Ricarda Lang

Ricarda Lang (2023)

Ricarda Lang (* 17. Januar 1994 in Filderstadt) ist eine deutsche Politikerin (Bündnis 90/Die Grünen) und Mitglied des Deutschen Bundestages. Sie ist frauenpolitische Sprecherin und seit Februar 2022 zusammen mit Omid Nouripour Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen. Zuvor war sie eine Sprecherin der Grünen Jugend.

Leben

Lang wuchs in Nürtingen als Tochter einer alleinerziehenden Sozialarbeiterin auf, die in einem Frauenhaus arbeitete.[1][2] Ihr Vater war der Bildhauer Eckhart Dietz (1933–2019).[3]

Nach dem Abitur am örtlichen Hölderlin-Gymnasium begann Lang 2012 ein Studium der Rechtswissenschaften, zunächst an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, später an der Humboldt-Universität zu Berlin, das sie 2019 ohne Abschluss abbrach.[4][5]

Politik

Im Jahr 2012 trat Lang im Alter von 18 Jahren der Grünen Jugend bei. Im Oktober 2015 wurde sie Beisitzerin im Bundesvorstand und auf dem 49. Bundeskongress der Grünen Jugend im Oktober 2017 zu deren Sprecherin gewählt.[6] Von 2014 bis 2015 war Lang Sprecherin des Bundesverbands von Campusgrün. 2015 bis 2016 gehörte sie dem geschäftsführenden Ausschuss des Berliner Kreisverbands Friedrichshain-Kreuzberg an.[7] Ab November 2019 war sie stellvertretende Bundesvorsitzende und frauenpolitische Sprecherin im Bundesvorstand der Grünen.

Lang kandidierte bei der Europawahl 2019 auf Listenplatz 25[8] der Grünen, es zogen jedoch nur 21[9] Grüne in das Europäische Parlament ein. Bei der Bundestagswahl 2021 war sie Kandidatin der Grünen im Wahlkreis Backnang – Schwäbisch Gmünd und zudem auf Platz 10 der Landesliste der baden-württembergischen Grünen.[10] Sie verpasste als nach Erststimmen Fünftplatzierte[11] das Direktmandat und zog über den[12] Landeslistenplatz in den 20. Deutschen Bundestag ein.[13]

Im Deutschen Bundestag ist Lang ordentliches Mitglied im Familienausschuss und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales.[14]

Lang ist Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi).[15]

Im Januar 2022 wurde sie auf dem Bundesparteitag der Grünen ohne Gegenkandidatin und mit 75,93 % der Stimmen zur Bundesvorsitzenden ihrer Partei gewählt, zusammen mit Omid Nouripour.[16]

Politische Positionen

© Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)
Ricarda Lang (1. Reihe, li.) im Landtagswahlkampf NRW (2022)

Langs politische Schwerpunkte sind soziale Gerechtigkeit und Klimapolitik; sie wird dem linken Parteiflügel zugeordnet.[17][18] Ferner steht sie für Feminismus und Body Positivity.[19] Sie zielt dabei auf kollektive Lösungsansätze, was sie am Beispiel der Klimapolitik erklärt: Anstatt das individuelle Konsumverhalten der Menschen zu kritisieren, solle man sich an die Politik wenden und beispielsweise fordern, „einen Kohleausstieg zu beschließen oder den Unternehmer nicht mehr zu subventionieren, der die Umwelt zerstört.“ Die Individualisierung dieser Probleme bezeichnet sie als einen „Trick, um von der Schuld der Konzerne und der Verantwortung der Politik abzulenken“.[2]

Zu ihren politischen Forderungen gehören bzw. gehörten eine Erhöhung der Hartz-IV-Sätze, eine bessere Bezahlung für Pflegekräfte, die Begrenzung prekärer Arbeitsverhältnisse, mehr Unterstützung für Menschen auf dem Land[20] und die Aufnahme von Flüchtlingen, deren Herkunftsländer durch die veränderten klimatischen Verhältnisse unbewohnbar werden.[21] Lang warb in diesem Zusammenhang dafür, Bewohnern pazifischer Inselstaaten, die durch den steigenden Meeresspiegel vom Verschwinden bedroht sind, die EU-Staatsbürgerschaft anzubieten.[22]

Arbeitsmarktpolitisch fordert Lang zudem eine Verkürzung der Regelarbeitszeit von derzeit 40 Stunden, einerseits um damit den Raum zu schaffen, die Sorgearbeit gerechter unter den Geschlechtern aufzuteilen, andererseits zum Erhalt von Arbeitsplätzen in Branchen, die von einem Strukturwandel betroffen sind. Sie lobte dabei einen Vorschlag der IG Metall zur Einführung einer 4-Tage-Woche in der Automobilindustrie.[23]

Lang unterstützt die Waffenlieferungen an die Ukraine nach dem russischen Überfall und forderte im Herbst 2022, „dass wir mehr Waffen liefern müssen, dass wir schneller werden müssen“.[24]

Privates

Lang bezeichnete sich nach ihrer Wahl im September 2021 als „erstes offen bisexuelles Mitglied des Deutschen Bundestages“.[25]

Im März 2023 machte sie ihre Verlobung mit dem Mathematiker Florian Wilsch bekannt, mit dem sie vorher bereits fünfeinhalb Jahre liiert war.[26]

Weblinks

Commons: Ricarda Lang – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Anne-Kathrin Heier: Ricarda Lang: „Ich will mich nicht an den Hass gewöhnen!“ In: EDITION F. 27. August 2021, abgerufen am 27. August 2021 (deutsch).
  2. a b Milena Hassenkamp: Ricarda Lang kandidiert für die Grünen: Die Befreiung. In: Der Spiegel. 11. September 2021, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 13. Dezember 2021]).
  3. Edda Eschelbach: Ricarda Lang will für die Grünen im Wahlkreis Schwäbisch Gmünd/Backnang in den Bundestag. In: Rems-Zeitung. 16. Juni 2020, abgerufen am 16. Juni 2020.
  4. www.gruene.de: Ricarda Lang, abgerufen am 24. September 2021.
  5. Theresa Martus: Ricarda Lang: So tickt die neue Grünen-Chefin. 29. Januar 2022, abgerufen am 4. Februar 2022 (deutsch).
  6. GRÜNE JUGEND wählt neuen Bundesvorstand. In: Grüne Jugend. Abgerufen am 8. November 2017 (ohne Datum).
  7. Grüne wählten neuen Vorstand. Abgerufen am 12. Januar 2021.
  8. Ska Keller und Sven Giegold sind das grüne Spitzenduo für die Europawahl 2019. 10. November 2018, archiviert vom Original am 7. Februar 2019; abgerufen am 15. Februar 2019 (Archiv-Link).
  9. Alphabetisches Verzeichnis aller Gewählten bundesweit - Die Bundeswahlleiterin. In: bundeswahlleiterin.de. Abgerufen am 10. Januar 2024.
  10. SDZ Druck und Medien GmbH: Grüne wählen Ricarda Lang zur Wahlkampfkandidatin. In: Rems-Zeitung. 11. Juli 2020, abgerufen am 17. April 2022.
  11. Ostalbkreis – Wahlkreis 269 Backnang – Schwäbisch Gmünd – BTW 2021 – Erststimmen
  12. „Gewählte Abgeordnete in Baden-Württemberg“, bei den Grünen bis Landeslistenplatz 18 – https://www.statistik-bw.de/Wahlen/Bundestag/Gew.jsp
  13. Gewählte in Landeslisten der Parteien in Baden-Württemberg – Der Bundeswahlleiter. Abgerufen am 10. November 2021.
  14. Deutscher Bundestag – Abgeordnete. Abgerufen am 28. Dezember 2021.
  15. Ricarda Lang – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. 13. Juli 2021, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 29. Januar 2022.
  16. Parteitag der Grünen: Ricarda Lang und Omid Nouripour zu Grünenchefs gewählt. In: Der Spiegel. 29. Januar 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 29. Januar 2022]).
  17. Grünen-Vize Ricarda Lang möchte als Vorsitzende neue Akzente setzen. 11. Januar 2022, abgerufen am 12. Januar 2022.
  18. heute journal vom 29. Januar 2022 (insbesondere ab 04:58 min). Abgerufen am 30. Januar 2022 (deutsch).
  19. Julia Naue: Body-Shaming: Wenn Dicke mit blöden Bemerkungen leben müssen. 5. April 2018 (welt.de [abgerufen am 12. Januar 2020]).
  20. Constanze von Bullion: Was die neue Grünen-Spitze vorhat. Abgerufen am 2. Februar 2022.
  21. Korinna Kurze: Ricarda Lang (Grüne Jugend): Auch Klimaflüchtlinge brauchen ein Recht auf Asyl. In: Der Spiegel. 3. August 2018, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 2. Februar 2022]).
  22. „Das waren gezielte, organisierte Angriffe“. 7. August 2018, abgerufen am 2. Februar 2022.
  23. Grünen-Politikerin Lang schlägt kürzere Arbeitszeit für alle vor. In: Focus. 2. Februar 2021, abgerufen am 29. Dezember 2022.
  24. Bundesparteitag der Grünen: „Die Zeit der Zögerlichkeit ist vorbei“. Abgerufen am 5. Mai 2023.
  25. Inga Hofmann: „Mein Einzug in den Bundestag ist für viele ein schönes Signal“. In: Der Tagesspiegel Online. 2. Oktober 2021, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 13. Dezember 2021]).
  26. Viele Glückwünsche: Grünen-Chefin Ricarda Lang (29) hat sich verlobt. In: euronews.de. Euronews, 25. März 2023, abgerufen am 27. März 2023.

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Autor/Urheber: Dr. Frank Gaeth, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Ricarda Lang bei Fridays for Israel, Humboldt Uni (2023)
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© Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)
Wahlkampf Landtagswahl NRW 2022 von Bündnis 90/Die Grünen auf dem Heumarkt in Köln. Zu Gast waren Robert Habeck (Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz) und Spitzenkandidatin Mona Neubaur