Retinoblastom-Protein

RB-1
RB-1
Bändermodell der Domain A von RB (Aminosäuren 378-562) nach PDB 1AD6

Vorhandene Strukturdaten: 1ad6, 1gh6, 1gux, 1o9k, 2aze

Eigenschaften des menschlichen Proteins
Masse/Länge Primärstruktur928 Aminosäuren
Bezeichner
Gen-NamenRB1 ; OSRC; RB
Externe IDs
Vorkommen
Homologie-FamilieRB
Übergeordnetes TaxonEuteleostomi
Orthologe
MenschMaus
Entrez592519645
EnsemblENSG00000139687ENSMUSG00000022105
UniProtP06400Q3UFM7
Refseq (mRNA)NM_000321NM_009029
Refseq (Protein)NP_000312NP_033055
Genlocus Chr 13: 47.78 – 47.95 Mb Chr 14: 72.06 – 72.06 Mb
PubMed-Suche592519645

Das Retinoblastom-Protein (pRb, Rb) ist ein Tumorsuppressor-Protein, das bei vielen Tumoren eine gestörte Funktion besitzt.[1] Eine sehr gut untersuchte Funktion von pRb ist es, das Zellwachstum zu verlangsamen, indem der Durchlauf des Zellzyklus gebremst wird. pRb gehört zu der sogenannten Pocket-Protein-Familie. Deren Mitglieder besitzen für die Bindung an andere Proteine eine molekulare Tasche.[2][3] Wenn Onkogen-Produkte, wie sie etwa in Zellen produziert werden, die von menschlichen Papillomaviren infiziert wurden, an pRb binden, dann kann dies zu Krebs führen.

Name und Genetik

Beim Menschen wird pRb von einem Gen in der Region von Chromosom 13 Genlocus q14.1-q14.2 codiert. Wenn beide Allele des Gens mutiert sind, entwickeln die betroffenen Patienten ein Retinoblastom, daher der Name. Es ist bislang ungeklärt, wieso sich bei Mutationen eines Gens, das den Zellzyklus im ganzen menschlichen Organismus reguliert, ein Tumor der Augen entwickelt. Es gibt zwei Formen des Retinoblastoms: eine bilaterale familiäre und eine unilaterale sporadische Variante. Im erstgenannten Fall ist das Risiko weitere Tumoren zu entwickeln sechsmal größer als im Durchschnitt.[4] Diese Tatsache verdeutlicht das Konzept der Knudsonhypothese. Diese besagt, dass ein Allel eines Tumorsuppressorgens ausreichend für die Aufrechterhaltung der Funktion ist (das mutierte Gen ist rezessiv) und deshalb beide mutiert sein müssen, damit der Tumorphänotyp sichtbar wird. Bei der familiären Form des Retinoblastoms wird ein mutiertes Allel mit einem gesunden Allel vererbt. Wenn dann in einer Zelle eine weitere RB-Mutation vorkommt, sind alle Rb-Proteine in der Zelle funktionsuntüchtig, was ihre Fähigkeit betrifft, den Zellzyklus zu steuern. Damit können sich die Zellen unkontrolliert teilen. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Krebsentstehung. Infolgedessen steigt das Risiko, dass sich in allen Körperzellen Tumoren entwickeln, linear an.[5] Es bedarf dabei auch keiner direkten Mutation des RB-Gens, ein loss of heterozygosity (LOH), der häufig in Tumorzellen gefunden wird, reicht aus.

Bei Patienten mit der sporadischen Form des Retinoblastoms ist eine Neumutation beider Allele notwendig. Dies erklärt, weshalb die Betroffenen kein erhöhtes Risiko haben, weitere Tumoren zu entwickeln, da in ihren Körperzellen zwei funktionsfähige RB-Allele vorhanden sind. Die Tumor-Inzidenz bei Patienten mit einer sporadischen Form des Retinoblastoms folgt keiner quadratischen Kinetik. Dies wäre zu erwarten, wenn die Mutation der beiden Allele unabhängig voneinander erfolgt. Tatsächlich folgt das Risiko an weiteren Tumoren zu erkranken einer polynomalen Kinetik, was darauf hinweist, das die Mutation des zweiten Allels durch einen LOH-Prozess in der betreffenden Zelle mit einem mutierten RB-Gen ausgelöst werden kann und deshalb häufiger geschieht, als wenn diese Mutation unabhängig vom ersten Ereignis wäre.

Zellzyklus-Regulation

pRB schützt die Zelle davor, beschädigte DNA zu replizieren, indem die Zelle am Durchlaufen des Zellzyklus durch die G1-Phase zur S-Phase gehindert wird.[6] Das RB-Protein bindet und inhibiert die Aktivität von Transkriptionsfaktoren der E2F-Familie, die aus Heterodimeren des E2F-Proteins und des DP-Proteins bestehen.[7]

Der die Transkription aktivierende Komplex aus den „E2 promoter-binding–protein-dimerization Partnern“ (E2F-DP) kann eine Zelle in die S-Phase schieben.[8][9][10][11][12] Solange E2F-DP inaktiviert ist, bleibt die Zelle in der G1-Phase. Wenn pRB an E2F bindet, wirkt der Komplex wie ein Wachstumssuppressor und behindert die Progression durch den Zellzyklus.[3] Der pRb-E2F/DP Komplex bindet ebenfalls ein Histon-Deacetylase (HDAC) Protein an das Chromatin und unterdrückt so zusätzlich die DNA-Synthese.

Aktivierung und Inaktivierung von pRb

Das RB-Protein wird durch eine Dephosphorylierung aktiviert und übt so seine Funktion als Tumorsuppressor aus, indem es regulatorisch auf den Ablauf des Zellzyklus Einfluss nimmt. Phosphorylierung inaktiviert das RB-Protein. Während des Übergangs von der M- zur G1-Phase wird pRB zunehmend durch PP1 dephosphoryliert und kehrt so in seinen wachstumsbehindernden hypophosphorylierten Zustand zurück.[3][13]

In der G1-Phase, genauer gesagt, am Restriktionspunkt (R-Point) des Zellzyklus, wird das Retinoblastomprotein zunächst durch Cyclin D und der Cyclin-abhängigen Kinase (CDK) 4/6 phosphoryliert. Durch die Phosphorylierung des pRb wird der weitere Durchlauf des Zellzyklus garantiert. Das Protein verliert dadurch seine inhibitorische Fähigkeit.[2][3][6][14] Die Phosphorylierung des pRB wird durch das Cyclin D/CDK4,6 gestartet und von dem Cyclin E/CDK2 fortgesetzt. pRB bleibt phosphoryliert während der S-, G2- und M-Phasen.[3] Die Phosphorylierung von pRB erlaubt die Dissoziation des E2F-DP-Komplexes von pRB, wodurch dieser Komplex aktiviert wird.[3][9][6] Im ungebundenen Zustand aktiviert E2F die Cycline E und A, welche die Zelle durch den Zellzyklus treiben, indem sie die Cyclin-abhängige Kinase und das Proliferating Cell Nuclear Antigen PCNA aktivieren. Dies beschleunigt DNA-Replikation und DNA-Reparatur, indem DNA-Polymerasen an die DNA gebunden werden.[8][6][11]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. A. L. Murphree, W. F. Benedict: Retinoblastoma: clues to human oncogenesis. In: Science. Band 223, Nummer 4640, März 1984, S. 1028–1033, PMID 6320372 (Review).
  2. a b M. Korenjak, A. Brehm: E2F-Rb complexes regulating transcription of genes important for differentiation and development. In: Current opinion in genetics & development. Band 15, Nummer 5, Oktober 2005, S. 520–527, doi:10.1016/j.gde.2005.07.001, PMID 16081278 (Review).
  3. a b c d e f K. Münger, P. M. Howley: Human papillomavirus immortalization and transformation functions. In: Virus research. Band 89, Nummer 2, November 2002, S. 213–228, PMID 12445661 (Review).
  4. R. A. Kleinerman, M. A. Tucker u. a.: Risk of new cancers after radiotherapy in long-term survivors of retinoblastoma: an extended follow-up. In: Journal of clinical oncology. Band 23, Nummer 10, April 2005, S. 2272–2279, doi:10.1200/JCO.2005.05.054, PMID 15800318.
  5. A. G. Knudson: Mutation and cancer: statistical study of retinoblastoma. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 68, Nummer 4, April 1971, S. 820–823, PMID 5279523, PMC 389051 (freier Volltext).
  6. a b c d S. K. Das, T. Hashimoto u. a.: Fucoxanthin induces cell cycle arrest at G0/G1 phase in human colon carcinoma cells through up-regulation of p21WAF1/Cip1. In: Biochimica et Biophysica Acta. Band 1726, Nummer 3, November 2005, S. 328–335, doi:10.1016/j.bbagen.2005.09.007, PMID 16236452.
  7. C. L. Wu, L. R. Zukerberg u. a.: In vivo association of E2F and DP family proteins. In: Molecular and cellular biology. Band 15, Nummer 5, Mai 1995, S. 2536–2546, PMID 7739537, PMC 230484 (freier Volltext).
  8. a b J. O. Funk, S. Waga u. a.: Inhibition of CDK activity and PCNA-dependent DNA replication by p21 is blocked by interaction with the HPV-16 E7 oncoprotein. In: Genes & development. Band 11, Nummer 16, August 1997, S. 2090–2100, PMID 9284048, PMC 316456 (freier Volltext).
  9. a b L. De Veylder, J. Joubès, D. Inzé: Plant cell cycle transitions. In: Current opinion in plant biology. Band 6, Nummer 6, Dezember 2003, S. 536–543, PMID 14611951 (Review).
  10. S. M. de Jager, S. Maughan u. a.: The developmental context of cell-cycle control in plants. In: Seminars in cell & developmental biology. Band 16, Nummer 3, Juni 2005, S. 385–396, doi:10.1016/j.semcdb.2005.02.004, PMID 15840447 (Review).
  11. a b R. J. Greenblatt: Human papillomaviruses: Diseases, diagnosis, and a possible vaccine. In: Clinical Microbiology Newsletter. 27, 2005, S. 139–145, doi:10.1016/j.clinmicnews.2005.09.001.
  12. S. H. Sinal, C. R. Woods: Human papillomavirus infections of the genital and respiratory tracts in young children. In: Seminars in pediatric infectious diseases. Band 16, Nummer 4, Oktober 2005, S. 306–316, doi:10.1053/j.spid.2005.06.010, PMID 16210110 (Review).
  13. M. Vietri, M. Bianchi u. a.: Direct interaction between the catalytic subunit of Protein Phosphatase 1 and pRb. In: Cancer Cell International. Band 6, 2006, S. 3, doi:10.1186/1475-2867-6-3, PMID 16466572, PMC 1382259 (freier Volltext).
  14. Bartkova J., Grøn B., Dabelsteen E., and Bartek J.: Cell-cycle regulatory proteins in human wound healing. In: Archives of Oral Biology, 48(2): 125-132. (2003) PMID 12642231.

Literatur

  • M. Rodríguez-Cruz, M. del Prado, M. Salcedo: [Genomic retinoblastoma perspectives: implications of tumor supressor gene RB1]. In: Revista de investigación clínica; organo del Hospital de Enfermedades de la Nutrición. Band 57, Nummer 4, 2005 Jul–Aug, S. 572–581, PMID 16315642 (Review).
  • N. K. Clemo, N. J. Arhel u. a.: The role of the retinoblastoma protein (Rb) in the nuclear localization of BAG-1: implications for colorectal tumour cell survival. In: Biochemical Society transactions. Band 33, Pt 4August 2005, S. 676–678, doi:10.1042/BST0330676, PMID 16042572 (Review).
  • D. R. Lohmann, B. L. Gallie: Retinoblastoma: revisiting the model prototype of inherited cancer. In: American journal of medical genetics. Part C, Seminars in medical genetics. Band 129C, Nummer 1, August 2004, S. 23–28, doi:10.1002/ajmg.c.30024, PMID 15264269 (Review).
  • E. S. Knudsen, K. E. Knudsen: Retinoblastoma tumor suppressor: where cancer meets the cell cycle. In: Experimental biology and medicine (Maywood, N.J.). Band 231, Nummer 7, Juli 2006, S. 1271–1281, PMID 16816134 (Review).
  • H. Lai, F. Ma, S. Lai: Identification of the novel role of pRB in eye cancer. In: Journal of cellular biochemistry. Band 88, Nummer 1, Januar 2003, S. 121–127, doi:10.1002/jcb.10283, PMID 12461781 (Review).
  • J. Momand, H. H. Wu, G. Dasgupta: MDM2–master regulator of the p53 tumor suppressor protein. In: Gene. Band 242, Nummer 1–2, Januar 2000, S. 15–29, PMID 10721693 (Review).
  • L. Zheng, W. H. Lee: Retinoblastoma tumor suppressor and genome stability. In: Advances in Cancer Research. Band 85, 2002, S. 13–50, PMID 12374284 (Review).
  • K. Simin, H. Wu u. a.: pRb inactivation in mammary cells reveals common mechanisms for tumor initiation and progression in divergent epithelia. In: PLoS biology. Band 2, Nummer 2, Februar 2004, S. E22, doi:10.1371/journal.pbio.0020022, PMID 14966529, PMC 340938 (freier Volltext) (Review).
  • M. Classon M, E. Harlow: The retinoblastoma tumour suppressor in development and cancer. In: Nature Reviews Cancer. Band 2, Nummer 12, Dezember 2002, S. 910–917, doi:10.1038/nrc950, PMID 12459729 (Review).

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