am Hippodrom in Istanbul.[5] Während des Krieges war er als Dolmetscher eingesetzt und danach zwei Jahre in Kriegsgefangenschaft in Frankreich.

1948 habilitierte er sich mit einer Arbeit über Die römische Agora von Smyrna und ihre Bauten bei Uvo Hölscher an der Technischen Hochschule Hannover und wurde dort zunächst Privatdozent, 1949 Dozent und 1953 außerplanmäßiger Professor für Baugeschichte. Sein 1955 erschienene Handbuch Architektur Kleinasiens von ihren Anfängen bis zum Ende der hethitischen Zeit bildet eine umfassende Materialvorlage der frühen Architekturgeschichte Kleinasiens vom 6. Jahrtausend bis in das 9. Jahrhundert v. Chr.[6]

Als 2. Direktor der Abteilung Rom des Deutschen Archäologischen Instituts von 1954 bis 1960 erforschte Naumann Stadtsiedlungen in Italien (Palinuro und Rusellae). 1959 begann er Forschungen in Tacht-e Suleiman im Iran, die er bis 1975 weiterführte.[7] Von 1961 bis zu seinem Ruhestand 1975 war Naumann 1. Direktor der Abteilung Istanbul des Deutschen Archäologischen Instituts. Er lehrte daneben an der Universität Istanbul. Er befasste mit der archäologischen Erforschung Kleinasiens und Istanbuls. 1965/66 führte er Grabungen am Myrelaion in Istanbul durch.[8] Von 1962 bis 1977 leitete er die Grabungen in Didyma, von 1970 bis 1984 die Grabungen in Aizanoi.

Verheiratet war er mit Elisabeth Naumann, die ihn bei vielen seiner Forschungen unterstützte. Ihre Töchter Friederike (* 1951) und Ute studierten Klassische Archäologie.

Ehrungen

Literatur

  • Wolfram Kleiss: In memoriam Rudolf Naumann, 18.7.1910 – 24.4.1996. In: Istanbuler Mitteilungen 47, 1997, S. 5–7.
  • Klaus Rheidt: Ein Leben für die Bauforschung. Zum Tod von Rudolf Naumann. In: Antike Welt 27, 1996, S. 252.
  • Festschrift zum 150jährigen Bestehen der Universität Hannover Bd. 2: Catalogus professorum. Stuttgart u. a. Kohlhammer, Stuttgart u. a. 1981, ISBN 3-17-007321-4, S. 355
  • Cornelius Steckner, Friederike Steckner, Friedrich C. Steckner: Schriftenverzeichnis Rudolf Naumann zum 80. Geburtstag 1990. Verlag Rudolf Habelt, Bonn 1990, ISBN 3-7749-2457-0.

Weblinks

Anmerkungen

  1. Rudolf Naumann: Der Quellbezirk von Nîmes (= Denkmäler antiker Architektur Bd. 4). De Gruyter, Berlin / Leipzig 1937.
  2. Rudolf Naumann: Armin von Gerkan †. In: Gnomon. Band 43, 1971, S. 841–842; Rudolf Naumann: Armin von Gerkan. In: Reinhard Lullies / Wolfgang Schiering (Hrsg.): Archäologenbildnisse. Porträts und Kurzbiographien von Klassischen Archäologen deutscher Sprache. Mainz 1988, S. 226–227.
  3. Friedrich Karl Dörner, Rudolf Naumann: Forschungen in Kommagene (= Istanbuler Forschungen Bd. 10). 1939.
  4. Rudolf Naumann, Selahattin Kantar: Die Agora von Izmir. In: Kleinasien und Byzanz (= Istanbul Forschungen Bd. 17). Berlin 1950, S. 70–114.
  5. Rudolf Naumann, Hans Belting: Die Euphemia-Kirche am Hippodrom zu Istanbul und ihre Fresken. Gebr. Mann, Berlin 1966.
  6. 1971 in überarbeiteter und stark erweiterter Auflage erschienen.
  7. Hans Henning von der Osten, Rudolf Naumann (Hrsg.): Takht-i-Suleiman. Vorläufiger Bericht über die Ausgrabungen 1959 (=Teheraner Forschungen Bd. 1). Berlin 1961; Rudolf Naumann: Die Ruinen von Tacht-e Suleiman und Zendan-e Suleiman und Umgebung (= Führer zu archäologischen Plätzen im Iran Bd. 2). Berlin 1977.
  8. Rudolf Naumann: Der antike Rundbau beim Myrelaion und der Palast Romanos I. Lekapenos. In: Istanbuler Mitteilungen 50, 1966, S. 424–439.