Rotorblattlager

(c) Paul Anderson, CC BY-SA 2.0
Rotornabe und Rotorblattlager einer Windenergieanlage ohne montierte Rotorblätter
Moderne drehzahlvariable Anlage während der Errichtung. Sehr gut zu erkennen der Verstellmechanismus der Rotorblätter.

Das Rotorblattlager, vereinfacht Blattlager oder auch Pitchlager genannt, ist eine Komponente in modernen Windenergieanlagen. Das Rotorblattlager verbindet die Rotornabe mit dem Rotorblatt und dient dem Verdrehen der Rotorblätter, um die Leistung der Anlage zu regulieren. Dieses Vorgehen wird auch Pitchen genannt. Hierbei wird die Vorderkante des Rotorblattes in Richtung der Anströmung gedreht. Dadurch entsteht ein geringerer aerodynamischer Anstellwinkel, welcher zu kleineren Auftriebskräften und somit geringeren Leistungen führt.[1] In der Regel besitzen Windenergieanlagen keine mechanische Betriebsbremse, sondern werden bei Abschaltungen über die Pitchregelung angehalten.[2]

Bauformen

Üblicherweise werden Wälzlager für den Einsatz als Rotorblattlager verwendet.[3] In der Regel werden Momentenlager verbaut. Die Momentenlager können mit unterschiedlichen Wälzkörpergeometrien und -anordnungen ausgeführt werden. Die momentan wohl häufigste Ausführung ist das Vierpunktlager.[4] Dieses Lager kann axiale Lasten in beide Richtungen und Biegemomente aufnehmen. Darüber hinaus werden auch mehrreihige Vierpunktlager sowie Rollenlager für größere Rotorblattlager verwendet.

Ein Schmierstoffwechsel kann nur mit großem Zeit- und Kostenaufwand durchgeführt werden. Darüber hinaus muss das verwendete Schmiermittel auch während der Rotation der Nabe an Ort und Stelle bleiben. Daher werden Rotorblattlager üblicherweise mit Fett geschmiert. Die bisher verwendeten Industriefette für Rotorblattlager haben sehr unterschiedliche Zusammensetzungen und führen nicht immer zum gewünschten Ergebnis Verschleiß zu verhindern.[5]

Skizze eines Vierpunktlagers mit Verzahnung am Innenring

Belastungssituation

Für die verwendeten Wälzlager ist die Belastungssituation vergleichsweise ungünstig.[6][7] Die Lager sind nur geringen oszillatorischen Bewegungen und hohen Lasten ausgesetzt.[8] Die geringen oszillatorischen Bewegungen führen dazu, dass Verschleißschäden wie False Brinelling[9] und Reibkorrosion begünstigt werden.[10] Die hohe Belastung kann darüber hinaus zu Kantentragen führen.[11] Aufgrund der geringen oszillatorischen Bewegungen ist sowohl die Berechnung der Lagerlebensdauer[12] als auch der Reibmomente[13] mit bisherigen Berechnungsmethoden unausreichend genau, da diese für rotatorische Anwendungen entwickelt wurden.

Durch false brinelling geschädigtes Wälzlager mit typischer „Riffelbildung“

Einzelnachweise

  1. Leistungsbegrenzung und -regelung | Bundesverband WindEnergie e.V. Abgerufen am 23. Juni 2017.
  2. Jochen Twele, Robert Gasch: Windkraftanlagen: Grundlagen, Entwurf, Planung und Betrieb. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-322-99446-2 (google.de [abgerufen am 23. Juni 2017]).
  3. Windkraftanlagen - Grundlagen. Technik. Einsatz. Wirtschaftlichkeit | Erich Hau | Springer. (springer.com [abgerufen am 23. Juni 2017]).
  4. National Renewable Energy Laboratory: Wind Turbine Design Guideline Dg03: Yaw and Pitch Rolling Bearing Life. Bibliogov, Place of publication not identified 2012, ISBN 978-1-249-19207-7 (amazon.de [abgerufen am 23. Juni 2017]).
  5. Fabian Schwack, Norbert Bader, Johan Leckner, Claire Demaille, Gerhard Poll: A study of grease lubricants under wind turbine pitch bearing conditions. In: Wear. Band 454-455, ISSN 0043-1648, S. 203335, doi:10.1016/j.wear.2020.203335 (sciencedirect.com [abgerufen am 28. Mai 2020]).
  6. Windkraftanlagen - Grundlagen. Technik. Einsatz. Wirtschaftlichkeit | Erich Hau | Springer. (springer.com [abgerufen am 23. Juni 2017]).
  7. Fabian Schwack, Gerhard Poll: Service Life of Blade Bearings. 2016, abgerufen am 23. Juni 2017.
  8. Matthias Stammler, Gerhard Poll: Schadensmechanismen in Rotorblattlagern. Abgerufen am 23. Juni 2017 (englisch).
  9. Christian Schadow: False Brinelling: Stillstehende fettgeschmierte Wälzlager unter dynamischer Belastung ; Forschungsvorhaben Nr. 540 I ; Abschlussbericht. FVA, 2010 (google.de [abgerufen am 23. Juni 2017]).
  10. Fabian Schwack, Artjom Byckov, Norbert Bader, Gerhard Poll: Time-dependent analyses of wear in oscillating bearing applications (PDF Download Available). Abgerufen am 23. Juni 2017 (englisch).
  11. Fabian Schwack, Heiko Flory, Matthias Stammler, Gerhard Poll: Free Contact Angles in Pitch Bearings and their Impact on Contact and Stress Conditions (PDF Download Available). Abgerufen am 23. Juni 2017 (englisch).
  12. Fabian Schwack, Matthias Stammler, Gerhard Poll, Andreas Reuter: Comparison of Life Calculations for Oscillating Bearings Considering Individual Pitch Control in Wind Turbines (PDF Download Available). Abgerufen am 23. Juni 2017 (englisch).
  13. Matthias Stammler, Fabian Schwack, Norbert Bader, Gerhard Poll, Andreas Reuter: Friction torque of wind-turbine pitch bearings – comparison of experimental results with available models (PDF Download Available). Abgerufen am 23. Juni 2017 (englisch).

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WP Freiensteinau70.JPG
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Montage des Rotorblatts einer Enercon E-101 mit Raupenkran während des Repowerings im Windpark Freiensteinau in Hessen.
Hub secured to Turbine Tower No 11 - geograph.org.uk - 787507.jpg
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Hub secured to Turbine Tower No 11. With the hub now firmly secured to the rotor shaft, with 60 huge bolts,

an engineer now prepares the hub for the first blade to be attached. 787410 787091 696211 633643 696917 687214

Turbine details: Tower Height: 60m Blade Length: 40m Total Max Height: 100m Manufacturer: Nordex

Model: N80
Vierpunktlager pitchlager prigge schwack.png
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Vierpunktlager mit Verzahnung am Innenring