Revers (Fotografie)

Revers CdV mit umfangreicher bildlicher Darstellung, u. a. Blattfächer mit Adresse, Bucht mit Segelboot, Hügeln und Photograph mit Kamera; für (Atelier für Photographie) H. Wachenfeld, Hofgeismar am Markt. Lithograf: Schippang & Wehenkel, Berlin; um 1890.
Revers im Kabinettformat von Jean Baptiste Feilner aus Bremen mit zahlreichen Auszeichnungen (Medaillen) und mittig dem Wappen des Großherzogtums Oldenburg, um 1895

In der Fotografie bezeichnet man mit Revers die Rückseite des Kartons, auf die die fertige Fotografie geklebt wurde. Umgangssprachlich findet das Wort kaum noch Anwendung. Avers ist das entsprechende Wort für die Vorderseite.

Der Karton

Nachdem die sehr dünnen Fotopapiere (in der Regel Albuminpapier) belichtet und anschließend getrocknet waren, hatten sie die Neigung, sich einzurollen, was durch die Verwendung eines starken Kartons verhindert wurde. In der Literatur tauchen verschiedene Bezeichnungen für den Karton auf, unter anderem auch Untersatzkarton, Photographiekarte und Pappträger.

Gebräuchliche Formate des Kartons[1]

(Alle Maße in mm. Es handelt sich um rechnerisch ermittelte Durchschnittsgrößen.)

BezeichnungMaßevonbis[2]
Stereoskop88 × 17818531910
Carte de Visite/Visit65 × 10518571925
Kabinett108 × 16618671915
Oblong/Promenade105 × 21018751910
Boudoir135 × 22018751910

Gestaltung des Revers

Die Besitzer von fotografischen Ateliers und die Hersteller von Kartons[3] schenkten der Rückseite von Fotografien erst zu der Zeit ihre Aufmerksamkeit, als ab 1860 Fotografien im Format der Carte de Visite (CdV) eine größere Popularität erlangt hatten.

In den ersten Jahren wurden die Rückseiten nur mit dem Namen des Fotografen/Ateliers und der Anschrift bedruckt, gestempelt oder in Form eines Etiketts beklebt. Ein oder zwei Jahre später wurden vereinzelt die Initialen des Atelierinhabers als Schmuckelemente gewählt, entweder freistehend oder innerhalb einer Rahmung. In der Folge wurde der Standort genauer beschrieben, wie „Atelier im Garten“ oder „Atelier im Garten von Carl Schultze’s Theater“, „Carl Schultze’s Theater gegenüber“ etc. Hinweise wie „Aufnahme bei jeder Witterung“ deuteten daraufhin, dass das Atelier bei Kälte beheizt oder bei Hitze vor zu starker Sonneneinstrahlung geschützt war.

Da auch Porträtmaler vereinzelt versucht hatten, ihren schmalen Verdienst mit dem Kauf einer Kamera und der Porträtfotografie zu verbessern, legten sie Wert auf die zusätzliche Erwähnung als „Porträtmaler“. Dazu ließen sie ihr Werkzeug wie Malpinsel und Palette oder fotografische Utensilien wie Plattenkamera und Objektive abbilden.

Nachdem sich Angehörige regierender Häuser hatten fotografieren lassen, wurden Fotografen unter besonderen Voraussetzungen als „Hof-Photograph(in)“ und damit als Hof-Lieferanten zugelassen. Der Titel war ein verkaufsförderndes Prädikat. Damit verbunden war die gängige Praxis, das Wappens des Herrscherhauses abzubilden. Es kam hin und wieder vor, das Wappen abgebildet wurden, ohne als Hofphotograph in den jeweiligen Hofkalender geführt zu werden.

Bei den Ausstellungen der Photographie wie z. B. 1865 in Berlin, 1868 in Hamburg oder 1869 in Altona wurden Auszeichnungen und Medaillen vergeben. Viele der ausgezeichneten Fotografen ließen ihre Medaillen in der Regel von beiden Seiten abbilden. Dies Vorgehen war ihnen aus Anzeigen in Tageszeitungen bekannt.

Im Laufe der Jahre entwickelten sich die Darstellungen in großer Vielfalt. Die Rückseite mancher fotografischen Ateliers wurde von einer lithografischen Anstalt aufwendig ausgearbeitet. Einige Fotografen wie z. B. Carl Seegert in Berlin und der Münchner Franz Neumayer ließen ihre Fassaden so abbilden, dass ihr Atelier, das sich in der obersten Etage befand, deutlich erkennbar war. Lithografen oder Lieferanten der Untersatzkartons lieferten die Vorlagen für diese Revers. Vereinzelt ist der Name am unteren Kartenrand erkennbar.

Beispiele

Lithographische Anstalten (Auswahl)

Lithografische Anstalten, die im Auftrag von fotografischen Ateliers Kartons herstellten und Revers gestalteten:

  • Haake & Albers, Frankfurt. Kunde: Wilhelm Höffert (Dresden)
  • Friedrich Hundt & Co, Hamburg. Kunden: E. Bieber (Hamburg), Benque & Kindermann (Hamburg)
  • Klindworths Hofdruckerei, Hannover. Kunde: Karl Wunder (Hannover)
  • Karl Krziwanek (Lithographische Anstalt), Wien.[4] Kunden: E. Bieber (Hamburg), Heinrich Friedrich Plate (Hamburg), Benque & Kindermann (Hamburg)
  • J. Knoevenagel (Lithographische Anstalt), Hannover. Kunden: Carl Thies (Hannover), Atelier Jürgens (Altona)

Siehe auch

Literatur

  • Josef Maria Eder (Hrsg.): Jahrbuch für Photographie und Reproductionstechnik für das Jahr 1889, Wilhelm Knapp, Halle/S., 1889.
  • Untersatzkarton (Standardformate, Stereo- und Sammelbilder, Knipser, Hersteller, Verzierungen, Schrift). In: Timm Starl (Hrsg.): Fotogeschichte, Jonas Verlag, 2006, Heft 99, Jg. 26, S. 17 ff.
  • Ludwig Hoerner: Das photographische Gewerbe in Deutschland 1839–1914. GFW-Verlag, Düsseldorf 1989, ISBN 3-87258-000-0.

Weblinks

Commons: Reverses of photographs – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Jahrbuch für Photographie und Reproductionstechnik für das Jahr 1889, S. 74.
  2. Timm Starl (Hrsg.): Fotogeschichte, S. 12.
  3. In der Hauptsache für Buchdeckel.
  4. Werbliche Anzeige als lithografische Anstalt Karl Krziwanek, Wien, in Photographische Correspondenz, 11. Jg. 1874, (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D~GB%3DVxdWWioQCPAC~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPP16~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D)

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Wilhelm Höffert kgl. sächs. & kgl. preuss. Hoffotograf Berlin Hamburg Hannover Leipzig Dresden Magdeburg Haake & Albers Frankfurt am Main Matrose adress site.jpg
Revers der Abbildung eines jungen Matrosen, Carte de visite von Wilhelm Höffert. Die aufwendige Gestaltung der Rückseite dieses Kartonträgers enthält folgende Informationen über das umseitige Foto (von oben nach unten): Verschlungenes „W h“ ist das Monogram des Fotografen, daneben die Wappen der Königreiche Sachsen und Preußen. Darunter „W. Höffert, königlich preussischer und königlich sächsischer Hof-Photograph“. Adressen: Berlin, Leipziger Platz 12; Hamburg, Jungfernstieg 12; Hannover, Georgstraße 9; Leipzig, Schlossgasse 4; Dresden, Seestraße 21 und Magdeburg, Breiteweg 196/197. Ganz unten der Zudruck Haake & Albers, Frankfurt am Main", die diesen Kartonträger wohl speziell für den Hoffotografen vertrieben.
Revers CdV Colberg.jpg
Revers einer Carte de Visite des Hofphotographen Cristian Colberg (1859-1911), Bad Oeynhausen, Klosterstr. Lithograph: G. Janssen, Köln. Einfacher, diangonaler Schriftzug. U.a.: Medaille „Ernst Graf-Regent und Gräfin zur Lippe-Biesterfeld“, Wappen des Fürstentum Lippe, Allianzwappen des Prinz von Sachsen-Meiningen und der Prinzessin Adelheid Gräfin zu Lippe-Biesterfeld und Wappen von Schaumburg-Lippe.
Revers CdV Wachenfeld.jpg
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Revers CdV Atelier für Photographie H. Wachenfeld, Hofgeismar am Markt. Lithograph: Schippang & Wehenkel, Berlin. Stilisierter Fächer mit Anagben zur Adresse, Landschaft und Photograph mit Kamera. Um 1890
Revers CdV Seegert.jpg
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Revers CdV Atelier Carl Seegert, Berlin, Grosse Frankfurter Straße. Abbildung des Gebäudes mit Räumlichkeiten des fotografischen Ateliers im obersten Stockwerk, davor Gitter mit Schriftzug „C. Seegert“, Eingang linke Seite zum Photogr. Atelier. Schriftzug über Laden: „Möbel-Magazin“ und „Partie-Waren & Reste[r]-Handlung“. Lithograph unbekannt.
Revers CdV Reutlinger.jpg
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Revers CdV Atelier Reutlinger Sohn, Elberfeld, Königstraße. Malerpalette für Adressangaben.
BieberCdVRevers14.jpg
Revers CdV E. Bieber um 1862 oder früher; Name und Anschrift
Jean Baptiste Feiner Bremen Richtweg 6b parterre Revers.jpg
Revers im Kabinettformat von Jean Baptiste Feilner aus Bremen mit zahlreichen Auszeichnungen (Medaillen) und mittig dem Wappen des Großherzogtums Oldenburg.
Revers schullerbauer brixen.jpg
Reverse of Hans Schullerbauerl's (Brixen) carte de visite.
PlateCdvRevers12.jpg
Rückseite einer CdV, Lithograph Karl Krziwanek (vermutlich auch Lieferant des Untersatzkarton); Abbildung Vorder- und Rückseite einer Medaille (Silberne Medaille anläßlich der zweiten (dritten) photographischen Ausstellung 1869 in Hamburg. Heinrich Friedrich Plate (*1824, †1895) besaß von 1858 bis 1880 ein Atelier am Jungfernstieg 6